VIKERSUND – Die männliche und die weibliche Physionomie sind unterschiedlich, aber die Physik beim Absprung von der Skiflug-Schanze ist für alle gleich.
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Gleiches ungleich behandeln und Ungleiches gleich behandeln, ist eine geeignete Methode, um am Ende die Welt auf den Kopf zu stellen bekam der Autor dieser Zeilen während des Studiums vom Ethik-Professor eingebläut.
Die damalige Warnung ist in dieser Legislatur zum Grundsatz der Regierungspolitik erhoben worden, mit allen damit verbundenen – und offensichtlich beabsichtigten – Konsequenzen.
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Skifliegen ist nicht Skispringen
Skifliegen wird nicht als eigenständige Sportart betrachtet, sondern ist im Wesentlichen ein Ableger des Skispringens mit größeren Schanzen und längeren Sprungweiten.
Im Gegensatz zum Skispringen, das im Sommer auf speziell ausgerüsteten Schanzen mit Kunststoffbelag ausgetragen werden kann, ist Skifliegen ein reiner Wintersport und auch nicht Teil der Olympischen Winterspiele. Im Unterschied zum Skispringen können Athleten außerhalb der Saison daher auch nicht auf Skiflugschanzen trainieren, da sie nur für Wettkampfveranstaltungen zugelassen sind. Es wurden daher in der Geschichte der Olympischen Spiele auch keine Weltrekorde in dieser Disziplin aufgestellt.
Die Skiflug-Schanzen werden nach eigenen Spezifikationen konstruiert, um bis zu 66 % längere Sprünge zu ermöglichen. Der Wettkampfstandard für die Weite im Skifliegen liegt im Bereich von 230 bis 240 m, wobei 254 m die absolut längste Distanz ist, die bisher in Vikersundbakken in Norwegen erreicht wurde. Zum Vergleich: Distanzen von 120–140 m sind sonst auf den meisten Schanzen der Standard, und die bisher längste Distanz beträgt 161,5 m, die auf der Mühlenkopfschanze in Deutschland eingestellt wurde.
Durch die größeren und speziell konstruierten Schanzen erreichen die Athleten eine höhere Geschwindigkeit und springen am Ende der speziell konstruierten Startrampe mit so viel Kraft wie möglich ab, um dann so weit wie möglich einen steil abfallenden Hügel hinabzugleiten, oder hinabzufliegen, und am Ende kontrolliert in der Zielzone zu landen.
Wegen der höheren Geschwindigkeiten ist die Aerodynamik und die Nutzung des Windes ein erhöhter Gefahrenfaktor, verglichen mit dem Skispringen.
Wie beim Skispringen werden von fünf Juroren Punkte für Distanz und Stil vergeben.
Der frühere US-amerikanische Skisprung-Nationaltrainer Larry Stone hat einmal gesagt:
Doch dieser Sport ist gefährlich und zwar umso gefährlicher, je größer die Schanzen sind! Wie gefährlich dieser Sport ist, belegen der ehemalige Skiflug-Weltmeister Thomas Morgenstern (vgl. Titelbild) und Daniel Andre Tande. Der Norweger stürzte in Planica so schwer, daß er vorübergehend ins künstliche Koma gesetzt werden mußte.
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Frauen-Skifliegen?
Frauen waren auch beim Skifliegen bisher nur begrenzt präsent. Seit 2003 liegt der Weltrekord der Frauen bei 200 m, aufgestellt von Daniela Iraschko-Stolz in Kulm, auf derselben Schanze hält sie mit 188 m die zweitlängste Distanz der Frauen. Ebenfalls in Kulm stellte Eva Ganster 1997 innerhalb von fünf Tagen sechs Weltrekorde für Frauen auf (eine Anzahl, die seitdem von keiner Frau oder keinem Mann erreicht wurde) und brachte ihre persönliche Bestleistung auf eine endgültige Zahl von 167 m.
Trotz dieser Erfolge haben Frauen noch nicht am Skifliegen auf Weltcup-Niveau teilgenommen.
2004 wurden vier Athletinnen – Anette Sagen, Helena Olsson Smeby, Line Jahr und Lindsey Van – zu Testsprüngen vor dem Continentalcup-Event der Männer 2004 in Vikersund eingeladen.
Dies wurde jedoch zunächst von Torbjørn Yggeseth, Gründer des Weltcups und damaliges Mitglied des technischen Komitees der FIS, mit der Begründung blockiert, daß es zu gefährlich sei, Frauen auf Skiflugschanzen zuzulassen. Sagen forderte dies heraus und gewann schließlich das Recht, zusammen mit ihren Mitsportlern vom Hügel zu springen. Sowohl Sagen als auch Smeby sprangen 174,5 m, was die drittlängste Distanz für Frauen bleibt. Van absolvierte 2009 zwei weitere Sprünge in Vikersund, danach wurden Skiflugtestsprünge für Frauen eingestellt.
Die allererste Skisprung-Weltcupsaison für Frauen fand 2011/12 statt, aber bis in die Gegenwart wurden noch keine Skiflugveranstaltungen genehmigt. Die ehemaligen Weltmeisterinnen Sarah Hendrickson, Sara Takanashi und Maren Lundby haben alle den Wunsch geäußert, das Skifliegen auszuprobieren.
Am 17. April 2021 stimmte die FIS über einen Vorschlag ab, Frauen auf Flugschanzen rechtzeitig vor dem Raw Air-Turnier 2022 in Vikersund zuzulassen. Der Vorschlag wurde mit 9:7 Gegenstimmen abgelehnt. Unter den Nationen, die dagegen gestimmt haben, waren Österreich, Deutschland und Polen; Norwegen war stark in der Unterstützung. Jessica Jerome, Lundby und Hendrickson waren von der Entscheidung enttäuscht, während Bertil Pålsrud (Mitglied des FIS-Ausrüstungsausschusses) sagte, er sei zuversichtlich, dass Vikersund 2023 einen Skiflugwettbewerb für Frauen veranstalten würde.
Bereits damals kommentierte Innauer:
In der Zwischenzeit wurde angekündigt, dass Frauen dies tun würden treten in der Weltcupsaison 2021/22 erstmals auf der weltgrößten Skisprungschanze in Willingen an. Aufgrund seiner Größe wurde Willingen im Wesentlichen als „kleine Flugschanze“ beschrieben, die als Vorbereitung für potenzielle Skiflugveranstaltungen für Frauen dienen könnte.
Ein Jahr später, am 13. April 2023, stimmte das FIS-Subkomitee einstimmig für die Teilnahme von Frauen am Skifliegen. Ihr Vorschlag ist, in Vikersund einen Wettbewerb für die 15 besten Skispringerinnen zu veranstalten, möglicherweise als Teil des Raw Air-Turniers 2023.
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Erstes Frauen-Skifliegen: Toni Innauer warnt
Toni Innauer ist nicht irgendwer. Er ist einer der bekanntesten Ski-Springer Österreichs und hat alle Facetten dieses Sports durchlebt und weiß wovon er spricht:
Sein bekanntester Erfolg war bei den Olympischen Winterspielen 1980 in Lake Placid, New York, wo er eine Goldmedaille im Einzelwettbewerb von der Normalschanze gewann. Außerdem gewann Innauer bei den Olympischen Winterspielen 1976 in Innsbruck eine Silbermedaille in der Einzelgroßschanze und 1975 beim Skispringen beim Holmenkollen-Skifest und er gewann er 1977 die Silbermedaille bei den Skiflug-Weltmeisterschaften in Vikersund.
Am 5. März 1976 stellte er mit 174 Metern die Skisprung-Weltrekorddistanz auf und zwei Tage später nochmals verbesserter Weltrekord auf 176 Meter, beide aufgestellt in Oberstdorf.
Bei einem Skisprung-Event 1976 (5.–7. März) in Oberstdorf, war Innauer drer erste Sportler, der von allen fünf Richtern perfekte Noten erhielt (maximal 20 Punkte). Diese Marke wurde seitdem nur von fünf anderen erreicht.
1980 zog er sich nach einer Knöchelverletzung von den Wettkämpfen zurück.
1987 schloss er dann sein Studium der Philosophie, Psychologie und Sportwissenschaft an der Universität Graz ab. Seine Diplomarbeit schrieb er übrigens über die „Soziologie des Skispringens“.
Zwischen 1987 und 1989 war er dann Skisprungtrainer und trainierte von 1989–1992 und 2001/02 er das österreichische Skisprungteam. Von 1993–2001 und seit 2002 war er Leiter Ski Nordisch im Österreichischen Skiverband (ÖSV). Außerdem ist er Skisprung-Experte des ZDF.
Im Gegensatz zu Ideologen bildet sich Innauer seine Meinung in der Praxis und die ist zum Frauen-Skifliegen eindeutig:
„wichtige biomechanische, medizinische, und ethisch moralische Argumente“
für ihn maßgeblich seien, die aus seiner Sicht dem Frauen-Skifliegen entgegenstünden. So sei
Innauer hatte seine Argumente zum Frauen-Skifliegen bereits Anfang 2022 als ZDF-Experte ausgeführt gehabt und wurde von den allgegenwärtigen Ideologen dafür massiv kritisiert.
Ideologie siegt über die Physik
Nun legte er in einem offenen Brief an den Weltverband (FIS) noch einmal nach und zeigte, daß er mit der Entscheidung das Frauen-Skifliegen 2023 stattfinden zu lassen, nicht befürwortet. Erstaunlicherweise hat Innauer sogar eine Antwort der FIS erhalten, doch in diesem stand offenbar nur politkorrektes BlaBla.
Immerhin wurden dann nur die Top 15 Skispringrinnen nominiert, um an der Raw Air 2023 antreten zu dürfen.
„Das ist vom Leistungsniveau her eine gewisse Absicherung, dass das Feld homogener ist.“
Andererseits, extreme Stürze seien meist den Top-Aktiven passiert und ist pessimistisch:
Nachdem alle offiziellen Hindernisse eingerissen wurden, bleibt nur noch der individuelle Verzicht und Innauer redet den Frauen ins Gewissen.
sagte Innauer.
Und es fand statt! Zum Glück diesmal ohne Sturz.