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25. Juni 2025 (13. Sitzung)
Quelle Bundestag: Die Tagesordnung entspricht auch dann der im Bundestag, wenn die Reihenfolge der Tagesordnungen „durcheinander“ gehen. Teilweise dauert es Wochen bis die Videos zur Verfügung stehen. Sie werden eingefügt, sobald sie vorhanden sind.
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TOP 1 Befragung der Bundesregierung (BMWE und BMLEH)
Die Bundesministerin für Wirtschaft und Energie Katherina Reiche (CDU) will die deutsche Wirtschaft wieder auf Kurs bringen. In der Befragung der Bundesregierung am Mittwoch, 25. Juni 2025, verglich die Ministerin die deutsche Wirtschaft mit einem Schiff auf hoher, stürmischer See. Neben externen Faktoren sei der Sturm, der ihr am meisten schade, hausgemacht. „Seit 2022 stagniert unsere Volkswirtschaft, Deutschland bleibt unter seinen Möglichkeiten“, stellte Reiche fest. Als Ursache nannte sie nicht mehr wettbewerbsfähige Steuern, hohe Lohnnebenkosten, lähmende Bürokratie, teilweise veraltete Infrastruktur, mangelnde Digitalisierung und hohe Energiekosten.
„Stillstand bedeutet Rückschritt“
Im globalen Wettbewerb bedeute Stillstand heutzutage Rückschritt, sagte die Ministerin. Die Regierung wolle weniger reglementieren, weil man den Unternehmen und Arbeitnehmern vertraue. Die Bürgerinnen und Bürger würden bei Energiekosten entlastet durch die Abschaffung der Gasspeicherumlage oder die Senkung von Bestandteilen der Netzentgelte. Planungs- und Genehmigungsrecht solle vereinfacht werden, „damit wir unsere Infrastruktur schneller auf Vordermann bringen können“. Der Aufschwung erscheine ihr noch zu fragil, deshalb müssten Strukturreformen angepackt werden.
Reiche kündigte eine Reform des Vergaberechts an, um Investitionen zu beschleunigen. Die erneuerbaren Energien würden weiter ausgebaut, und es werde für Versorgungssicherheit, mehr Effizienz und Wettbewerb gesorgt. Bürokratie solle weiter abgebaut und das Arbeitsplatzangebot ausgeweitet werden, so die Ministerin: „Wir brauchen diese Wachstumsstrategie, damit Deutschland auch Europa wieder nach oben ziehen kann.“
Rainer: Entlastungen für landwirtschaftliche Betriebe
Neben der Bundeswirtschaftsministerin stellte sich auch der Bundesminister für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat Alois Rainer (CSU) den Fragen der Abgeordneten. Die Regierung wolle für die landwirtschaftlichen Betriebe gute Perspektiven schaffen und sie finanziell entlasten. Rainer nannte die vollständige Wiedereinführung der Agrardiesel-Steuerrückvergütung zum 1. Januar 2026. Den tierhaltenden Betrieben wolle die Regierung Planungssicherheit und Verlässlichkeit geben.
Auch Rainer betonte den Bürokratieabbau, um Freiräume zu schaffen. Der Minister verwies auf die am 24. Juni im Bundeskabinett beschlossene Aufhebung der Stoffstrombilanz-Verordnung. Der Minister hob auch die Zusammenarbeit in der Agrarpolitik über Ländergrenzen hinweg hervor. Vieles werde auf europäischer Ebene entschieden. Mit seinen europäischen Amtskollegen sei er sich darin einig, dass man eine eigenständige gemeinsame Agrarpolitik mit klaren Rahmenbedingungen brauche.
Stromsteuer, Gasspeicherumlage, Netzentgelte
Leif Erik Holm (AfD) griff das Thema „hohe Energiekosten“ auf und wollte von der Wirtschaftsministerin wissen, weshalb die Stromsteuersenkung nicht für alle, also auch für die Privathaushalte, gemacht werde. Reiche betonte, die Energiepreise belasteten die Unternehmen. Michael Kellner, Sandra Stein (beide Bündnis 90/Die Grünen), Pascal Meiser (Die Linke) und Sepp Müller (CDU/CSU) erkundigten sich ebenfalls nach der Umsetzung der im Koalitionsvertrag von Union und SPD vorgesehenen Entlastung. Kellner beklagte, dass Privathaushalte und Handwerk nicht von der Stromsteuersenkung auf das EU-Mindestmaß erfasst würden.
Dazu merkte die Ministerin an, das Parlament könne im Gesetzgebungsverfahren Korrekturen anbringen. Sie bezifferte das Entlastungsvolumen bei der Senkung der Übertragungsnetzentgelte auf sechs Milliarden Euro und der Abschaffung der Gasspeicherumlage auf 3,4 Milliarden Euro. Die Stromsteuer werde nur für das produzierende Gewerbe und die Landwirtschaft gesenkt. Diese Entlastung bezifferte sie gegenüber Sepp Müller auf rund drei Milliarden Euro.
Sandra Stein machte gelten, dass auch der Mittelstand und das Handwerk von der Stromsteuer entlastet werden sollten. Dem hielt die Ministerin entgegen, dass die Regierung ein neues Angebot an Versorgungssicherheit schaffe, „das Sie versäumt haben“. Pascal Meiser rechnete vor, dass die Senkung der Stromsteuer auf EU-Mindestmaß auch für Privathaushalte eine durchschnittliche Entlastung von 300 Euro bedeutet hätte. Mit Bezug auf die Entlastung bei Gasspeicherumlage und Netzentgelten wies Reiche die Behauptung zurück, dass es keine Entlastung gebe.
Industriestrompreis und Versorgungssicherheit
Dr. Sandra Detzer (Bündnis 90/Die Grünen) erkundigte sich nach dem Einsatz der Ministerin in Brüssel für einen Industriestrompreis. Reiche sagte dazu, es sei wichtig, energieintensive Unternehmen in Deutschland zu halten. Eine Rückkehr zu russischem Gas sei ausgeschlossen.
Der CDU-Abgeordnete Dr. Klaus Wiener sagte, die Ampelregierung habe es versäumt, für ein ausreichendes Energieangebot zu sorgen. Reiche bestätigte, dass das Angebot an gesicherter Leistung verknappt worden und das Angebot an volatiler Leistung erhöht worden sei. Die Ausschreibungen für neue Gaskraftwerke würden gemacht, um die Versorgung zu sichern.
Gaskraftwerke und Rückbau der Kernkraftwerke
Der Grünen-Abgeordneten Lisa Badum hielt die Ministerin entgegen, diese Gaskraftwerke dienten der Stromproduktion, nicht der Heizung. Damit würden Reformen nachgeholt, die auf der Strecke geblieben seien. Der Ampel habe dafür zuletzt die Kraft gefehlt.
Dr. Paul Schmidt (AfD) stellte die Frage nach einem Rückbaumoratorium für die Kernenergie. „Die Entscheidung ist getroffen“, stellte die Ministerin klar. Der Rückbau sei bereits im Gange. Es gebe keinen gesetzlichen Rahmen mehr, der das ermöglichen würde.
Unterstützung für die Stahlindustrie
Die Lage der Stahlindustrie thematisierte Mirze Edis (Die Linke). Die Stahlproduzenten stünden vor Standortschließungen, sagte er und regte eine Verstaatlichung an. Dies lehnte die Ministerin ab. Die Situation der Stahlhersteller sei sehr unterschiedlich. Man wolle Arbeitsplätze in energieintensiven Unternehmen erhalten, „durch vernünftige Wettbewerbsbedingungen, nicht durch Unterstützung im Einzelfall“. Verstaatlichung wäre aus ihrer Sicht die Übernahme in staatliche Obhut. Stattdessen müssten unfaire Wettbewerbsbedingungen mit China verhindert werden.
„Die Stahlindustrie steht im Feuer“, erwiderte die Ministerin dem SPD-Abgeordneten Sebastian Roloff, und zwar durch unfaire Produktions- und Handelspraktiken. Dadurch sei die Stahlproduktion in Deutschland teuer geworden.
Gentechnik, Mercosur-Abkommen, Exportstrategie
Das Thema Gentechnik griff der Grünen-Abgeordnete Karl Bär gegenüber Agrarminister Rainer auf. Bär hatte eine Kennzeichnungspflicht und die Rückverfolgbarkeit entlang der Lebensmittelkette bei neuen genomischen Techniken gefordert. Diese seien aktuell in Europa in der Diskussion, sagte der Minister: „Wir wollen offen und wissenschaftsbasiert damit umgehen.“ Er könne noch nicht sagen, wie es ausgehe, man befinde sich mitten in Verhandlungen.
Das geplante EU-Freihandelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten sprach der AfD-Abgeordnete Stephan Protschka an. Rainer sprach von einem „hochemotionalen Thema“. Allerdings würden Handelsabkommen gebraucht. Mercosur sei auch keine Einbahnstraße. Wichtig sei eine Stärkung der Exportorientierung der deutschen Landwirtschaft, damit diese ihre Produkte mit ihren hohen Standards auch in anderen Ländern verkaufen kann.
Die Exportstrategie interessierte auch den CDU-Abgeordneten Albert Stegemann. Die konkrete Ausgestaltung könne er noch nicht darstellen, antwortete Rainer, doch werde es eine Stärkung des Messeprogramms geben, um einheimische landwirtschaftliche Produkte vermarkten zu können.
Agrardiesel-Steuervergütung und Bürokratieabbau
Nach seinen prioritären Vorhaben fragte Dr. Franziska Kersten (SPD) den Minister. Rainer nannte die schon erwähnte Aufhebung der Stromstoffbilanz-Verordnung als Beitrag zum Bürokratieabbau, die Wiedereinführung der Steuerrückerstattung beim Agrardiesel ab 2026 und den Bürokratieabbau. Nach dem Handlungsbedarf gefragt, nannte der Minister die Tierwohlställe. „Hier müssen wir an praktikablen und sinnvollen Lösungen in Abstimmung mit den Ländern arbeiten.“
Dr. Irene Mihalic (Bündnis 90/Die Grünen) kritisierte, dass der Minister die Stromstoffbilanz-Verordnung ohne Beteiligung des Parlaments aufgehoben habe. Dies sei mit dem Justiz-, Innen- und Umweltministerium abgestimmt gewesen.
Mindestlohn für Saisonarbeitskräfte
Breiten Raum nahmen Fragen zur angedachten Absenkung des Mindestlohns für Saisonarbeitskräfte (Erntehelfer) auf 80 Prozent ein. Der Linken-Abgeordneten Janine Wissler sagte Rainer, sein Haus prüfe, ob es rechtliche Möglichkeiten für eine solche Absenkung gibt.
Prof. Dr. Armin Grau (Bündnis 90/Die Grünen) fragte nach der Angemessenheit einer solchen Maßnahme. Der Minister betonte, er wolle die bäuerliche Landwirtschaft im Land halten. Sonderkulturen könnten sonst in andere Länder abwandern, mit anderen Standards als in Deutschland. Johannes Steiniger (CDU/CSU) pflichtete dem bei. Gemüse-, Obst- und Weinbau wären sonst nicht wettbewerbsfähig.
Tierschutz und Tiertransporte
Dr. Zoe Mayer (Bündnis 90/Die Grünen) sah Defizite bei der Kontrolle von Tierhaltungsbetrieben. Die Kontrolle sei Aufgabe der Länder, erwiderte der Minister. Der Bund wolle Personal abbauen. Das Bundesprogramm Tierwohlställe werde fortgesetzt, teilte Rainer dem CDU-Abgeordneten Christoph Frauenpreiß mit.
Ina Latendorf (Die Linke) thematisierte Defizite beim Tierschutz und bei Tiertransporten. Hierzu sei man auf europäischer Ebene in der Diskussion, so der Minister. Viele Länder hätten eine andere Meinung. Tiertransporte seien notwendig. Nationalen Lösungen erteilter er eine Absage. Man müsse auf europäischer Ebene zu vernünftigen Lösungen kommen. (vom/25.06.2025)
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TOP 4 Fragestunde
Im Anschluss an die Regierungsbefragung folgte am Mittwoch, 25. Juni 2025, die Fragestunde. Getrennt nach Ressorts haben Vertreter der Bundesregierung 45 Minuten lang Fragen (21/513) beantwortet, die von den Abgeordneten vorab schriftlich eingereicht worden waren.
Abgeordnete der Grünen mit den meisten Fragen
44 der insgesamt 85 Fragen wurden von Abgeordneten der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gestellt, gefolgt von Abgeordneten der Fraktion Die Linke mit 22 Fragen. Abgeordnete der AfD-Fraktion stellten 19 Fragen. Von Abgeordneten der Unionsfraktion und der SPD-Fraktion sowie von fraktionslosen Abgeordneten wurden keine Fragen gestellt.
19 der 85 Fragen richteten sich an das Bundesministerium der Verteidigung. 13 Fragen gingen an das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, elf Fragen an das Bundesministerium des Innern und je neun Fragen an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und an das Auswärtige Amt. Vier Fragen sollte das Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt beantworten. Mit je drei Fragen mussten sich das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, das Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend, das Bundesministerium für Verkehr und das Bundesministerium für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit auseinandersetzen.
Zu je zwei Fragen wurden Antworten des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat und des Bundesministeriums der Finanzen erwartet. Das Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung, das Bundesministerium für Gesundheit, das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und das Bundeskanzleramt wurden mit je einer Frage konfrontiert.
Was die Abgeordneten wissen wollen
Beispielsweise fragte die niedersächsische Abgeordnete Dr. Julia Verlinden (Bündnis 90/Die Grünen) das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, inwiefern die Bundesregierung an einem Industriestrompreis arbeitet und wann er in Kraft treten würde.
Die nordrhein-westfälische Abgeordnete Cansın Köktürk (Die Linke) erkundigte sich beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales, wie oft die Jobcenter im Jahr 2024 nach Kenntnis der Bundesregierung Termine für Bürgergeldbeziehende abgesagt haben, beispielsweise aufgrund von Personalmangel oder bürokratischen Versäumnissen der Ämter. Köktürk fragte, ob es Pläne der Bundesregierung gibt, im laufenden Haushaltsjahr mehr Gelder für Personal in Jobcentern zur Verfügung zu stellen.
Der bayerische AfD-Abgeordnete Prof. Dr. Ingo Hahn wollte vom Auswärtigen Amt wissen, wie die Bundesregierung angesichts der Eskalation im Nahen Osten seit dem 13. Juni 2025 durch die gegenseitigen Angriffe zwischen Israel und dem Iran das Risiko einer weiteren Ausweitung des Konflikts und die möglichen sicherheitspolitischen Auswirkungen auf Deutschland und Europa bewertet.
Zusatzfragen sind möglich
Jeder Abgeordnete kann für die Fragestune vorab bis zu zwei Fragen an die Bundesregierung einreichen. Nach der regelmäßig durch einen Parlamentarischen Staatssekretär oder einen Bundesminister erfolgenden Beantwortung können der Fragesteller, aber auch andere Abgeordnete des Deutschen Bundestages Zusatzfragen stellen und so die Bundesregierung zu weiteren Stellungnahmen zwingen.
Reicht die Zeit nicht aus, werden noch nicht aufgerufene Fragen von der Regierung schriftlich beantwortet. Ebenso kann vorab bereits um schriftliche Beantwortung gebeten werden. (vom/25.06.2025)
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ZP 2 Aktuelle Stunde Maskenbeschaffung
In einer teilweise hitzigen Debatte haben sich die Abgeordneten mit der umstrittenen Beschaffung von Schutzmasken während der Corona-Pandemie befasst. Redner der Opposition warfen dem damaligen Bundesgesundheitsminister und heutigen Unionsfraktionsvorsitzenden Jens Spahn (CDU) vor, Steuergeld verschwendet und undurchsichtige Geschäfte eingefädelt zu haben. Vertreter der Unionsfraktion nahmen Spahn in Schutz und warfen der Opposition unbelegte Anschuldigungen vor.
Anlass für die Aktuelle Stunde auf Antrag der Linksfraktion war ein Bericht der beamteten Sonderermittlerin Margaretha Sudhof (SPD), der sich mit den damaligen Abläufen befasst. In dem Bericht, der als Verschlusssache eingestuft ist, wird das Vorgehen Spahns bei der Beschaffung von Schutzmasken teils heftig kritisiert. Ihm wird vorgeworfen, gegen den Rat seiner Fachabteilungen Masken zu völlig überzogenen Preisen beschafft zu haben. Bis heute dauern Rechtsstreitigkeiten über die Lieferverträge an. Das Prozesskostenrisiko für den Steuerzahler wird derzeit auf rund 2,3 Milliarden Euro geschätzt.
Linke: Es geht um politische Verantwortung
Ines Schwerdtner (Die Linke) beschuldigte Spahn, stets vor allem seinen eigenen Vorteil im Blick zu haben. Sie betonte: „Es geht hier auch nicht um ein Versehen, es geht um politische Verantwortung.“ Zudem gehe es um sehr viel Geld. Durch die „Maskendeals“ sei ein Schaden von schätzungsweise 3,5 Milliarden Euro entstanden. Statt offene Fragen aufzuklären, wasche Spahn seine Hände in Unschuld.
Schwerdtner kritisierte mit Blick auf die Corona-Krise: „Wir mussten verzichten, Sie haben verteilt, vor allem an Parteifreunde.“ Sie erinnerte daran, dass einige Unionspolitiker in fragwürdige „Maskendeals“ verwickelt gewesen seien. Die Linke-Politikerin rügte, dass der Sudhof-Bericht den Fachausschüssen nur in geschwärzter Fassung vorgelegt worden ist. So sehe also Transparenz nach CDU-Standards aus. Es sei nicht verwunderlich, wenn Menschen das Vertrauen in die Politik verlören. Sie forderte Spahn zum Rückzug von seinen politischen Ämtern auf und argumentierte: „Wer Vertuschung organisiert, der hat in der Politik nichts zu suchen.“
CDU/CSU: Populistisches Getöse unangebracht
Die CDU-Gesundheitspolitikerin Simone Borchardt widersprach den Vorwürfen und hielt den Kritikern Populismus und mangelnde Fairness vor. Die Corona-Pandemie stehe für eine der dramatischsten Krisen, die es jemals gegeben habe. Schutzmasken seien damals Mangelware gewesen, die Preise für Masken seien enorm gestiegen. Pflegekräfte hätten improvisieren müssen. Sie sprach dem Sudhof-Bericht die nötige sachliche Grundlage ab. Es handele sich um ein vermeintliches Gutachten ohne nachvollziehbare Quellen, das keine Grundlage sei für eine faire Bewertung der damaligen Lage.
Die geplante Enquete-Kommission sei nun entscheidend, um öffentlich und „schonungslos“ die Corona-Pandemie aufzuarbeiten und keine Hexenjagd zu betreiben. Borchardt räumte ein, dass es in der Pandemie zu Fehlern gekommen ist. Wer das Gegenteil behaupte, verkenne die Dimension der Krise. Der Schutz der Menschen habe jedoch Priorität gehabt. Wer in Krisen wichtige Entscheidungen treffe, dürfe deswegen nicht später verunglimpft werden. „Wir brauchen keine Skandalisierung im Nachhinein“, sagte die CDU-Abgeordnete und fügte hinzu: „Populistisches Getöse ist völlig unangebracht.“
SPD: Historische Ausnahmesituation
Auch Christos Pantazis (SPD) sprach im Rückblick auf die Pandemie von einer „historischen Ausnahmesituation“. Viele Bereiche der Gesellschaft seien von der Krise beispiellos betroffen gewesen. Es habe Schutzausrüstung gefehlt auf den „überhitzen Weltmärkten“. Der Mediziner fügte hinzu, es habe auch keine Blaupause gegeben für die Bewältigung der Gesundheitsnotlage.
Die Politik sei nach dem Grundsatz vorgegangen, Leben zu schützen, auch wenn es teuer werden würde. Gleichwohl sei die Politik heute nicht entbunden von der Pflicht der Aufarbeitung. Es stehe außer Frage, dass bei der Maskenbeschaffung gravierende Fehler gemacht worden seien, die bis heute den Bundeshaushalt belasten.
Pantazis wandte sich aber entschieden dagegen, den Sudhof-Bericht parteipolitisch zu diskreditieren. Wer die erfahrene Verwaltungsjuristin angreife, greife den Beamtenapparat des Staates insgesamt an. Auch sei der Bericht vor der Wahl nicht veröffentlicht worden, somit sei keine Parteitaktik im Spiel gewesen. Der SPD-Abgeordnete betonte, die Bürger erwarteten vollständige Transparenz, Fehlentscheidungen dürften sich nicht wiederholen. Das damalige Geschehen müsse differenziert, aber kompromisslos aufgearbeitet werden. Die Enquete-Kommission werde dabei eine entscheidende Rolle spielen. Die selbstkritische Aufarbeitung von Fehlentscheidungen mache die Stärke demokratischer Staaten aus.
AfD: Unsicherheit kein Freifahrtschein für Maßlosigkeit
Nach Ansicht der AfD-Abgeordneten Claudia Weiss steht die Maskenbeschaffung in der Pandemie für ein politisches Totalversagen, ein Lehrstück für Missmanagement, Verschwendung und fehlende Verantwortung. Es seien teure Fehlentscheidungen getroffen worden auf Kosten der Steuerzahler. Der Sudhof-Bericht offenbare Regierungshandeln ohne Bedarfsanalyse, ohne belastbare Daten und ohne Transparenz sowie eine erschütternde Gleichgültigkeit gegenüber dem sorgsamen Umgang mit dem Geld der Bürger.
Weiss sagte, ein Merkmal von Krisen sei die Unsicherheit. Aber „Unsicherheit ist kein Freifahrtschein für Maßlosigkeit“. Es gebe auch keinen Willen zur politischen Aufarbeitung. Die Vertuschung widerspreche jedem Verständnis von Transparenz. Wenn die Kommunen um jeden Euro kämpfen müssten, dürfte die Bundesregierung nicht mit Geld um sich werfen. Die Pandemie sei ein Stresstest gewesen, auch für das Regierungshandeln. „Der Test wurde nicht bestanden.“ So etwas dürfe nie wieder passieren.
Grüne fordern Untersuchungsausschuss
Heftige Kritik kam auch von Andreas Audretsch (Bündnis 90/Die Grünen), der die Schadenhöhe auf bis zu elf Milliarden Euro taxierte und der Union vorhielt, an einer Aufklärung nicht interessiert zu sein. Es gehe dabei konkret um die Frage, ob ein Minister die Lage zu seinem persönlichen Vorteil ausgenutzt habe. Grundsätzlich stelle sich zudem die Frage, ob Menschen in Krisen noch Vertrauen in den Staat haben könnten.
Viele Fragen aus der Pandemie-Zeit seien noch immer ungeklärt. So sei damals zwar das sogenannte Open-House-Verfahren zur Beschaffung von Schutzmasken abgebrochen worden, dennoch habe Minister Spahn immer mehr Verträge „hemdsärmelig“ abgeschlossen. Es müsse aufgeklärt werden, wer profitiert habe, wer im Umfeld von Spahn aktiv gewesen sei. „Wir wissen nicht, ob Spahn bis heute womöglich erpressbar ist.“ Audretsch sagte, die Enquete-Kommission könne einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss nicht ersetzen. Er forderte die Abgeordneten auf, den Weg für einen solchen Ausschuss freizumachen. (pk/25.06.2025)
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ZP 2 Enquete-Kommission zur Aufarbeitung der Corona-Pandemie
Die Koalitionsfraktionen planen die Einsetzung einer Enquete-Kommission zur Aufarbeitung der Corona-Pandemie. Der Bundestag hat sich am Mittwoch, 25. Juni 2025, erstmals mit einem entsprechenden Antrag von CDU/CSU und SPD (21/562) befasst.
Die AfD-Fraktion fordert in einem eignen Antrag hingegen, einen Untersuchungsausschuss zur Aufarbeitung der Pandemie einzurichten (21/573). Beide Vorlagen wurden im Anschluss an die Aussprache an den federführenden Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung überwiesen.
Im Koalitionsvertrag vereinbart
CDU, CSU und SPD haben sich in ihrem gemeinsamen Koalitionsvertrag darauf verständigt, eine Enquete-Kommission zur Aufarbeitung der Corona-Pandemie einzurichten. Enquete-Kommissionen (französisch „enquete“: Befragung, Untersuchung) bereiten Entscheidungen zu umfangreichen und bedeutenden Themen vor. Auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder ist der Bundestag verpflichtet, eine Enquete-Kommission einzusetzen. Die Mitglieder der Enquete-Kommission werden im Einvernehmen der Bundestagsfraktionen benannt.
Antrag der Koalitionsfraktionen
Die Pandemie habe Bürger, Zivilgesellschaft, staatliche Institutionen, Betriebe sowie Kunst und Kultur mit Herausforderungen von historischer Tragweite konfrontiert, heißt es im Antrag der Koalition. Sie habe tiefgreifende Auswirkungen gehabt insbesondere auf das Gesundheitswesen, die Bildungseinrichtungen und den Sozialstaat und auch zu tiefgreifenden Veränderungen im Familienalltag und im Lebensalltag von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen geführt. Zudem seien Selbstständige, Beschäftigte und Arbeitgeber sowie das kulturelle Leben vor existentielle Herausforderungen gestellt worden.
Angesichts der existenziellen Bedrohung und der tiefgreifenden Verunsicherung habe die Aufgabe darin bestanden, schwerwiegende Folgen, insbesondere für vulnerable Gruppen, bestmöglich abzuwenden. Eine umfassende, die Perspektiven der Bürgerinnen und Bürgern einbeziehende und wissenschaftlich fundierte Aufarbeitung der Pandemie sowie des staatlichen und gesellschaftlichen Handelns während dieser Zeit sei unerlässlich, um belastbare Schlussfolgerungen für die Zukunft zu ziehen, heißt es in dem Antrag weiter.
„Ursachen, Verläufe und Folgen der Pandemie aufzeigen“
Die Enquete-Kommission soll der Vorlage zufolge ein Gesamtbild der Pandemie, ihrer Ursachen, Verläufe und Folgen einerseits sowie der staatlichen Maßnahmen andererseits umfassend und verständlich aufzeigen und dazu Daten und Fakten zugänglich machen und Transparenz stärken. Das Ziel sei, beim Auftreten einer vergleichbaren Pandemie aus den Erfahrungen mit der Corona-Pandemie heraus so vorbereitet zu sein, dass schnell, wirksam und mit einer klaren Kommunikation der Ziele gehandelt werden könne.
Der Enquete-Kommission sollen 14 Mitglieder des Bundestages sowie 14 Sachverständige angehören. Die Unionsfraktion soll fünf Mitglieder benennen, die Fraktionen von AfD und SPD jeweils drei Mitglieder, die Grünen-Fraktion zwei Mitglieder und die Linke-Fraktion ein Mitglied. Die Sachverständigen sollen im Einvernehmen der Fraktionen benannt werden, wobei eine angemessene Beteiligung der Länder und Kommunen sichergestellt werden soll. Ihren Abschlussbericht soll die Kommission bis zum 30. Juni 2027 vorlegen. Die Vorlage von Zwischenberichten zu einzelnen abgeschlossenen Untersuchungsaspekten soll zulässig sein. Dies könne eine zeitnahe parlamentarische und politische Befassung mit den Ergebnissen ermöglichen, heißt es.
Antrag der AfD
Der von der AfD geforderte Untersuchungsausschuss soll sich „ein Gesamtbild zur Sars-CoV-2-Pandemie verschaffen und dabei insbesondere die Maßnahmen der deutschen Bundesregierung zwischen dem 1. August 2019 und dem Beschluss des Bundestages über die Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses aufarbeiten“.
Dem Ausschuss sollen neun Mitglieder und ebenso viele Stellvertreter angehören, drei von der Unionsfraktion, je zwei von der AfD- und der SPD-Fraktion und je eines von Bündnis 90/Die Grünen und von der Linken. Er solle vor allem klären, welche Informationen und Erkenntnisse der Bundesregierung und ihren nachgeordneten Behörden, besonders dem Bundesnachrichtendienst, zu welchem Zeitpunkt über die von China aus beginnende Verbreitung sowie über die tatsächliche Gefährlichkeit des Coronavirus vorlagen und welche Schlussfolgerungen daraus gezogen wurden oder hätten gezogen werden müssen. Ebenso solle geklärt werden, inwieweit die Bundesregierung und ihr nachgeordnete Behörden in ihrem Sinn Einfluss auf das Robert-Koch-Institut und andere Institute sowie einzelne Experten genommen haben.
Die AfD-Fraktion erwartet vom Untersuchungsausschuss Empfehlungen, um künftig möglicherweise auftretenden Pandemien mit wissenschaftlichem Sachverstand, ausreichender Vorbereitung und Schutzkleidung, Medikamenten und intensivklinischen Kapazitäten entgegenzutreten, „damit Bevölkerung und Wirtschaft künftig vor größeren Schäden bewahrt werden“. Auch solle der Untersuchungsausschuss prüfen, welche Anreize gesetzt werden können, um die Personallage im medizinischen und Pflegesektor zu verbessern. Schließlich erwartet die Fraktion Aussagen, wie in Zukunft Nichtrisikogruppen wie Kinder und Jugendliche vor den Auswirkungen eines Lockdowns besser geschützt werden können. (ste/pk/vom/25.06.2025)
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ZP 4; 5 Eingefrorene russische Staatsvermögen, Erneuerbare Energien
Mit 443 Gegenstimmen hat der Bundestag am Mittwoch, 25. Juni 2025, einen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt, in dem die Fraktion gefordert hatte, eine Rückkehr zur Energieversorgung durch Nord-Stream-Pipelines aus Russland auszuschließen (21/224). 85 Abgeordnete stimmten namentlich für die Initiative, 55 enthielten sich. Zur Abstimmung hatte der Ausschuss für Wirtschaft und Energie eine Beschlussvorlage (21/468) abgegeben.
Darüber hinaus haben die Abgeordneten einen neuen Antrag der Grünen mit dem Titel „Eingefrorene russische Staatsvermögen der Ukraine vollumfänglich zur Verfügung stellen“ (21/572) beraten und an den federführenden Finanzausschuss überwiesen.
Abgelehnter Antrag zu Nord-Stream-Pipelines
Konkret forderten die Parlamentarier in ihrem abgelehnten Antrag, das Gaspipeline-Projekt Nord-Stream 2 dauerhaft zu beenden und dauerhaft kein Gas mehr aus Russland zu importieren. Stattdessen sollte die Bundesregierung die Außen- und Sicherheitspolitik in Abstimmung mit ihren europäischen Partnern dahingehend ausrichten, dass die „Energieabhängigkeit von Autokratien weltweit weiter reduziert wird“. Die Sanktionspolitik gegenüber Russland sollte auf europäischer Ebene „stringent“ fortgeführt und „konsequent“ weiterentwickelt werden.
Außerdem sollte die Regierung eine „Gasunabhängigkeitsstrategie“ vorlegen, in der die Auswirkungen auf Klima, Umwelt, Gesellschaft, Wirtschaft und Industrie berücksichtigt werden und in der mit den gasimportierenden Unternehmen „klare Regeln zur Diversifizierung vereinbart“ werden. Anstatt neue Gaskraftwerke zu bauen, wie von Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) angedacht, sollte die Koalition aus Union und SPD die Elektrifizierung weiter durch den Ausbau der Erneuerbaren Energien voranbringen, Energieeffizienz stärken und da, wo eine Elektrifizierung nicht möglich ist, „entschlossen auf grünen Wasserstoff setzen“. Es gelte die Energiewende zu beschleunigen und günstige Energiepreise für Menschen und Unternehmen zu ermöglichen, hieß es in dem Antrag.
Antrag zu russischen Staatsvermögen
Im zweiten Antrag der Grünen (21/572) heißt es, die Bundesregierung solle sich innerhalb der G7-Staaten dafür einsetzen, „die eingefrorenen russischen Staatsvermögen völkerrechtskonform vollumfänglich der Ukraine zur Verfügung zu stellen“. Die vollumfängliche Nutzung der eingefrorenen russischen Staatsvermögen stelle eine geeignete Maßnahme zur Wiederherstellung des Friedens in der Ukraine dar, die politisch und moralisch geboten sei, schreibt die Fraktion zur Begründung. Angesichts der finanziellen Reserven, die Russland im Ausland halte, bestehe ein erhebliches Potenzial, den Kriegsverlauf zu Ungunsten Russlands zu beeinflussen und dadurch den Krieg zu verkürzen oder sogar zu beenden.
Mit mehr als 260 Milliarden Euro an eingefrorenen russischen Zentralbankvermögen könnte Russlands militärische Durchhaltefähigkeit nach Auffassung der Fraktion massiv eingeschränkt und ein Friedensprozess beschleunigt werden. Darüber hinaus setze die entschlossene Nutzung dieser Vermögen ein klares Signal der Abschreckung gegen zukünftige Angriffskriege. (ste/nki/bal/25.06.2025)
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TOP 6 Bundeswehreinsatz EUFOR ALTHEA
Mit 386 Stimmen hat das Parlament am Mittwoch, 25. Juni 2025, die weitere Beteiligung der Bundeswehr an der durch die Europäische Union geführten Sicherheitsoperation in Bosnien und Herzegowina (Eufor Althea) gebilligt. Gegen den entsprechenden Antrag der Bundesregierung (21/228) votierten in namentlicher Abstimmung 187 Abgeordnete, vier enthielten sich. Der Auswärtige Ausschuss hatte zur Abstimmung eine Beschlussempfehlung (21/443) und der Haushaltsausschuss eine Bericht gemäß Paragraf 96 der Geschäftsordnung des Bundestages (21/466) vorgelegt.
Antrag der Bundesregierung
Das Mandat ist befristet bis Ende Juni 2026. Es sollen wie bisher bis zu 50 Soldatinnen und Soldaten entsendet werden können. Zu deren vorgesehenen Aufgaben gehören die Unterstützung und Koordination der Ausbildung der bosnisch-herzegowinischen Streitkräfte, die Unterstützung zur Schaffung eines sicheren Umfelds sowie die Wahrnehmung von Führungs-, Verbindungs-, Beratungs-, Beobachtungs- und Unterstützungsaufgaben.
Zentrale Aufgabe von Eufor Althea ist den Angaben zufolge die Unterstützung der Umsetzung des Dayton-Friedensabkommens von 1995. Seither hätten keine Kampfhandlungen in Bosnien und Herzegowina stattgefunden. Innenpolitisch sei das Land aber weiterhin von Spannungen geprägt. „Die Autonomiebestrebungen in der Entität Republika Srpska (RS) höhlen zusehends die funktionale Integrität des Gesamtstaates aus“, schrieb die Bundesregierung.
Zutiefst gespaltenes politisches System
Erschwerend komme hinzu, dass die politischen Rahmenbedingungen durch ein zutiefst gespaltenes politisches System gekennzeichnet seien. Dazu gehörten die „Blockadeanfälligkeit“, die geringe Resilienz staatlicher Institutionen und eine „mehrheitlich entlang ethnischer Zugehörigkeit organisierte Politik“ sowie daraus folgend eine Anfälligkeit für Destabilisierungsversuche von außen.
„Die Umsetzung der für einen EU-Beitritt notwendigen politischen und sozioökonomischen Reformen erfordert neben politischem Willen eine stabile Sicherheitslage“, argumentierte die Bundesregierung. Die Operation Eufor Althea leiste durch Zusicherung und Abschreckung eine wichtige Rolle für die Aufrechterhaltung eines sicheren und stabilen Umfeldes. (ahe/hau/26.06.2025)
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ANTRAG AfD TOP 7 Sonderrechte für Flüchtlingsunterkünfte
Die planungsrechtliche Privilegierung für den Bau von Unterkünften für Geflüchtete soll aufgehoben werden. Entsprechende Änderungen und Streichungen von Vorschriften des Baugesetzbuches fordert die AfD-Fraktion in einem Antrag (21/574), der am Mittwoch, 25. Juni 2025, auf der Tagesordnung des Bundestages stand. Die Vorlage wurde im Anschluss an die Debatte an den federführenden Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen überwiesen.
Antrag der AfD
Nach Angaben der AfD-Fraktion wurden von der Bundesregierung massive rechtliche Privilegierungen zugunsten des Baus von Flüchtlingsunterkünften im Städtebaurecht verankert. Um den Bau von solchen Unterkünften städtebaurechtlich zu ermöglichen, seien ursprünglich vorgesehene Befristungen dieser Vorzugsregelungen regelmäßig verlängert worden. Sie würden derzeit bis zum Ende des Jahres 2027 reichen, teilweise sogar bis zum Ende des Jahres 2030. Die derzeitige Fassung des Paragrafen 246 des Baugesetzbuches (BauGB) enthalte in den Absätzen 8 bis 14 umfassende Sonderregelungen zugunsten der Errichtung von Unterkünften für Flüchtlinge und Asylbewerber.
In dem Antrag der AfD-Fraktion heißt es weiter, diese Sonderregelungen hätten die Tür für umfassende und gravierende Abweichungen von bestehenden Bebauungsplänen, rechtsverbindlichen städtebaulichen Satzungen und von zentralen Regelungen der beiden Kernparagraphen des Baugesetzbuches, die die Zulässigkeit von Vorhaben im Innen- und Außenbereich betreffen, geöffnet.
„Eingriffe ins Baurecht“ bemängelt
Eine zentrale Folge ist nach Ansicht der AfD-Fraktion die „permanente Verletzung und Beschneidung der im Grundgesetz verbürgten kommunalen Selbstverwaltungsrechte“. Die städtebaurechtliche Planungshoheit der Städte und Gemeinden werde durch bundesrechtliche Maßnahmen fortlaufend ausgehöhlt. Wenn Kommunen das erforderliche Einvernehmen für den Bau solcher Einrichtungen verweigern würden, werde das kommunale Einvernehmen durch staatliche bauaufsichtliche Entscheidungen ersetzt.
Außerdem kritisiert die AfD-Fraktion, dass die verwaltungsrechtlichen Klagemöglichkeiten von Bürgern gegen bauliche Vorhaben für Flüchtlinge weitgehend eingeschränkt worden seien. Der gesamte Bestand an rechtsverbindlichen Bebauungsplänen und anderen städtebaurechtlichen Regelungen in Deutschland sei unter einen Änderungs- und Zugriffsvorbehalt zugunsten der Versorgung von Flüchtlingen und Asylbewerbern gestellt worden. Die Eingriffe ins Baurecht führten zu gravierenden Auswirkungen auf die Umwelt, insbesondere wenn Umweltverträglichkeitsprüfungen in ökologisch sensiblen Gebieten entfallen würden. Der Schutz der Biodiversität stehe im Zentrum naturschutzpolitischer Agenden und sei unerlässlich, um Flora und Fauna zu bewahren. (hle/hau/25.06.2025)