MÜNCHEN – Jeder Abgeordnete des bayerischen Landtags erhält eine kostenlose Netzkarte der deutschen Bahn. Minister und in der Regel auch Staatssekretäre können außerdem von Chauffeuren an jeden beliebigen Ort der Republik gefahren werden. Und dennoch haben acht von ihnen sich eine kostenlose Netzkarte vom Bundesrat geben lassen.
Die „Netzcard“
Die Netzcard ist ist ein Exotikum bei der Bahn, das nicht frei verkäuflich ist. Sie wird lediglich an DB-Mitarbeiter und an Mitarbeiter von Partnerunternehmen ausgegeben und an Mandatsträger in der Politik. Die Preise und Konditionen der Netzcard sind im Detail nur der DB und ihren Partnern bekannt.
Die Netzcard ist weiss und ohne Bild und wohl übertragbar. Mitarbeiter haben ein „M“aufgedruckt, Politiker ein „D“. Sie hat kein bahn.comfort Logo. Außerdem soll sie auch keine CityTicket Funktion aufweisen und nur in den Zügen der DB gelten. Grundsätzlich orientiert sich die Netzcard an der Bahncard 100. Die Bahncard 100 kostet im Jahr 2020 mit 19% Steuer 6685 Euro. Ansonsten darf man sie an 7 Tagen die Woche je 24 Stunden auf dem gesamten Schienennetz der DB nutzen.
Verweigerung der Veröffentlichung
Der Bundesrechnungshof hatte im Jahr 2015 die Verteilung Erster-Klasse-Bahntickets an Mitglieder des Bundesrates kritisiert, die diese Gratisfahrkarten dienstlich überhaupt nicht nutzten.
Hinzu kam die Recherche der Bild-Zeitung, daß Politiker vom Bundesrat diese Netzkarte erhalten hätten, diese aber nie genutzt hätten. Da diese gemäß Foto wohl auch übertragbar ist, stellt sich die Frage, wer denn diese Karte genutzt hatte. Eime Frage, die die Bild-Zeitung aber nicht stellte. Ebenso wenig stellte die Bild die Frage, ob der Empfänger diesen geldwerten Voreil denn auch versteuert hat!
Der Skandal:
Aber die Namen der Politiker, die eine Streckennetzkarte (Wert: 6890 Euro/Jahr) erhalten hatten, blieben unter Verschluss – und das, obwohl sie damals an keiner einzigen Bundesratssitzung teilgenommen hatten.
Der Berliner Rechtsanwalt Christoph Partsch, der die Bild-Zeitung vor Gericht vertrat ordnet dieses Verhalten des Bundesrats wie folgt ein:
Die acht Profiteure von DB-Netzkarten aus 2015
Das sind die acht ordentlichen und stellvertretenden Mitglieder des Bundesrates, die im Jahr 2015 Netzkarten erhalten haben, aber dennoch an keiner auswertbaren Sitzung des Bundesrates teilgenommen haben:
- Staatsminister Dr. Markus Söder (Bayern)
- Staatsministerin Melanie Huml (Bayern)
- Staatsministerin Dr. Beate Merk (Bayern)
- Staatsminister Dr. Ludwig Spaenle (Bayern)
- Staatssekretär Gerhard Eck (Bayern)
- Staatssekretär Georg Eisenreich (Bayern)
- Staatssekretär Franz-Josef Pschierer (Bayern)
- Staatssekretär Bernd Sibler (Bayern)
Die acht Profiteure von DB-Netzkarten aus 2016
Das sind die acht ordentlichen und stellvertretenden Mitglieder des Bundesrates, die im Jahr 2016 Netzkarten erhalten haben, aber dennoch an keiner auswertbaren Sitzung des Bundesrates teilgenommen haben:
- Staatsminister Joachim Herrmann (Bayern)
- Staatsministerin Dr. Beate Merk (Bayern)
- Staatsministerin Ulrike Scharf (Bayern)
- Staatsminister Dr. Ludwig Spaenle (Bayern)
- Staatssekretär Gerhard Eck (Bayern)
- Staatssekretär Georg Eisenreich (Bayern)
- Staatssekretär Johannes Hintersberger (Bayern)
- Staatssekretär Bernd Sibler (Bayern)
Bei diesem Skandal stellen sich eine Menge weiterer, bisher nicht geäußerter Fragen, wie z.B. warum die Genannten diese Karte angenommen haben. Ob diese Karte übertragbar ist und wenn ja, wer die Vorteile dieser Karte tatsächlich genossen hat? Ob der Nutzer die geldwerten Vorteile versteuert hat etc.?