BERLIN – An welchen Orten und vor allem bei welchen Gelegenheiten stecken sich die Deutschen mit dem angeblich so gefährlichen Covid-19-Virus an. Die Frage des „wo“ scheint meist klärbar zu sein. Die Frage „bei welcher Gelegenheit“ blieb bisher unbeantwortet, obwohl dem RKI die Daten vorlagen.
Das RKI hat inzwischen ca. 55.000 der 202.000 bis Mitte Juli nach § 1 Infektionsschutzgesetz gemeldeten Infektionen einem Ansteckungszusammenhang zugeordnet. Dies geht aus einem Epidemiologischen Bulletin des RKI hervor, das durch das RKI am 23.8. vorzeitig im Internet veröffentlicht wurde.
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Der Umfang der Meldepflichten durch die Gesundheitsämter
Es ist keine wirklich vertrauensbildende Maßnahme, wenn seit Mitte Mai Ärzte den
„wahrscheinlichen Infektionsweg – einschließlich Umfeld, in dem die Übertragung wahrscheinlich stattgefunden hat“
dem Gesundheitsamt melden müssen. Das können sie aber nur, wenn die Patienten ihnen diese Informationen geben und wenn die gegebenen Informationen zutreffen.
§ 9 des Infektionsschutzgesetzes legt bei der Meldung an das RKI fest, welche Informationen zu melden sind. Hierzu gehören:
- h) Tag der Erkrankung, Tag der Diagnose, gegebenenfalls Tag des Todes und wahrscheinlicher Zeitpunkt oder Zeitraum der Infektion,
- k) wahrscheinlicher Infektionsweg, einschließlich Umfeld, in dem die Übertragung wahrscheinlich stattgefunden hat, mit Name, Anschrift und weiteren Kontaktdaten der Infektionsquelle und wahrscheinliches Infektionsrisiko,
Ergänzt wurden diese gesetzlichen Pflichten um zusätzliche Auflage, die einer Vorgabe der Bundesregierung aus der Telefonschaltkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 15. April 2020 entsprechen. Diese regeln unter TOP 2 Nr. 3 zusätzlich:
Wenn man nun die Veröffentlichungen des RKI betrachtet, dann findet man dort die Angaben nach § 1 h) des Infektionsschutzgesetzes, nicht aber die Angaben nach § 1 k) des Infektionsschutzgesetzes. Dies erstaunt deswegen, weil mit Hilfe dieser Informationen eine Differenzierung bei den Auflagen möglich wäre!
So wundert sich auch die Zeitung die WELT über diese Lücke:
Das RKI kennt also
- den wahrscheinlichen Infektionsweg,
- das wahrscheinliche Infektionsumfeld, in dem die Übertragung wahrscheinlich stattgefunden hat
- die Infektionsquelle und
- das wahrscheinliche Infektionsrisiko,
Aber das RKI verschwieg der Öffentlichkeit diese Daten bisher. Doch diese Daten sind enorm wichtig, denn:
- Wüßte die Öffentlichkeit, daß ein Besuch bei einer Demonstration zu (k)einer großen Anzahl an Infektionen geführt hat, dann könnten sich alle darauf einstellen und es würde (keinen) Sinn mehr machen, Demonstrationen durch Behörden Auflagen zu erteilen;
- Wüßte die Öffentlichkeit, daß ein Besuch in einem Gasthaus oder Friseur zu (k)einer großen Anzahl an Infektionen geführt hat, dann könnten die Auflagen für die arg geschundenen Gastwirte oder Friseure viel passgenauer erteilt werden;
- Wüßte die Öffentlichkeit, daß ein Besuch im Schwimmbad zu (k)einer großen Anzahl an Infektionen geführt hat, dann könnten Badeanstalten wieder uneingeschränkt öffnen;
- Wüßte die Öffentlichkeit, daß die Arbeit in (Großraum-)Büros oder Schulen zu (k)einer großen Anzahl an Infektionen geführt hat, dann könnten Arbeitgeber oder Schulen hierauf präzise reagieren.
Da all das nicht der Fall ist, und da diese Informationen ausschließlich die Gesundheitsämter und das RKI und die Bundesregierung hat, ist es der Bundesregierung möglich, breite Auflagen für die Bevölkerung zu erlassen, ohne daß sie hierbei durch Gerichte gestört wird. So sieht das jedenfalls auch die Zeitung die WELT:
Was ist ein „Ausbruch“?
So weit diese Daten vorhanden sind, werden die um Namen und Anschriften bereinigten Angaben dann zur zuständigen Landesbehörde weitergeleitet und von dort zum Robert Koch-Institut. Dies erfolgt „spätestens am folgenden Arbeitstag“. So weit die Theorie.
Von allen Meldungen aus den Gesundheitsämtern fasst das RKI nur diejenigen zusammen und wertet sie betreffend ihrer Zusammenhänge aus, die einen „Ausbruch“ zurechenbar sind.
Obwohl diese Vorgaben seit Monaten beschlossene gelten, funktioniert die Auswertung dieser Angaben bislang nur für sogenannte „Ausbrüche“ – gemeint sind Infektionen von mehreren Personen, die mit großer Wahrscheinlichkeit zusammenhängen.
Die Zeitung die WELT hat erfahren, daß bis ca. Mitte August in Deutschland 9000 derartige „Ausbrüche verzeichnet werden konnten:
Nur die Daten, die im Umfeld dieser 9000 „Ausbrüche“ erhoben wurden, gingen demnach in eine statistische Analyse der RKI ein, die das RKI am 23.8.2020 veröffentlicht hat. Das RKI hat die Daten dieser übermittelten Ausbrüche analysiert. die Ausbrüche, zu welchen das RKI Daten vorliegen hat. fanden in folgendem Umfeld statt: (eigene Auswahl aus Datenstand 11.8.2020)
- Privater Haushalt: 3.902
- Alten-/Pflegeheim: 709
- Arbeitsplatz, unspezifisch: 412
- Krankenhaus: 402
- Flüchtlings-, Asylbewerberheim: 199
- Freizeit Freizeit, unspezifisch: 195
- Hotel, Pension, Herberge: 169
- Betreuungseinrichtung, unspezifisch: 95
- Verein, oder ähnliches: 47
- Seniorentagesstätte: 46
- Kindergarten, Hort: 33
- Restaurant, Gaststätte: 38
Bei diesen Ausbrüchen wurden in jedem der obigen Umfelder folgende Personenzahlen infiziert:
- Privater Haushalt: 12.315
- Alten-/Pflegeheim: 13.314
- Arbeitsplatz, unspezifisch: 5.824
- Krankenhaus: 4.107
- Flüchtlings-, Asylbewerberheim: 4.146
- Freizeit Freizeit, unspezifisch: 1.699
- Hotel, Pension, Herberge: 578
- Betreuungseinrichtung, unspezifisch: 1.435
- Verein, oder ähnliches: 252
- Seniorentagesstätte: 845
- Kindergarten, Hort: 168
- Restaurant, Gaststätte: 273
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Erstmalige statistische Aufarbeitung der Daten zum Umfeld, in der eine Infektion stattfand
Am 23.8. hat das RKI erstmals Daten über das Umfeld veröffentlicht, in welchem eine Infektion stattfand.
- Wohnstätten
- Übernachtungen,
- Arbeitsplatz,
- Ausbildungsstätten,
- medizinischen Behandlungseinrichtungen,
- Betreuungseinrichtungen,
- Freizeit,
- Speisestätten,
- Verkehrsmitteln und
- Sonstigen
Demnach verteilt sich das Ausbruchsgeschehen, wie in der Grafik dargestellt (Höhere Auflösung hier einsehbar).
Die Blautöne weisen hierbei auf Infektionen in Wohnbereichen, wie z.B. Unterkünften (Haushalt, Pflegeheim, Wohnheim, betreutes Wohnen etc.) hin. Die Ockertöne auf medizinische Einrichtungen. Grün auf Arbeits-/Ausbildungsstätten und rot/rosa auf Betreuungseinrichtungen (Seniorentagesstätte, Kindergarten, Hort).
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Analyse bestätigt die bisherigen Erkenntnisse
Während aus privaten Haushalten 3.902 Fälle gemeldet wurden, waren es aus Hotels, Pensionen, Herbergen 169 und aus Speisegaststätten oder Restaurants lediglich 38, wie man Tabelle 3 entnehmen kann.
Für die Ausbrüche läßt sich festhalten: