Wo sind eigentlich unsere angeblich 30.000 Intensivbetten?

Quelle: Wikipedia Gemeinfrei

BERLIN / MÜNCHEN – Deutschland hat nach den USA die zweitmeisten Intensivbetten pro 100.000 Bürger  in der Welt lautet derzeit eines  der Lieblingsargumente der Herrschenden.  Doch als am 20.3. die Taktik der Bundesregierung, das Virus einfach durch Realitätsverweigerung zu bekämpfen längst gescheitert war, wurde für die Fachleute erkennbar, daß diese zweitmeisten Intensivbetten pro 100.000 Bürger nicht ausreichen könnten.

 

Bettenzahlen ohne Praxisrelevanz

Der Grund, warum sie nicht ausreichen könnten ist, weil die meisten dieser Betten mit Patienten belegt sind:

Denn die meisten dieser 28.000 Betten sind belegt – das durch diverse Reformen optimierte deutsche Gesundheitssystem erlaubt es Krankenhäusern nicht, teure Intensivbetten über den Alltagsbedarf hinaus in großer Zahl bereitzuhalten.

In einer Pandemie benötigt  man jedoch keine Bettenzahlen auf dem Papier, sondern freie Betten, in die man die Masse an gleichzeitig auftretenden Patienten hineinlegen kann. Fachleute wissen nämlich, daß die gemeldeten Zahlen an Intensivbetten offenbar mit der Realität der praktisch verfügbaren Betten offenbar wenig zu tun haben.

Das sogenannte Intensivregister der Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), des Robert Koch-Instituts und der Deutschen Krankenhausgesellschaft meldete am Freitag bundesweit lediglich 19.477 Intensivbetten (Stand 13:59 Uhr). Von diesen Betten sind laut Register 8064 frei – also etwa halb so viele wie die DKG verkündet hatte. „Wir können die Zahlen der Deutschen Krankenhausgesellschaft nicht bestätigen“, sagte ein Sprecher der DIVI.

 

Die Geschehnisse in Italien zeigen das Potential des Virus auch für Deutschland

Vor diesen Alarmierend sind auch die Nachrichten aus Italien. Antonio Pesenti, Leiter der lombardischen Kriseneinheit für Intensivtherapie für Covid-19-Erkrankte, berichtet der italienischen Zeitung „Corriere della Sera“ im Interview, daß die Betten nicht ausreichen werden. Es bedarf daher zusätzliche Maßnahmen, wie den Lock-Down und Ausgangssperren, um das Virus unter Kontrolle zu bekommen, schreibt er in einem Brief an den italienischen Ministerpräsidenten:

„Das Bild ist so dramatisch, dass eine Erhöhung der Intensivbetten bis zum Zehnfachen der aktuellen Verfügbarkeit erforderlich ist. Die Zahl der am 26. März erwarteten Krankenhauspatienten beträgt 18.000 lombardische Patienten, von denen zwischen 2.700 und 3.200 auf der Intensivstation stationär behandelt werden müssen. Heute gibt es bereits über tausend Patienten zwischen Wiederbelebungspatienten und Patienten, die von einer Minute zur nächsten ein Intensivbett benötigen könnten ». „Aktuell sind wir gezwungen, Intensivpatienten auf dem Korridor, in Operationssälen oder Aufwachräumen zu behandeln. Wir haben ganze Krankenhausstationen für die Behandlung der Infizierten geräumt.“ Das Gesundheitssystem der Lombardei sei kurz vor dem Zusammenbruch. Schon jetzt könne man nicht mehr alle beatmungspflichtigen Patienten behandeln. Die Zahl der Intensivbetten reiche bei Weitem nicht aus.“ Kurz gesagt, das Notfall-Dringlichkeitssystem der Lombardei kann keine normalen Standards mehr garantieren. «Leider ist es die Wahrheit. Ich sage dies nicht, um die Bürger zu alarmieren, sondern um allen klar zu machen, dass es nicht an der Zeit ist, auszugehen, einkaufen zu gehen oder den Spritz zu trinken, wie wir es seit Tagen sagen. Wir müssen die sozialen Beziehungen ändern, da die Geschäfte und Nachbarschaftsmärkte geschlossen sind. In Mailand, wo ich wohne, waren zumindest bisher zu viele Menschen unnötig unterwegs. Du musst nur ausgehen, um Essen zu kaufen. „

Diese eindringliche Stellungnahme vom 7.3. dürfte den italienischen Ministerpräsidenten dazu bewogen haben, später dann das gesamte Land herunterzufahren. Zwei Wochen später fand diese Botschaft auch in Deutschland Gehör. An die Krankenhäuser gerichtet sagte der Chef des Robert-Koch-Instituts (RKI):

„Wir brauchen so viele Intensivbetten wie möglich. Ich erwarte dass die Krankenhäuser vorbereitet sind.“

Dessen ungeachtet äußerte sich der Chef des Robert-Koch-Instituts dieser Tage zufrieden darüber, dass die Zahl der Intensivbetten in deutschen Krankenhäusern angeblich von 30.000 auf 40.000 erhöht worden sei. Jedoch sei er sich nach wie vor nicht sicher, ob die Kapazitäten ausreichten.

„Ich persönlich habe die Einschätzung, dass sie nicht reichen.“ Er würde sich aber sehr freuen, wenn er hier irre.

Zum Zweck der besseren Erfassung will der Bundesgesundheitsminister im Jahre 2020 doch glatt schon eine zentrale Meldung freier Intensivbetten verpflichtend machen.
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Die zu erwartenden Patienten

Auf der anderen Seite ist seit ca. 21. März auch bekannt, wen das Virus am stärksten trifft: Personen, die bereits eine Vorerkrankung hatten, was naturgemäß mit zunehmendem Alter bei immer mehr Personen zutrifft. Die Belegung eines Intensivbetts durch einen Corona-Patienten dauert in der Regel eine Woche, kann aber auch bis zu vier Wochen dauern:

Prof. Marx. „Bei dieser Virusinfektion dauert es sehr lange, bis die Entzündungen abgeheilt sind, mitunter zwei bis vier Wochen. Das liegt daran, dass es noch keine medikamentöse Therapie gibt. Wir können nur die Symptome lindern.“ Zudem müssten die Kranken nach der Intensivbehandlung erst von der Beatmung entwöhnt werden.

Diese Erkenntnis wird aus Österreich bestätigt und ergänzt:

Eine weitere Beobachtung: Schwere SARS-CoV-2-Erkrankungen sind in aller Regel Multiorganerkrankungen mit zusätzlichen Beeinträchtigungen etwa des Herzmuskels, der Durchblutung, der Blutgerinnung und der Nierenfunktion.

Folglich ist es so, daß die Versterbenden in der Regel höheren Alters sind:

Deutschland:

„Der jüngste Patient, der an dem Virus starb war 67, der älteste 94.“

Italien:

Wie das italienische Institut für Gesundheit in einer Studie aufweist, könnten mehr als 99 Prozent der Toten in Italien unter Vorerkrankungen gelitten haben. In der Studie wurden die Daten von mehr als 2000 Covid-19-Toten ausgewertet… Bei rund 18 Prozent wurde auch ein Blick auf die Krankenakte in Bezug auf Vorerkrankungen geworfen. Nur 0,8 Prozent davon hätten demnach vor der Infektion an keiner Vorerkrankung gelitten.

Eine Zeitung in Südtirol hat das Alter der in Südtirol an Corona Verstorbenen online gestellt. Diese Daten dürften die obigen Aussagen weitgehend bestätigen. Dies bedeutet jedoch nicht, daß nur Alte und Kranke auf die Intensivstationen kämen, sondern es bedeutet nur, daß  die Alten und Kranken die Verlegung auf eine Intensivstation am seltensten überleben:

Leider wurde anfänglich die Wahrnehmung gefördert, es handle sich um eine Seniorenkrankheit, da man nur die Zahl und das Alter der Todesfälle beachtete. Rund zehn Prozent der Infizierten müssen ins Spital. Davon kommen 17 Prozent auf die Intensivstation und elf Prozent an ein Be­atmungsgerät. Heute weiss man, dass 50 Prozent der Hospitalisationen Menschen unter 53 Jahren betreffen. In Deutschland liegt diese Zahl gar bei 49 Jahren. Allerdings erhöhen nicht nur das Alter, sondern auch medizinische Vorbelastungen wie etwa Rauchen, Bluthochdruck oder hoher Blutzucker das Risiko einer schweren Erkrankung. Grob geschätzt sind zwei Drittel der hospitalisierten Patienten mit Covid-19 unter 65 Jahre alt und damit noch im Arbeitsprozess. Die Hospitalisationsdauer beträgt jeweils zehn bis zwanzig Tage, dazu kommt die Rekonvaleszenzdauer.

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Ein durchökonomisiertes Gesundheitssystem ist strukturell ungeeignet Pandemien zu bekämpfen

In einem Gesundheitssystem in welchem die Genesung ein Gegenstand der Gewinnmaximierung stellen freie Intensivbetten einen Fremdkörper dar

In einem Interview mit dem Deutschlandfunk hat der Immunologe von der Charite in Berlin Christian Drosten bereits am 13.2. die Defizite im deutschen Gesundheitssystem angesprochen:

„Wir haben zwei ganz große Schwachpunkte im Gesundheitssystem.

Das eine ist die öffentliche Gesundheit. Die Gesundheitsämter sind schlecht ausgestattet in ganz Deutschland. Die haben wenig Personal. Die müssen aber das Meldewesen organisieren, denn diese Gesundheitsversorgung ist ja Ländersache und das kommt in den Kommunen am Ende an als Belastung.

Das andere, was ich für ein genauso großes oder eigentlich noch größeres Problem halte, das sind die Krankenhäuser. Wir haben in Deutschland ein äußerst kostenoptimiertes Gesundheitssystem. Die letzte Pandemie, die sogenannte Schweinegrippe damals, die ist jetzt über zehn Jahre her, und alleine in den vergangenen zehn Jahren wurden so viele Reserven aus dem Gesundheitssystem herausgespart, die uns jetzt fehlen werden in einer Pandemie. In einer Pandemie braucht das ganze Gesundheitssystem seine Reserven, um den Anstrom von Patienten zu organisieren…. Diese Patientenflut muss bewältigt werden.“

In sozialen Medien warnen Praktiker aus den Krankenhäusern längst vor Engpässen. Denn die meisten dieser 28.000 Betten sind belegt – das durch diverse Reformen optimierte deutsche Gesundheitssystem erlaubt es Krankenhäusern nicht, teure Intensivbetten über den Alltagsbedarf hinaus in großer Zahl bereitzuhalten.

Dass das schon jetzt zu Problemen führen kann, machte ein junger Intensivmediziner aus München deutlich, der am Dienstagabend einen Screenshot aus dem internen Belegungssystem Ivena der Münchner Notfallleitstelle veröffentlichte: Dort war um 21 Uhr genau eine von 15 Münchner Intensivstationen mit freien Kapazitäten gemeldet. Der Rest war wegen Vollbelegung geschlossen.

In seinem Beitrag warnte der Arzt, dass die Münchner Krankenhäuser bislang nicht damit begonnen hätten, sich auf eine Ausweitung der Coronavirus-Epidemie vorzubereiten. Er wandte sich per Facebook direkt an den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU):

„Nach Rücksprache mit betroffenen Kollegen in Norditalien ist davon auszugehen, dass wir in den kommenden Tagen und Wochen einen extremen Anstieg an intensivpflichtigen Covid-19-Erkrankten haben werden. Wie genau sollen die versorgt werden?“

Sind die Kapazitäten knapp, werden Patienten in der Intensivmedizin nach ihrem Behandlungsbedarf eingeordnet, im medizinischen Fachjargon „Triage“ genannt. Dabei kommen sogenannte Scoring-Systeme zum Einsatz…

Doch im Falle einer Epidemie, wo binnen kurzer Zeit sehr viele – und schnell eben auch zu viele – solcher Betten benötigt werden, sehen die internationalen Leitlinien für die Intensivmedizin erweiterte Regeln vor. Dann nämlich müssen die Intensivmediziner entscheiden, welche Fälle so schwer erkrankt sind, dass sie vermutlich ohnehin nicht überleben werden – etwa weil sie zum Beispiel sehr alt sind und bereits multiple zusätzliche Krankheiten haben…“

 

Wie stark belastet der Corona-Virus die Intensivmedizinischen Abteilungen?

In der Regel sollen an Corona erkrankte Patienten, die Intemsivmedizinische Betreuung benötigen ca. eine Woche lang ein Intensivbett belegen. Aus Österreich gibt es die Einschätzung:

„Wir sehen, dass die Intensivpatienten mit Covid-19 über einen langen Zeitraum in einem schlechten Zustand sind“, bestätigt auch der Vorgänger von Markstaller als ÖGARI-Präsident, Rudolf Likar: „Der durchschnittliche Aufenthalt von Intensivpatienten an unserer Klinik liegt bei 5,6 Tagen. Bei den SARS-CoV-2-positiven Personen ist die Aufenthaltsdauer viel länger, sie können in der Regel erst nach 14 Tagen extubiert werden.“ Eine Schwierigkeit, so Likar, sei auch die geringe wissenschaftliche Evidenz für Therapien, insbesondere für medikamentöse Verfahren.

 

Wie viele Intensivbetten sind im Normalbetrieb eigentlich frei?

Dabei ist die Zahl der Intensivbetten eigentlich völlig irrelevant.  Niemand geht ernsthaft davon aus, daß auf Effizienz getrimmte Krankenhäuser leere Betten herumstehen lassen dürfen. Da auch niemand in ein belegtes Bett gelegt werden kann, ist vielmehr die Zahl der freien Intensivbetten maßgeblich. Wer jedoch diese Zahl in Erfahrung bringen möchte, stößt auf große Schwierigkeiten und muß erleben, wie versucht wird den Fragesteller mit Antworten, wie „das ändert sich täglich“, etc. in die Irre zu führen.

 

Wie viele Intensivbetten sind im Pandemiefall eigentlich frei?

Rein statistisch betrachtet soll Deutschland – wie gesagt – über  die zweitmeisten Intensivbetten in der Welt verfügen.  Diese Zahl alleine sagt aber recht wenig darüber aus, wie viele dieser Betten denn der Bevölkerung im Pandemiefall überhaupt zur Verfügung stehen, denn offenbar stehen viele dieser Betten nur auf dem Papier. Die Praxis sieht ganz anders aus:

Auch ist es in einem Gesundheitssystem, das nach der Ideologie betrieben wird, dass Genesung ein ökonomisches Gut und nicht etwa Daseinsvorsorge sei und darauf getrimmt hat, dass man mit der Genesung von Menschen auch wirtschaftliche Gewinne erzielen können muß, systemfremd Intensivbetten vorzuhalten, die nicht belegt sind.

Damit trifft die Pandemie ein auf Wirtschaftlichkeit ausgerichtetes Gesundheitssystem an seiner empfindlichsten Stelle: Das Fehlen von Überkapazitäten. Dies betrifft sowohl Betten, als auch Personal, als auch Material.

 

In vielen Ländern reichen die Intensivbetten nicht, um die Welle der Erkrankten zu behandeln

In Folge fehlender freier Kapazitäten kann den Patenten nicht mehr die Behandlung gegeben werden, die sie bräuchten. Am 11.3. bereits druckte die Zeitung die Welt die Warnungen eines lombardischen Arztes ab:

„„Aktuell sind wir gezwungen, Intensivpatienten auf dem Korridor, in Operationssälen oder Aufwachräumen zu behandeln. Wir haben ganze Krankenhausstationen für die Behandlung der Infizierten geräumt.“ Das Gesundheitssystem der Lombardei sei kurz vor dem Zusammenbruch. Schon jetzt könne man nicht mehr alle beatmungspflichtigen Patienten behandeln. Die Zahl der Intensivbetten reiche bei Weitem nicht aus…. Einem Bericht eines WHO-Untersuchungsteams zufolge, das die ersten Daten des Ausbruchs im chinesischen Wuhan auswertete, erkranken etwa fünf Prozent der Covid-19-Patienten so stark, dass sie Beatmungstherapie benötigen. Ihre Lungen können ohne mechanische Hilfe nicht genügend Sauerstoff für Niere, Leber und Herz bereitstellen, unbehandelt sterben sie an Organversagen. In Italien scheinen sogar noch mehr Patienten Intensivpflege zu benötigen. Laut Medienberichten waren bereits am Montag mehr als 440 Patienten in Intensivbehandlung. Somit gerät das italienische Gesundheitssystem schon jetzt an seine Grenzen.

Stand 1.4.2020 konnte das deutsche Gesundheitswesen, zumindest was die auf dem Schreibtisch liegenden Zahlen angeht, flexibel  und schnell reagieren.

„Die Kliniken in Deutschland haben wegen der Corona-Krise die Zahl der Intensivbetten von etwa 28.000 auf rund 40.000 erhöht. Etwa 15.000 bis 20.000 Intensivbetten davon seien frei, sagte der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, der „Rheinischen Post“ vom Donnerstag.

Zugleich stieg die Zahl der Betten mit Beatmungsgerät seit Beginn der Pandemie von etwa 20.000 auf mittlerweile rund 30.000. Zum Teil seien die Beatmungsgeräte aus anderen Bereichen wie beispielsweise aus Aufwachräumen geholt oder aber neu beschafft worden, sagte Gaß. Zum Teil seien auch ausgemusterte Geräte reaktiviert worden.

Der Krankenhauschef gab sich „zuversichtlich“, dass in den kommenden zwei Wochen für alle Covid-19-Patienten, die beatmet werden müssen, ein Gerät zur Verfügung stehen werde. Aktuell seien etwa 2000 Betten mit Covid-19-Patienten belegt.

Auch bei den Nichtintensivbetten schafften die Kliniken zusätzlichen Platz. Ein nennenswerter Teil an planbaren Behandlungen sei bereits zurückgefahren worden, betonte Gaß. Die Normalauslastung der Krankenhäuser liege bei 75 bis 80 Prozent. Zurzeit seien noch etwa 50 Prozent der Betten belegt.“  

Geht man davon aus, daß  dies das Maximum dessen ist, was das deutsche Gesundheitssystem leisten kann scheint es dennoch nicht zu genügen. So befürchtet der RKI-Chef am 29.3.2020:

„Wir müssen damit rechnen, dass die Kapazitäten nicht ausreichen

 

Kurzfristige Improvisationen können diesen Mangel nicht beheben

Wo immer möglich, wird improvisiert. Ganz Kliniken schließen, um Kapazitäten freizusetzen

„Wegen einer Vielzahl von Infizierten unter Patienten und Mitarbeitern gibt eine Münchner Klinik den normalen Krankenhausbetrieb vorübergehend auf. „Es geht darum, dass wir keine neuen Patienten aufnehmen, und die Patienten, die entlassen werden könnten, aktuell nicht entlassen“, erläuterte der Sprecher des Helios Klinikum München West, Marten Deseyve, gegenüber „Bild“. „Alle Patienten, die jetzt da sind, bleiben auch weiter da.“ So sollten Infektionsketten unterbrochen werden.“ 

Doch es genügt nicht überall:

„Im Ballungsraum Paris spitzt sich die Lage weiter zu. „Wir hatten eine äußerst schwierige Nacht, da wir tatsächlich am Ende unserer Krankenhauskapazitäten sind“, sagte Aurélien Rousseau, Direktor der regionalen Gesundheitsbehörde Île de France, dem Sender Franceinfo. „In der Region Paris gibt es 1.200 Intensivbetten. Zurzeit haben wir 2.700 Patienten auf der Intensivstation.“ Gesundheitsdirektor Jérôme Salomon sagte am Abend, dass in Frankreich inzwischen 4.032 Patienten der Covid-19-Krankheit erlegen seien.“ 

 

Mangel an Intensivbetten auch in den Landkreisen Altötting und Mühldorf

Quelle RKI am 4.4.2020
Quelle RKI am 4.4.2020

In den Landkreisen Altötting und Mühldorf leben um die 235.000 Einwohner. Wenn tatsächlich 28 Intensivbetten pr0 100.000 Einwohner zur Verfügung stehen, dann müßten in den Landkreisen Altötting und Mühldorf zusammen 66 Intensivbetten vorhanden sein.

Wie viele Intensivbetten in beiden Landkreisen tatsächlich vorhanden sind, war bisher noch nicht zu ermitteln.

Beide Landkreise zusammen können jedoch ausweislich einer Pressekonferenz vom 16.3. im Klinikum Mühldorf durch Zusammenkratzen aller Ressourcen zweier Landkreise lediglich 14 freie Beatmungsbetten realisieren. Weitere sechs, sind mit einem Narkosegerät bestückt, das für eine Langzeitbeatmung nicht geeignet ist. Das ist das Maximum, was ein auf Effizienz getrimmtes Gesundheitswesen unter Aufbieten aller Kräfte in diesen Landkreisen ermöglicht.

Mit dem Wissen, daß von 100 Patienten ca. fünf beatmet werden müssen. bedeutet dies, daß aus eigener Kraft heraus die Landkreise Altötting und Mühldorf zusammen sich nur zweihundertachzig Corona-Infizierte betreuen können. Zählt man als Reserven, die Betten dazu, die man mit Narkosegeräte ausgestattet  hat, kann sich der Landkreis weitere hundertzwanzig Corona-Infizierte erlauben  insgesamt also vierhundert Corona-Infizierte.

Hieraus folgt daß das Gesundheitssystem in den Landkreisen Altötting und Mühldorf zusammen etwa vierhundert Corona-Infizierte bei um die 230.000 Einwohnern behandeln kann!

Am 4.4.2020 war diese theoretische Schwelle bereits überschritten, denn in beiden Landkreisen wurden seit dem ersten Auftreten des Virus um den 16.3. herum 233+248=481 Fälle gemeldet. Unklar ist jedoch wie lange die Patienten beatmet werden müssen. In der Regel soll die Beatmung meist ca. eine Wochen lang dauern, kann aber auch länger benötigen.

Quelle: https://www.lgl.bayern.de/gesundheit/infektionsschutz/infektionskrankheiten_a_z/coronavirus/karte_coronavirus/
Quelle: https://www.lgl.bayern.de/gesundheit/infektionsschutz/infektionskrankheiten_a_z/coronavirus/karte_coronavirus/

Geht man davon aus, daß die Beatmung eines Patienten in der Tat ca. eine Woche dauert, so dürften die 14 regulären Beatmungsbetten bei ca. zweihundertachzig Neuinfektionen pro Woche erschöpft sein. Die zusätzlichen sechs mit Narkosegeräten ausgestatteten Betten würden noch zusätzliche hundertzwanzig Fälle pro Woche maximal erlauben. Mit etwas Pech könnte diese Zahl innerhalb der kommenden Woche erreicht werden, denn die gemeldeten Neuinfektionen bilden erfahrungsgemäß den Zustand von vor etwas über einer Woche ab, da man inclusive der Inkubationszeit, der Auswertung etc. mit etwa 8-10 Tagen rechnen muß.

Aus den Veröffentlichungen des LGL geht darüber hinaus aber auch hervor, daß davon die letzten sieben Tage 144 + 124 = 268 neue Fälle entdeckt wurden.  setzt man bei diesen Fällen an, daß um die 5% Beatmungshilfe benötigen, so wären dies bei 268 Fällen 13 Beatmungsbetten, die hierdurch belegt würden. dies bedeutet, daß alleine die neuen Fälle 13 der 14 vorhandenen Beatmungsbetten belegen.

Dies dürfte bedeuten, daß praktisch in der kommenden Woche die Beatmungsbetten in den Landkreisen Altötting und Mühldorf zusammen ausgelastet sein werden und das Schwerpunktkrankenhaus in Mühldorf auf die mit Narkosegeräten ausgestatteten Reservebetten wird zurückgreifen müssen.

So weit die rein rechnerische Abschätzung Stand 4.4.2020. In der Presse erfährt man hierüber bisher nichts.

Geplant sei, so die Offiziellen, bis zu 90 Nichtintensivbetten aufzubauen und bis zu 33 Intensivbetten für beide Landkreise in Mühldorf zu realisieren. Hierzu seien  12 weitere Beatmungsgeräte bestellt, deren Eintreffen bis Anfang  Mai erhofft wird.  Bis in den Mai steht jedoch nur dieser Pool von 20 Geräten zur Verfügung  (Min 15-20) .

Am 19.4. meldet dann die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin, daß 13.000 von 30.000 Intensivbetten gemeldet worden seien:

In Deutschland sind nach aktuellen Zahlen der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) fast 13 000 Intensivbetten frei. Insgesamt verfügten die Kliniken über mindestens 30 000 Betten, teilte die Vereinigung am Sonntag mit.

Grund: Deutschland hat es geschafft, ein Meldesystem in Betrieb zu nehmen!

 

Bayern ist großzügig  und unterstützt Italien

All dessen ungeachtet hat Bayern offenbar noch freie Kapazitäten Italien zu unterstützen:

Bayern will Italien jetzt bei der Versorgung von Covid-19-Patienten unterstützen. Nach Angaben der Staatskanzlei sollen „als Zeichen der Solidarität mit Italien“ mindestens zehn schwerkranke Patienten in bayerischen Krankenhäusern aufgenommen werden. „Bayern wird Covid-19-Patienten in jenem Umfang aufnehmen, wie dies die anderen Bundesländer tun, die sich bislang dazu bereit erklärt haben“, erklärte eine Sprecherin auf Nachfrage. Wie viele Patienten letztlich aufgenommen werden, sei bislang noch nicht beschlossen. „Das läuft jetzt an, die Fachebenen planen augenblicklich, wie die Umsetzung stattfinden kann“, hieß es.

Italien ist von der Corona-Pandemie extrem hart betroffen. Wie die Johns Hopkins Universität am Freitag bekannt gab, sind dort bislang 8215 infizierte Menschen gestorben und knapp 80 600 positiv getestet worden. Nach Informationen aus der Staatskanzlei klärt gerade Europaminister Florian Herrmann (CSU) auf diplomatischer Ebene mit der italienischen Seite, wie Bayern nun konkret helfen kann… Aus Sicht der SPD-Landtagsfraktion in München ist es jetzt höchste Zeit, dass auch aus Bayern solche Schritte erfolgen. „Es drängt, jetzt ist die Zeit, in der wir noch helfen können“, sagte Ruth Waldmann, die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion. „Augenblicklich werden bei uns vorausschauend die intensivmedizinischen Kapazitäten aufgebaut, die notwendig sind, wenn auch in Bayern ebenfalls viele Menschen schwer an Covid-19 erkranken“, begründete Waldmann ihre Forderung…

Gemeinsam mit ihrem Fraktionsvorsitzenden Horst Arnold hat Ruth Waldmann in dieser Woche den Freistaat zu einer Geste der Humanität mit Italien aufgerufen. In gleichlautenden Briefen an Ministerpräsident Markus Söder und an Gesundheitsministerin Melanie Huml (beide CSU) heben Arnold und Waldmann hervor, dass es nun der „europäischen Solidarität“ bedarf.

Franz Bergmüller fragt bei der Staatsregierung nach:

 

1. Pandemieplan

1.1. Welche Vorgaben macht der für ganz Bayern am 1.1.2020 gültige Pandemieplan dem bayerischen Gesundheitssystem hinsichtlich Intensivbetten und dem für die Betreuung der Intensivbetten notwendigen Personal (Bitte hierbei auch auf die Zahl der frei zu haltenden oder binnen einer Alarmfrist bereitstellbare Intensivbetten incl. Personal eingehen)?

1.2. In welchen Punkten unterscheidet sich der am 1.1.2020 für Oberbayern gültige Pandemieplan von den in 1.1. abgefragten Vorgaben?

1.3. In welchen Punkten unterscheidet sich nach Auskunft des  für den Katastrophenschutz zuständigen Abteilungsleiter der am 1.1.2020 für die Landkreise Altötting, BGL, Erding, Ebersberg, Rosenheim gültige Pandmieplan von dem in 1.1. abgefragten Pandemieplan?

 

2.Belegungszahlen von Intensivbetten

2.1. Wann hat die Staatsregierung im Jahre 2020 die Belgungszahlen der im Freistaat vorhandenen Intensivbetten abgefragt (Bitte Datum und Ergebnis der Abfrage(n) lückenlos und mitsamt der Entwicklung dieser Zahl vorzugsweise tabellarisch aufschlüsseln)?

2.2. Mit welchem weiteren Bedarf an freien Intensivbetten rechnet die Staatsregierung seit 1.1.2020 im Falle daß das Modell eintreten wird, von dem die Staatsregierung zum Zeitpunkt der Beantwortung dieser Anfrage der Corona-Pandemie tatsächlich zugrunde legt (Bitte vorzugsweise graphisch als Kurve darlegen)?

2.3. Wann hat die Staatsregierung im Jahre 2020 die Anzahl der im Freistaat vorhandenen freien Intensivbetten abgefragt (Bitte Datum und Ergebnis der Abfrage(n) lückenlos und mitsamt der Entwicklung dieser Zahl vorzugsweise tabellarisch aufschlüsseln)?

 

3.Ausfall von medizinischen Kapazitäten in bayerischen Krankenhäusern

3.1. In welchem Umfang sind Abteilungen in Krankenhäusern wegen Infektionsverdacht an Corona seit 1.1.2020 zumindest zeitweise ausgefallen (Bitte nach Verdacht und bestätigten Infektionen  bei Ärzten und Pflegern getrennt aufschlüsseln)?

3.2. In welchem Umfang ist medizinisches Personal wegen Infektionsverdacht an Corona seit 1.1.2020 zumindest zeitweise ausgefallen  (Bitte nach Verdacht und bestätigten Infektionen bei Ärzten und Pflegern getrennt aufschlüsseln)?

 

4. Behandlungskapazitäten in den Landkreisen Altötting und Mühldorf

4.1. Wie viele Intensivbetten stehen in den Landkreisen Altötting und Mühldorf in den Krankenhäusern Altötting, Mühldorf, Haag und Burghausen zur Versorgung dieser 230.000 Einwohner standardmäßig, also ohne die Corona-Pandemie tatsächlich und funktionierend zur Verfügung (Bitte unter Angabe des monatlichen Belegungsgrads in 2020, nach Intensivbetten ausdifferenzieren, die ein funktionierendes reguläres Beatmungsgerät, oder ein funktionierendes Narkosegeräte haben)?

4.2. Welche Kapazitätsplanungen bestanden / bestehen 2020 für Corona-Patienten in den Landkreisen Altötting und Mühldorf nach Auskunft dieser beiden Gesundheitsämter für diese beiden Landkreise (Bitte Datum und Umfang der jeweiligen Kapazitätsanpassungen vor dem Zeitpunkt der Beantwortung dieser Anfrage chronologisch aufschlüsseln)?

4.3. Wie ist es für die Leiter der beiden Gesundheitsämter der Landkreise Altötting und Mühldorf erklärbar, dass für diese beiden Landkreise zusammen unter Aufbieten aller Ressourcen in diesen beiden Landkreisen – Stand 17.3.2020 – lediglich 14 reguläre Beatmungsplätze  für 230.000 Einwohner realisiert werden konnten?

 

5. Behandlungskapazitäten in den Landkreisen Traunstein und BGL

5.1. Wie viele Intensivbetten stehen in den Landkreisen Traunstein und BGL in allen dort befindlichen Krankenhäusern zur Versorgung aller Einwohner standardmäßig, also ohne die Corona-Pandemie tatsächlich und funktionierend zur Verfügung (Bitte unter Angabe des monatlichen Belegungsgrads in 2020, nach Intensivbetten ausdifferenzieren, die ein funktionierendes reguläres Beatmungsgerät, oder ein funktionierendes Narkosegeräte haben)?

5.2. Welche Kapazitätsplanungen bestanden / bestehen 2020 für Corona-Patienten in den Landkreisen Traunstein und BGL nach Auskunft dieser beiden Gesundheitsämter für diese beiden Landkreise (Bitte Datum und Umfang der jeweiligen Kapazitätsanpassungen vor dem Zeitpunkt der Beantwortung dieser Anfrage chronologisch aufschlüsseln)?

5.3. Wie viele Beatmungsplätze können / planen die Leiter der beiden Gesundheitsämter der Landkreise Traunstein und BGL – unter Zugrundelegung des am Tag der Beantwortung dieser Anfrage geltenden Szenario  -, bis zum Datum der Beantwortung dieser Anfrage bereitstellen / bereitzustellen um die Bewohner dieser beiden Landkreise versorgen zu können (Bitte dieses Szenario für Traunstein und BGL ausführlich darlegen)?

 

6. Behandlungskapazitäten in Stadt und Land Rosenheim

6.1. Wie viele Intensivbetten stehen in Stadt und Land Rosenheim in allen dort befindlichen Krankenhäusern zur Versorgung aller Einwohner standardmäßig, also ohne die Corona-Pandemie tatsächlich und funktionierend zur Verfügung (Bitte unter Angabe des monatlichen Belegungsgrads in 2020, nach Intensivbetten ausdifferenzieren, die ein funktionierendes reguläres Beatmungsgerät, oder ein funktionierendes Narkosegeräte haben)?

6.2. Welche Kapazitätsplanungen bestanden / bestehen 2020 für Corona-Patienten in Stadt und Land Rosenheim nach Auskunft der zuständigen Gesundheitsämter für diesen Raum zur Verfügung (Bitte Datum und Umfang der jeweiligen Kapazitätsanpassungen vor dem Zeitpunkt der Beantwortung dieser Anfrage chronologisch aufschlüsseln)?

6.3. Wie viele Beatmungsplätze können / planen die Leiter der beiden Gesundheitsämter von Stadt und Land Rosenheim – unter Zugrundelegung des am Tag der Beantwortung dieser Anfrage geltenden Szenario  -, bis zum Datum der Beantwortung dieser Anfrage bereitstellen / bereitzustellen um die Bewohner versorgen zu können (Bitte dieses Szenario für Stadt und Land Rosenheim ausführlich darlegen)?

 

7. Behandlungskapazitäten Landkreis München

7.1. Wie viele Intensivbetten stehen in Stadt und Land Rosenheim in allen dort befindlichen Krankenhäusern zur Versorgung aller Einwohner standardmäßig, also ohne die Corona-Pandemie tatsächlich und funktionierend zur Verfügung (Bitte unter Angabe des monatlichen Belegungsgrads in 2020, nach Intensivbetten ausdifferenzieren, die ein funktionierendes reguläres Beatmungsgerät, oder ein funktionierendes Narkosegeräte haben)?

7.2. Welche Kapazitätsplanungen bestanden / bestehen 2020 für Corona-Patienten in Stadt und Land Rosenheim nach Auskunft der zuständigen Gesundheitsämter für diesen Raum zur Verfügung (Bitte Datum und Umfang der jeweiligen Kapazitätsanpassungen vor dem Zeitpunkt der Beantwortung dieser Anfrage chronologisch aufschlüsseln)?

7.3. Wie viele Beatmungsplätze können / planen die Leiter der beiden Gesundheitsämter von Stadt und Land Rosenheim – unter Zugrundelegung des am Tag der Beantwortung dieser Anfrage geltenden Szenario  -, bis zum Datum der Beantwortung dieser Anfrage bereitstellen / bereitzustellen um die Bewohner versorgen zu können (Bitte dieses Szenario für Stadt und Land Rosenheim ausführlich darlegen)?