Der Maulheld aus Franken scheitert vor Gericht letztinstanzlich; nun amtlich: Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sperrte 13 Millionen Bayern wochenlang rechtswidrig ein

Quelle: Von Joaquín Xaudaró - Xaudaró (1898-09-03). "¡Oh, la sierra!". Blanco y Negro (383). ISSN 0006-4572., Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=60020396
MÜNCHEN – Die ersten Corona-Verordnungen waren gespickt von Rechtsfehlern der Staatsregierung. Das Dramatische: auf Basis dieser Rechtsfehler wurden Millionen Bürgern in Bayern deren Grundrechte weggenommen und deren Freiheit beraubt. Nun entdeckt schweigen sie laut und gehen zur Tagesordnung über!

. 

.
Es ist wohl eine der größten juristischen Schlappen einer Bayerischen Staatsregierung seit 1946 und eigentlich ein Justiz-Skandal, für den sich niemand interessiert. Die obersten Verwaltungsgerichte Deutschlands und Bayerns haben – viel zu spät, nämlich als niemand mehr etwas von einem Urteil hatte -, erkannt, daß die von Ministerpräsident Markus Söder geleitete Staatsregierung 13 Millionen Bürger widerrechtlich zu Hause eingesperrt hatte und deren Wohnungen zu Gefängnissen umdefiniert hatte.
Doch niemanden scheint es wirklich zu interessieren. Die Presse nicht, denn das betreffende Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist der „Qualitätspresse“ bestenfalls eine Randnotiz Wert. Politik, NGOs, Kirche, Gewerkschaften etc. schweigen ebenso allesamt.

Hinzu kommt: Inzwischen ist auch wissenschaftlich erwiesen, daß Lockdowns, um die es hier geht, in dieser „Pandemie“ ein völlig ungeeignetes Mittel waren.

Inzwischen weiß man: Verschiedene Staaten und Regionen unterdrückten ihre Bevölkerung in unterschiedlichem Ausmaß. In einigen gab es praktisch keine gesetzlichen Beschränkungen, wie  z.B. in Schweden. In anderen war es nur einmal pro Woche erlaubt, das Haus zu verlassen, um Vorräte zu besorgen, oder man sperrte die Bevölkerung gleich ganz zuhause ein, wie z.B. in China, oder in Bayern. Dazwischen gab es viele Variationen. Die Schweiz ging beispielsweise einen Mittelweg.

Wenn nämlich die Anzahl der Kontakte unter Menschen, einen großen Beitrag zur Übertragung von Covid innerhalb in der Gemeinschaft leistet, dann müsste doch nachweisbar sein, dass die „Fall“-Zuwachsrate, die dem Anteil der positiven Testergebnisse entsprechen sollte, umso geringer ist, je härter oder strenger die Maßnahmen sind. Das aber ist gerade nicht der Fall.

Die folgende Grafik belegt jedoch, daß dies dem Covid-Virus völlig gleichgültig war. Die folgende Grafik belegt außerdem, daß Schwedens Weg, die junge Bevölkerung möglichst schnell zu durchseuchen, der richtige Weg war. Es gab deswegen keine weiteren „Wellen“ mehr. Die Krankenhäuser Schwedens waren in Folge auch nie einer Überlastungssituation ausgesetzt gewesen, vor der Markus Söder noch warnte, als in Schweden die Infektionszahlen min Richtung Null gingen:

Es gab also keinen solchen Zusammenhang. Niemand hat bisher feststellen können, daß Lockdowns „funktionieren“. In Australien und Neuseeland verfolgte die Politik eine Zero-Covid-Strategie. Vergleicht man die Fall-Zahlen mit denen Schwedens, zeigt sich, daß Covid später umso heftiger zugeschlagen hat, als Schweden wieder beinahe Null lag:

Ganz aktuell belegen die Zahlen  zum Vergleich der Übersterblichkeit in Schweden, Neuseeland und Australien, daß diese sogar bei einer Zero-Covid-Politik nicht anders sind, was belegt, daß  die Übersterblichkeit eben nichts mit dem Covid-Virus zu tun haben kann, sondern andere Gründe haben muß, wie z.B. die „Impfungen“.

.

Der Weg in den Söder-Covid-Staat

Am 17.3.2020 durfte ein Dr. Mayer die Deutschen auf Phoenix über den Umgang mit dem „Corona-Virus“ belehren und verherrlicht bei dieser Gelegenheit China und bewirbt damit den „chinesischen Weg“ des Umgangs mit Covid-19.  Ein lokaler Lockdown und „Grenzen dicht“ reicht demnach nicht aus. Das Mittel zum  Zweck, dies zu erreichen, war das für das CSU-Innenministerium produzierte Strategiepapier „Wie wir Covid unter Kontrolle bekommen„. Darin zeichneten die Beauftragten, unter ihnen der bekennende Maoist Otto Kölbel und der eben erwähnte Dr. Mayer ein Horrorszenario. Kölbel kam als Germanist hierbei offenbar die Aufgabe des Framings zu, also die Aufgabe den Text so zu formulieren, daß er möglichst viel Angst und Schrecken erzeugt. Die genauen Vorgänge haben wir im Bericht

Dr. Maximilian Mayer, der Mann, der für Innenminister Seehofer (CSU) die Strategie der KP-Chinas Covid-19 zu bekämpfen nach Deutschland importierte

herausgearbeitet. Die Inhalte des inzwischen von der Webseite des BMI entfernten Papiers kamen in der Öffentlichkeit aber gar nicht gut an.

Am 18.3.2020 hatte Angela Merkel in einer Ansprache noch an dem „Schwedischen Weg“ im Umgang mit dem Covid-Virus festgehalten.

Wir sind eine Demokratie. Wir leben nicht von Zwang, sondern von geteiltem Wissen und Mitwirkung. Dies ist eine historische Aufgabe und sie ist nur gemeinsam zu bewältigen… Ich appelliere an Sie, halten Sie sich an die Regeln, die nun für die nächste Zeit gelten.“

Aber sie hat auch bereits einen  Strategieschwenk zu erkennen gegeben:

„Wir werden als Regierung stets neu prüfen, was sich wieder korrigieren lässt, aber auch, was womöglich noch nötig ist.“

Zeitgleich wurde im CSU-geführten Innenministerium bereits an einem Strategie-Schwenk hin zum „Chinesischen Weg“ mit Lockdowns und Ausgangssperren gearbeitet.

Diesen Strategieschwenk nutzte Bayerns Ministerpräsident Söder, um nach Vorne zu preschen und ich selbst an die Spitze dessen zu setzen, was auf Bundesebene zeitgleich sowieso schon aufs Gleis gesetzt wurde. In der hierbei gebotenen Eile unterliefen ihm und dem zuständigen Ministerium jedoch eine Menge Fehler!

.

Die ersten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnungen scheitern vor den Gerichten

Genau in jener Woche also, als im Bund im Umgang mit dem Covid-Virus ein Strategieschwenk vom „Schwedischen Weg“ hin zum „Chinesischen Weg“ vollzogen wurde, versuchte sich Markus Söder also an die Spitze dieser Bewegung zu setzen und davon zu profitieren, indem er sich als „harter Hund“ in der Bekämpfung des Virus inszenierte. Die Zeit drängte jedenfalls, denn am Sonntag, den 22.3.2022 war die entscheidende Runde mit den Ministerpräsidenten angesetzt.

Am Anfang jener Woche, es war der Montag, der 16. März 2020, hatte Ministerpräsident Markus Söder die Feststellung des Katastrophenfalls öffentlich bekannt gegeben gehabt (Art. 4 BayKSG).

Am 20. März 2020  folgte dann sein „Vollzug des Infektionsschutzgesetzes (IfSG)“

„Vorläufige Ausgangsbeschränkung anlässlich der Corona-Pandemie Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege Az. Z6a-G8000-2020/122-98“

Die Regelungen zur Reduzierung der Bewegung der Bevölkerung in der Öffentlichkeit anlässlich der Corona-Pandemie in der vom 21. bis 31.03.2020 geltenden Fassung betrafen formale und materielle Aspekte. Materiell wurde angeraten, die eigene Wohnung grundsätzlich nur bei Vorliegen triftiger Gründe zu verlassen. Als triftige Gründe waren durch den Gesetzegeber definiert worden:

  • berufliche Tätigkeiten,
  • Arztbesuche,
  • Einkäufe für den täglichen Bedarf,
  • Besuche bei Lebenspartnern, Alten und Kranken,
  • die Begleitung unterstützungsbedürftiger Personen und Minderjähriger,
  • die Begleitung von Sterbenden sowie Beerdigungen,
  • Sport und Bewegung an der frischen Luft,
  • die Versorgung von Tieren.
Was notwendig war, war also erlaubt, was nicht notwendig war und „nur“ Spaß machte, sollte reduziert werden. Kurze Zeit später wird aus dieser „Reduktion“ auf freiwilliger Basis ein Verbot das Haus zu verlassen. Hinzu kommt aber: Bayern war mit seiner Regelung noch über den damaligen Bund-Länder-Beschluss hinausgegangen. Der hatte empfohlen, dass im Freien nur noch ein Treffen von maximal zwei Personen möglich sein soll. Die zweite Person konnte auch eine Person sein, die nicht zum eigenen Hausstand gehört.

Am 24. März 2020 wird die Bayerische Landesregierung, als erstes Bundesland, per Verordnung strenge Ausgangsbeschränkungen erlassen und sich damit als erstes Bundesland die Weichen hin zu dem „Chinesischen Weg“ im Umgang mit dem Covid-Virus einschlagen:

Bayerische Verordnung über eine vorläufige Ausgangsbeschränkung anlässlich der Corona-Pandemie vom 24. März 2020

Doch diese scheiterten vor den Gerichten:

.

Das Scheitern der Verordnung vom 20.3.2020

Von nun an begannen Bürger zu klagen: Eil-Verfahren und Hauptsache-Verfahren wurden hierbei parallel vorangetrieben. Während die Eil-Verfahren binnen weniger Tage entscheiden wurden, dauerten die Hauptsache-Verfahren bis in den Herbst 2022:.

Im Eil-Verfahren hatten Gerichte bereits im März 2020 die Wirkung der Ausgangsbeschränkungen zugunsten zweier Einzelpersonen vorläufig außer Kraft gesetzt gehabt. DAs half diesen beiden jedoch nicht weiter, da die Staatsregierung noch am Tag des Urteils eine korrigierte Verordnung in Kraft setzte.

Um weitere Zweifel zu zerstreuen verbreitete die Presseabteilung das Narrativ:

Die inhaltliche Rechtmäßigkeit der Ausgangssperren habe das Gericht nicht in Frage gestellt, heißt es in der Mitteilung des Gerichts.

Das klingt so, als ob das Gericht diese Ausganssperren nicht beanstandet hätte. Zutreffend ist jedoch, daß es sich damit inhaltlich gar nicht befasst hatte:

.

Die erste bayerische Corona-Schutzverordnung war derart fehlerhaft, daß sie binnen weniger Tage vor Gericht scheiterte

Eine der ersten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnungen:

Vollzug des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) Vorläufige Ausgangsbeschränkung anlässlich der Corona-Pandemie Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 20. März 2020, Az. Z6a-G8000-2020/122-98

war aber von Anbeginn an  sowohl aus formellen, als auch aus  materiellen Gründen unwirksam. Das geht bereits aus dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 24.3.2020 hervor.

Am selben 24.3.2020 preschte Markus Söder vor und schickte mit Hilfe der

Bayerische Verordnung über eine vorläufige Ausgangsbeschränkung anlässlich der Corona-Pandemie vom 24. März 2020

mit Bayern das erste Land auf den Weg in den Lockdown.

An genau jenem 24.3. entschied das zuständige Verwaltungsgericht die ersten Anträge zur Überprüfung der Regelung vom 20.3.2020.

 

Staatsregierung stolpert mit ihrer ersten Verordnung über juristische Anfängerfehler:

Bereits die Verordnung vom 20.3.2020 scheitert vor Gericht. Eine Klägerin argumentierte

sie sei in Bayern wohnhaft und durch die Allgemeinverfügung jedenfalls in ihrer Allgemeinen Handlungsfreiheit eingeschränkt. Es fehle bereits an einer Rechtsgrundlage für den Erlass einer bayernweiten Ausgangsbeschränkung. Darüber hinaus sei der Bestimmtheitsgrundsatz verletzt und die Allgemeinverfügung unverhältnismäßig.  

Von diesen drei angeführten Gründen wollte das zuständige Gericht im Eilverfahren aber nur die formalen Kritikpunkte behandeln. Dabei musste das Gericht nur eine grobe Abschätzung vornehmen, wie ein Hauptsacheverfahren ausgehen dürfte. Diese formalen Kritikpunkte genügten dem Gericht jedoch bereits, um die Verordnung im Eilverfahren wenige Tage nach Inkrafttreten für die Klägerin zu kippen.

Im Rahmen dieser Abwägung sind in erster Linie die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Eilverfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf voraussichtlich keinen Erfolg haben wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich der zugrundeliegende Bescheid bei dieser Prüfung hingegen als rechtswidrig und das Hauptsacheverfahren damit voraussichtlich als erfolgreich, ist das Interesse an der sofortigen Vollziehung regelmäßig zu verneinen. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens hingegen offen, kommt es zu einer allgemeinen Abwägung der widerstreitenden Interessen.

Bei summarischer Prüfung spricht viel dafür, dass die Klage der Antragstellerin gegen Nrn. 1, 4 und 5 der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 20. März 2020 erfolgreich sein wird, weil sich die dort getroffenen Regelungen nach der im Eilverfahren allein möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung als rechtswidrig erweisen und die Antragstellerin in ihren Rechten verletzen, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Doch welche Fehler hatte die Staatsregierung begangen?

.

Erster Anfängerfehler: fälschlich eine Allgemeinverfügung genutzt, statt eines Gesetzes

Voraussetzung für den Erlass einer Allgemeinverfügung ist, daß diese Verfügung nicht alle, also keinen „unbestimmten“ Personenkreis, sondern einige, also einen „bestimmten“ Personenkreis betrifft. Diese Voraussatzung war aber nicht gegeben, stellt das Gericht fest:

Dieser Übergangs- bzw. Grenzbereich ist jedoch vorliegend verlassen, da die begrifflichen Voraussetzungen eines Verwaltungsakts hinsichtlich der in Nummer 1 der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung getroffenen Regelung nicht vorliegen. Nummer 1 der Allgemeinverfügung, wonach jeder angehalten ist, physische Kontakte zu anderen Personen zu vermeiden und einen Mindestabstand von 1,5 m einzuhalten hat, richtet sich an jedermann, also alle Personen, die in Bayern ihren Wohnsitz haben oder sich auch nur künftig dort aufhalten. Damit betrifft die Regelung jedenfalls keinen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis, … Adressat ist damit ein unbestimmter Personenkreis

Aus welchen Gründen das zuständige Ministerium nicht in der Lage war, diese Lappalie, die eigentlich Gegenstand des ersten Semesters „Verwaltungsrecht“, ist, richtig zu machen, erscheint rätselhaft.

Zweiter Anfängerfehler: es fehlt die Rechtegrundlage im Gesetz

Und noch einen dilettantischen  Fehler begingen die Herausgeber der ersten Verordnung:

Die in den Nrn. 4 und 5 der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung enthaltenen Ausgangsbeschränkungen sind ebenfalls rechtswidrig, da sie in der vom Staatsministerium für Gesundheit und Pflege angegebenen Rechtsgrundlage des § 28 Abs. 1 IfSG keine hinreichende Rechtsgrundlage finden. Dabei kann offenbleiben, ob Ausgangsbeschränkungen bereits deshalb nicht auf die Generalklausel des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG gestützt werden können, weil diese für solch einschneidende Grundrechtseingriffe wegen fehlender hinreichender Bestimmtheit keine taugliche Rechtsgrundlage sein kann, so dass ein Verstoß gegen den Parlamentsvorbehalt vorläge.

Das Gericht stellt fest, daß der Eingriff in die Grundrechte doch massiv ist:

Das Verbot, die eigene Wohnung ohne einen triftigen Grund zu verlassen, stellt eine derartige erhebliche Einwirkung auch auf die Freizügigkeit dar, da sie beispielsweise nicht nur einen längeren Besuchsaufenthalt bei Freunden oder Familie oder einen Urlaubsaufenthalt, sondern auch einen nicht zwingend erforderlichen Wohnungswechsel verbietet (

Aus diesem Grund genügt eine durch ein Ministerium verfasste Verordnung nicht, sondern dieser Sachverhalt muß über ein Gesetz, also über die Befragung eines Parlaments geregelt werden:

Für eine Einschränkung des Grundrechts auf Freizügigkeit aus Art. 11 Abs. 1 GG stellt § 28 Abs. 1IfSG keine taugliche Rechtsgrundlage dar. Zwar kann nach Art. 11 Abs. 2 GG die Einschränkung des Grundrechts auf Freizügigkeit gerade auch zur Bekämpfung der Seuchengefahr gerechtfertigt sein. Allerdings unterliegt das Grundrecht des Art. 11 GG dem Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG. Dies bedeutet, dass ein Gesetz, das zur Einschränkung des Grundrechts ermächtigt, das Grundrecht ausdrücklich nennen muss, wobei ein Hinweis allein in der Gesetzesbegründung nicht genügt (BVerfGE 113, 348/367).

Schon formal so defizitär, daß eine materielle Prüfung unterbleiben kann

In Folge dessen hatte das Gericht die Wirkung der Ausgangsbeschränkungen zu Gunsten zweier einzelner Kläger vorläufig außer Kraft gesetzt.

Mit der inhaltlichen Rechtmäßigkeit der Ausgangssperren hatte sich das Gericht erst gar nicht befasst, prüfte also die Frage erst gar nicht, ob die Maßnahmen verhältnismäßig waren, oder nicht:

Nach alldem hätten die in Rede stehenden Maßnahmen in Form einer Rechtsverordnung auf der Grundlage des § 32 IfSG erlassen werden müssen. Auf die Frage, ob insbesondere die erlassenen Ausgangsbeschränkungen verhältnismäßig, insbesondere erforderlich sind oder ob als „Kontaktverbot“ bezeichnete Maßnahmen wie die Untersagung der Zusammenkunft mehrerer Personen im öffentlichen Raum, auf die sich die Länder in ihrer Videokonferenz vom 22. März 2020 geeinigt haben, in der derzeitigen Situation als gleich wirksames, aber grundrechtsschonenderes Mittel erscheinen, kommt es daher für die vorliegende Entscheidung nicht an.

Dessen ungeachtet war die Staatsregierung „not amused“ über diese frühe Entscheidung:

Dennoch hieß es aus der Staatskanzlei, man werde parallel zu der rechtlichen Nachbesserung Rechtsmittel gegen die Gerichtsentscheidungen einlegen.

Weitere Eiverfahren perlten aber an den Gerichten ab. Sowohl der Verfassungsgerichtshof Bayerns, als auch der VGH winkten die Maßnahmen im Eilverfahren durch. Der VGH argumentierte mit einem überwiegenden öffentlichen Interesses am Gesundheitsschutz, ganz so als ob Gesundheit ein Super-Grundrecht wäre, das alle anderen Grundrechte in den Schatten stellt. Auch beim Bundesverfassungsgericht blieben die Anträge gegen die bayerische Ausgangssperre im April 2020 ohne Erfolg.
Zugleich kündigte die Staatsregiering noch eine weitere Maßnahme an:
Das Schicksal dieser Maßnahmen vom 24.3.2020 ist jedoch vollkommen unklar! 
Doch als das Urteil am 24.3.2020 kam, war die Staatsregierung beriets einen Schritt weiter gegangen. Am 22. März 2020 haben sich Bund und Länder bei ihrem Treffen darauf verständigt, daß der Aufenthalt im öffentlichen Raum nur alleine, mit einer weiteren nicht im Haushalt lebenden Person oder im Kreis der Angehörigen des eigenen Hausstands gestattet sei. Bund und Länder würden bei der Umsetzung dieser Einschränkungen sowie der Beurteilung ihrer Wirksamkeit eng zusammenarbeiten. Weitergehende Regelungen aufgrund von regionalen Besonderheiten oder epidemiologischen Lagen in den Ländern oder Landkreisen blieben möglich (vgl. hier).
Daß die Bürger weiterhin ins Freie dürfen, interessierte den bayerischen Ministerpräsidenten aber nicht. Markus Söder setzte nur zwei Tage nach dieser Bund-Länder Vereinbarung in Bayern das erste Ausgangsverbot Deutschlands in Kraft. Natürlich ein weiteres Mal mit Fehlern, wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in einem Hauptsache-Verfahren 2021 herausarbeirten wird:

.

Das Scheitern der Verordnung vom 31.3.2020

Mit der dann folgenden Verordnung vom 31.3.2020 wurde aus der „Empfehlung“ das Haus nicht zu verlassen ein Verbot das Haus zu verlassen. Es ging nun um den Zwang, der aus folgendem Teil der Vorschrift resultiert:

„§ 4 Vorläufige Ausgangsbeschränkung

(1) …..

(2) Das Verlassen der eigenen Wohnung ist nur bei Vorliegen triftiger Gründe erlaubt.

(3) Triftige Gründe im Sinn des Abs. 2 sind insbesondere:

  1. die Ausübung beruflicher Tätigkeiten,
  2. die Inanspruchnahme medizinischer und veterinärmedizinischer Versorgungsleistungen, der Besuch bei Angehörigen therapeutischer Berufe, soweit dies medizinisch dringend erforderlich ist, sowie Blutspenden,
  3. Versorgungsgänge für die Gegenstände des täglichen Bedarfs (insbesondere Einrichtungen im Sinne von § 2 Abs. 4 Satz 2); nicht zur Deckung des täglichen Bedarfs gehört die Inanspruchnahme sonstiger Dienstleistungen wie etwa der Besuch von Friseurbetrieben,
  4. der Besuch bei Lebenspartnern, Alten, Kranken oder Menschen mit Einschränkungen (außerhalb von Einrichtungen) und die Wahrnehmung des Sorge- und Umgangsrechts im jeweiligen privaten Bereich,
  5. die Begleitung von unterstützungsbedürftigen Personen und Minderjährigen,
  6. die Begleitung Sterbender sowie Beerdigungen im engsten Familienkreis,
  7. Sport und Bewegung an der frischen Luft, allerdings ausschließlich alleine oder mit Angehörigen des eigenen Hausstandes und ohne jede sonstige Gruppenbildung und
  8. Handlungen zur Versorgung von Tieren.

Diese ist schon grundsätzlich sinnlos, denn sie kann nicht funktionieren. Die asymptomatische Übertragung ist so selten, dass sie epidemiologisch irrelevant ist. Um eine andere Person anzustecken, muss man eine hohe Viruslast haben. Aber wenn das der Fall ist, dann hat man auch Symptome und bleibt krank zuhause.

Erneut klagten Bürger gegen diese sinnlose Vorschrift. Etwa eineinhalb Jahre später, also als niemand mehr etwas davon hatte,  prangerte das oberste bayerische Verwaltungsgericht, am 04.10.2021 (Az. 20 N 20.767) in einem Hauptsache-Verfahren dann die Mängel an, die zuvor in den Eilverfahren überhaupt nicht geprüft wurden.

Das Gericht fand darin wiederum zwei ganz massive Fehler.

B. Der Normenkontrollantrag ist begründet, weil die Ausgangsbeschränkung nach §4 Abs. 2 und 3 1. BayIfSMV erst mit Wirkung vom 7. April 2020 ordnungsgemäß bekannt gemacht wurde und daher bis zu diesem Zeitpunkt schon aus formellen Gründen unwirksam war (1.). Unabhängig davon hat sie in materieller Hinsicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen (2.).

.

Dritter Anfängerfehler: nicht das vorgeschriebene Verkündigungs-Organ genutzt

Der nächste Anfängerfehler betrifft die Veröffentlichung des dann gefassten Gesetzes. Offenbar konnte es auch diesmal Markus Söders Staatsregierung nicht schnell genug gehen. Normalerwiese erscheinen die betreffenden Verordnungsblätter, in denen Gesetze veröffentlicht werden und danach erst wirksam werden, in regelmäßigen Abständen. Da die Staatsregierung aber schnell(er als der Bund) sein wollte, griff man zur Möglichkeit einer „Notbekanntmachung“. Ein Fehler, wie das Gericht feststellen wird:

Vierter Fehler: die Maßnahmen waren unverhältnismäßig

Der nächste Fehler, den die Staatsregierung begangen hatte war, daß sie eine Vorschrift verfasst hatte, die unverhältnismäßig war. Für die Staatsregierung war laut ihrem eigenen Vortrag vor Gericht angeblich nicht ersichtlich, warum eine Verschärfung gegenüber dem Bund-Länder-Beschluss vom 22.3. – etwa durch den Verzicht auf eine weitere Kontaktperson – nicht ausreichend gewesen wäre, sondern es auch einer möglicherweise nur mittelbar wirkenden Ausgangsbeschränkung für Einzelpersonen bedurft hatte. Mit anderen Worten: Statt allen zu verbieten nach draußen zu gehen, wäre es angemessener gewesen, die Bevölkerung nach draußen gehen zu lassen, ihr draußen aber ein Kontaktverbot aufzuerlegen, so der Kern des Arguments des Gerichts.
So weit sich die Staatsregierung bei Gericht herausargumentieren konnte hält das Gericht jedoch fest:
Nur für Juristen erkennbar ist, daß das oberste Verwaltungsgericht der Staatsregierung in diesem Punkt eine maximal mögliche Ohrfeige gibt. Die Verhältnismäßigkeit wird in der Juristerei normalerweise in vier Stufen geprüft, die zum Ende hin immer feiner werden. Diese lauten:
  1. legitimer Zweck,
  2. Geeignetheit,
  3. Erforderlichkeit,
  4. Angemessenheit“.
Klassisch scheitert die Verhältnismäßigkeitsprüfung an der letzten Stufe. Nicht aber in diesem Fall.
.

Das endgültige Scheitern des Größenwahns der Staatsregierung

Als ob diese  Entscheidung nicht klar genug wäre, legte die Staatsregierung gegen dieses für sie negative Urteil Revision beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ein. Doch das höchste deutsche Verwaltungsgericht bestätigte das Urteil der Kollegen aus München voll umfänglich
Diese Annahme ist mit Bundesrecht vereinbar. Erforderlich ist eine Maßnahme, wenn kein gleich wirksames, die Grundrechtsträger weniger belastendes Mittel zur Erreichung des Ziels zur Verfügung steht. Als mildere Maßnahme kamen hier – wie der Verwaltungsgerichtshof zu Recht angenommen hat – Beschränkungen des Kontakts im öffentlichen und privaten Raum in Betracht, mit denen das Verweilen im Freien alleine oder ausschließlich mit Angehörigen des eigenen Hausstandes nicht untersagt worden wäre. Sie hätten die Adressaten weniger belastet als die angegriffene Ausgangsbeschränkung. Diese erlaubte nach der bindenden Auslegung des Landesrechts durch den Verwaltungsgerichtshof zwar das Verlassen der Wohnung für Sport und Bewegung, aber nicht für bloßes Verweilen an der frischen Luft, z.B. um auf einer Parkbank ein Buch zu lesen. Bei der Beurteilung, ob die als milderes Mittel in Betracht kommende Kontaktbeschränkung weniger wirksam zur Zielerreichung war als die angegriffene Ausgangsbeschränkung, verfügte der Antragsgegner über einen tatsächlichen Einschätzungsspielraum. Der Spielraum bezog sich darauf, die Wirkungen der Maßnahmen zu prognostizieren. Ein solcher Spielraum hat jedoch Grenzen. Das Ergebnis der Prognose muss plausibel und damit einleuchtend begründet sein. Das unterliegt der gerichtlichen Überprüfung. Der Verwaltungsgerichtshof hat angenommen, im Vortrag des Antragsgegners sei offengeblieben, warum ein Verhalten, welches für sich gesehen infektiologisch unbedeutend sei, nämlich das Verweilen alleine oder mit den Personen seines Haushalts im Freien außerhalb der eigenen Wohnung, der Ausgangsbeschränkung unterworfen worden sei. Dass der Verwaltungsgerichtshof ein solches Verweilen als infektiologisch unbedeutend eingestuft hat, ist eine Würdigung von Tatsachen, die der Antragsgegner nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffen hat; gegen sie bestehen unabhängig davon revisionsrechtlich keine Bedenken. Gleiches gilt für die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, es sei nicht ersichtlich, dass sich in relevanter Anzahl um die Verweilenden Ansammlungen von Menschen bilden könnten. Er hat keine überzogenen Anforderungen an die Darlegung gestellt. Dass das Verlassen der Wohnung zum Verweilen an der frischen Luft – wie das Verlassen der Wohnung aus anderen Gründen – zu Kontakten führen kann, bedarf als allgemeinkundige Tatsache zwar nicht der Darlegung. Das Verbot des Ausgangs für ein Verweilen im Freien ohne Kontakt zu hausstandsfremden Personen war aber nur erforderlich, wenn es über ein Verbot solcher Kontakte hinaus geeignet war, einen relevanten Beitrag zur Verhinderung hausstandsübergreifender Kontakte zu leisten. Zu berücksichtigen war hierbei, dass das Ziel des Antragsgegners, physische Kontakte zu Menschen außerhalb des eigenen Hausstandes auf ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren (§ 4 Abs. 1 BayIfSMV), auch durch die Ausgangsbeschränkung in ihrer konkreten Ausgestaltung nicht vollständig zu erreichen war. Bei Vorliegen triftiger Gründe (§ 4 Abs. 3 BayIfSMV) war das Verlassen der eigenen Wohnung erlaubt und auch ein solches erlaubtes Verlassen der Wohnung konnte zu Kontakten zu Menschen außerhalb des eigenen Hausstandes führen.
Am Ende der betreffenden Pressemitteilung entlässt das oberste deutsche Verwaltungsgericht Gericht die klagende Staatsregierung noch mit der maximal möglichen Ohrfeige