Sechs Jahre Zensur durch Facebook in Deutschland: Einblicke in das Merkel-Zuckerberg-System

Quelle: BR

MENLO PARK / BERLIN – Whistleblower legen offen, daß Facebook mit Hilfe seines „Policy-Teams“ in die Meinungsbildung der Bevölkerung bei Wahlen eingreift. Auch zu Gunsten bestehender Machthaber.

 

Im Februar 2021 entschied Facebook alle Beiträge zu löschen, in denen das Argument enthalten ist, daß das Covid-Virus menschengemacht sei, also z. B. aus dem Labor stamme. Eine Begründung wurde nicht geliefert. Auch das Argument, daß es schon merkwürdig ist, daß das Covid-Virus ausgerechnet wenige Kilometer von Labors entfernt ist, in denen an Covid-Viren geforscht wird, ließ Facebook an sich einfach abperlen. Selbst die Tagesschau zersetzte mit Hilfe von so bezeichneten „Faktenfindern“ die Labor-Theorie wo immer sie konnte. Sogar die Bundeszentrale für politische Bildung half durch Bereitstellen ihrer Webseite dabei, diese Theorie zu zersetzen:

Eine internationale, repräsentative Studie, die von der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit im Sommer 2020 in Auftrag gegeben wurde, hat sich mit der Verbreitung von Verschwörungserzählungen zu Corona in sieben verschiedenen Ländern beschäftigt. Ein Viertel aller deutschen Befragten meinte, das Coronavirus sei in einem chinesischen Labor gezüchtet worden. 13 Prozent glaubten sogar, dass es sich beim Coronavirus um eine chinesische Biowaffe handele.

Bereits 2020 begann Facebook mit Massenlöschungen zu Covid.  In  Folge wurden Millionen Accounts sanktioniert, in denen dieses Argument veröffentlicht wurde, ja manche Nutzer wurden sogar komplett von der Plattform gelöscht.

Von April bis Juni hat das Unternehmen „Falschmeldung-Warnungen“ zu rund 98 Millionen Beiträgen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie angezeigt. Wie viele Hinweise es im deutschsprachigen Raum gab, könne man nicht nennen, teilte Facebook auf Anfrage des ARD-faktenfinder mit.

Erst später gab das Unternehmen dann offiziell die Politik aus, z.B. das Argument zu löschen, daß Covid aus dem Labor stamme.

Komplett ausgenommen von den Prüfungen sind in Deutschland Inhalte von Politikern. Das bestätigte Facebook auf Anfrage. Zur Begründung sagte eine Sprecherin, man möchte „nicht in die politische Diskussion eingreifen“.

Ab 9.2.2021 hat Facebook seine Lösch-Politik jedoch auf Argumente zu Impfungen gegen Covid ausgeweitet:

Ende Mai 2021 musste das Unternehmen dann in Folge einer Änderung der Position im Weißen Haus bei der Labor-Theorie zurückrudern und stoppte die Löschungen aus diesem Grund.. Die Löschungen zu Impfungen bleiben in Kraft. Der Anwalt Joachim Steihöfel hält zu diesem Thema fest:

„Die digitale Massenlöschung freier Rede ist tägliche Realität“, so Steinhöfel zu BILD. „Und dafür ist neben Facebook auch das Versagen der Politik verantwortlich, die ‚Hass und Hetze‘ verfolgen will, aber nichts für die Meinungsfreiheit tut.“

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Whisstleblower legen Interna von Facebook offen

Am 4,10.2021 hab die Ex-Mitarbeiterin Frances Haugen in einer Anhörung vor dem US-Senat packte über die Praktiken des Unternehmens Auskunft:

„Ich bin heute hier, weil ich glaube, dass Facebooks Produkte Kindern schaden, Spaltung befeuern und unsere Demokratie schwächen.“

Dank ihr und weiterer Whistleblower wird das politische Engagement und die interne Struktur von Facebook und damit auch von der „Policy-Abteilung“, also der Politikabteilung immer klarer:

Einige der Policy-Mitarbeiter von Facebook fungieren als eine Art Legislative bei der Annäherung von Facebook an eine globale Regierung, indem sie die Regeln ausarbeiten und die Mitarbeiter der Community Operations beraten, die sie durchsetzen;

andere sind eher wie ein privatisiertes diplomatisches Korps, das Büros auf der ganzen Welt besetzt, um mit lokalen Unternehmen, zivilgesellschaftlichen Gruppen, staatlichen Regulierungsbehörden und Politikern in Kontakt zu treten.

Policy-Mitarbeiter können auch Fachwissen über die Sprache, Geschichte und den politischen Kontext eines bestimmten Landes oder einer bestimmten Region bereitstellen, um Entscheidungen zu treffen, die in der Facebook-Zentrale im Silicon Valley getroffen werden.

Die Reaktion dieses Politikteams auf sind sehr unterschiedlich. Die Mitarbeiter der Politik drängten darauf, dass Netzwerke von gefälschten Konten in Südkorea, Taiwan, der Ukraine und Italien schnell untersucht werden, während andere monatelang ohne Maßnahmen schmachten konnten.

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Whisstleblowerin: Facebook kann nachsichtig sein, wenn Regierungen mit Hilfe von Facebook die Willensbildung der eigenen Bevölkerung eingreifen

Vor einem Jahr erhielt die Zeitschrift Buzfeed ein 7.600 Wörter umfassendes Memo, das von der ehemaligen Facebook-„data scientist“ Sophie Zhang stammte. In diesem listet sie Beispielen von Regierungschefs und politischen Parteien auf, die in z.B. Aserbaidschan und Honduras gefälschte Konten verwenden oder sich selbst falsch darstellen, um auf diesem Weg in die Meinungsbildung der Bevölkerung einzugreifen.

Facebook handelt ihrer Aussage nach ohne öffentliche Aufsicht. Datenanalysten auf niedriger Ebene haben Kontroll- und Zensurbefugnisse über die Führer der Welt  und öffentliche Diskurse, mit der Fähigkeit, die politische Manipulation fortzusetzen oder zu stoppen.

In Ländern wie Indien, der Ukraine, Spanien, Brasilien, Bolivien und Ecuador fand sie sogar Hinweise auf koordinierte Kampagnen unterschiedlicher Größe, um politische Kandidaten oder Ergebnisse zu fördern oder zu behindern, obwohl sie nicht immer erkennen  konnte, wer wirklich dahinter steckte.

„In den drei Jahren, die ich bei Facebook verbracht habe, habe ich mehrere offensichtliche Versuche ausländischer Regierungen festgestellt, unsere Plattform in großem Umfang zu missbrauchen, um ihre eigenen Bürger in die Irre zu führen, und habe bei mehreren Gelegenheiten internationale Nachrichten verursacht“,

schrieb Zhang. In ihrem LinkedIn-Profil beschreibt sie sich als „data scientist“ für das „Fake-Engagement-Team“ von „Facebook Site Integrity“ gearbeitet und gibt an, selbst mit damit beschäftigt zu haben, mit Hilfe von „Bots, die Wahlen und dergleichen zu beeinflussen“.

Der Bombenbericht mit der Überschrift

„I Have Blood on My Hands‘: A Whistleblower Says Facebook Ignored Global Political Manipulation“

wurde von den Reportern Craig Silverman, Ryan Mac und Pranav Dixit verfasst, nachdem sie einen Hinweis einer ehemaligen Mitarbeiterin von Facebook erhalten hatten.

„In Ländern wie Indien, der Ukraine, Spanien, Brasilien, Bolivien und Ecuador fand sie Beweise für koordinierte Kampagnen unterschiedlichen Ausmaßes, um politische Kandidaten oder Ergebnisse zu fördern oder zu behindern, obwohl sie nicht immer schlussfolgerte, wer dahinter stand“,

heißt es in dem Bericht . Zhang lehnte es jedoch ab, für den Artikel mit BuzzFeed News selbst zu sprechen.

„Wir haben spezialisierte Teams gebildet, die mit führenden Experten zusammenarbeiten, um zu verhindern, dass schlechte Akteure unsere Systeme missbrauchen, was dazu führt, dass mehr als 100 Netzwerke für koordiniertes unauthentisches Verhalten entfernt werden“,

gestand die Facebook-Sprecherin Liz Bourgeois in einer Erklärung gegenüber BuzzFeed zu. Zhang schrieb, sie habe

„mehrere eklatante Versuche ausländischer nationaler Regierungen, unsere Plattform in großem Umfang zu missbrauchen, um ihre eigenen Bürger in die Irre zu führen“.

Sie beschrieb, dass ihre Rolle bei Facebook es ihr ermöglicht habe,

„Entscheidungen zu treffen, die nationale Präsidenten ohne Aufsicht beeinflussten“

und Maßnahmen gegen so viele „prominente“ Politiker auf der ganzen Welt durchzusetzen, dass sie sogar den Überblick verloren hat.

„Ich habe unzählige Entscheidungen in dieser Richtung getroffen – vom Irak bis Indonesien, von Italien bis El Salvador“, schrieb sie. „Individuell waren die Auswirkungen wahrscheinlich in jedem Fall gering, aber die Welt ist ein riesiger Ort.“

Als Erklärung gibt sie an, daß Facebook die Selbstdarstellung wichtiger sei, als eine Beeinflussung von Wahlen zu unterbinden.

Es gibt aber einen Mangel an Kapazitäten, schrieb Zhang, und die Tendenz des Unternehmens, sich auf globale Aktivitäten zu konzentrieren, die ein Risiko für die Öffentlichkeitsarbeit darstellten, im Gegensatz zu Wahl- oder Bürgerschäden.

In Honduras ging es um hunderte von Seiten, die auf einen Berater des den Präsidenten selbst zurück gehen und mit denen dieser seine Bevölkerung beeinflusst. Nachdem sie das gemeldet hatte, hat aber niemand etwas unternommen.

Katie Harbath, die damalige „public policy director for global elections“ von Facebook bekundete ihr Interesse an einer „skalierten Art, auf Seiten anderer Politiker danach zu suchen und Maßnahmen zu ergreifen“, stellte jedoch fest, dass es unwahrscheinlich sei, dass der Fall außerhalb von Honduras viel Aufmerksamkeit erregen würde, und dass sie dies deswegen nicht umsetzte.

In Aserbaidschan fand sie wiederum ein großes Netzwerk unauthentischer Konten, mit denen Gegner des aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Aliyev und seiner regierenden Neuen Aserbaidschanischen Partei, „YAP“ verwendet, angegriffen wurden.

Vergleichbares entdeckte sie auch in Albanien, Italien und Polen.

Als sie das Unternehmen aufforderte, mehr zu tun, um böswillige Aktivitäten im Zusammenhang mit Wahlen und politischen Aktivitäten zu finden und zu stoppen, erklärte das Unternehmen ihr, daß „die Humanressourcen begrenzt sind“. Und als ihr befohlen wurde, sich nicht mehr auf die US-Innenpolitik zu konzentrieren, „wurde mir gesagt, dass Facebook meine Dienste nicht mehr brauchen würde, wenn ich mich weigere.“ Zhang wurde noch im selben Monat entlassen und verfasste daraufhin das besagte Memo.

Damit ist belegt, daß Regierungen mit Hilfe von Facebook die eigene Bevölkerung manipulieren können und daß Facebook mit derartigen Manipulationen recht umsichtig umgeht.

„Was wir gesehen haben, ist, dass mehrere nationale Präsidenten glauben, dass diese Aktivität für ihre autokratischen Ambitionen so wertvoll ist, dass sie das Bedürfnis verspüren, dies so offen zu tun, dass sie sich nicht einmal die Mühe machen, sich zu verstecken“,

sagte Zhang im April 2021 gegenüber dem Guardian.

„Ich habe versucht, dieses Problem innerhalb von Facebook zu beheben … Ich habe mit meinem Vorgesetzten, dem Vorgesetzten meines Vorgesetzten, verschiedenen Teams und allen bis hin zu einem Vizepräsidenten des Unternehmens sehr ausführlich gesprochen. Ich habe wiederholt versucht, Leute dazu zu bringen, Dinge zu reparieren … Ich bot an, kostenlos zu bleiben, nachdem sie mich gefeuert hatten, und sie sagten nein. Ich hatte gehofft, dass es die Leute überzeugen könnte, die Dinge zu ändern, als ich meinen Abgangsposten machte, aber das ist nicht der Fall.“

Aus welchem Grund das so ist, erklärt in einem Interview mit der WELT im Mai 2021 wie folgt:

Zhang:Letztlich entscheiden das die Public-Policy-Manager, die bei Facebook auch dafür verantwortlich sind, den Kontakt zur Politik zu halten. Es fehlt an einer Brandmauer zwischen denjenigen, die die Regeln durchsetzen, und dem Policy-Team. Deswegen hängen viele dieser Entscheidungen davon ab, ob man gute Beziehungen zu der jeweiligen Regierung, zu den Politikern im Land pflegen möchte. Das wiederum hängt davon ab, wie wichtig Facebook die jeweiligen Länder nimmt: Deutschland oder Indien sind wichtig für Facebook, also wird viel getan. Kleinere Länder werden dagegen als nicht wichtig wahrgenommen, also passiert nicht viel.

Ihre Arbeit fasst Zhang wie folgt zusammen:

„Ich weiß mittlerweile, dass ich Blut an meinen Händen habe“,

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Angela Merkels Einfluß auf die Facebook-Strategie in Deutschland

All dies sollte man im Hinterkopf behalten, wenn man verstehen möchte, wie Facebook in Deutschland vorgeht.  Am 4. September 2015 hatte Angela Merkel für sich beschlossen, die deutschen Grenzen nicht mehr zu schützen und aus sicheren Drittstaaten massenhaft Fremde ins Land hereinzulassen. Eigentlich hätten die aus dem sicheren Drittstaat Österreich kommenden Flüchtlinge an der Grenze abgewiesen werden müssen. Es ist kaum plausibel darstellbar, daß Bundeskanzlerin Merkel dies ohne Rücksprache mit einzelnen Ministern durchgeführt hatte.

Auch nachträglich stimmte der Bundestag hierüber nie ab.

Ein Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags führt aus, daß die Bundesregierung bisher keine Angaben über die rechtliche Grundlage ihrer Entscheidung gemacht habe. Eine Ausnahme von dieser „Pflicht zur Einreiseverweigerung“ sei bei „Vorliegen einer entsprechenden Anordnung des Bundesministeriums des Inneren“ möglich. Eine solche Anordnung gab es jedoch nicht. Auch das sogenannte Selbsteintrittsrecht, mit dem Deutschland Asylbewerber aufnehmen kann, die eigentlich in anderen Ländern bleiben müssen, ist nie von der Bundesregierung offiziell in Anspruch genommen worden.

Vier Wochen nach diesem illegalen Gewaltakt setzt Angela Merkel den nächsten Paukenschlag. Merkel setzt Artikel 5 des Grundgestezes mit Hilfe des Facebook-Gründers aus. Im Artikel 5 des Grundgesetzes steht:

Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

Sie etikettierte die Wut auf die von ihr durchgeführte illegale Grenzöffnung einfach als „Hass“ gegenüber Zuwanderern um und behauptete gegenüber dem Chef von Facebook, daß Facebook deswegen dagegen vorgehen müsse.

Ihren eigenen Beitrag zur Wut in Deutschland über diesen, ihren Alleingang verschwieg Merkel jedoch offenbar. Ein – aus welchen Gründen auch immer – offenes Tischmikrofon fing Teile des Gesprächs zwischen Merkel und Zuckerberg am 28.9.2015 ein:

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Wie Facebook die Löschvorgaben in Deutschland umsetzt

Hanno Vollenweider hat mit Hilfe eines weiteren Whistleblowers auf seiner Seite Die Unbestechlichen 2017 aufdeckt gehabt, wie sehr das Lösch-Team von Facebook die elementarsten Grundsätze der Demokratie und des Rechtsstaates missachtet, ja diese regelrecht untergraben und bekämpft werden. Und dies offenbar mit Unterstützung, wenn nicht auf direktes Geheiß von höchsten Stellen.

Vollenweider konnte  mit einer ehemaligen Mitarbeiterin sprechen, die im Löschzentrum von Facebook arbeitete. Dabei kommt Unfassbares zu Tage.

Sie beschreibt nicht nur die perfiden Methoden und technischen Finessen, mit denen Facebook ganz besonders vor der Bundestagswahl 2017 versuchte, die Meinung unzähliger User zu beeinflussen. Sie erläutert für den aufmerksamen Zuhörer auch die Gründe dieser noch immer aktiven Methode: Informationen unterdrücken, um kritische Gedanken bei Bürgern gar nicht erst aufkommen zu lassen.

 

 

Auszüge aus dem Interview

Hanno Vollenweider: Melanie, vielen Dank, dass du dich entschlossen hast, hier mit mir über deine Arbeit bei bzw. für Facebook zu reden. Ich fasse einmal zusammen: Du hast rund drei Monate für eine Firma gearbeitet, die im Auftrag von Facebook die Aktivitäten von Usern überwacht, Sperren verhängt, Posts überprüft und löscht bzw. ganze User-Accounts stilllegt und dafür sogt, dass gewisse Informationen – verstärkt beispielsweise vor der letzten Bundestagswahl durch einen speziellen Filtermechanismus – nicht an die Masse der Facebook-User durchdringt. (…) mich würde interessieren, wie man dir erklärt hat, was du machen sollst und vor allem warum.

Melanie C.: Also, man hat mir gesagt, dass sich bald in Deutschland die Gesetze ändern werden wegen den vielen Hass-Postings und Fake-News auf Facebook. Und dass Facebook Unterstützung braucht, um eben diese Meldungen herauszufiltern und zu löschen. (…) Ich glaube, da habe ich auch sehr überzeugt geklungen, denn die haben mir gleich gesagt, dann solle ich zur Einarbeitung in ein paar Tagen direkt zu der Firma kommen, die im Auftrag von Facebook arbeitet. Da gäbe es dann eine Art Vortrag und Einführung für die Leute, die dort neu anfangen. Ich bin da echt rausgegangen und habe mir gedacht „Boah, jetzt machst du endlich mal was, was gut ist für die Menschheit, und gegen Hass und Nazis“. Das haben die mir auch so zu verstehen gegeben, während des Gesprächs.

Nachrichten, „die die Nutzer nur verwirren“, wurden gelöscht

Hanno Vollenweider: Gut, du bist dann also zu dieser Einführungsveranstaltung gegangen. Wie war es da?

Melanie C.: … Meine Mentorin, die Sabine, hat damals gesagt, dass wir uns der Verantwortung bewusst sein müssen, die wir hier tragen würden. Wir ständen immerhin vor einer wichtigen Bundestagswahl. Und ein Beitrag auf Facebook könne sich eben schnell mehrere tausend Mal teilen lassen und dann sozusagen viral mehrere Millionen Menschen erreichen. Darunter gäbe es eben auch Nachrichten, die die Nutzer verwirren würden oder Unruhe in der Bevölkerung stiften oder sie aufhetzen würde. Und dann würden eben schlussendlich auch mehr Leute die Nazis von der AfD wählen. Was dann bedeuten würde, dass die Gewalt wieder zunimmt und wir wieder so was haben wie im Dritten Reich. Und das wollte sie nicht und ich natürlich auch nicht.

Die Nazis (AfD) dürfen nicht wieder an die Macht kommen

Hanno Vollenweider: Das hat diese Sabine so gesagt? Wenn man mal vernünftig denkt und diesen sinnlosen Vergleich zwischen AfD und Drittem Reich weglässt, hat sie eigentlich gesagt, dass sie dort sitzt und Nachrichten löscht, die die Leute bewegen können, ihre politische Meinung zu überdenken, oder die sie in ihrer Kritik an der aktuellen Politik bestärken würden. Das wäre ja eine Art Beeinflussung, wie es sie sonst in einer Demokratie nicht geben sollte.

Melanie C.: Ja, das hat sie so gesagt. Und es geht ja noch weiter: Sie meinte dann, wir wären das Schutzschild der Demokratie und würden mit unserer Arbeit sehr viel dafür tun, dass die Nazis – damit meinte sie immer die AfD – in Deutschland nicht an die Macht kommen würden.

Wir wurden angefeuert, immer noch mehr zu löschen

Hanno Vollenweider: Aber hat dich das nicht stutzig gemacht? Anderen die Meinung zu verbieten oder in die Meinungsbildung einzugreifen, ist ja schon etwas anderes, als Drohungen oder beleidigende Kommentare zu löschen und vielleicht den ein oder anderen ausfälligen User zu verwarnen?

Melanie C.: Ja, heute denke ich da auch anders drüber. Aber zu dem Zeitpunkt war ich total davon überzeugt, dass das richtig ist, was ich tue. Jeder dort hat so gedacht. Es hat niemand etwas kritisiert. Ganz im Gegenteil, man ist immer noch angefeuert worden, mehr und noch mehr zu löschen oder zu bannen.

Es gab Einpeitscher wie auf einer römischen Galeere

Hanno Vollenweider: Diesbezüglich hast du mir im Vorgespräch von deinem Supervisor erzählt.

Melanie C.: Ja, man muss sich das so vorstellen: Dort saßen rund 40 Personen in einem Raum und zwei Leute waren Supervisoren, an die man sich wenden sollte, wenn man Fragen hatte, sich nicht sicher war, oder Postings von einer Internetseite entdeckt hat, die noch nicht in der Liste der Fake- und Hass-News-Seiten verzeichnet war. Die sind aber auch immer um uns herum geschlichen und haben einem über die Schulter auf den Bildschirm geschaut. Wie eben so eine Art Einpeitscher auf einer römischen Galeere. Da ist es dann auch schon mal vorgekommen, dass die einen angeraunzt haben, wenn man Beiträge nicht entfernt hat, die das System – also der Algorithmus – aufgrund der benutzen Wörter als potentielle Fake oder Hassnachricht rausgesucht hat, die man aber persönlich für eigentlich eher harmlos oder halt einfach normale Berichterstattung hielt.

Zum Lesen blieb vor dem Löschen gar keine Zeit

Hanno Vollenweider: Okay, gehen wir hier mal kurz ins Detail. Facebook hat also ein Programm, einen Algorithmus, der anhand der benutzen Wörter und der Quelle bzw. der Internetseite, von der diese Nachricht kommt, vorentscheidet, ob eine Nachricht Fake-News, Hass-Botschaft etc. ist oder nicht. Und du hast dann dort vor dem PC gesessen und eine Form der Endkontrolle, wenn man das so nennen will, durchgeführt. Ist das richtig? Habt ihr diese ganzen Meldungen dann gelesen oder recherchiert oder wie muss ich mir das vorstellen? Um so was wirklich nach dem Wahrheitsgehalt zu prüfen, benötigt das doch Zeit, gegebenenfalls müsste man auch Sachen zur Diskussion stellen müssen.

Melanie C.: Zu deiner ersten Frage: Ja, das mit dem Programm ist so. Und zu deiner zweiten Frage: Nein, dafür hatten wir gar nicht die Zeit, und das wollte auch niemand dort. Wir haben innerhalb von kürzester Zeit entscheiden müssen, was wir durchlassen und was nicht. Gelesen haben wir die Beiträge dort eigentlich nicht. Dafür war gar nicht die Zeit bei der Masse an Meldungen die da reingekommen ist. Am Anfang habe ich mir die Meldungen teilweise auch noch genauer angesehen. Wenn man dann aber zwei, drei Mal angeschnauzt wird, weil man zu langsam ist oder dem Algorithmus vertrauen soll, dann nickt man nur noch stumpf das Meiste ab.

Es gibt schwarze Listen

Hanno Vollenweider: Du sagtest vorhin, ihr hattet eine Liste mit Hass-News-Seiten. Was waren da für Internetseiten drauf und wie haben die sich sagen wir mal, ‚qualifiziert‘, um auf diese Liste zu kommen?

Melanie C.: Da waren eine Menge Seiten aus dem In- und Ausland drauf. Mit Sicherheit 300 Stück oder mehr. Das waren Seiten wie PI-News, Philosophia Perennis oder eure Seite DieUnbestechlichen. Aber auch viele so kleinere Blogs von irgendwelchen Leuten. Viele ausländische Seiten auch. Also überwiegend Seiten, die kritisch über die Regierung oder zum Beispiel Flüchtlinge und Kriminalität von Flüchtlingen und Ausländern berichten.

Wer auf diese Liste kommt, haben die Supervisoren entschieden. Die haben das anhand der Menge der Hass-Nachrichten und Fake-News, die das System ausgefiltert hat, ausgewertet. Dazu kamen auch immer wieder Updates von ich sage mal außerhalb, welche Seiten und welche Meldungen auf die Liste kommen bzw. was wir bevorzugt dann als Spam, Fake und Hass-News abtun sollten. Wir hatten dafür extra zwei Mal die Woche am Morgen ein Meeting, wo man uns auf dem Laufenden gehalten hat.

Regelmäßig kam Besuch von einer Dame von einer Stiftung

Hanno Vollenweider: Was heißt denn „es kamen Updates von außerhalb“?

Melanie C.: Wir hatten immer wieder Besuch von einer jungen Dame, die dann in den Meetings auch ab und zu gesprochen und sich bedankt hat für unsere Arbeit. Die hat nach Aussagen der anderen Mitarbeiter für eine Stiftung gearbeitet, die von der Bundesregierung beauftragt ist, sich um Hate-Speech im Internet und z.B. auf Facebook zu kümmern. Mehr habe ich darüber aber nicht erfahren. Also das hat mich auch erst im Nachhinein stutzig gemacht. Die Dame war es aber auch, die so rund vier Wochen vor der Wahl den Kreis der Meldungen, die wir durchlassen sollten, immer enger geschnürt hat. Da hatten wir extra ein Meeting, das über zwei Stunden gegangen ist. Da hat sie uns aufgeklärt, wie besonders wichtig unsere Arbeit in der Zeit jetzt ist.

Hanno Vollenweider: Okay, sind dabei vielleicht mal die Namen der Bertelsmann oder Amadeo Antonio Stiftung gefallen?

Melanie C.: Das kann ich so nicht genau sagen. Aber das könnte gut sein. Das ist so ein Punkt, den ich erst jetzt beginne zu hinterfragen.

Vor der Bundestagswahl sollte jede Kritik am Regierungskurs gelöscht werden

Hanno Vollenweider: Kannst du mir das Vorgehen vor der Bundestagswahl etwas näher erklären? Habt ihr dann mehr löschen müssen? Was für Meldungen wurden denn dann vermehrt gelöscht? Du sagtest auch was von „Meldungen durchgelassen“. Wie meinst du das speziell in diesem Zusammenhang?

Melanie C.: Ja, man hat uns vor der Wahl erklärt, dass die Rechten eine unglaubliche Kampagne in den sozialen Netzwerken fahren würden, um die vielen unentschlossenen Wähler zu beeinflussen. Daraufhin sollten wir dann ganz stark ausfiltern. Da ging es dann eigentlich auch nicht um irgendwelche Fake-News, sondern um Sachen, die wirklich passiert sind. Wir mussten dann z.B. die Berichterstattung von rechten Seiten über so Sachen wie den Mord und den Prozess an der Studentin aus Stuttgart, also der Maria, die von dem Flüchtling umgebracht und vergewaltigt wurde, oder den Macheten-Vergewaltiger aus Bonn und all diese krassen Sachen, die Flüchtlinge angestellt haben, zurückhalten, damit sich nicht noch mehr auf die Seite der Rechten stellen.

Auch Sachen, die Kritik z.B. an der Europäischen Union waren und auch Kritik an der Regierung, nicht nur wegen der Flüchtlingspolitik, sollten wir, so gut es geht, filtern. Außerdem hat man uns da noch mal ganz konkret darauf hingewiesen, dass wir niemanden, nicht mal unseren Eltern, detailliert erzählen sollen, was wir machen. Da habe ich dann auch angefangen, an der ganzen Sache zu zweifeln. Das hatte dann alles schon was von einem Geheimdienst in einem schlechten Film.

Oft versuchten wir die Leute durch permanente Schikane wegzumobben

Hanno Vollenweider: Ihr habt also permanent diese ganzen Nachrichten gelöscht. Das muss ja eine unglaubliche Arbeit gewesen sein, bei Millionen von Usern, die immer wieder dieselbe Nachricht posten.

Melanie C.: Das wenigste wird wirklich gelöscht. Ich habe auch mal gefragt, warum wir die Leute, die diese Sachen immer und immer wieder auf Facebook stellen, nicht einfach rauswerfen. Aber man hat mir gesagt, das ginge nicht. Es sind einfach zu viele Leute und es würde dann doch so direkt nicht mit der Meinungsfreiheit vereinbar sein, wenn man diese ganzen Leute einfach abwürgt.

Wir hatten eine Liste mit mehreren tausend Nutzern, die durch das mehrfache Posten von extremen Inhalten aufgefallen waren. Wir haben dann diese Leute versucht, sehr aktiv einfach – ich nenne es mal „wegzumobben“, indem wir denen immer wieder das Konto gesperrt haben oder Funktionen eingeschränkt wurden, dass sie z.B. mal für 30 Tage gesperrt waren oder 7 Tage nichts mehr posten konnten. Klar, die ganz heftigen konnten wir schon löschen, weil sie ja dann gegen die Facebook-Bestimmungen verstoßen hatten. Aber bei denen, die eigentlich nichts Verbotenes posten, sondern nur Sachen, die halt rechts sind, haben wir eben diese Methoden aufgefahren. Das war in sehr vielen Fällen auch von Erfolg gekrönt. Über die Hälfte der vorübergehend gesperrten Profile – so hat man mir das zumindest gesagt – haben dann keinen Ausweis eingeschickt, um wieder entsperrt zu werden, und haben die dann wohl einfach aufgegeben.

Und dann gibt es noch den Shadowban, die subtile Art der Zensur

Ja, und dann gab es die ganz hartnäckigen User, die Gruppen von AfD-lern, diesen Patrioten, Reichsbürgern und wie sie alle heißen, und die Fan-Seiten, die manche Blogs auf Facebook betreiben und auf denen sie ihre eigenen Beiträge posten. Bei denen hilft dann nur noch ihre Posts für andere nicht mehr sichtbar zu machen, sowas haben wir – das hattest du ja auch gefragt – auch ganz allgemein bei Beiträgen von manchen vermeintlichen Fake-News-Internetseiten gemacht, bei euch zum Beispiel auch.

Hanno Vollenweider: Also ein sogenannter Shadowban, bei dem man zwar als User einen Beitrag auf sein Profil oder in eine Gruppen stellen kann, der dann aber in den Timelines der anderen User, also Freunden oder Leuten, die mit einem in der gleichen Gruppe sind, nicht auftaucht, wie es normalerweise üblich und sinngemäß wäre. Bzw. Beiträge, die man nur sehen kann, wenn man gezielt danach sucht. Ist das so gemeint?

Melanie C.: Ja, so ungefähr funktioniert das.

Hanno Vollenweider: Aber das ist ja Zensur! Sogar auf die schlimmste Art und Weise. Immerhin suggeriert man damit den Leuten, sie hätten eine freie Meinung und könnten diese auch kundtun. Dabei sieht sie niemand. Ich möchte jetzt dazu sagen, dass wir sowas schon geahnt haben, denn bei uns ist die Klick-Rate derer, die von Facebook auf unseren Blog kommen, um über 90 Prozent zurückgegangen. Bei Blogger-Kollegen wie David Berger ist es nach seiner Aussage noch schlimmer.

Viele kritische Blogger sind sogar ganz entsorgt worden, habe ich gesehen. Oder man hat sie wegen irgendwelchem Mumpitz schikaniert. Jürgen Fritz ist das so gegangen. Und Anabelle Schunke, soweit ich weiß. Auch unserem Autor Garwin Weißenstein ist nach einem islamkritischen Beitrag einfach sein Profil gelöscht worden. Wir blenden dazu hier den Link zu der Seite ein, auf der der bekannte Rechtsanwalt Joachim Steinhöfel einen Haufen Fälle in diese Richtung gesammelt hat (https://facebook-sperre.steinhoefel.de/). Aber jetzt mal ehrlich, habt ihr euch da keine Gedanken gemacht, ihr könntet sowas werden wie eine neue Internet-Stasi?

Mehr als drei Viertel der gelöschten Sachen waren gar keine Fake-News

Melanie C.: Zum Ende hin ja. Also zumindest ich. Ich konnte das auch nicht mehr. Wenn ich das Thema aber angeschnitten habe, dann bin ich entweder von den Kollegen angegangen worden oder man hat mir erklärt, dass Facebook ein privates Unternehmen sei und machen könne, was es wolle. Außerdem war da ja das NetzDG schon so gut wie beschlossene Sache, und man hat mir erklärt, Facebook müsse so handeln, weil es sonst riesige Strafen von der Regierung bekommen würde und es Facebook dann vielleicht in Deutschland nicht mehr gibt oder so.

Ich muss das vielleicht so erklären, ich war da mehr oder weniger nur von jungen Männern umgeben, die das alles, was wir da gemacht haben, total unterstützten. Viele von denen sind politisch aktiv, und in manchen Raucherpausen ist der ein oder andere sogar richtig aggressiv geworden, wenn es um aktuelle News oder die AfD oder so ging. Dann sind da Sprüche gefallen, die hätte ich von Nazis erwartet, aber nicht von Leuten, die ich am Anfang für normal gehalten habe.

Mir sind viele der Sachen, die wir zensieren mussten, auch am Abend noch durch den Kopf gegangen. Dann habe ich angefangen zu recherchieren. Ich bin selber auf „DieUnbestechlichen“, „JournalistenWatch“, „Opposition24“ – und wie sie alle heißen gegangen – und habe die Sachen nachrecherchiert. Zu mehr als drei Viertel der Artikel habe ich Beweise gefunden, dass das keine Fake-News sind.

Im Nachhinein ist mir, als hätte ich Menschen manipuliert und betrogen

Hanno Vollenweider: Du hast mir im Vorgespräch gesagt, du hättest am Ende auch wegen dieser Aggressivität die dort geherrscht hat, wirklich Angst gehabt, etwas zu sagen und den Entschluss gefasst, dich der Öffentlichkeit mitzuteilen. Wie denkst du heute über das, was passiert ist?

Melanie C.: Hanno, ich fühle mich wirklich schlecht. Ich habe das Gefühl, wirklich etwas Schlechtes getan zu haben. Auch gegenüber der Opfer der Verbrechen in den Artikeln, die ich als Spam abtun musste. Mir ist, als hätte ich Menschen irgendwie manipuliert und um ihre eigene Meinung betrogen.

Hanno Vollenweider: Eine letzte Frage, Melanie. Es wird Leute geben, die meinen, dass dieses Interview auch nur Fake-News ist. Stündest Du mit Deiner Aussage zur Verfügung, wenn es zu offiziellen Ermittlungen kommen sollte, also mit Deinem vollen Namen?

Melanie C.: Ja, auf jeden Fall.

Hanno Vollenweider: Melanie, ich danke dir für das Gespräch. Ich hoffe, dass wir damit vielen Leuten die Augen öffnen können, und vielleicht tut sich ja aufgrund deiner Aussage was. Wie ich heute auf der Hinfahrt zu dir erfahren habe, hat die OSZE das Netzwerkdurchsuchungsgesetz bereits scharf kritisiert. Von dort heißt es, dieses Gesetz hätte vielleicht eine abschreckende Wirkung auf die freie Meinungsäußerung. Vielleicht wird dieses Vermächtnis von Heiko Maas ja das am kürzesten gültige Gesetz in Deutschland. Für unsere Freiheit und unsere Demokratie können wir das nur hoffen.

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