EU-Medienfreiheitsgesetz: Brüssel ermöglicht die Legalisierung des Ausspähens von Journalisten und deren Quellen

Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:United_States_Marshal_searching_a_fugitive.jpg

BRÜSSEL – Mit dem „Medienfreiheitsgesetz“ schafft sich die EU eine Rechtsgrundlage Journalisten und deren Quellen zu verfolgen, wann immer es ihrem Weltbild entspricht und bejubelt dies als „Fortschritt für die Freiheit“.

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Am Freitag trat der bahnbrechende EU-Akt zur Medienfreiheit (EMFA) in Kraft. Ziel ist es, die Presse besser zu schützen und die Eigentumsverhältnisse in den Medien transparenter zu machen.

Das Gesetz zielt außerdem darauf ab, den Einsatz von Spyware gegen Journalisten einzuschränken, die Transparenz staatlicher Werbung zu erhöhen und die Unabhängigkeit der öffentlichen Medien zu stärken.

Die neuen Regeln erhöhen zudem den Schutz von Journalisten und ihren Quellen. Soziale Medienplattformen sollen unter dem neuen Regime zudem davon absehen, Inhalte unabhängiger Medien willkürlich zu löschen oder einzuschränken.

Das Gesetz wurde von der Europäischen Kommission ausgearbeitet und 2024 bei einer Plenarabstimmung vom Europäischen Parlament mit überwältigender Mehrheit unterstützt.

Ganz im Sinne der EU:

Als eine der wenigen Presserzeugnisse stellt die Berliner Zeitung zu den wichtigsten Vorschriften berechtigte Fragen, wie z.B. zu Artikel vier:

Zentraler Bestandteil des EMFA ist der Schutz journalistischer Quellen. Artikel 4 verbietet grundsätzlich den Einsatz von Überwachungssoftware gegen Journalisten, ebenso wie die Durchsuchung von Redaktionen. Doch diese Schutzklausel ist nicht absolut: Regierungen dürfen in Ausnahmefällen eingreifen – wenn es nationales oder EU-Recht vorsieht, die Maßnahme im „Allgemeininteresse“ liegt, bei schweren Straftaten und mit Genehmigung einer unabhängigen oder justiziellen Behörde. In besonders dringenden Fällen kann diese Genehmigung sogar nachträglich erfolgen.

Der EMFA wird als Meilenstein für die Pressefreiheit angepriesen, könnte durch Regierungen in der Praxis aber auch als Werkzeug zur gezielten Unterdrückung kritischer Berichterstattung herangezogen werden.

Die dazu geschaffenen Ausnahmeregelung in Artikel 4(c) ist keine Randnotiz, sondern ein mächtiger Hebel für präventive Zensur – ganz legal und im Einklang mit „EU-Recht“.

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EU schafft einen Rechtsrahmen für Gesinnungsjournalismus

Mit der Verordnung (EU) 2024/1083, bekannt als European Media Freedom Act (EMFA), will die EU offiziell die Unabhängigkeit der Medien sichern und Eingriffe durch Regierungen verhindern.

Artikel 4 Absatz 3b der Verordnung kann man entnehmen, es sei verboten:

„…Mediendiensteanbieter oder deren Redaktion festzunehmen, zu bestrafen, abzufangen oder zu inspizieren oder sie oder ihre Firmen- oder Privaträume einer Überwachung oder Durchsuchung und Beschlagnahme zu unterziehen, um an Informationen zu gelangen“

Das klingt doch super und wird von der EU und den „Qualitätsmedien“ gerne ins Schaufenster gestellt. Doch Rechtstexte sollte man genau und vollständig lesen, denn darauf folgt eine brisante Ausnahmeklausel: Artikel 4 Absatz 4b kann man nämlich entnehmen:

Abweichend von Absatz 3 Buchstaben a und b dieses Artikels können die Mitgliedstaaten eine dort genannte Maßnahme ergreifen, sofern sie…

c) im Einzelfall durch einen zwingenden Grund des öffentlichen Interesses gerechtfertigt und verhältnismäßig ist; und…

Mit anderen Worten: Der Quellenschutz des Journalisten ist aufgehoben, wenn eine Regierung meint, dass dies

„im Einzelfall durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt“

sei, wobei man davon ausgehen kann, dass das „Allgemeininteresse“ mit dem Interesse der Regierung in der Regel identisch sein wird.

Diese Formulierung der EU liefert den Regierungen also ein juristisches Schlupfloch, das es erlaubt, sich im Namen eines wie auch immer gearteten „öffentlichen Interesses“ z.B. über den Quellenschutz hinwegzusetzen.

Ein realistisches Szenario: Wie die Klausel missbraucht werden könnte

Stellen wir uns vor:

Ein deutscher Politiker fühlt sich durch ein Online-Magazin in seiner politischen Ausbreitung behindert, was ja vorkommen soll. Nennen wir dieses Magazin einfach einmal „Compact“.

Dieses Magazin erhält brisante und regierungskritische Dokumente von einem Whistleblower und bereitet die Veröffentlichung vor.

Oder eine Zeitung plant eine unangenehme Veröffentlichung über einen Politiker, die auf Informationen von Informanten beruhen.

Eine klitzekleine Beleidigung und sofort dringt der Staat in die Wohnung ein. Das klingt zunächst nicht nach einer Demokratie, die Meinungsfreiheit zulässt und die Privatsphäre von Bürger*innen in den eigenen vier Wänden schützt. Entsprechend hagelte es nach einem Vorfall rund um den ehemaligen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck heftige Kritik. Wie berechtigt ist sie?

Am Tag vor der Veröffentlichung der regierungskritischen Informationen greifen die Behörden ein und argumentieren:

„Zur Wahrung des zwingenden öffentlichen Interesses – insbesondere der nationalen Sicherheit und des Schutzes internationaler Beziehungen – wird Frau Keller in Gewahrsam genommen und ihre Kommunikationsmittel beschlagnahmt.“

Eine solche Begründung stützt sich auf Artikel 4(c) der EMFA. Die Behörden argumentieren dann noch, eine Veröffentlichung könne

„das Vertrauen des Partnerstaates und die Sicherheit laufender Operationen gefährden“.

Und – schwupp – schon ist die Pressefreiheit behindert, statt geschützt.

Mögliche Folgen für die Pressefreiheit

  1. Präventive Festnahme: Der Betroffene wird 48 Stunden festgehalten, um eine Veröffentlichung zu verhindern.
  2. Durchsuchung & Beschlagnahme – Laptops, Telefone und Dokumente werden gesichert, um Quellen zu identifizieren.
  3. Legale Rechtfertigung – Offiziell erfolgt alles „im Einklang mit der EU-Verordnung“.
  4. Abschreckungseffekt – Andere Journalisten vermeiden künftig heikle Themen, um nicht ins Visier zu geraten.

Warum das nun möglich wäre:

  • Die Klausel „zwingendes öffentliches Interesse“ ist ein unbestimmter Rechtsbegriff.
  • Begriffe wie „nationale Sicherheit“ oder „Schutz internationaler Beziehungen“ lassen sich nahezu beliebig anwenden, denn sie sind immer irgendwie relevant.
  • Selbst wenn die Maßnahme später vor Gericht scheitert, ist der unmittelbare Zweck – die Veröffentlichung einer Neuigkeit zu stoppen – längst erreicht.

Damit wäre jedenfalls ein Ziel erreicht: eine Regierung kann sich einen regierungsopportunistischen Gesinnungsjournalismus schaffen.