Antwort auf Anfrage: Kiffen macht psycho

Quelle Wikicommons: Von Chmee2 - Eigenes Werk, CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=11437037

MÜNCHEN – Einige der im Landtag vertretenen politischen Parteien fordern eine „liberale“ Drogenpolitik. Im Zentrum ihrer Argumentation steht regelmäßig, daß der Konsum von z.B. Cannabis Leiden lindern würde.

In einer aktuelle Studie wurde erneut bestätigt, daß Cannabis eine Vielzahl von Wirkstoffen enthält, von welchen einige in bestimmten Situationen positiv wirken würden, andere Wirkstoffe hingegen wirken negativ.

Die Behauptungen von Cannabisunternehmen sollten daher mit der gleichen Skepsis behandelt werden, die es auch bei anderen neuen Arzneimitteln gibt, so Wayne Hall weiter. Größere Studien sind erforderlich, um herauszufinden, wie unterschiedliche Verbindungen und Cannabisdosen unterschiedliche Zustände beeinflussen.

In besonderem Maß gilt es, die durch Cannabiskonsum bewirkten oder verstärkten Psychosen mit in Betracht zu ziehen:

Während es nur wenige Hinweise darauf gab, dass Cannabinoide helfen können, fanden die Autoren in einer großen Anzahl von Untersuchungen weitere Hinweise auf mögliche Schäden. So ergab ihre Analyse, dass Cannabiskonsum das Auftreten von psychotischen Symptomen, Angstzuständen und Depressionen sogar verstärken kann. Eine weitere Untersuchung ergab, dass gerade junge Erwachsene, die mit größerer Wahrscheinlichkeit an Angstzuständen, Depressionen und Psychosen leiden, auch mit größerer Wahrscheinlichkeit abhängig werden, wenn sie über einen längeren Zeitraum täglich Cannabis konsumieren.

Vergleichbare Studienergebnisse bewegten den Abgeordneten Bergmüller dazu, unter Bezugnahme auf die Drogenpolitik einiger im Landtag vertretenen Parteien eine Anfrage an die Staatsregierung zu richten, deren Antwort inzwischen eingegangen ist.

 

Die Positionen der Altparteien zur Drogenpolitik

Die SPD definiert ihre Drogenpolitik im Programm zur Landtagswahl auf Seite 34f. wie folgt :

„In der Drogen- und Suchtpolitik ist es an der Zeit, neue Wege zu gehen. Die strikte, vor allem auf das Strafrecht gestützte, Verbotspolitik ist offenkundig gescheitert und stigmatisiert die Betroffenen. Wir setzen stattdessen auf Prävention und Aufklärung über Gefahren und Schäden, die Drogenkonsum verursacht. Wir wollen Kommunen die Einrichtung von Konsumräumen für Suchtkranke ermöglichen, um zusätzliche Risiken zu minimieren und Ausstiegschancen aufzuzeigen. Außerdem wollen wir Therapieplätze für minderjährige Suchtkranke ausbauen. Kommunen sollen darüber hinaus die Möglichkeit bekommen, Modellprojekte einzuführen, die die regulierte Abgabe von Cannabis an Erwachsenen ermöglichen.“

 

Die FDP widmet der Drogenpolitik in ihrem Wahlprogramm ein eigenes Kapitel (Seite 63) mit dem Ziel des freien Verkaufs:

„Im Freistaat sterben mehr Menschen an den Folgen von Drogenkonsum als in jedem anderen Bundesland. Wir Freie Demokraten sehen die repressive Drogenpolitik der bayerischen Staatsregierung deshalb als gescheitert an. Sie bindet Ressourcen von Polizei und Justiz und kriminalisiert Menschen, anstatt ihnen zu helfen. Wir fordern daher eine Trendwende im Umgang mit Rauschmitteln: Mehr Aufklärung und Prävention, Therapie statt Strafverfolgung und die Einrichtung von Drogenkonsumräumen mit der Möglichkeit, die Zusammensetzung von Substanzen überprüfen zu lassen.
Wir wollen eine kontrollierte Abgabe von Cannabis in lizenzierten Geschäften, die den Jugend- und Verbraucherschutz gewährleisten. Solange nur in Ausnahmefällen mit ärztlicher Genehmigung der Besitz (und Anbau) von Cannabis erlaubt ist, muss für die Betroffenen Rechtssicherheit geschaffen werden. Eine verbindliche Form der Genehmigung, die auch von der Polizei anerkannt wird, muss etabliert werden. Bis die Legalisierung von Cannabis erreicht ist, wollen wir die Grenze für den straffreien Eigengebrauch auf 15 Gramm erhöhen. Ein Alkoholverbot an öffentlichen Plätzen lehnen wir ab.“

 

B90/Die Grünen haben ihrer Drogenpolitik im Wahlprogramm sogar ein ganzes Kapitel (Nr. 3.9) gewidmet:

„Für eine moderne Drogenpolitik Wir verfolgen eine ehrliche Drogenpolitik, die über Risiken aufklärt, einen zuverlässigen Jugendschutz stärkt und Drogenkonsument*innen nicht unter Generalverdacht stellt, sondern wirksame Maßnahmen bietet, um die Schäden durch riskanten Drogenkonsum zu reduzieren.
Für uns stehen Fürsorge und Prävention im Mittelpunkt. Das ist der Weg, die Zahl der Drogentoten zu senken und eine bessere Versorgung für die Suchtkranken zu ermöglichen.
Wir wollen Cannabis-Konsument*innen entkriminalisieren. Deshalb unterstützen wir das Cannabis-Kontrollgesetz, das umfassenden Jugend- und Verbraucherschutz beinhaltet. Den straffreien Eigengebrauch von Cannabis in Bayern wollen wir sofort auf 15 Gramm erhöhen.
Ein vernünftiger Umgang mit Rauschmitteln stärkt das Vertrauen in den Rechtsstaat und führt zu Entlastungen bei Polizei und Justiz. Wir haben uns erfolgreich für Cannabis als Medizin eingesetzt, Schmerzpatient*innen können jetzt Cannabis als Kassenleistung verordnet bekommen. Mehr niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sollen Substitution betreiben können, deswegen unterstützen wir den Ausbau von Therapie- und Substitutionsmöglichkeiten.
Für die Bekämpfung des massiven Crystal-Meth-Konsums wollen wir Programm für die bayerische Landtagswahl am 14. Oktober 2018 die Zusammenarbeit der Polizei über die Ländergrenzen hinweg verbessern.
Kommunen müssen die Möglichkeit haben, Drogenkonsumräume einzurichten. Wir wollen auch in Bayern sogenanntes Drug-Checking.
Im Bereich der Prävention fordern wir zielgruppenorientierte Aufklärungskampagnen für alle Altersgruppen und eine Stärkung der Sozialarbeit an den Schulen, sodass Kinder schon von klein auf in ihrer Persönlichkeit gestärkt werden und lernen, „Nein!“ zu sagen. Wir fordern ein sofortiges Verbot von Außenwerbung für Alkohol und Nikotin.“

 

Das Wahlprogramm der Linken geht in einem eigenen Abschnitt (Nr. 4.6) auf Drogenpolitik ein:

„Im Bereich der Drogenpolitik muss ein Umdenken erfolgen. Die Erfahrungen zeigen, dass Drogenkonsum durch Verbote nicht eingeschränkt werden kann. Kriminalisierung und Ausgrenzung tragen weder zur Sicherheit der Bevölkerung bei, noch sind sie eine Hilfe für die Abhängigen. Wir wollen keine Angst verbreiten, sondern über die Gefahren und Risiken des Drogenkonsums informieren. Frühestmögliche und umfassende Aufklärung ist das beste Mittel, um dem Missbrauch von Drogen und Medikamenten sinnvoll entgegenzutreten.
DIE LINKE steht für eine Drogenpolitik, die sich am aktuellen wissenschaftlichen Stand und am Wohl der Allgemeinheit orientiert. Wir wollen politische Maßnahmen, Angebote und Prävention, anstatt diese Problematik allein als polizeiliche Aufgabe zu betrachten.
DIE LINKE setzt auf eine akzeptierende Drogenpolitik, bei der nicht die Entwöhnung der Süchtigen im Vordergrund steht, sondern die Verbesserung ihrer Lebenssituation bei gleichzeitiger Akzeptanz des Drogenkonsums. Dieser Ansatz resultiert auch aus der Erfahrung des Misserfolgs von Zwangstherapien, dem Elend und der Kriminalisierungsspirale, in welchen viele Konsumenten von sogenannten „harten“ Drogen stecken: Beschaffungskriminalität, (Zwangs-)Prostitution, Gefängnis, Ansteckung mit Hepatitis, HIV und anderen schlimmen Erkrankungen und Todesfälle durch Streckmittel oder falsche Dosierung.
DIE LINKE. Bayern fordert:

 

Gesundheitliche Folgen von Cannabiskonsum

Laut Medienberichten hat die schrittweise Liberalisierung von Cannabis im US-Bundesstaat Colorado zwischen den Jahren 2012 und 2016 zu einem drastischen Anstieg der Notfallbehandlungen wegen Cannabis-Intoxikationen geführt. Zudem wurde in einer aktuellen Studie, nach der Analyse von Daten aus elf europäischen Städten, eine Korrelation zwischen dem Konsum von Cannabis mit hohem THC-Gehalt und der Häufigkeit von schweren Psychosen nachgewiesen (vergleiche zum Beispiel “Mit Cannabis in die Notaufnahme”, Frankfurter Allgemeine Zeitung Online vom 27. März 2018).

In zahlreichen Studien wurde der Frage nachgegangen, ob Cannabiskonsum psychische Erkrankungen wie Ängste, Depressionen oder sogar Psychosen verursacht… Was als sicher gilt ist, dass psychische Probleme dazu führen können, dass Menschen besonders empfänglich werden für die Wirkung von Cannabis. Beispielsweise entwickeln Personen, die unter sozialer Ängstlichkeit leiden, besonders häufig einen problematischen Cannabiskonsum.  Außerdem besteht In der Wissenschaft Einigkeit darüber, dass Cannabis den Ausbruch einer Psychose bei gefährdeten Personen beschleunigen kann. Psychosen brechen dann bei Konsumierenden früher aus, als bei Personen, die kein Cannabis konsumiert.

Eine aktuelle Studie macht auf dieses Problem aufmerksam:

Je stärker das in einer Stadt kursierende Cannabis ist, desto häufiger werden dort Psychosen diagnostiziert. Auf diesen Zusammenhang verweisen Forscher nach der Analyse von Daten aus elf europäischen Städten. Am deutlichsten zeige sich der Effekt in London und Amsterdam, wo Cannabis mit hohem Gehalt an psychoaktivem Tetrahydrocannabinol (THC) breit verfügbar sei, berichten die Wissenschaftler im Fachmagazin „Lancet Psychiatry“.

In Amsterdam lassen sich demnach geschätzt die Hälfte aller neu diagnostizierten Psychosen auf den täglichen Konsum von starkem Cannabis zurückführen, in London etwa ein Drittel. Als stark wurde von den Forschern Cannabis mit einem Gehalt von mehr als zehn Prozent THC eingestuft. Die Studie gebe allen Anlass, die Aufklärung über das Psychoserisiko zu intensivieren, sagt Rainer Thomasius, Ärztlicher Leiter des Deutschen Zentrums für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters (DZSKJ) am Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) in Hamburg. „ Die Studie ist ein weiterer Beleg dafür, dass eine Legalisierung von Cannabis in gesundheitspolitischer Hinsicht verheerende Folgen hat…

Es gibt zwar einen statistischen Zusammenhang zwischen dem Cannabiskonsum in einer Stadt und einer höheren Zahl von Psychosen – ob diese aber tatsächlich auf die Verwendung der Droge oder aber andere, noch unbekannte Faktoren zurückzuführen ist, bleibt letztlich unklar.”  Die Ergebnisse der Studie seien aber auf Deutschland übertragbar, sagt der Hamburger Experte Rainer Thomasius, der selbst nicht an der Analyse beteiligt war.  Fast 30 Prozent der Menschen   mit diagnostizierter Psychose gaben an, täglich Cannabis konsumiert zu haben , in der Kontrollgruppe waren es knapp sieben Prozent. Von den Konsumenten mit Psychose gaben weitaus mehr (37 Prozent) Nutzer an, starkes Cannabis zu verwenden als in der Kontrollgruppe (19 Prozent). Im Mittel der elf europäischen Städte ergab sich ein geschätzt dreimal so hohes Risiko für eine Psychose bei Menschen mit täglichem Cannabiskonsum, bei Verwendung von Produkten mit hohem THC-Gehalt sogar ein bis zu fünf Mal höheres verglichen mit Menschen, die nie Cannabis konsumierten. Einer von fünf Psychosefällen sei im Mittel auf täglichen Cannabiskonsum zurückzuführen , schätzen die Forscher…. Gäbe es kein Cannabis mit hohem THC-Gehalt mehr, würden der Hochrechnung zufolge die Psychoseraten in Amsterdam von fast 38 auf knapp 19 Fälle je 100.000 Einwohner jährlich fallen, in London von fast 46 auf knapp 32 Fälle…. Die Analyse zeige wie viele andere Studien jedenfalls deutlich, dass Cannabis keine harmlose Substanz ist…  .

Österreich verschärft vor diesem Hintergrund den Kampf gegen Fahren unter Drogeneinfluß:

Besonders in der Bundeshauptstadt wurde zuletzt ein eklatanter Anstieg an Drogenlenkern registriert. Gerade junge Männer seien „überproportional oft unter Drogeneinfluss im Straßenverkehr unterwegs“, heißt es aus dem Innenministerium. „Drogenlenker sind derzeit weit weniger gefährdet, von der Polizei erwischt zu werden, als alkoholisierte Autofahrer.“ Dies liege nicht zuletzt an den aufwendigen Untersuchungen, die an verdächtigen Lenkern vorgenommen werden müssen. Doch das soll sich nun ändern, und zwar mit der nächsten Novelle zur Straßenverkehrsordnung – der Entwurf dafür wird am Montag in Begutachtung gehen… „Ärzte müssen somit selbst keine umfassenden Untersuchungen mehr vornehmen“, heißt es weiter, was Zeit und Personal – gerade in ländlichen Gebieten – spart. “ 

 

Hierzu hat der Abgeordnete Bergmüller einige Fragen an die Staatsregierung, die wir hier auszugsweise veröffentlichen. Die gesamte Anfrage mit allen Antworten kann hier nachgelesen werden:

 

Frage: Welche Mengen an Cannabis werden nach Schätzung der Staatsregierung in Bayern jährlich konsumiert?

Antwort: Der Staatsregierung liegen keine validen Daten für eine Schätzung des jährlichen Cannabiskonsums in Bayern vor. Jedoch können bayernweite Sicherstellungsmengen von Cannabis angegeben werden.
Hierfür wurden im Folgenden die Mengen an sichergestelltem Haschisch und Marihuana miteinander addiert, um sie als Summe Cannabis darstellen zu können:

 

Frage: Wie viele Menschen in Bayern konsumieren nach Kenntnis oder Schätzung der Staatsregierung regelmäßig beziehungsweise gelegentlich Cannabisprodukte ?

Antwort: Daten zum Cannabiskonsum in Bayern liegen aus dem Epidemiologischen Suchtsurvey zuletzt für das Jahr 2015 für die 18- bis 64-Jährigen vor (vgl. nachfolgende Tabelle). Im Vergleich zur Drs. 17/386, die  Daten aus dem Epidemiologischen Suchtsurvey 2009 enthält, wurde beim Epidemiologischen Suchtsurvey 2015 lediglich die Zwölf-MonatsPrävalenz von Cannabis abgefragt. Daten des Epidemiologischen Suchtsurvey 2015 zufolge haben 5,9 Prozent aus dieser Altersgruppe in den letzten zwölf Monaten vor der Befragung mindestens einmal Cannabis konsumiert, wobei der Anteil der Männer mit 7,2 Prozent höher lag als der der Frauen mit 4,7 Prozent. Auf die Bevölkerung 2017 im Befragungsalter 18 bis unter 65 Jahre bezogen, wären das knapp 490.000 Personen in Bayern, die Cannabis in den letzten zwölf Monaten konsumiert haben.

 

Frage: Wie viele Strafverfahren wurden in den letzten fünf Jahren gegen Cannabiskonsumenten geführt beziehungsweise gegen -händler sowie -schmuggler von Cannabisprodukten in Bayern eröffnet?

Antwort: Zunächst wird darauf hingewiesen, dass zur Zahl der Ermittlungsverfahren und Verurteilungen allein betreffend Cannabis keine 


Nach dieser Maßgabe ergeben sich in Bayern für die Jahre ab 2013 folgende Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz:
statistischen Daten erhoben werden. Es liegen auch sonst keine konkreten Erhebungen dazu vor. Die im Folgenden genannten Zahlen beziehen sich daher insgesamt auf Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz (BtMG). Diese werden grundsätzlich nur einheitlich erfasst. Differenziert wird nur nach den einzelnen relevanten Straftatbeständen, nicht jedoch nach der den jeweiligen Verurteilungen zugrunde liegenden illegalen Substanzen.

 

 

Frage: Welche Zusammenhänge zwischen dem Konsum von Cannabis und Psychosen sind der Staatsregierung aus den durch die öffentliche Hand betriebenen Krankenhäusern bekannt?

Antwort: Informationen hierzu liegen zum einen aus der Krankenhausstatistik für stationär behandelte Fälle vor. Die Krankenhausstatistik enthält die Daten der nach § 6 Krankenhausstatistikverordnung auskunftspflichtigen Krankenhäuser in öffentlicher, freigemeinnütziger oder privater Trägerschaft. Im Folgenden werden Daten zu den ICD-Codes (ICD = International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) F12.5 und 12.7 dargestellt (vgl. nachfolgende Tabelle). Im Jahr 2017 gab es in Bayern 538 Krankenhausfälle aufgrund von Psychosen durch Cannabis. Während der vergangenen zehn Jahre ist eine stetige Zunahme der Krankenhausfälle zu beobachten: 2008 waren es 56, im Jahr 2013 gab es 162 Fälle. Der ansteigende Trend psychotischer Störungen im Zusammenhang mit Cannabiskonsum zeigt sich auch in den ambulant behandelten Fällen. Der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) zufolge fielen 2018 in Bayern rund 1.500 Fälle mit den ICD-Codes F12.5 und F12.7 an, die von 661 Patienten verursacht wurden. Die Daten der KVB schließen nur die gesetzlich versicherten Patienten ein (ca. 90 Prozent der Bevölkerung).

 

Frage: Wie hat sich nach Kenntnis der Staatsregierung die Zahl der Notfallbehandlungen aufgrund von Cannabisintoxikationen (sowohl körperliche als auch psychische Symptome) in den vergangenen fünf Jahren in Bayern entwickelt?

Antwort: Daten der KVB zufolge nahmen in den letzten fünf Jahren sowohl die Zahl der Fälle als auch die Zahl der Patienten mit akuter Intoxikation durch Cannabinoide zu, im Jahr 2018 gab es 296 Fälle und 178 Patienten:

 

Frage: Plant die Staatsregierung – möglicherweise in einer Bundesratsinitiative –, den Strafrahmen vergleichbar zu Österreich zu erhöhen, das einen Drogenlenker mit jenem Alkohollenker gleichgesetzt, der mehr als 1,6 Promille Alkohol im Blut hat oder aber den Alkoholtest bei einer Kontrolle völlig verweigert?

Antwort: Gemäß § 69 StGB wird einem Angeklagten durch das Gericht die Fahrerlaubnis entzogen, wenn er wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder wegen Schuldunfähigkeit nicht verurteilt wird und wenn sich aus der Tat ergibt, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Unter anderem bei einer Verurteilung wegen Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB) ist der Täter in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen. Gemäß § 69a Abs. 1 Satz 1 StGB wird durch das Gericht zugleich bestimmt, dass für die Dauer von sechs Monaten bis zu fünf Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf (Sperre). Eine Verurteilung wegen Trunkenheit im Verkehr gem. § 316 StGB erfolgt, wenn der Angeklagte im Verkehr ein Fahrzeug geführt hat, obwohl dieser infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage war, das Fahrzeug sicher zu führen. Eine Verurteilung gem. § 316 StGB mit der Folge eines Entzugs der Fahrerlaubnis gem. § 69 StGB ist also bereits nach geltender Rechtslage auch dann möglich, wenn die Fahruntüchtigkeit auf dem Konsum von Betäubungsmitteln beruht.  Für eine gesetzliche Ergänzung oder Änderung dieser Regelungen im Sinne der Fragestellung wird derzeit kein Bedarf gesehen. Die Benennung einer fixen Grenze für den Eintritt der absoluten Fahruntüchtigkeit, die die Rechtsprechung bei einer Blutalkoholkonzentration ab 1,1 Promille annimmt, ist für Betäubungsmittel insbesondere angesichts der Verschiedenheit der in Betracht kommenden Wirkstoffe nicht möglich.

 

Frage: Hat die Bayerische Polizei – vergleichbar zur neuen Gesetzgebung in Österreich durch die Änderung des Begriffs „Suchtgift“ in „Suchtmittel“ – eine Rechtsgrundlage, Autofahrer, die unter dem Einfluss psychotroper Substanzen stehen, zu sanktionieren?

Antwort: Die Bayerische Polizei geht konsequent gegen Fahrzeugführer vor, die unter dem Einfluss von Alkohol oder Drogen stehen. Wer unter dem Einfluss berauschender Mittel gem. der Anlage zu § 24a Straßenverkehrsgesetz (StVG) ein Fahrzeug führt, handelt nach § 24a Abs. 2 Satz 1 StVG ordnungswidrig. Die Ordnungswidrigkeit wird mit einer Geldbuße von bis zu 3.000 Euro geahndet. Gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 StVG ist in der Regel ein Fahrverbot anzuordnen. Ist der Fahrzeugführer nachweisbar fahruntüchtig, kommt auch eine Strafbarkeit nach § 316 oder ggf. § 315c StGB in Betracht. Daneben können auch fahrerlaubnisrechtliche Konsequenzen drohen.

 

Frage: Wie viele Drogenschnelltests für Verkehrskontrollen wurden durch die Polizei beschafft (bitte nach Urin-Drogenschnelltests, Speichel-Drogenschnelltests seit 2008 chronologisch aufschlüsseln)?

Antwort: Die Stückzahl der beschafften Urin-Drogenvortests für die Bayerische Polizei ist in dem dafür zur Verfügung gestellten polizeilichen System „Marktplatz“ ab dem 01.07.2010  recherchierbar. Speichel-Drogenschnelltests wurden erst seit Oktober 2012 beschafft. Die entsprechenden Daten sind der nachfolgendern Tabelle zu entnehmen. Insgesamt wurden für die Bayerische Polizei im Zeitraum vom 01.07.2010 bis 30.04.2019 ca. 373.000 Testkits für Urin-Drogenvortests gekauft. Die jährlichen Abnahmemengen  können der Tabelle entnommen werden. Seit der Einführung 2012 bis zum 30.04.2019 beträgt die Stückzahl der beschafften Speichel-Drogenvortests ca. 16.000 Testkits.

 

Frage: Wie viele Fahrten wurden unter Drogeneinfluss durch die Polizei festgestellt?

Antwort: Die Zahl der von der Bayerischen Polizei festgestellten folgenlosen Fahrten unter Drogeneinfluss entwickelte sich in den vergangenen Jahren folgendermaßen: Welche Art von Drogenschnelltest verwendet wird, wird nicht statistisch erfasst.

 

Frage: Welche Regelungen bestehen in Bayern betreffend den Konsum von Drogen durch Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes?

Antwort: Drogenkonsum von Beamten kann ein Dienstvergehen sein, wenn hierdurch die dienstliche Einsatzfähigkeit und die dienstlichen Leistungen eingeschränkt werden. Die Beeinträchtigung liegt darin, dass der Betreffende wegen des Drogenkonsums und seiner Nachwirkung überhaupt nicht zum Dienst erscheint, diesen vorzeitig beenden muss oder Dienstgeschäfte nachlässig oder unzureichend versieht. In diesen Fällen wird die in § 34 Satz 1 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) normierte Pflicht verletzt, sich mit voller Hingabe dem Beruf zu widmen, d.h. die Verpflichtung, mit voller Intensität während der Arbeitszeit das zugewiesene Arbeitspensum zu bewältigen. Außerdem wird der Beamte durch die Verfehlungen nicht der Achtung und dem Vertrauen gerecht, die sein Beruf erfordern, § 34 Satz 3 BeamtStG. Für Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes besteht gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) die Pflicht, die arbeitsvertragliche Leistung gewissenhaft und ordnungsgemäß auszuführen. Diese Pflicht ist verletzt, wenn sich der Arbeitnehmer durch Drogenkonsum in einen Zustand versetzt, der die Erfüllung der geschuldeten Arbeitsleistung beeinträchtigt oder gefährdet.

 

Frage: Wie wird durch die Staatsregierung sichergestellt, dass hoheitliche Entscheidungen in den jeweiligen Gliederungsebenen, z.B. in Stadträten, nicht unter dem Einfluss von Drogen, insbesondere Cannabis getroffen werden?

Antwort: Die Staatsregierung verfolgt drei Linien: die Anordnung von Maßnahmen durch den Dienstvorgesetzten bei Zweifeln an der Dienstfähigkeit eines Mitarbeiters infolge von Drogenkonsum, die Einbindung anderer Beschäftigter im Falle des Verdachts von Drogenmissbrauch und die Belehrung über die disziplinarischen beziehungsweise arbeitsrechtlichen Konsequenzen bei Drogenkonsum. Aufgrund der Sensibilität des Themas bestehen keine Aufzeichnungen über konkret ergriffene Einzelmaßnahmen. Bei Zweifeln an der Dienstfähigkeit eines Mitarbeiters aufgrund Drogenkonsums, kann der Dienstvorgesetzte unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit die Maßnahmen treffen, die er nach den Umständen des Einzelfalls zur Feststellung der Dienstunfähigkeit für erforderlich und geeignet erachtet. Bestätigen sich die Zweifel, kann die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden. Das gilt für alle Formen von Drogen, so auch Cannabis, gleichermaßen. Grundlage für die Anordnung ist bei Beamten die in § 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG verankerte Gehorsamspflicht in Verbindung mit der Pflicht der Beamten zur Gesunderhaltung gem. § 34 Satz 1 BeamtStG. Für Arbeitnehmer ergibt sich die Verpflichtung, den Anordnungen Folge zu leisten, aus der gegenüber dem Arbeitgeber bestehenden Weisungsgebundenheit des schriftlich abgeschlossenen Arbeitsvertrags, § 2 Abs. 1 TV-L. Wird das Verhalten eines Bediensteten, das den Verdacht eines Missbrauchs begründet, nicht vom Dienstvorgesetzten, sondern einem anderen Mitarbeiter entdeckt, muss dieser im Sinne umfassender präventiver Maßnahmen – sofern er Beamter ist – aufgrund seiner Unterstützungspflicht nach § 35 Satz 1 BeamtStG dem Dienstvorgesetzten seine Beobachtungen mitteilen, sodass dieser die erforderlichen Anordnungen treffen kann. Im Rahmen seiner Fürsorgepflicht nach § 45 BeamtStG ist der Dienstherr gehalten, eine möglichst frühzeitige umfassende Belehrung jener Bediensteten sicherzustellen, die durch Drogenkonsum aufgefallen sind. In der Belehrung ist auf die möglichen disziplinarischen Folgen einer schuldhaften Verletzung von Dienstpflichten infolge einer Drogensucht hinzuweisen, die bei Einleitung eines Disziplinarverfahrens gem. Art. 19 Bayerisches Disziplinargesetz (BayDG) bis zur Entlassung aus dem Beamtenverhältnis reichen können. Bei Arbeitnehmern ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeit die personen- beziehungsweise verhaltensbedingte Kündigung möglich.

 

Frage: Welche Maßnahmen ergreift die Staatsregierung, um sicherzustellen, dass staatliche Hoheitsakte z.B. durch Beamte nicht unter dem Einfluss von Drogen, insbesondere Cannabis angeordnet oder durchgeführt werden?

Antwort: Es darf ergänzend auf die Antwort zu Frage 8.2 verwiesen werden. Es gehört zu den Pflichten jedes Beamten, dienstfähig und damit nicht unter dem Einfluss von Alkohol oder anderen Drogen seinen Dienst zu verrichten. Aufgrund der in der Antwort zu Frage 5.1 aufgeführten Aus- und Fortbildungen sind Beamte im Bereich  der Bayerischen Polizei sensibilisiert und geschult. Im schulischen Bereich gilt der allgemeine Grundsatz der Gesamtverantwortlichkeit der Schulleiterin oder des Schulleiters, für einen geordneten Schulbetrieb zu sorgen, sich über das Unterrichtsgeschehen zu informieren und die Lehrkräfte und das sonstige pädagogische Personal zu beraten, vgl. hierzu Art. 57 Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG). Die Schulleiterin oder der Schulleiter ist Vorgesetzte bzw. Vorgesetzter der Beamten und Arbeitnehmer der Schule (vgl. § 24 Abs. 1 Lehrerdienstordnung – LDO). In dieser Funktion obliegt ihr bzw. ihm eine Fürsorgepflicht gegenüber den Lehrkräften, die auch darin besteht, auf psychische und physische Ausfallerscheinungen von Lehrkräften zu achten und diese auf die disziplinarischen Folgen einer Verletzung von Dienstpflichten infolge Suchtmittelmissbrauchs hinzuweisen. Im konkreten Einzelfall hat die Schulleiterin bzw. der Schulleiter die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Schülerinnen und Schüler und des Kollegiums zu ergreifen.