Kleingewerbetreibende in Not: Leben die Regierungen in Bund und Land wegen Corona ein Konjunkturprogramm für Schwarzarbeit?

Quelle: Yoni Lerner from Tel Aviv, Israel / CC BY (https://creativecommons.org/licenses/by/2.0)

BERLIN / MÜNCHEN – Über zwei Jahrzehnte lang hat die Staatsregierung den Zivilschutz und den Pandemieschutz wenig ernst genommen. Wohl auch in Folge dieser Defizite wird Bayern seit einigen Tagen mit Hilfe von Dekreten regiert. Ziel dieser Dekrete  ist es, die Verbreitung des Virus auf ein Maß zu reduzieren, daß die durch das Virus bewirkten kritisch verlaufenden Infektionen durch das Gesundheitssystem noch aufgefangen werden können.

Hinzu kommt: Die sehr allgemein verfaßten Vorschriften die der Staat zu diesem Zweck erläßt, sind für viele Berufsgruppen unklar. So wissen z.B. Friseure nicht, ob sie ihr Handwerk beim Kunden zuhause ausüben dürfen oder nicht? Lieferdienste dürfen ja auch zum Kunden nach Hause kommen, warum also nicht Friseure? Um zu versuchen dies zu entwirren, haben Franz Bergmüller (MdL) und Andreas Winhart (MdL) beim  Ministerium nachgefragt:

 

Der kleine Mann bezahlt nun den seit Jahrzehnten von den Innenministern vernachlässigten Zivilschutz

Über Jahrzehnte hat der Staat den Zivilschutz und die Katastrophenvorsorge vernachlässigt. All die Defizite hier aufzuzählen sprengt diesen Beitrag und wurde daher bereits in einem eigenen Beitrag zusammengefaßt.

Nachdem nun mit der Covid-19-Pandemie einer der Fälle eingetreten ist, vor denen die Verantwortlichen für den Zivilschutz seit über zehn Jahren warnen, trifft diese Katastrophe ein weitgehend unvorbereitetes Land.

Der Preis für diese unterlassene Vorbereitung wird durch die Altparteienvertreter, die diese Unterlassungen zu vertreten haben, – und das ist jetzt wohl bereits absehbar – den Bürgern ans Bein gebunden werden.

 

Der Staat schneidet Bürger von ihrem Einkommen ab und schlägt ihm dafür vor, sich beim Staat zu verschulden

Der Grundgedanke klingt zunächst einmal vernünftig: „Wenn jeder im Land zwei Wochen lang keinen Kontakt zu anderen Personen hat, ist das Virus besiegt, denn dann sind die Infizierten erkannt und können von den nicht Infizierten dauerhaft getrennt und einer Behandlung zugeführt werden„. Einziges Problem: Dieser Grundgedanke der  Sandkastenstrategen scheitert an der Tatsache, daß Menschen Grundbedürfnisse haben, die fast allesamt damit zusammenhängen, daß man Geld verdienen muß, um sich diese Grundbedürfnisse zu erfüllen.

Wenn der Staat die laufenden Kosten der Betriebsführung der Kleinen übernähme und dazu noch den Hartz-IV-Satz zum Überleben drauflegen würde, dann könnten die Sandkastenstrategen ihr Konzept wohl widerstandslos umsetzen und so schnell die angestrebten Ziele erreichen.

Aber die Bürger bei laufenden Verpflichtungen von ihren Einkommensquellen abschneiden und ihnen dann den „Ausweg“ eröffnen „Ihr dürft Euch dafür beim Staat verschulden“ ist vielleicht nicht für alle Bürger eine wirklich attraktive Option.

 

Kleinen Dienstleistern wie z.B. Friseuren wird auf Basis einer Allgemeinverfügung Berufsverbot erteilt

Dieses Vorgehen betrifft eine große Anzahl von kleinen Handwerksbetrieben und Gewerbetreibenden, wie beispielsweise Friseure oder auch Druckereien.

In diesem Zusammenhang hat die Staatsregierung bisher folgendes Dekret / Allgemeinverfügung zum Unterlassen von Berufsausübungen erlassen:

In dieser Verordnung ist z.B. geregelt:

§ 1 Vorläufige Ausgangsbeschränkung anlässlich der Corona-Pandemie
(1) Jeder wird angehalten, die physischen und sozialen Kontakte zu anderen Menschen außerhalb der Angehörigen des eigenen Hausstands auf ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren. Wo immer möglich, ist ein Mindestabstand zwischen zwei Personen von 1,5 m einzuhalten….

(4) Das Verlassen der eigenen Wohnung ist nur bei Vorliegen triftiger Gründe erlaubt.
(5) Triftige Gründe sind insbesondere:
a) die Ausübung beruflicher Tätigkeiten…
c) Versorgungsgänge für die Gegenstände des täglichen Bedarfs (z. B. … Reinigungen …). Nicht zur Deckung des täglichen Bedarfs gehört die Inanspruchnahme sonstiger Dienstleistungen wie etwa der Besuch von Friseurbetrieben,

Manche versuchen diese Vorgaben mit Humor zu nehmen:

 

Andere sehen jedoch ihre Existenz gefährdet, denn durch diese Vorgaben des Staats ist für manchen Bürger klar, daß alles unklar bleibt.

Dieser Vorschrift zufolge sollen(?!) alle Bürger zuhause bleiben, außer sei gehen ihrem (z-B. Friseseur-)Beruf nach (§1 Abs. 4;5), was triftig ist. Hingegen darf der Kunde nicht in einen Friseurbetrieb gehen, da dies für den Kunden kein triftiger Grund (§1 Abs. 5c). Da es praktisch unmöglich ist, Haare zu schneiden, und dabei gleichzeitig einen Abstand von 1.5 Metern einzuhalten, dürfte § 1 Abs. 1 Satz 2 kaum einschlägig sein. Dies hat zur Folge, daß der Friseur auf dieser Rechtsgrundlage wohl seinen Betrieb öffnen darf, aber kein Kunde zu ihm hinein darf?!

 

Legale Wirtschaft weicht durch die Not der Betreiber in die Illegalität aus

Wenn Geschäftsbesitzern durch eine staatliche Maßnahme von einem Tag auf den anderen die Lebensgrundlage entzogen wird, dann sieht sich der eine oder andere Betreiber vor die Wahl gestellt: Pleite oder Illegalität:

Enste sagt, die Corona-Krise sei in dieser Hinsicht wie jede Wirtschaftskrise: Wenn der reguläre Arbeitsmarkt einbricht und Kleinunternehmern Einnahmen fehlen, blüht die Schattenwirtschaft auf. Allerdings mit dem Unterschied, dass die Arbeit im Verborgenen in diesem Fall gefährlich ist. Die Anbieter nehmen das Risiko in Kauf, sich oder andere mit Corona anzustecken, weil sie das Geld brauchen. Die Kunden tun es, weil sie meinen, nicht auf die Dienstleistung verzichten zu können.

So gibt es Dienstleister, die sich gezwungen sehen, diesen Weg zu gehen, die z.B.:

Kosmetikdtudiobetreiber

„Alle Einnahmen auf einen Schlag weg – es war klar, dass meine finanziellen Polster nach sechs Wochen aufgebraucht sein würden.“ Schon einen Tag nach der Schließung habe sie die ersten Anrufe erhalten: von Kundinnen über 60, die fragten, ob eine Pediküre zu Hause möglich sei, sie schafften das selbst nicht mehr. „Also habe ich alles, was ich für die Nagelpflege brauche, in einen neutral wirkenden Koffer gepackt und mache damit jetzt Hausbesuche.“

Fittnesstudiobetreiber

Auch der Fitnessstudio-Betreiber aus Berlin sagt: Die Geldnot treibe ihn dazu, den Laden heimlich zu öffnen. Selbst wenn er die 9000 Euro Soforthilfe von der Bundesregierung beantragen sollte, reiche die nicht allzu lange.

Babysitter

Auch Babysitter, die trotz des faktischen Verbots durch das Infektionsschutzgesetz weiter in den Wohnungen ihrer Auftraggeber deren Kinder betreuen, würden helfen, das Land am Laufen zu halten – weil viele Eltern auf andere Weise ihren Job im Homeoffice nicht ausüben könnten. Immer mit dem Risiko der Ansteckung.

Gastwirte

In Duisburg und Halle erwischte die Polizei in den vergangenen Tagen Kneipenbetreiber, die weiterhin Kunden hinter zugezogenen Gardinen bedienten, in Stuttgart berichtete die Lokalzeitung über einen Barbesitzer, der Kunden nach geheimen Klopfzeichen einließ

Friseure

Und in Unterfranken löste die Polizei am vergangenen Freitag einen improvisierten Salon auf, den ein derzeit beschäftigungsloser Friseur in seinem Schrebergarten eingerichtet hatte. 

 

 

Franz Bergmüller (MdL) und Andras Winhart (MdL) fragen nach: Hausbesuche von Gewerbetreibenden

Vor dem Hintergrund der nicht eindeutigen Allgemeinverfügung hat der Abgeordnete der AfD-Fraktion im Landtag Franz Bergmüller beim Ministerium nachgefragt,

  1. ob – Rechtsstand 23.3.2020 – es Inhabern von Ladengeschäften oder Personen, die ihr Gewerbe üblicherweise in einem eigenen Laden ausüben, es, gemessen an den in Kraft gesetzten Restriktionen zur Eindämmung des “Corona-Virus”, erlaubt ist, dass diese Personengruppen, dieses Ladenlokal für den Publikumsverkehr gesperrt haben, aber an dessen Stelle ihrem Gewerbe / Handwerk / Dienstleistung dadurch nachkommen, dass sie dieses an einer Einzelpersonen in deren Privatwohnung zuhause ausüben und
  2. ob dies speziell im Falle von Friseuren – z.B. bei Rentnern – der Fall ist und
  3. wenn dies nicht der Fall ist, ob neben den Strafen wegen Missachtung der betreffenden Allgemeinverfügung auch noch Strafen auf der Basis anderer Rechtsgrundlagen in Betracht kommen?

Die Antwort durch das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege lautet:

Nach dem Sinn und Zweck der Allgemeinverfügungen vom 16.03.2020, Az. 51-G8000-2020/122-67 und vom 20.03.2020, Az. Z6a-G8000-2020/122-98, darf die Ausübung des Friseurhandwerks auch nicht zu Hause bei den Kunden stattfinden, weil der direkte Kontakt mit den Kunden unvermeidbar ist. Das gilt auch für andere Handwerker und Dienstleister, wenn der direkte Kontakt mit den Kunden unvermeidbar ist.

Ansonsten dürfen Handwerker grundsätzlich nach Hause kommen. Diese Frage beantworten die FAQ der Staatsregierung folgendermaßen: „Berufliche Tätigkeit ist erlaubt. Wenn zu Hause ein Notfall vorliegt, z. B. ein Wasserschaden, Heizungsausfall, eine kaputte Toilette, dann darf ein Handwerker kommen. Alle Arbeiten, die nicht notwendig sind, sollten allerdings auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden. Wo möglich, ist ein Mindestabstand von 1,5m einzuhalten.“ Auch die Lieferung und Montage von Waren ist erlaubt. 

Ob Friseure derzeit Hausbesuche machen, ist dem StMGP nicht bekannt. Eine Strafbarkeit nach anderen Rechtsvorschriften als denen des Infektionsschutzrechts wird im Regelfall nicht in Betracht kommen.

Eine FAQ-Liste zur Corona-Krise und deren Auswirkungen auf die Wirtschaft wird vom StMGP veröffentlicht und laufend aktualisiert.

 

Die Stellungnahme der Abgeordneten Bergmüller (MdL) und Winhart (MdL)

Der wirtschaftspolitische Sprecher der AfD-Fraktion im Landtag Franz Bergmüller zeigt sich erstaunt über diese Antwort aus dem Ministerium:

„Mit dieser Antwort gibt das Ministerium zunächst einmal selbst zu, daß es nicht in der Lage ist, unzweideutige Allgemeinverfügungen zu erlassen.  Der Satz „Nach dem Sinn und Zweck der Allgemeinverfügungen vom …“ heißt übersetzt nichts Anderes, als daß in der Allgemeinverfügung des eigenen Hauses diese Frage nicht klar und eindeutig  geregelt ist. Es ist jedoch ein eiserner Grundsatz des Öffentlichen Rechts, daß Vorschriften klar und eindeutig formuliert sein  müssen, um verbindlich zu sein.

Auch wenn das Ziel, das Virus nicht zu verbreiten natürlich jein Hohes ist, so sollte auch da der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben. Es ist daher völlig unverständlich, daß z.B. bei Prostituierten zum Schutz vor Ansteckungen seit Jahrzehnten die Lösung gefunden und gelebt wurde, daß diese regelmäßig zum Testen gehen müssen, um ihren Beruf ausüben zu können. Ohne damit beide Berufe vergleichen zu wollen will ich damit aber folgenden wichtigen Punkt hervorheben: Der Staat kennt bewährte Wege seine Bürger vor Infektionen zu schützen und ihnen aber dennoch die Ausübung ihres Berufs zu ermöglichen. Dieser Weg lautet: wer seine Gesundheit nachwiest, wird nicht daran gehindert, seinen Beruf auszuüben. Warum das bei einem Corona-Virus anders gehandhabt werden soll, als bei einem z.B. Aids-Virus ist mir schleierhaft!

Diese Allgemeinverfügung fällt für mich damit glasklar unter die Kategorie „Gut gemeint, schlecht gemacht“

Der gesundheitspolitische Sprecher der AfD-Fraktion im Landtag Andreas Winhart ergänzt:

„Die Gesundheit ist das höchste Gut, da herrscht sicher Konsens. Durch flächendeckende Tests auf Corona könnte man jederzeit nachweisen, dass man nicht infiziert ist folglich seiner beruflichen Tätigkeit weiter nachgehen. Hier möchte ich mit den Innungen und berufsständischen Vertretungen weiter Druck auf die Staatsregierung ausüben. Denn bei vielen geht es um die Existenz, obwohl sie keinerlei Kontakt zu Coronapatienten hatten noch selbst infiziert sind.