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27. Juni 2025 (15. Sitzung)
Quelle Bundestag: Die Tagesordnung entspricht auch dann der im Bundestag, wenn die Reihenfolge der Tagesordnungen „durcheinander“ gehen. Teilweise dauert es Wochen bis die Videos zur Verfügung stehen. Sie werden eingefügt, sobald sie vorhanden sind.
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TOP 29 Aussetzung des Familiennachzugs
Der Bundestag hat am Freitag, 27. Juni 2025, die „Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär957 Schutzberechtigten“ beschlossen. In namentlicher Abstimmung votierten 444 Abgeordnete für den entsprechenden Gesetzentwurf von CDU/CSU und SPD (21/321), 133 lehnten ihn ab. Es gab keine Enthaltungen. In zweiter Beratung hatten CDU/CSU, AfD und SPD den Gesetzentwurf gegen die Stimmen von Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke angenommen.
Abgelehnt wurde ein Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Familiennachzug zu Schutzbedürftigen erleichtern statt aussetzen“ (21/349). Dagegen stimmten die Koalitionsfraktionen und die AfD, dafür die Grünen und die Linksfraktion. Zu beiden Vorlagen hatte der Innenausschuss eine Beschlussempfehlung (21/634) abgegeben. Zum Gesetzentwurf lag außerdem ein Bericht des Haushaltsausschusses gemäß Paragraf 96 der Geschäftsordnung zur Finanzierbarkeit vor (21/635).
Minister: Humanität und Ordnung
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) sieht mit dem Gesetz die migrationspolitische Überschrift dieser Legislaturperiode gesetzt: Humanität und Ordnung. Es gehe darum, den Zuzug nach Deutschland gleichermaßen zu steuern und zu begrenzen. „Deutschland ist und bleibt ein weltoffenes Land“, sagte der Minister zu Beginn der Debatte. Die Belastbarkeit der Sozialsysteme, des Bildungs- und Betreuungssystems und des Wohnungsmarktes kenne aber eine Grenze. „Deshalb muss auch der Zuzug nach Deutschland eine Grenze kennen. Diese bilden wir politisch ab.“
Zudem werde mit der Aussetzung das Geschäftsmodell krimineller Banden zerschlagen. Dieses Modell sehe vor: Einer muss es nach Deutschland schaffen, dann kann die ganze Familie nachziehen. Bei den subsidiär Schutzberechtigten, so Dobrindt weiter, handle es sich um Menschen, „die ausdrücklich keinen Asylanspruch haben und auch nicht als Flüchtling entsprechend der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannt sind“. Dennoch machten sie sich auf den Weg nach Deutschland, weil bekannt sei, dann man auch ohne Asylanerkennung seine Familie nachziehen lassen kann. „Diesen erheblichen Pull-Effekt beseitigen wir heute.“
AfD: Symbolische Migrationspolitik im Kleinformat
Von einem kleinen und richtigen Schritt, „der aber nicht ausreicht“, sprach Dr. Christian Wirth (AfD). Es handle sich um „symbolische Migrationspolitik im Kleinformat“. 12.000 Nachzüge pro Jahr soll es künftig nicht mehr geben – bei jährlich rund 250.000 neuen Asylanträgen. Es werde also eine Notoperation an einem Symptom vorgenommen, während das System weiterhin aus dem Ruder laufe, sagte Wirth. Das Grundproblem des Landes sei die Überforderung durch eine fehlgeleitete und ungesteuerte und zum Teil selbstzerstörerische Asylpolitik.
Der AfD-Abgeordnete sagte weiter, eine Verteidigung des Familiennachzugs mit Verweis auf das Grundgesetz sei irreführend. „Es gibt kein Grundrecht auf Familiennachzug in ein anderes Land. Es gibt auch kein Menschenrecht, sich mit Familien in einem anderen Land niederzulassen, das man sich selbst aussucht.“ Wer das behaupte, begehe eine Täuschung, sagte Wirth.
Integrationsbeauftragte: Zustimmung fällt schwer
Staatsministerin Natalie Pawlik (SPD), Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration und zugleich Beauftragte für Antirassismus, ließ sich anmerken, wie schwer ihrer Partei die Zustimmung zu dem Gesetz fällt. Familien gehörten zusammen, sagte sie. Wer seine Familie zurücklassen muss, dem falle es viel schwerer, „im neuen Zuhause anzukommen“. Integration gelinge besser, wenn Familien zusammen sind, betonte die Integrationsbeauftragte.
Die Aussetzung des Nachzugs sei ein Kompromiss zwischen den Koalitionspartnern. Die SPD trage ihn mit, „weil wir zum Koalitionsvertrag stehen, weil Härtefälle unberührt bleiben und weil die Aussetzung auf zwei Jahre begrenzt ist“, sagte Pawlik.
Grüne: Dieses Gesetz bedeutet Leid
Sowohl von den Grünen als auch von der Linksfraktion mussten sich die Sozialdemokraten dennoch heftige Vorwürfe anhören. Dass die SPD diese asylpolitische Rolle rückwärts mitmache „ohne überhaupt zu kämpfen“, sei ein politisches Armutszeugnis, befand Marcel Emmerich (Bündnis 90/Die Grünen). Clara Bünger (Die Linke) sagte, wenn die SPD auch nur einen Funken Anstand in ihren Reihen hat, sollte sie diesen Entwurf ablehnen.
Für Emmerich ist die Aussetzung des Familiennachzugs ein Angriff auf das Herzstück jeder Gesellschaft – auf die Familie. Dieses Gesetz bedeute Leid, „ganz konkret, ganz real“. Für den Grünen-Abgeordneten steht zudem fest: „Wer Integration will, muss Familien zusammenführen.“ Das sei ein ganz zentraler Schlüssel.
Linke: Härtefallregelung hilft kaum
Mit dem Familiennachzug werde eine der letzten legalen Möglichkeiten, Schutz in Deutschland zu finden, versperrt, sagte Bünger. Damit würden Familien auf Fluchtrouten gezwungen, „die tödlicher und gefährlicher denn je sind“.
Das Gesetz, so die Linken-Abgeordnete, habe nicht mal eine Stichtagsregelung für Menschen, die schon vor Jahren einen Antrag gestellt haben. Zudem helfe die Härtefallregelung in der Praxis kaum jemandem.
CDU/CSU: Überprüfung der Aussetzung nach zwei Jahren
Alexander Throm (CDU/CSU) sah das anders. Die Regelung zu den Härtefällen sei seit Jahren im Aufenthaltsgesetz enthalten. Sie habe sich bewährt und sei von den Gerichten als absolut ausreichend bewertet worden. Wer kritisiere, dass nun legale Zugangswege abgeschafft würden, so Throm weiter, unterschlage, dass der Zuzug zu Personen erfolge würde, „die ursprünglich illegal nach Deutschland gekommen sind“.
Throm ließ auch offen, ob die Regelung tatsächlich nur zwei Jahre laufen wird. Im Koalitionsvertrag sei vereinbart, nach zwei Jahren zu prüfen, inwiefern mit Blick auf die Überforderung der Kommunen die Aussetzung weiterhin nötig ist, sagte er.
SPD: Haben uns das Thema nicht ausgesucht
Hoffnungen bei Grünen und Linken auf ein Wanken der SPD zerstörte Sebastian Fiedler. Es sei völlig normal, dass in einer Koalition die Partner unterschiedliche Punkte haben, die sie für besonders wichtig empfunden, sagte der SPD-Abgeordnete.
Für die SPD sei das unter anderem die Mietpreisbremse, die verlängert worden sei. Das heutige Thema habe sich die SPD nicht ausgesucht, räumte er ein. Es zähle aber das Gesamtwerk, „und das ist gut für unser Land“.
Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen
Laut dem Koalitionsentwurf wird der Familiennachzug für zwei Jahre ausgesetzt, um die Aufnahme- und Integrationssysteme der Bundesrepublik zu entlasten. Zugleich soll eine Familienzusammenführung in Härtefällen weiterhin möglich sein. Der Gesetzentwurf sieht neben der Aussetzung des Familiennachzugs zudem vor, in das Aufenthaltsgesetz neben der Steuerung wieder das Ziel der Begrenzung der Zuwanderung aufzunehmen.
Wie die Koalitionsfraktionen ausführen, wurde bereits 2016 von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten auszusetzen. Danach wurde dieser Nachzug zu Personen mit subsidiärem Schutz mit dem im März 2016 in Kraft getretenen Gesetz „zur Einführung beschleunigter Asylverfahren“ zunächst für einen Zeitraum von zwei Jahren ausgesetzt, diese Aussetzung im März 2018 bis Ende Juli 2018 verlängert und danach durch die Begrenzung des Familiennachzugs auf 1.000 Visa pro Monat ersetzt.
Kontingentregelung von 1.000 Visa pro Monat
Dieses Kontingent von 1.000 Visa pro Monat ist den beiden Fraktionen zufolge seit Juni 2023 ausgeschöpft. Im Jahr 2023 seien vom Bundesverwaltungsamt bereits 11.630 Zustimmungen zur Visumerteilung zum Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten erteilt worden, im Jahr 2024 seien es erstmals 12.000 gewesen.
Ausweislich des Ausländerzentralregisters hielten sich zum Stichtag 31. März 2025 laut Vorlage 388.074 Menschen mit einer Aufenthaltserlaubnis zum subsidiären Schutz nach Paragraf 25 Absatz 2 Satz 1 Variante 2 des Aufenthaltsgesetzes in Deutschland auf. Für sie bestehe derzeit bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen „grundsätzlich die Möglichkeit, im Rahmen der Kontingentregelung von 1.000 Visa pro Monat Familienzusammenführung geltend zu machen, soweit sich noch Mitglieder der Kernfamilie im Ausland aufhalten und eine Familienzusammenführung dort unzumutbar wäre“. Wie viele dieser Personen bereits in der Kernfamilie in Deutschland leben und keinen Familiennachzug mehr geltend machen können, sei nicht bekannt.
Aufenthaltsgesetz auf Zuwanderungsbegrenzung ausrichten
Das Ziel der Begrenzung der Zuwanderung war im Jahr 2023 aus der Zweckbestimmung des Aufenthaltsgesetzes gestrichen worden, um ein „Zeichen der Offenheit für mehr Zuwanderung gerade im Bereich der Erwerbs- und Bildungsmigration zu setzen“, wie die beiden Fraktionen darlegen.
Insbesondere im Hinblick auf „weiterhin bestehende erhebliche irreguläre Migrationsbewegungen“ solle aber klargestellt werden, „dass das Aufenthaltsgesetz nicht nur auf die Steuerung, sondern auch auf die Begrenzung von Zuwanderung ausgerichtet ist“.
Abgelehnter Antrag der Linken
Die Linksfraktion schreibt in ihrem Antrag (21/349), dass das Recht auf Familienleben ein Grund- und Menschenrecht sei, das auch für Menschen auf der Flucht gelte. Die Aussetzung des Familiennachzugs verschließe „einen der wenigen verbliebenen legalen Wege für Geflüchtete“, nach Deutschland zu kommen. Betroffene könnten sich „dazu gezwungen sehen, sich auf gefährliche, illegalisierte Wege zu begeben, um mit ihren engsten Angehörigen zusammenleben zu können“.
Besonders negative Auswirkungen habe die geplante Aussetzung des Familiennachzugs für unbegleitete minderjährige Geflüchtete mit subsidiärem Schutzstatus, obwohl diese vulnerable Gruppe eigentlich besonders schutzbedürftig sei, heißt es in der Vorlage weiter. Die geplante Aussetzung des Familiennachzugs sei nicht nur für die betroffenen Familien mit großem Leid verbunden, sondern auch „gesellschafts- und integrationspolitisch fatal“. Ein „Ankommen der bereits in Deutschland lebenden Schutzberechtigten“ werde durch die Trennung massiv behindert, und die Sorge um ihre engsten Angehörigen belaste sie, wodurch sowohl der Spracherwerb als auch eine Arbeitsaufnahme erschwert würden.
Die Bundesregierung wird in dem Antrag zugleich aufgefordert, einen Gesetzentwurf vorzulegen, „mit dem der Nachzug zu subsidiär Schutzberechtigten dem Nachzug zu Flüchtlingen im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention angeglichen wird“. Auch soll die Bundesregierung nach dem Willen der Fraktion unter anderem Maßnahmen ergreifen, um die Visabearbeitung und Verfahren zur Familienzusammenführung mit in Deutschland lebenden Menschen zu beschleunigen. (hau/sto/27.06.2025).
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TOP 30 Finanzierung von Nichtregierungsorganisationen
Auf Widerspruch aller anderen Fraktionen ist ein Gesetzentwurf der AfD-Fraktion „zum Verbot der Finanzierung von politischen Nichtregierungsorganisationen aus öffentlichen Mitteln“ (21/577) gestoßen, der am Freitag, 27. Juni 2025, in erster Lesung debattiert wurde. Die Vorlage wurde anschließend an den federführenden Haushaltsausschuss zur weiteren Beratung überwiesen.
AfD kritisiert Fördergelder für „Hass und Hetze“
Für die AfD-Fraktion hob Tobias Matthias Peterka (AfD) die Bedeutung privaten Engagements hervor und erklärte: „Ohne echte Zivilgesellschaft gibt es keine Freiheit.“ Er sagte dann aber auch: „Kein freiheitlicher Staat darf sich seine eigenen Herolde oder Pseudo-Kritiker selbst finanzieren.“ Genau das geschehe aber in großem Umfang durch die staatliche Förderung politischer Nichtregierungsorganisationen.
Sebastian Maack (AfD) sieht bei vielen staatlich finanzierten zivilgesellschaftlichen Programmen die Neutralitätspflicht des Staates verletzt. Sie betrieben „Hass und Hetze gegen alle Konservativen, insbesondere gegen die AfD“. Besonders ins Visier nahmen die Redner das Förderprogramm „Demokratie leben“, das aus dem Bundesfamilienministerium im vergangenen Jahr 182 Millionen Euro erhalten habe, wie Sergej Minich (AfD) ausführte und fragte: „Was genau wird da mit unseren Steuergeldern finanziert?“
CDU/CSU: Angriff auf die demokratische Kultur
Diese Frage stellten durchaus auch Abgeordnete der Unionsfraktion und verwiesen auf einen Antrag vom Februar, in dem sie genauere Auskünfte dazu gefordert hatten. Den AfD-Gesetzentwurf allerdings nannte Lukas Krieger (CDU/CSU) „pauschal, undifferenziert, demokratiegefährdend“. Die AfD sei „mit dem groben Knüppel unterwegs, wo ein Skalpell vonnöten wäre“. In der Vergangenheit seien auch Gruppen gefördert worden, die nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stünden, sagte Krieger. Er sei deshalb „sehr dankbar“, dass die neue Koalition das Förderprogramm „Demokratie leben“ einer unabhängigen Überprüfung unterziehen werde.
Grundsätzlich fand aber die staatliche Förderung auch von Nichtregierungsorganisationen, die sich in politischen Fragen positionieren, Unterstützung aus allen Fraktionen außer der AfD. Philipp M.A. Hoffmann (CDU/CSU) nannte den AfD-Gesetzentwurf einen „Angriff auf die demokratische Kultur“.
Grüne: AfD will Zivilgesellschaft einschüchtern
Annalene Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) bezeichnete es in ihrer letzten Bundestagsrede vor ihrem Ausscheiden Ende des Monats als heute „fast die wichtigste Aufgabe für Abgeordnete, unsere freiheitliche demokratische Grundordnung zu schützen“. Das Vertrauen, das sie als deutsche Außenministerin überall gespürt habe, hänge auch damit zusammen, „dass wir sogar Zivilgesellschaft fördern, die die Opposition oder die Regierung kritisiert“.
Es sei der Verfassungspatriotismus, der alle anderen Fraktionen von der AfD unterscheide, führte Baerbock aus. Der AfD warf sie ein „Projekt der Einschüchterung der Zivilgesellschaft und unserer Freiheit“ vor.
SPD sieht sich an Trump, Orbán und Putin erinnert
Martin Gerster (SPD) nannte den AfD-Gesetzentwurf einen „Angriff auf alle, die dafür stehen, dass wir eine vielfältige demokratische Gesellschaft haben“. „Trump lässt grüßen“, bemerkte Gerster, und Svenja Stadler (SPD) sah sich an Viktor Orbán und und Wladimir Putin erinnert.
Stadler erinnerte an die vielfältige Tätigkeiten nichtstaatlicher Organisationen für das Gemeinwohl. Ohne ihre Förderung müsste der Staat die wichtigsten Leistungen selbst erbringen, sagte Stadler. „Das würde den Bundeshaushalt um ein Vielfaches mehr belasten, es würde aber auch die Demokratie und die vor allem die soziale Sicherheit schwächen“.
Linke nimmt auch Union ins Visier
Für die Fraktion Die Linke wertete Tamara Mazzi (Die Linke) nicht nur den Gesetzentwurf der AfD-Fraktion, sondern auch den Unionsantrag vom Februar zur Überprüfung von Fördermitteln als Angriff auf die Zivilgesellschaft. Die AfD wolle, „genau die Strukturen zerstören, die auffangen, was der Staat vernachlässigt“, und „auch die CDU macht da mit“.
An die „liebe Union“ gewandt erklärte Mazzi, es gehe „nicht nur darum, die AfD zu verhindern, es geht auch darum, AfD-Politik zu verhindern“. Zivilgesellschaftliches Engagement gehöre gestärkt statt kriminalisiert.
Gesetzentwurf der AfD
In ihrem Gesetzentwurf schlägt die AfD eine Änderung der Bundeshaushaltsordnung mit dem Ziel vor, „Zuwendungen an Vorfeldorganisationen von politischen Parteien“ zu untersagen. Eine Vorfeldorganisation soll demnach eine Organisation sein „die im politischen Meinungskampf für oder gegen eine politische Partei auftritt oder wesentliche Forderungen einer politischen Partei zur eigenen Zielsetzung macht“.
Zur Begründung führt die Fraktion an, dass die staatliche Finanzierung von Nichtregierungsorganisationen einer Korrektur bedürfe. „Das staatliche Neutralitätsgebot verlangt es, dass die Regierung nicht mit öffentlichen Mitteln, die von der Gesamtheit aller Steuerzahler aufgebracht werden, ein politisches Vorfeld finanzieren darf, das über die Beeinflussung der Wähler die Macht der Regierung sichert“, heißt es weiter. (pst/scr/27.06.2025)
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TOP 31 Änderungen Staatsangehörigkeitsgesetz
Die Bundesregierung will die im Rahmen der jüngsten Reform des Staatsangehörigkeitsrechts geschaffene Einbürgerungsmöglichkeit nach drei Jahren wieder abschaffen. Der Bundestag hat am Freitag, 27. Juni 2025, den dazu vorgelegten Entwurf eines „Sechsten Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes“ (21/537) in erster Lesung beraten. Beraten wurde auch ein Antrag der Linken. Darin fordert die Fraktion, Einbürgerungen unabhängig vom Einkommen zu ermöglichen (21/587). Beide Vorlagen werden nun im federführenden Innenausschuss weiterberaten.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Für die Einbürgerung soll künftig generell eine Voraufenthaltszeit von mindestens fünf Jahren zugrunde gelegt werden. Mit der Streichung der „Turboeinbürgerung“ werde der grundlegenden Bedeutung der im Inland zurückgelegten Voraufenthaltszeit als integrativer Einbürgerungsvoraussetzung Nachdruck verliehen, betont die Regierung. Eine nachhaltige Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse benötige Zeit.
Die für die Anspruchseinbürgerung grundsätzlich erforderliche Voraufenthaltszeit von fünf Jahren trage dem hinreichend Rechnung, „sodass weitere Verkürzungsmöglichkeiten ausgeschlossen sein sollten, nicht zuletzt auch, um das anzustrebende Abstandsgebot zum Aufenthaltsrecht hinreichend zu wahren“, heißt es im Entwurf.
Antrag der Linken
Die Fraktion Die Linke dringt darauf, Einbürgerungen grundsätzlich unabhängig vom Einkommen der Betroffenen zu ermöglichen. In einem entsprechenden Antrag fordert die Fraktion die Bundesregierung auf, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. Zugleich soll die Bundesregierung laut Antrag die Bundesländer bei der Gewährleistung zügiger Einbürgerungsverfahren unterstützen. Der Vorlage zufolge wurde mit dem Ende Juni 2024 in Kraft getretenen Gesetz zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts eine Regelung gestrichen, wonach eine Einbürgerung auch dann erfolgen kann, wenn Betroffene den Bezug sozialer Leistungen „nicht zu vertreten“ haben. Diese Ausnahmeregelung gelte seit der Gesetzesänderung nur noch für die sogenannte „Gastarbeitergeneration“ und „DDR-Vertragsarbeitende“ sowie für in Vollzeit erwerbstätige Menschen, die ergänzende Sozialleistungen in Anspruch nehmen müssen.
„Nicht erfasst werden damit zum Beispiel behinderte oder dauerhaft kranke Menschen, Pflegende, Menschen in der Altersgrundsicherung, wenn sie nicht als Gast- oder Vertragsarbeitende eingereist sind, sowie Eltern und Alleinerziehende, die wegen der Betreuung minderjähriger Kinder nicht in Vollzeit arbeiten (können oder wollen), und Auszubildende oder Studierende, wenn sie zum Beispiel wegen eines minderjährigen Kindes Sozialleistungen beziehen“, schreibt die Fraktion weiter. Das sei mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz und den Diskriminierungsverboten des Grundgesetzes unvereinbar.
In einem ersten Schritt soll die Bundesregierung nach dem Willen der Fraktion im laufenden Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes eine Formulierungshilfe für einen Änderungsantrag vorlegen, „mit dem Diskriminierungen beim Nachweis der eigenständigen Lebensunterhaltssicherung beseitigt werden“. Dies soll laut Vorlage durch eine gesetzliche Ausnahmeregelung für bestimmte Personengruppen erfolgen, insbesondere für kranke, ältere oder behinderte Menschen, pflegende Angehörige, Eltern oder Alleinerziehende mit Kindern in Teilzeitbeschäftigung sowie Auszubildende und Studierende, „aber auch allgemein für Menschen, die den Bezug sozialer Leistungen nicht zu vertreten haben“. (sto/hau/27.06.2025)
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TOP 32 Mehrwertsteuerbefreiungen
Der Bundestag hat am Freitag, 27. Juni 2025, einen Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel, Hygieneprodukte und auf Bus und Bahn abschaffen“ (21/135) erstmals beraten. Nach der Aussprache wurde die Vorlage zur weiteren Beratung an den federführenden Finanzausschuss überwiesen.
Antrag der Linksfraktion
Die Abgeordneten sprechen sich dafür aus, Grundnahrungsmittel, Hygieneprodukte und Tickets für Bus und Bahn von der Mehrwertsteuer zu befreien. Das Recht auf Vorsteuerabzug solle bleiben.
Außerdem will die Linksfraktion eine Preisaufsicht einrichten, „die die Entwicklung der Erzeuger- und Lebensmittelpreise für Endverbraucherinnen und Endverbraucher in der gesamten Lebensmittelkette überwacht und die Weitergabe der Mehrwertsteuersenkung an die Endverbraucherinnen und Endverbraucher kontrolliert“. (bal/hau/27.06.2025)
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TOP 33 Vereinfachung von Genehmigungen für erneuerbare Energie
er Bundestag hat am Freitag, 27.Juni 2025, über die Vereinfachung von Genehmigungsverfahren für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien diskutiert. Die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD haben dazu einen Gesetzentwurf „zur Umsetzung von Vorgaben der Richtlinie (EU) 2023 / 2413 für Zulassungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz und dem Wasserhaushaltsgesetz, zur Änderung des Bundeswasserstraßengesetzes, zur Änderung des Windenergieflächenbedarfsgesetzes und zur Änderung des Baugesetzbuchs“ ( 21/568) in erster Lesung vorgelegt. Der Entwurf wurde im Anschluss zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit überwiesen.
Gesetzentwurf der Koalition
Mit dem Gesetz sollen neben Änderungen im Bundes-Immissionsschutzgesetz und Wasserhaushaltsgesetz auch Änderungen im Bundeswasserstraßengesetz, im Windflächenbedarfsgesetz und Baugesetzbuch umgesetzt werden. Ziel ist es, die immissionsschutzrechtlichen und wasserrechtlichen Genehmigungsverfahren für Vorhaben zur Erzeugung erneuerbarer Energien außerhalb von Beschleunigungsgebieten zu verkürzen. Dazu sind unter anderem bestimmte Höchstfristen für den Abschluss der Genehmigungsverfahren vorgesehen, die je nach Art des Vorhabens unterschiedlich lang sind und von einem Monat bis zu zwei Jahren betragen können.
Darüber hinaus soll der Gesetzentwurf die Möglichkeit schaffen, den Zulassungsantrag bei einer einheitlichen Stelle einzureichen, die dann als zentraler Ansprechpartner das gesamte Verfahren abwickelt und gegebenenfalls andere Behörden einbindet. Ab dem 21. November 2025 sollen zudem Genehmigungsverfahren für Erneuerbare-Energien-Vorhaben ausschließlich elektronisch erfolgen. Die im Jahr 2023 überarbeitete Richtlinie (EU) 2018/2001 zur Förderung der Nutzung erneuerbarer Energien zielt darauf, den Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen am Bruttoendenergieverbrauch der Europäischen Union auf mindestens 42,5 Prozent bis zum Jahr 2030 zu steigern. Um das zu erreichen, sind in der Richtlinie vor allem Maßnahmen vorgesehen, die Genehmigungsverfahren für Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien deutlich beschleunigen.
Schon die Ampelkoalition hatte 2024 einen Gesetzentwurf zur Umsetzung der RED III-Richtlinie in den Bereichen Windenergie an Land und Solarenergie vorgelegt, mit dem insbesondere Beschleunigungsgebiete planerisch ausgewiesen werden und in denen Genehmigungsverfahren für Vorhaben im Bereich Windenergie verkürzt werden sollten. Das parlamentarische Verfahren konnte aufgrund von Koalitionsbruch und Neuwahlen jedoch nicht abgeschlossen werden. (sas/eis/27.06.2025)
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TOP 34 Pflegepolitik
„Priorität für Pflege – Jetzt Sofortmaßnahmen ergreifen“ lautet der Titel eines von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vorgelegten Antrags (21/583), der am Freitag, 27. Juni 2025, erstmals beraten wurde. Die Abgeordneten haben den Antrag nach der Aussprache an den Gesundheitsausschuss zur weiteren Beratung überwiesen.
Antrag der Grünen
Die Finanzlage in dem Versicherungszweig sei so prekär, dass laut Kassen noch in diesem Jahr Zahlungsschwierigkeiten auftreten könnten, heißt es in dem Antrag der Fraktion. Knapp 5,6 Millionen Menschen in Deutschland seien pflegebedürftig und bezögen Leistungen der Pflegeversicherung. Immer mehr pflegende An- und Zugehörige gerieten an die Grenze ihrer Belastbarkeit. Pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen warteten auf dringend benötigte Hilfe, oft vergeblich, weil Pflegedienste oder -heime die nötige professionelle Unterstützung nicht mehr bieten könnten. Zugleich gerieten Pflegeanbieter in eine finanzielle Schieflage und müssten zum Teil schließen. Somit bestehe dringender Handlungsbedarf.
Die Abgeordneten fordern unter anderem, die Pflegeversicherung zu stabilisieren, indem die notwendigen Corona-Mehrkosten zur Verfügung gestellt werden und darauf hinzuwirken, dass die Rentenbeiträge für pflegende An- und Zugehörige aus Steuermitteln erstattet werden. Zudem müssten Initiativen ergriffen werden, um Insolvenzen von Pflegeanbietern zu stoppen. Das Pflegezeit- und Familienpflegezeitgesetz sollten zusammengeführt und auf die Einführung einer Lohnersatzleistung für pflegende An- und Zugehörige hingewirkt werden. (pk/hau/27.06.2025)
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TOP 33 Vertrag des Nationalen Once-Only-Technical-Systems
Der Bundestag hat sich am Freitag, 27. Juni 2025, mit dem Aufbau einer gemeinsamen Infrastruktur zum Datenaustausch zwischen öffentlichen Stellen von Bund und Ländern befasst. Die Abgeordneten habend dazu in erster Lesung den Gesetzentwurf der Bundesregierung „zum Vertrag über die Errichtung, den Betrieb und die Weiterentwicklung des Nationalen Once-Only Technical-Systems (NOOTS) – Vertrag zur Ausführung von Artikel 91c Absatz 1, Absatz 2 GG – NOOTS Staatsvertrag“ (21/538) beraten. Im Anschluss der Aussprache wurde die Vorlage an den Ausschuss für Digitales und Staatsmodernisierung überwiesen.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Mit diesem Gesetz soll die nach Artikel 91c Absatz 2 Satz 3 des Grundgesetzes (GG) erforderliche Zustimmung des Bundestages zum NOOTS-Staatsvertrag erfolgen. Derzeit, so heißt es seitens der Bundesregierung, seien die Datenbestände der deutschen Verwaltung – aufgeteilt auf Bund und Länder (einschließlich Kommunen) – technisch nicht vernetzt.
Mit dem NOOTS-Staatsvertrag solle die bislang fehlende rechtliche Grundlage für den Aufbau einer gemeinsamen Infrastruktur zum Datenaustausch zwischen öffentlichen Stellen von Bund und Ländern geschaffen werden.
Once-Only-Prinzip für Verwaltungsleistungen
Der NOOTS-Staatsvertrag verfolgt den Angaben zufolge das Ziel, ein gemeinsames flächendeckendes informationstechnisches System zu etablieren, das perspektivisch den gesamten Datenaustausch zwischen öffentlichen Stellen automatisiert, reibungslos, schnell und damit auch kostengünstig und bürokratiearm ermöglicht. Nachweise und Daten, die der öffentlichen Verwaltung bereits vorliegen, sollen im Interesse der Bürgerinnen und Bürger sowie der Unternehmen nicht erneut erhoben, sondern direkt automatisiert abgerufen, übermittelt und nutzbar gemacht werden (Once-Only-Prinzip). Davon profitierten auch die Verwaltungen des Bundes einschließlich der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie der Länder einschließlich der Gemeinden, Gemeindeverbände und der sonstigen der Aufsicht der Länder unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts.
Zunächst solle das Once-Only-Prinzip für Verwaltungsleistungen nach dem Onlinezugangsgesetz umgesetzt werden. Die weitere Nutzung des Systems werde durch den IT-Planungsrat nach Maßgabe des NOOTS-Staatsvertrags gesteuert. Am 11. Dezember 2024 hatten der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder den NOOTS-Staatsvertrag beschlossen. Durch die Verabschiedung dieses Gesetzes würde auch der Bundestag dem NOOTS-Staatsvertrag zustimmen. (hau/27.06.2025)