23. und fortfolgende Bundestagssitzungen ab 22. März 2022, die Beiträge der AfD-Abgeordneten

Sitzungswoche

22. März 2022 (23. Sitzung)

Quelle Bundestag: Die Tagesordnung entspricht auch dann der im Bundestag, wenn die Reihenfolge der Tagesordnungen „durcheinander“ gehen.

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1 EPL 8 Allgemeine Finanzdebatte

Einen ersten Schlagabtausch haben sich am Dienstag, 22. März 2022, die Fraktionen des Bundestages in der  Allgemeinen Finanzdebatte zum Bundeshaushalt 2022 (20/1000) geliefert. Im Anschluss an die Einbringungsrede von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ging es im Einzelnen um die erste Lesung des Einzelplans 08 des Bundesministeriums der Finanzen, des Einzelplans 20 des Bundesrechnungshofes, des Einzelplans 32 der Bundesschuld und des Einzelplans 60 der Allgemeinen Finanzverwaltung.

AfD kritisiert Ausnahmen von der Schuldenregel

Für die AfD-Fraktion kritisierte Peter Boehringer die Etat-Planung scharf. Erneut sei ein verfassungsrechtlich bedenklicher Haushalt vorgelegt worden. Die von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) jüngst erklärte „Zeitenwende“ habe im Haushalt schon 2020 begonnen, meinte der ehemalige Vorsitzende des Haushaltsausschusses.

Künftig werde der Krieg in der Ukraine wie aktuell Corona als „Ausrede“ genutzt, um Schulden zu machen, meinte Boehringer weiter. „Eine außergewöhnliche Notlage liegt in Omikron-Zeiten nicht vor“, kritisierte der Abgeordnete die geplante Ausnahme von der Schuldenregel. Auch mit Blick auf die Entlastungen sei der Haushalt unzureichend.

Ausgaben des Bundesfinanzministeriums

Das Bundesfinanzministerium soll in diesem Jahr 8,82 Milliarden Euro ausgeben können. Das sind 0,9 Prozent weniger als 2021, als sich der Etatansatz auf 8,74 Milliarden Euro belief. Die Einnahmen sollen von 620,45 Millionen Euro auf 622,49 Millionen Euro ansteigen.

Knapp die Hälfte der Ausgaben des Ministeriums sind Personalausgaben in Höhe von 4,04 Milliarden Euro (2021: 3,71 Milliarden Euro). Die Ausgaben für die Zollverwaltung schlagen mit 3,11 Milliarden Euro zu Buche (2021: 2,97 Milliarden Euro). 1,13 Milliarden Euro sollen für das Informationstechnikzentrum Bund (ITZBund) bereitgestellt werden, das IT-Leistungen für Behörden und Organisationen des Bundes bereitstellt (2021: 849,27 Millionen Euro). Das Bundeszentralamt für Steuern darf mit 782,47 Millionen Euro rechnen (2021: 777,67 Millionen Euro).

Bundesrechnungshof und Bundesschuld

Der Bundesrechnungshof kann einen Zuwachs der Ausgaben um 2,4 Prozent erwarten. Für 2022 sind im Etatentwurf 172,91 Millionen Euro eingestellt (2021: 168,88 Millionen Euro). Die Einnahmen sind mit 2,22 Millionen Euro veranschlagt gegenüber 3,93 Millionen Euro 2021.

Die Ausgaben der Bundesschuld sollen um 14 Prozent sinken. Vorgesehen sind 13,13 Milliarden Euro, im vergangenen Jahr waren es 15,27 Milliarden Euro. Auf der Einnahmenseite dieses Einzelplans ist ein weit größerer Rückgang um 58 Prozent zu verzeichnen. Sie sollen aufgrund der geplanten Senkung der Nettoneuverschuldung von 241,3 Milliarden Euro auf 101,41 Milliarden Euro zurückgehen. Kaum verändert soll der Schuldendienst bleiben. Dafür sind 10,89 Milliarden Euro eingestellt nach 10,26 Milliarden Euro im vergangenen Jahr.

Allgemeine Finanzverwaltung

Stark rückläufig sind auch die Ausgaben im Einzelplan der Allgemeinen Finanzverwaltung. Statt 146,8 Milliarden Euro wie 2021 sind in diesem Jahr nur noch 40,06 Milliarden Euro eingestellt, was einem Rückgang um 72,7 Prozent gleichkommt.

Auf der Einnahmenseite ist allerdings ein Zuwachs um 7,7 Prozent von 316,07 auf 340,42 Milliarden Euro angestrebt. Davon entfallen 332,45 Milliarden Euro auf die Steuereinnahmen (2021: 284,02 Milliarden Euro), von denen wiederum 98,09 Milliarden Euro auf die Lohnsteuer zurückzuführen sind (2021: 93,84 Milliarden Euro). (scr/vom/22.03.2022)

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1 EPL 25 Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen

Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) hat am Dienstag, 22. März 2022, in der Debatte zum Etatentwurf des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen ihr Ziel von 100.000 neuen Sozialwohnungen pro Jahr bekräftigt. Der Bund fördere den Bau in diesem Jahr mit zwei Milliarden Euro, sagte sie. Insgesamt werde die Regierungskoalition aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP für den Sozialwohnungsbau 14,5 Milliarden Euro bis zum Jahr 2026 zur Verfügung stellen. Insgesamt stehen dem seit 1998 erstmals wieder eigenständigen Ministerium Ausgaben von 4,93 Milliarden Euro zur Verfügung, nachzulesen im Einzelplan 25 des Haushaltsentwurfs (20/1000) der Bundesregierung.

Baukindergeld und Wohngeld

Insgesamt stehen dem neu geschaffenen Ministerium Ausgaben von 4,93 Milliarden Euro zur Verfügung, drei Viertel der geplanten Ausgaben, nämlich 3,61 Milliarden Euro, sind Investitionen, 1,17 Milliarden Euro Zuweisungen und Zuschüsse.

Größter Einzelposten ist das Baukindergeld mit 994,58 Millionen Euro (2021: 896,05 Millionen Euro), gefolgt vom Wohngeld mit 895 Millionen Euro (2021: 735 Millionen Euro). Im Wohngeld enthalten sind 130 Millionen Euro als einmaliger Zuschuss an die Wohngeldempfänger aufgrund der gestiegenen Heizkosten.

Sozialer Wohnungsbau und Städtebauförderung

Der soziale Wohnungsbau schlägt mit 750 Millionen Euro zu Buche (2021: 400 Millionen Euro). Für Stadtentwicklung und Raumordnung sieht der Etat 1,53 Milliarden Euro vor. Dazu zählen 252,5 Millionen Euro für die Sanierung kommunaler Einrichtungen für Sport, Jugend und Kultur (2021: 90 Millionen Euro).

Die Mittel für die Städtebauförderung summieren sich auf 1,13 Milliarden Euro, von denen 790 Millionen Euro wie im vergangenen Jahr als Zuweisungen an die Länder gehen sollen. Für Hochbau- und Förderungsmaßnahmen in Berlin und Bonn sind 127,47 Millionen Euro in den Etat eingestellt. Das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung soll mit 116,75 Millionen Euro bedacht werden. (nki/vom/22.03.2022)

CDU/CSU: Ministerin ist „Königin ohne Land“

Doch die CDU/CSU-Fraktion ließ kein gutes Haar an den Plänen der Ministerin, nannte Geywitz „eine Königin ohne Land“, weil das Ministerium weder die Finanzhoheit noch die Kontrolle über Gesetze habe, „beides befindet sich in der Hand der FDP“, sagte Ulrich Lange (CDU/CSU). Der nun vorgelegte Haushalt bilde weder die gestiegenen Preise für Bauflächen, Baumaterial noch den Fachkräftemangel in der Branche ab, so seine Kritik.

Seine Kollegin Mechthild Heil (CDU/CSU) hat zudem Zweifel, ob das Ziel, jährlich 400.000 neue Wohnungen bauen zu wollen, umsetzbar sei. Die Verfahren dauerten zu lange und die zur Verfügung stehenden Mittel würden nicht ausreichen. Die Städtebauförderung sei 2021 bei 790 Millionen Euro durch den damaligen Finanzminister Olaf Scholz eingefroren worden. „Und die Ministerin hat es nicht für nötig befunden, das zu ändern“, sagte Heil.

SPD lobt Städtebauförderung

Das sieht die SPD-Fraktion anders. Uwe Schmidt (SPD) lobte die Städtebauförderung. Mit Schwimmbädern, Quartiersmanagement und Spielplätzen würde „soziale Integration“ gelingen, was für die Entwicklung und das Zusammenleben „wichtig und richtig“ sei. Auch das Wohngeld in Höhe von 895 Millionen Euro hält er für ein „hilfreiches Instrument“, um Menschen zu entlasten.

Schmidt betonte jedoch auch, dass der Erwerb von Wohneigentum auch „Bevölkerungsteilen mit geringem und mittlerem Einkommen möglich sein muss“, das wolle die Bundesregierung in den nächsten Jahren stärker in den Blick nehmen.

FDP: Wohneigentum ist gute Altersvorsorge

Dem konnte sich Torsten Herbst von der FDP-Fraktion nur anschließen und verwies darauf, dass Wohneigentum nicht nur eine sichere Geldanlage sei, sondern auch eine gute Altersvorsorge darstelle.

Leider habe sich das Bauen in den letzten 20 Jahren immer weiter verteuert, was auch an den vielen „zusätzlichen Vorschriften liegt“, außerdem müsse mehr Bauland von den Kommunen ausgewiesen werden. „Wohnen ist kein Luxus, sondern ein existenzielles Bedürfnis“, sagte Herbst.

Grüne begrüßen neues Vorkaufsrecht

Dem widersprach Andreas Audretsch (Bündnis 90/Die Grünen) vehement. Diese Regierung sei die erste, die sich für „das soziale und das klimagerechte Wohnen einsetzt“, so Audretsch. Sie nehme die Herausforderungen an, die der Klimawandel mit sich bringe. Jedes Bauprojekt müsse in Zukunft unter diesen beiden Gesichtspunkten entstehen.

Wie wichtig das sei, zeige nicht zuletzt der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. „Wir müssen uns von der Rohstoffabhängigkeit von Ländern wie Russland befreien“, sagte er. Um das Wohnen für Millionen Menschen wieder sicherer zu gestalten, sei ein neues Vorkaufsrecht nötig, und das sei ein weiteres Ziel der Ampelregierung.

Linke: Wohnungsbau wird immer teurer

Victor Perli von der Linksfraktion gab zu bedenken, dass die Politik „dauerhaft für bezahlbaren Wohnraum“ sorgen müsse. Das Vorverkaufsrecht sei dazu nur ein Mittel, es fehlten aber Mittel zum Ausbau von Wohnungsbaugenossenschaften.

Durch die stark steigenden Bodenpreise werde der Wohnungsbau immer teurer und sei „in Städten wie München oder Berlin oftmals unbezahlbar“. Die Bauministerin habe es jedoch versäumt, die Zuständigkeit für die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BimA) in ihre Zuständigkeit zu bringen.

AfD vermisst Plan für Menschen mit mittlerem Einkommen

Roger Beckamp von der AfD-Fraktion warf der Bundesregierung vor, „Menschen mit mittlerem Einkommen“ komplett aus den Augen verloren zu haben.

Schwerpunkte im Haushaltsentwurf des Ministeriums von Klara Geywitz seien Ausgaben für Geringverdiener, „Wohngeld und Sozialwohnungen bekommt die Mehrheit nicht“, so der Vorwurf. Die Förderung von bezahlbaren Wohnungen oder gar eine Eigenheimförderung sehe der Entwurf nicht vor.

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1 EPL 16 Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Bündnis 90/Die Grünen) hat sich trotz der „existenziellen Herausforderungen“, vor die der Ukraine-Krieg Deutschland insbesondere bei der Energieversorgung stelle, davor gewarnt, Klimaschutz- und Artenschutzziele über Bord zu werfen. „Die Klimakrise und das Artensterben sind auch existenzielle Krisen“, betonte die Ministerin am Dienstag, 22. März 2022, in der Debatte über den Entwurf der Bundesregierung für den Etat des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (20/1000).

Die Antwort auf diese Herausforderungen könne nicht sein, dass man diese Krisen ignoriere oder erneut in die Atomkraft einsteige, sagte Lemke und erteilte gleichzeitig Laufzeitverlängerungen für die verbliebenen drei Atomkraftwerke zu Beginn ihrer Rede eine Absage. Die Technologie sei hochriskant, zudem bleibe man abhängig von Importen, etwa von Uran für Brennelemente, das unter anderem auch aus Russland bezogen werde.

Ministerin: Krisen nicht gegeneinander ausspielen

Statt die Krisen gegeneinander auszuspielen, gelte es, die begrenzten finanziellen Ressourcen effizient zu nutzen für „Klimaschutz und Energiesouveränität, für Naturschutz und Gesundheitsschutz, für Kreislaufwirtschaft und weniger Abhängigkeit von knappen Ressourcen“, so Lemke. Diesen Ansatz spiegelte auch der Haushaltsentwurf wider: Konkret nannte Lemke unter anderem das geplante Artenhilfsprogramm, mit dem Arten geschützt werden sollen, die vom Ausbau der Windkraftanlagen besonders betroffen sind, sowie das Bundesprogramm Natürlicher Klimaschutz, mit dem „natürliche Klimaschützer“ wie Moore und Auen gesichert werden sollen.

Zur Finanzierung stünden zusätzliche Mittel aus dem Klima- und Transformationsfonds zu Verfügung. Weiter sei geplant, die Mittel für einen Bundesnaturschutzfonds gegenüber der bisherigen Finanzplanung aufzustocken, kündigte Lemke an. In den nächsten vier Jahren seien insgesamt mehr als eine halbe Milliarde Euro dafür vorgesehen.

Überwiegend Investitionen

Bundesministerin Lemke plant mit geringeren Ausgaben, obwohl die Zuständigkeit für den Bereich „Verbraucherschutz“, der in der vergangenen Wahlperiode noch beim Bundesjustizministerium angesiedelt war, ihrem Ministerium zugeschlagen wurde. Zugleich musste sie aber den Bereich „Klimaschutz“ an das von Bundesminister Dr. Robert Habeck geleitete Wirtschaftsministerium abgeben. Das Ministerium erwartet Einnahmen von 822,45 Millionen Euro (2021: 852,98 Millionen Euro).

Mit 1,18 Milliarden Euro sind die überwiegenden Ausgaben des Ministeriums laut Etat Investitionen (2021: 1,73 Milliarden Euro). Für den Umweltschutz sollen 346,65 Millionen Euro ausgegeben werden können (2021: 258,34 Millionen Euro), für die Zwischen- und Endlagerung radioaktiver Abfälle 991,44 Millionen Euro (2021: 1,03 Milliarden Euro). Davon entfallen 633,51 Millionen Euro auf Endlagerungen und Standortauswahlverfahren (2021: 614,02 Millionen Euro) und 353,83 Millionen Euro auf Zwischenlagerungen (2021: 413,87 Millionen Euro).

Der Naturschutz soll in diesem Jahr 125,57 Millionen Euro kosten dürfen im Vergleich zu 132,57 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Für nukleare Sicherheit und Strahlenschutz sind 137,66 Millionen Euro vorgesehen (2021: 68,81 Millionen Euro) und für Verbraucherpolitik 40,85 Millionen Euro.

Ausgaben für nachgeordnete Behörden

Das nachgeordnete Umweltbundesamt in Dessau-Roßlau soll 165,1 Millionen Euro erhalten (2021: 154,75 Millionen Euro), das Bundesamt für Naturschutz auf der Insel Vilm und in Leipzig 46,97 Millionen Euro (2021: 50,76 Millionen Euro), das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung 54,41 Millionen Euro (2021: 45,12 Millionen Euro) und das Bundesamt für Strahlenschutz 71,62 Millionen Euro (2021: 62,12 Millionen Euro).

AfD dringt auf Weiternutzung der Atomenergie

Der Ausschluss längerer Laufzeiten für Atomkraftwerke kritisierte insbesondere die AfD scharf. Die Bundesregierung verhalte sich in ihrer Energiepolitik wie ein „Geisterfahrer“, sagte Wolfgang Wiehle (AfD). Während Belgien den Atomausstieg verschiebe, halte die Ampel „halsstarrig“ daran fest.

Sein Fraktionskollege Dr. Rainer Kraft hielt der Bundesregierung zudem vor, aus ideologischen Gründen „kleinere Probleme“ wie die Endlagerung nuklearer Reststoffe „hochzustilisieren“ und „größere Probleme“ wie die Deponierung von Giftstoffen wie Arsen oder Quecksilber zu ignorieren. (sas/vom/22.03.2022)

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1 EPL 12 Digitales und Verkehr

Verkehrsminister Dr. Volker Wissing (FDP) hat in der Debatte zum Etatentwurf 2022 des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (20/1000) sein angekündigtes Vorhaben „Modernisierung und Digitalisierung“ verteidigt. Der Haushalt biete Verlässlichkeit in unsicheren Zeiten. Es müsse heute dafür gesorgt werden, dass die Mobilität der Zukunft attraktiv sei, dass Infrastrukturprojekte schneller voran kämen und Mobilität klimafreundlich sei, betonte Wissing.

Die Herausforderungen, die durch den Ukraine-Krieg dazu gekommen seien, seien „gigantisch“, sagte er und versicherte, dass sein Ministerium alles tue, um die Beförderung und Unterbringung von Geflüchteten zu organisieren und gleichzeitig die im Koalitionsvertrag vereinbarten Zukunftspläne voranzutreiben.

Geld für Schiene, Radverkehr und Elektromobilität

Einen „Generationenvertrag“ nannte Wissing die Investitionen in den Erhalt und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Auch deswegen würden 9,4 Milliarden Euro in die „klimafreundliche Schiene, deutlich mehr als in die Straßen“ investiert, sagte der Minister. Auch der ÖPNV und der Radverkehr werde „auf Rekordniveau“ unterstützt und die Elektromobilität vorangetrieben. Zudem würden die Mittel für automatisiertes und vernetztes Fahren auf 64 Millionen Euro erhöht. Bei den Förderprogrammen werde gezielt gefördert, sagte Wissing mit Blick auf die Gigabit-Strategie und die geplante Umsetzung des Masterplans Ladeinfrastruktur.

Unterstützt wurde er von Frank Schäffler (FDP), der sagte, es sei notwendig, Priorität auf das, was kurz- und mittelfristig erreicht werden können zu setzen. „Da muss mehr Tempo kommen“, sagte Schäffler.

Digitales und Verkehr mit weniger Ausgaben als 2021

Der Einzelplan 12 des Bundeshaushalts 2022 ist traditionell der größte Investitionshaushalt des Bundes. Minister Wissing plant in diesem Jahr mit weniger Ausgaben als seinem Amtsvorgänger für 2021 zur Verfügung standen. Die Ausgaben sollen 36 Milliarden Euro betragen, das sind 12,9 Prozent weniger als 2021 (41,35 Milliarden Euro). Als Einnahmen sind 7,98 Milliarden Euro anvisiert gegenüber 8,09 Milliarden Euro 2021.

Die Investitionen sollen 21,82 Milliarden Euro betragen gegenüber 25,28 Milliarden Euro im vergangenen Jahr. Auf die Bundesfernstraßen entfallen Ausgaben von 12,54 Milliarden Euro (2021: 12,52 Milliarden Euro), davon 1,03 Milliarden Euro auf Ausgaben im Zusammenhang mit der Lkw-Maut (2021: 1,15 Milliarden Euro).

Bundesfernstraßen und Bundesschienenwege

Für die Bundesschienenwege sind 9,54 Milliarden Euro vorgesehen (2021: 12,33 Milliarden Euro). Darin enthalten sind Baukostenzuschüsse für Investitionen in Höhe von 1,19 Milliarden Euro (2021: 1,56 Milliarden Euro) und der Infrastrukturbeitrag des Bundes für die Erhaltung der Schienenwege der Eisenbahnen des Bundes mit 5,29 Milliarden Euro (2021: 5,3 Milliarden Euro). Für die Förderung des Schienenverkehrs sind 1,1 Milliarden Euro in den Etat eingestellt (2021: 3,05 Milliarden Euro).

Eine Milliarde Euro soll wie im vergangenen Jahr bereitgestellt werden, um die Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden zu verbessern. Die Bundeswasserstraßen sollen mit 1,7 Milliarden Euro bedacht werden im Vergleich zu 1,44 Milliarden Euro 2021.

Schwerpunkt auf Gigabit- und Mobilfunkausbau

Auch der Etat für den Ausbau der digitalen Infrastruktur soll im laufenden Jahr deutlich kleiner ausfallen. In dem Programm-Kapitel Digital-Infrastruktur sind 456,16 Millionen Euro für das laufende Jahr eingeplant. 2021 waren es im Soll noch 1,19 Milliarden Euro – damit schrumpft das Ausgabevolumen um 736,97 Millionen Euro. Grund dafür ist vor allem die Nutzung von Ausgaberesten aus den Vorjahren. Die Ausgabereste belaufen sich in dem Kapitel laut Entwurf auf rund 1,2 Milliarden Euro.

Die Digital-Fördertöpfe sind auch weiterhin über verschiedene Ressorts verteilt. Zudem gibt es ein Sondervermögen Digitale Infrastruktur (Einzelplan 60) mit dem unter anderen Gigabit- und Mobilfunknetze ausgebaut werden sollen und in das in diesem Jahr aus dem Bundeshaushalt mehr als 2,6 Milliarden Euro fließen sollen. Die Zuschüsse zur Verbesserung der Internetversorgung aus dem BMDV-Etat sollen in 2022 3,6 Millionen Euro betragen. Der flächendeckende Breitbandausbau soll mit 76 Millionen Euro unterstützt (Soll 2021: 920 Millionen Euro) werden.

Wie es in dem Einzelplan heißt, soll der Ansatz in diesem Jahr deutlich geringer ausfallen, weil noch Ausgabereste, die sich auf 951 Millionen Euro belaufen, aus den Vorjahren in Anspruch genommen werden sollen. Für die kommenden Haushaltsjahre sind für den Titel Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von rund 335 Millionen Euro ausgebracht.

Rund 100 Millionen für die 5x5G-Strategie

In die Umsetzung der 5x5G-Strategie will das BMDV rund 103 Millionen Euro stecken, 16 Millionen Euro waren es in 2021. Für die Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft sind 20 Millionen Euro eingeplant (2021: 40 Millionen). Neue Technologien, die per Software gesteuert werden, sollen neu mit 40 Millionen Euro bezuschusst werden. Die Umsetzung der Strategie für automatisiertes und vernetztes Fahren wird mit rund 44 Millionen Euro beziffert.

Bei den Investitionen stehen für Digitale Innovationen 105 Millionen Euro bereit (Soll 2021: 71,5 Millionen Euro). Für die Forschung im Rahmen der digitalen Infrastruktur und Gesellschaft sollen 2022 rund 40 Millionen Euro ausgegeben werden (Soll 2021: 42 Millionen Euro). Für Anwendungen im Bereich Künstliche Intelligenz (KI) sind 48,8 Millionen Euro (Soll 2021: 18,6 Millionen Euro) vorgesehen. (lbr/vom/22.03.2022)

CDU/CSU: Ministerium vergeudet Zeit

Starke Kritik an den Plänen kam aus den Reihen der Unionsfraktion: Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU) fragte, warum das angekündigte Digitalbudget nicht im Haushalt stehe. Hinsichtlich der Förderprogramme sagte er an den Minister gewandt: „Geben Sie mehr Gas, würgen Sie den bestehenden Fördermotor nicht ab.“

Brandl kritisierte weiter, dass das Ministerium zu viel Zeit mit Eckpunkten, Strategien und neuen Förderinstrumenten und -verfahren vergeude. Der erste von der Ampel geförderte Glasfaseranschluss werden „frühestens Ende 2023“ ans Netz gehen, prophezeite er.

SPD: Mobilität muss für alle bezahlbar bleiben

Unterstützung für Wissings Pläne kam vom sozialdemokratischen Koalitionspartner: Metin Hakverdi (SPD) sagte, für ihn seien die zentralen Punkte das Vorantreiben der Mobilitätswende, das konsequente Einsparen von CO2, die Wende sozial gerecht auszugestalten und über die Resilienz der Infrastruktur nachzudenken.

„Der menschengemachte Klimawandel ist zurecht das überragende Thema: Wir müssen über unser Mobilitätsverhalten, Antriebstechniken und den Energiebedarf ganz neu denken“, sagte er. Klar sei, dass die Energiepreise nicht „die neuen Brotpreise“ werden dürfen. Es müsse dafür gesorgt werden, dass Mobilität für alle Einkommensgruppen bezahlbar bleibe.

Grüne kritisieren Vorgängerregierung

Dass die Brücken dringend saniert werden müssten, habe viel mit den nicht gemachten „Hausaufgaben“ der Vorgängerregierung zu tun, sagte Dr. Paula Piechotta (Bündnis 90/Die Grünen).

Die vielen Krisen, die sich parallel abspielten, führten dazu, dass nun ein Kraftakt nötig sei, denn diese spielten sich alle im Bereich der Verkehrsinfrastruktur ab. Diese sei mitentscheidend dafür, ob die diversen Krisen gut gelöst werden können oder nicht.

Linke bemängelt „ambitionslosen Haushaltsentwurf“

Für die Linksfraktion übte Victor Perli harte Kritik am Etat: Er sprach von einem „ambitionslosen Haushaltsentwurf“, der weder sozial gerecht noch klimafreundlich ausgestaltet sei. Dabei bestünden große Herausforderungen, etwa bei den seit Jahren steigenden Ticketpreisen für Bus und Bahn.

„Warum gibt es kein Sondervermögen für Bus und Bahn“, fragte Perli Minister Wissing. Die Behauptung, dass mehr in die Schiene als die Straße investiert werde, sei ein „Taschenspielertrick“, da die Planungskosten herausgerechnet worden seien, sagte der Haushaltspolitiker.

AfD moniert „Steuerschrauben“

Für die AfD-Fraktion kritisierte Marcus Bühl, dass die „Steuerschrauben“ in Deutschland unerbittlich angezogen blieben. Er plädierte dafür, die Pendlerpauschale zu erhöhen und die CO2-Abgabe abzuschaffen. „Treibstoffe müssen finanzierbar bleiben“, sagte Bühl.

Mit Blick auf „Tausende marode Brücken“ verwies er darauf, dass die Substanzerhaltung bei der Infrastruktur auch 2022 im Fokus stehen müsse.

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23. März 2022 (24. Sitzung)

1 EPL 4 Bundeskanzleramt

Es war weit mehr als eine Debatte über den Bundeshaushalt: In der Aussprache über den Etat des Bundeskanzleramtes für 2022 (20/1000), deswegen auch „Generaldebatte“ genannt, ging es am Mittwoch, 23. März 2022, natürlich um die großen politischen Linien der Bundesregierung für die kommenden Jahre. Und je nach Perspektive um Kritik daran (Opposition) oder um deren Verteidigung (Koalitionsfraktionen). Wenig überraschend in dieser Zeit, so wurde auch diese Debatte von einem Thema beherrscht, dem Krieg in der Ukraine. Dass es sich dabei noch nie um ein rein außenpolitisches Thema gehandelt hat, machten die Redner aller Fraktionen deutlich, indem sie auch auf die massiven innenpolitischen Folgen, wie steigende Energiepreise und die Bewältigung der größten Fluchtbewegung seit Ende des Zweiten Weltkrieges, hinwiesen.

Kritik äußerten Vertreter der Opposition unter anderem an den Plänen für ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr, da es sich bei den Problemen der Bundeswehr nicht nur um rein finanzielle, sondern vor allem strukturelle Probleme handele, die zuerst angegangen werden sollten. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wie auch Redner der Koalitionsfraktionen bekräftigten, an dem Motto der Ampel-Koalition, einen Aufbruch wagen zu wollen, trotz der aktuellen Konflikte festhalten zu wollen. Von ihren klimapolitischen Ambitionen werde sich die Regierung nicht verabschieden, hieß es von Regierung, SPD, Grünen und FDP unisono.

Weniger Ausgaben, mehr Einnahmen

Der Etat des Kanzleramtes sieht in diesem Jahr Ausgaben von 3,7 Milliarden Euro vor, das ist im Vergleich zum Vorjahr (4,65 Milliarden Euro) ein Rückgang um 14,3 Prozent.

Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Staatsministerin Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen), soll in diesem Jahr 1,93 Milliarden Euro ausgeben können (2021: 2,94 Milliarden Euro). Der Anstieg der geplanten Einnahmen im Etat von 3,5 Millionen Euro auf 103,5 Millionen Euro resultiert aus dem Abbau von Selbstbewirtschaftungsmitteln sowie aus der Erstattung von nicht oder nicht zweckentsprechend verwendeten Zuwendungen im Bereich der Staatsministerin.

Migration, Ostdeutschland, BND

Der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Staatsministerin Reem Alabali-Radovan (SPD), stehen laut Entwurf 40,48 Millionen Euro zur Verfügung (2021: 39,96 Millionen Euro). Der Beauftragte der Bundesregierung für Ostdeutschland, Staatsminister Carsten Schneider (SPD), soll 5,72 Millionen Euro erhalten. Der Zuschuss an den Bundesnachrichtendienst (BND) beläuft sich dem Entwurf zufolge auf 1,03 Milliarden Euro (2021: 1,08 Milliarden Euro). (che/vom/23.03.2022)

AfD: Keine Visionen für das Land

Der Vorsitzende der AfD-Fraktion Tino Chrupalla warf der Vorgängerregierung und der aktuellen vor, Deutschland „absolut ins Ungleichgewicht“ versetzt zu haben: „Das Land ist gespalten in jene, die erst an der Tankstelle merken, dass ihr Leben nun mehr Geld kostet, und jene, die schon lange kein Auto mehr haben und künftig auch noch für die Freiheit frieren sollen.“ Er warf der Regierung vor, „keine Visionen für das Land“ zu haben und einen Haushalt vorzulegen, der „schon heute überholt“ sei.

Die Idee, auf das billige Gas aus Russland verzichten und nun Gas aus Katar beziehen zu wollen, bezeichnete er als Ausdruck von Doppelmoral. Chrupalla forderte außerdem Investitionen in moderne Gas- und Kernkraftwerke, da regenerative Energien den Grundbedarf noch lange nicht decken könnten. Er warnte zudem davor, Deutschland in einen Krieg hineinzuziehen: „Schicken Sie Diplomaten statt Waffen, nur so schafft man Frieden.“

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1 EPL 5 Auswärtiges Amt

Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) hat sich angesichts des russischen Angriffskriegs zu den Waffenlieferungen der Bundesregierung an die Ukraine bekannt: „Wir sind einer der größten Waffenlieferer in dieser Situation. Das ist nichts, was uns stolz macht, sondern das ist das, was wir jetzt tun müssen, um der Ukraine zu helfen“, sagte Baerbock am Mittwoch, 23. März 2022, in der Aussprache zum Haushaltsentwurf der Bundesregierung für das Auswärtige Amt.

Baebock betonte, dass Deutschland der Brutalität dieses Krieges etwas entgegensetze „mit humanitären Hilfen, mit medizinischer Versorgung, mit Schlafsäcken und Lebensmitteln und allem, was jetzt so dringend und nötig gebraucht wird“. Die Koalition habe mit diesem Bundeshaushalt eine Milliarde Euro zur Unterstützung der Ukraine vorgesehen, ein Drittel davon direkt als humanitäre Hilfe.

Mehr Geld für die Friedenssicherung

Das Auswärtige Amt soll laut Etat-Entwurf der Bundesregierung (20/1000, Einzelplan 05) in diesem Jahr über Ausgaben in Höhe von rund 6,57 Milliarden Euro verfügen können und damit über knapp 268,3 Millionen Euro mehr als im Soll 2021, was gegenüber 2021 (6,3 Milliarden Euro) einen Aufwuchs um 4,3 Prozent bedeutet.

Größter Ausgabenposten im Ressort von Außenministerin Baerbock bleibt das Kapitel “Sicherung von Frieden und Stabilität„ mit 3,56 Milliarden Euro. Darin enthalten sind unter anderem Mittel für humanitäre Hilfe und Krisenprävention, die sich zusammen auf 2,51 Milliarden Euro belaufen sollen, das sind rund 64 Millionen Euro weniger als im Vorjahr. Die Leistungen an die Vereinten Nationen und im internationalen Bereich summieren sich in diesem Kapitel auf 961,9 Millionen Euro (2021: 648 Millionen Euro), für Krisenprävention, Stabilisierung und Friedensförderung, Klima- und Sicherheitspolitik sind knapp 486 Millionen Euro vorgesehen (2021: rund 434 Millionen Euro).

Für das Kapitel “Pflege kultureller Beziehungen zum Ausland„ sind im laufenden Jahr Ausgaben in Höhe von gut einer Milliarde Euro eingeplant (2021: 1,08 Milliarden Euro) größter Posten ist darin die institutionelle Förderung im Rahmen der Auslandskulturarbeit in Höhe von rund 407 Millionen Euro (gegenüber rund 530 Millionen Euro im Vorjahr), darunter etwa die Finanzierung des Goethe-Instituts, die mit insgesamt rund 226 Millionen Euro zu Buche schlagen soll. Für das Kapitel “Bilaterale Zusammenarbeit und Pflege der Auslandsbeziehungen„ sind Ausgaben in Höhe von 165 Millionen Euro vorgesehen, knapp 47 Millionen Euro weniger als 2021. Knapp 1,17 Milliarden Euro im Haushalt des Auswärtigen Amtes sollen laut Entwurf auf Personalausgaben entfallen, eine Steigerung um knapp 136 Millionen Euro. (ahe/23.03.2022)

CDU/CSU vermisst eine nachhaltige Finanzierung

Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) begrüßte die Ankündigung der Außenministerin für eine nationale Sicherheitsstrategie, kritisierte aber, dass der Etat eine nachhaltige Finanzierung vermissen lasse. Auch fehlten nach wie vor klare Signale der Koalition für eine „transatlantisch faire Lastenteilung“. Die Europäer könnten auf Amerika nur dann setzen, wenn die Amerikaner auch wüssten, dass die Europäer in ihrem Umfeld Verantwortung übernehmen.

Smart Power“, eine Politik von Diplomatie und Härte, müsse in der Vernetzung des Haushalts deutlich werden – dies sei aber im Etat nicht sichtbar, so Kiesewetter: „Kein Hinweis darauf, wie Sie eine nationale Sicherheitsstrategie mit glaubwürdiger Verteidigung, vernünftiger Entwicklungszusammenarbeit und einer sehr schlagkräftigen Diplomatie verknüpfen wollen.“

SPD: Bundesregierung hat schnell reagiert

Wiebke Papenbrock (SPD) unterstrich, dass die Koalition „auf die dramatische Situation, die dieser brutale Angriffskrieg verursacht“ schnell reagiert habe. Nach UN-Angaben seien 3,5 Millionen Menschen aus der Ukraine geflüchtet, es gebe weitere 6,5 Millionen Binnenflüchtlinge.

Zusätzlich zu den ohnehin vorgesehenen knapp zwei Milliarden Euro für humanitäre Hilfe insgesamt stelle die Bundesregierung in dieser Situation der Ukraine kurzfristig 350 Millionen Euro zur Verfügung.

AfD sieht „Manifestation einer neuen Weltordnung“

Dr. Michael Espendiller (AfD) wandte sich gegen den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands und sicherte die Unterstützung seiner Fraktion für humanitäre Maßnahmen der Bundesregierung zu, um das Leid der Ukraine zu lindern. Für die deutsche Außenpolitik bedeute dieser Krieg die „Manifestation einer neuen Weltordnung“, in der Länder wie China und Russland sich dem Westen entschlossen entgegentreten würden.

Das „oberlehrerhafte“ außenpolitische Auftreten Deutschlands und „selektive“ völkerrechtliche Erwägungen„ hätten dazu beigetragen, dass die westliche Wertegemeinschaft als ignorant und arrogant wahrgenommen werde.

FDP: Das Sondervermögen ist ein “Signal der Verantwortung„

Michael Georg Link (FDP) sprach von einer extrem ernsten Lage. “Der Überlebenskampf der Ukraine betrifft auch uns unmittelbar als die dunkelste Stunde Europas seit dem Zweiten Weltkrieg.„ Das Sondervermögen für die Bundeswehr sei das richtige “Signal der Verantwortung„, um transatlantischen Erwartungen Kanadas und der USA gerecht zu werden. “Wir machen das jetzt.„

Auch die führende Rolle Deutschlands bei der zu schaffenden EU-Eingreiftruppe sei ein solches Signal. “Unsere europäischen Partner warten auch darauf„, sagte Link.

Linke: Wettrüsten macht die Welt nicht sicherer

Victor Perli (Die Linke) wandte sich gegen die Pläne für ein Sondervermögen für die Bundeswehr im Umfang von 100 Milliarden Euro: “Wir brauchen umfassende Sicherheitskonzepte und Schutz vor militärischen Angriffen. Ein Wettrüsten macht unsere Welt aber nicht sicherer, sondern gefährlicher.„

Die Koalition lege einen Haushalt vor, der mehr Geld für Waffen, aber weniger Geld für auswärtige Kultur und Konfliktprävention vorsehe. Wenn die Ampelkoalition mit ihren “Hochrüstungsplänen„ durchkäme, hätte Deutschland den dritthöchsten Militäretat der Welt nach den USA und China. “Dann fließt fast jeder fünfte Euro aus dem Bundeshaushalt in die Armee.„ Das helfe weder der Ukraine, noch mache es die Welt friedlicher.

Grüne: Mehr in die Östliche Partnerschaft investieren

Jamila Schäfer (Bündnis 90/Die Grünen) begrüßte die 350 Millionen Euro an kurzfristigen humanitären Hilfen für die Ukraine. Es gelte aber auch langfristig mehr in die Östliche Partnerschaft zu investieren, etwa durch Stipendien für Wissenschaftler und Studierende.

“Das ist noch Luft nach oben„, sagte Schäfer mit Blick etwa auf solche Förderungen für Akademiker aus Belarus. “Sie verdienen es, Sprachrohr für die Demokratisierung sein zu können.

AfD sieht „Manifestation einer neuen Weltordnung“

Dr. Michael Espendiller (AfD) wandte sich gegen den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands und sicherte die Unterstützung seiner Fraktion für humanitäre Maßnahmen der Bundesregierung zu, um das Leid der Ukraine zu lindern. Für die deutsche Außenpolitik bedeute dieser Krieg die „Manifestation einer neuen Weltordnung“, in der Länder wie China und Russland dem Westen entschlossen entgegentreten würden.

Das „oberlehrerhafte“ außenpolitische Auftreten Deutschlands und „selektive“ völkerrechtliche Erwägungen„ hätten dazu beigetragen, dass die westliche Wertegemeinschaft als ignorant und arrogant wahrgenommen werde.

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1 EPL 14 Verteidigung

Mit eindringlichen Worten und unter Verweis auf die Bündnisverpflichtungen Deutschlands angesichts des „brutalen Angriffskriegs“ Russlands gegen die Ukraine hat Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) am Mittwoch, 23. März 2022, für die geplante Anhebung des Wehretats auf 50,3 Milliarden Euro in diesem Jahr und das Sondervermögen Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden Euro geworben. Dies sei eben „keine Aufrüstung“, sondern gewährleiste die „Ausrüstung“ der Bundeswehr, damit sie ihren Verfassungsauftrag erfüllen kann, betonte die Ministerin in der ersten Lesung des Einzelplans 14 des Etatentwurfs des Bundesministeriums der Verteidigung (20/1000). Mit Ausnahme der Linksfraktion bekannten sich in der Debatte alle Fraktionen prinzipiell zur Erhöhung der Verteidigungsausgaben. Die geplante Ausgestaltung des Sondervermögens und die Verwendung der Mittel sorgten jedoch für Kritik aus den Reihen der CDU/CSU- und der AfD-Fraktion.

Lambrecht betonte, die Nato dürfe und werde keine Kriegspartei werden im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine. Aber die Ukraine müsse auch weiterhin mit Waffenlieferungen unterstützt werden. „Und wir müssen mehr für unsere Sicherheit tun“, sagte die Ministerin. Die Leistungsfähigkeit der Bundeswehr müsse erhöht werden. Zugleich versprach sie grundlegende Reformen im Beschaffungswesen der Bundeswehr. Erste Schritte habe das Bundeskabinett bereits beschlossen, sagte Lambrecht ohne dies allerdings zu konkretisieren.

Beschaffungen und Personalausgaben

Der Einzelplan 14 des Bundeshaushalts 2022 (20/1000) umfasst Ausgaben von 50,33 Milliarden Euro, das sind 7,3 Prozent mehr als im Vorjahr (46,93 Milliarden Euro). Im Verteidigungsetat nicht enthalten ist allerdings das geplante neue Sondervermögen “Bundeswehr„, das mit einer Kreditermächtigungen in Höhe von 100 Milliarden Euro ausgestattet werden soll. Das Bundesverteidigungsministerium rechnet mit Einnahmen von 710,8 Millionen Euro (2021: 260,8 Millionen Euro). Die Beschaffungen des Ministeriums summieren sich dem Entwurf zufolge insgesamt auf 20,43 Milliarden Euro (2021: 18,15 Milliarden Euro), die Personalausgaben auf 19,88 Milliarden Euro (2021: 19,3 Milliarden Euro).

Von den militärischen Beschaffungen im Umfang von 10,05 Milliarden Euro (2021: 8,33 Milliarden Euro) entfallen 792,92 Millionen Euro auf Kampffahrzeuge und 763 Millionen Euro auf Munition (2021: jeweils 700 Millionen Euro). Für Schiffe uns sonstiges Marinegerät sind 571,31 Millionen Euro eingeplant (2021: 524 Millionen Euro), für Flugzeuge und sonstiges flugtechnisches Gerät 745 Millionen Euro (2021: 645,84 Millionen Euro).

Materialerhaltung und Unterbringung

Für die Materialerhaltung sieht der Entwurf 4,47 Milliarden Euro vor (2021: 4,1 Milliarden Euro), davon 2,54 Milliarden Euro für die Erhaltung von Flugzeugen und flugtechnischem Gerät (2021: 2,45 Milliarden Euro). Für die Unterbringung der Soldatinnen und Soldaten sind Ausgaben von 5,99 Milliarden Euro eingeplant (2021: 5,88 Milliarden Euro), davon 2,73 Milliarden Euro für Mieten und Pachten (2021: 2,64 Milliarden Euro). Der sonstige Betrieb der Bundeswehr schlägt mit 2,42 Milliarden Euro zu Buche (2021: 2,64 Milliarden Euro).

Der Bereich “Kommandobehörden und Truppe, Sozialversicherungsbeiträge, Fürsorgemaßnahmen und Versorgung für Soldatinnen und Soldaten„ umfasst Ausgaben von insgesamt 15,93 Milliarden Euro (2021: 15,39 Milliarden Euro). (aw/vom/23.03.2022)

AfD: Es fehlt an vorausschauender Planung

Der AfD-Haushaltspolitiker Dr. Michael Espendiller bewertete das Sondervermögen kritisch. Es fehle bislang an einem überzeugenden Konzept. Das Sondervermögen sei lediglich dazu gedacht, die Schuldenbremse auch in den kommenden Jahren zu umgehen. Er verwies darauf, dass seine Fraktion in der vergangenen Legislaturperiode immer wieder auf eine Erhöhung des Verteidigungshaushaltes gemäß des Zwei-Prozent-Zieles der Nato und auf eine bessere Ausrüstung der Bundeswehr gedrängt habe.

Der Bundeswehr fehle es seit drei Jahrzehnten an einer vorausschauenden Planung. Die zur Verfügung stehenden Finanzmittel würden zudem nicht effizient eingesetzt. Dies drohe jetzt wieder. Espendiller forderte die Nato zudem auf, wieder zu einem reinen Verteidigungsbündnis zu werden. Die AfD-Fraktion lehnt genau wie die Linksfraktion Auslandseinsätze der Bundeswehr ab.

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1 EPL 14 Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Der Krieg in der Ukraine macht nach Ansicht von Bundesentwicklungsministerin Svenja Schule (SPD) Anpassungen bei dem für 2022 geplanten Etat für ihr Ministerium erforderlich. „Wir werden das Engagement in der Ukraine massiv ausbauen müssen, das halte ich für ein Gebot der Menschlichkeit“, betonte die Ministerin am Mittwoch, 23. März 2022, in der Debatte über den Entwurf der Bundesregierung für den Haushalt des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (20/1000). Die Folgen des Krieges „in der Kornkammer der Welt“ hätten darüber hinaus dramatische Auswirkungen auf die weltweite Ernährungssituation. „Die im Entwurf vorgesehenen 28 Millionen Euro für das Welternährungsprogramm werden nicht reichen, um Hungerkrisen vorzubeugen und Ernteausfälle auszugleichen“, schlussfolgerte Schulze. „Ich zähle auf Sie, dass wir hier noch mal nachlegen können“, appellierte sie an die Abgeordneten.

Als zentrale Politikfelder benannte die SPD-Politikerin die Bewältigung des Klimawandels und die Klimaanpassung sowie Investitionen in eine nachhaltige und  widerstandsfähige Landwirtschaft in den Ländern des globalen Südens. Die Transformation der Agrar- und Ernährungssysteme sei „kein Luxus, sondern aktive Krisenprävention“, sagte sie mit Verweis darauf, dass die Folgen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine die „multiplen Krisen der Welt weiter verstärken“ werde.

Investitionen und Zuweisungen

Der Einzelplan 23 des Bundeshaushalts 2022 (20/1000) enthält Ausgaben von 10,85 Milliarden Euro, das sind 12,6 Prozent weniger als im Vorjahr (12,43 Milliarden Euro). Bundesministerin Schulze erwartet Einnahmen von 747,83 Millionen Euro (2021: 802,53 Millionen Euro). Die Ausgaben für Investitionen summieren sich auf 7,24 Milliarden Euro (2021: 8,42 Milliarden Euro), die Zuweisungen und Zuschüsse auf 3,47 Milliarden Euro (2021: 3,88 Milliarden Euro). Für die bilaterale staatliche Zusammenarbeit sind insgesamt 4,84 Milliarden Euro vorgesehen gegenüber 5,97 Milliarden Euro im vergangenen Jahr. Daran hat die bilaterale finanzielle Zusammenarbeit einen Anteil von 2,09 Milliarden Euro (2021: 2,43 Milliarden Euro).

Das zivilgesellschaftliche, kommunale und wirtschaftliche Engagement will die Ministerin mit 1,31 Milliarden Euro fördern (2021: 1,44 Milliarden Euro). Darin enthalten sind etwa 383 Millionen Euro für die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements (2021: 402,5 Millionen Euro).

Europäische Entwicklungszusammenarbeit

2,22 Milliarden Euro sind eingestellt für die europäische Entwicklungszusammenarbeit sowie für Beiträge an die Vereinten Nationen und an andere internationale Einrichtungen (2021: 2,7 Milliarden Euro). Auf die Vereinten Nationen, deren Sonderorganisationen sowie auf internationale Nichtregierungsorganisationen entfallen dabei 517,21 Millionen Euro (2021: 654,45 Millionen Euro).

Die „entwicklungswichtigen multilateralen Hilfen zum Umweltschutz, Biodiversität und Klimaschutz“ schlagen im Entwurf mit 751,4 Millionen Euro zu Buche (2021: 741,2 Millionen Euro). Für die Hungerbekämpfung sind 465 Millionen Euro vorgesehen (2021: 525 Millionen Euro), für die Bekämpfung von Fluchtursachen und die Wiedereingliederung von Flüchtlingen 420 Millionen Euro (2021: 475 Millionen Euro) und für die Stabilisierung Nordafrikas und des Nahen Ostens 42 Millionen Euro (2021: 63 Millionen Euro). (joh/om/23.03.2022)

AfD moniert Ineffizienz des Entwicklungshilfesystems

Dr. Michael Espendiller (AfD) kritisierte, dass sich das „Entwicklungshilfesystem trotz offenkundiger Ineffizienz“ kaum verändert habe. Es sei ein System von dauerhaften Abhängigkeiten geschaffen worden, obwohl viele Nehmerländer „ihr Leben und Land selbstbestimmt gestalten wollen“.

Deutschland scheitere an effizienter Hilfe und an wirtschaftlicher Zusammenarbeit, urteilte Espendiller. Dabei sei es für seine Industrie und seinen Wohlstand darauf angewiesen.

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24. März 2022 (25. Sitzung)

1 EPL 9 Wirtschaft und Klimaschutz

Mit nicht weniger als einem Appell für die Freiheit hat Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) seine Rede zur Etatplanung für sein Ministerium beendet. „Für die Ukraine, für die Freiheit“ sagte Habeck bei der Debatte über den Haushaltsentwurf für das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (20/1000) am Donnerstag, 24. März 2022.

„Subventionen sind Ultima Ratio einer Marktwirtschaft“

Vor genau einem Jahr sei das „wegweisende“ Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutz ergangen. Es habe sich mit dem Satz „Wer das Klima schützt, schützt die Freiheit“ zusammenfassen lassen, so Habeck. Ein Jahr später müsse man es aber übersetzen in: „Wer darum kämpft, sich von den fossilen Energien freizumachen, der kämpft für die Freiheit.“ Es sei „bitter“, dass man noch nicht in der Lage sei, ein sofortiges Embargo auf Kohle, Öl und Gas aus Russland zu verhängen, räumte Habeck ein. Doch Deutschland befreie sich gerade in einer großen Geschwindigkeit von der Abhängigkeit von russischen fossilen Energien.

Weiterhin gehe es in Zukunft darum, beim Thema Subventionen eine Überforderung wie in der Vergangenheit zurückzufahren. Subventionen seien die Ultima Ratio einer Marktwirtschaft, sagte Habeck. Vielmehr sei es nun geboten, „die Kräfte des Marktes kontrolliert zu entfalten“.  So könne man ihnen eine Richtung zu geben, die Rohstoffverbrauch, Klimaschutz und Unabhängigkeit mit Wachstum und Wohlstand für Deutschland kombiniere.

Knapp elf Milliarden Euro für Wirtschaft und Klimaschutz

Der Einzelplan 09 des Bundeshaushalts 2022 (20/1000) umfasst Ausgaben von 10,96 Milliarden Euro, das sind 6,7 Prozent mehr als im Vorjahr (10,27 Milliarden Euro). Das Aufgabenspektrum des Ministeriums wurde im Vergleich zur vergangenen Wahlperiode um den Bereich „Klimaschutz“ erweitert, der zuvor beim Bundesumweltministerium angesiedelt war. Bundesminister Habeck erwartet Einnahmen von 731,92 Millionen Euro (2021: 465,1 Millionen Euro).

Knapp die Hälfte der geplanten Ausgaben entfallen auf den Bereich „Innovation, Technologie und neue Mobilität“, für den 5,17 Milliarden Euro eingeplant sind (2021: 4,52 Milliarden Euro). Auf die „neue Mobilität“ entfallen davon 629,51 Millionen Euro (2021: 787,93 Millionen Euro). Gekürzt wird bei der Industrieforschung für Unternehmen, für die 254,62 Millionen Euro (2021: 303,12 Millionen Euro) bereitstehen sollen.

Von Luft- und Raumfahrt bis Mittelstandsförderung

Für die Förderung von Luft- und Raumfahrt sind 2,47 Milliarden Euro (2021: 2,27 Milliarden Euro) in den Etat eingestellt, für „Energie und Nachhaltigkeit“ 2,03 Milliarden Euro (2021: 1,38 Milliarden Euro). Davon entfallen auf die Energieforschung 599,91 Millionen Euro (2021: 594,22 Millionen Euro) und auf die Sanierung des früheren DDR-Uranbergbau sowie auf das Auslaufen der Steinkohlesubventionen 464,27 Millionen Euro (2021: 482,37 Millionen Euro).

Die Mittelstandsförderung schlägt mit 1,09 Milliarden Euro zu Buche (2021: 1,33 Milliarden Euro). Um „Chancen der Globalisierung“ zu nutzen, sind im Etat insgesamt 855,88 Millionen Euro vorgesehen (2021: 573,33 Millionen Euro). Für den Klimaschutz sind Ausgaben von 642,16 Millionen Euro eingeplant. (emu/vom24.03.2022)

AfD kritisiert „dramatische Selbstüberschätzung“

Wolfgang Wiehle (AfD) bezeichnet die Politik der Bundesregierung als „dramatische Selbstüberschätzung“, die Land, Bürger und Wirtschaft gefährde. Die „hektischen“ Sanktionen als Reaktionen auf den Krieg in der Ukraine zeigten eine Überschätzung dessen, was Deutschland aushalte, so Wiehle: „Das sehen wir jeden Tag an den Zapfsäulen.“

Der AfD-Abgeordnete ging auf die Verhandlungen Habecks über Gas aus Katar ein und sagte, die dortigen Regenten seien „genauso wenig lupenreine Demokraten wie Herr Putin“.

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1 EPL 15 Gesundheit

Die seit mehr als zwei Jahren andauernde Corona-Pandemie hat auch die Debatte über den Gesundheitsetat für 2022 geprägt. Dabei ging es am Donnerstag, 24. März 2022, im Bundestag unter anderem um die allgemeine Impfpflicht sowie die immensen Ausgaben zur Eindämmung der Pandemie. Daneben spielten mittel- und langfristig nötige Strukturreformen im Gesundheitswesen eine wichtige Rolle. Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD) warnte bei der Einbringung seines Rekordhaushaltes in Höhe von rund 52,6 Milliarden Euro davor, die Pandemie jetzt schon abzuschreiben.

In der ersten Lesung des Einzelplans 15 des Bundeshaushalts 2022 (20/1000) betonte er: „Die Pandemie ist leider nicht vorbei.“ Dies werde auch beim Blick auf den Haushalt deutlich, der wesentlich größer ausfalle als ursprünglich geplant. Zwar sei Deutschland bisher mit einer relativ niedrigen Sterblichkeit durch die Coronakrise gekommen, allerdings seien 200 bis 300 Tote pro Tag und aktuell mehr als 300.000 Neuinfektionen inakzeptabel. Lauterbach betonte daher: „Es gibt keinen Freedom Day.“ Er warb für eine differenzierte Anwendung des geänderten Infektionsschutzgesetzes (IfSG) je nach regionaler Infektionslage.

Gesundheitsminister warnt vor Risiko für Ungeimpfte

Lauterbach ging auf die enormen Kosten für Impfstoffe, Bürgertests, Arzneimittel und Ausgleichzahlungen für Krankenhäuser ein. Das Geld sei sinnvoll eingesetzt, es werde nicht verschwendet, versicherte er. Vor allem die Krankenhäuser bräuchten zusätzliches Geld, sie trügen die schwerste Last in dieser Pandemie.

Der Minister verwies zudem auf die zusätzlichen Mittel in Milliardenhöhe für die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) und ging dabei auf künftige Belastungen ein. So sei damit zu rechnen, dass Long Covid in der Zukunft zu den wichtigsten chronischen Erkrankungen zählen werde. Er warb daher nachdrücklich für die Impfung und auch für eine allgemeine Impfpflicht. Lauterbach warnte: „Noch nie war das Risiko für die Ungeimpften so groß.“

Zuweisungen und Zuschüsse

Das Gros des Gesundheitsetats mit 51,71 Milliarden Euro (2021: 49,69 Milliarden Euro) bilden Zuweisungen und Zuschüsse. An die gesetzliche Krankenversicherung gehen 40,83 Milliarden Euro (2021: 35,49 Milliarden Euro), davon 21,73 Milliarden Euro an den Gesundheitsfonds für Belastungen, die durch die Sars-CoV-2-Pandemie verursacht wurden (2021: 13,49 Milliarden Euro) und 14,5 Milliarden Euro wie 2021 als pauschale Abgeltung der Aufwendungen der Krankenkassen für gesamtgesellschaftliche Aufgaben.

Die Ausgaben für Pflegevorsorge und sonstige soziale Sicherung schlagen mit 2,08 Milliarden Euro zu Buche (2021: 84,92 Millionen Euro). Eine Milliarde Euro ist eingestellt für die Prämien für Pflegekräfte in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Für die Prävention und für die Gesundheitsverbände sind insgesamt 8,54 Milliarden Euro in den Etat eingestellt gegenüber 14 Milliarden Euro 2021. Darin enthalten sind 6,3 Milliarden Euro als Zuschüsse zur zentralen Beschaffung von Impfstoffen gegen Sars-CoV-2 (2021: 8,89 Milliarden Euro) und 1,9 Milliarden Euro als Zuschüsse zur Bekämpfung des Ausbruchs des neuen Coronavirus (2021: 4,06 Milliarden Euro). (pk/vom/24.03.2022)

AfD: Impfpflicht muss tabu sein

Nach Ansicht der AfD-Fraktion wird die Bevölkerung in der Coronakrise systematisch drangsaliert. Wolfgang Wiehle (AfD) sagte, es sei ein Unterschied, Politik für die Gesundheit zu machen oder mit Krankheit Politik zu machen. Die Regierung mache den Menschen in der Pandemie Angst, um sich dann als Retter in Szene zu setzen. Den Bürgern werde ein bestimmtes Verhalten aufgezwungen. Das mache sich auch im Haushalt bemerkbar. Der Gesundheitsetat zeige eine „deutliche Aufblähung“ und sei so groß wie nie zuvor.

Die Impfkampagne sei völlig verfehlt. So seien Millionen von Impfstoffdosen bestellt worden. „Diese Bundesregierung rechnet mit einem Dauer-Booster-Zwangs-Abo für alle Deutschen.“ Der Ankauf von Impfstoffen koste Milliarden, viele Bürger hätten sich jedoch gegen Impfungen entschieden. Jetzt solle sogar die allgemeine Impfpflicht kommen. Wiehle warnte, damit würde das Vertrauen in den Staat für Jahrzehnte aufs Spiel gesetzt. Eine Impfpflicht müsse tabu sein.

CDU/CSU kritisiert „chaotische Kommunikation“

Tino Sorge (CDU/CSU) hielt der Bunderegierung eine chaotische Kommunikation in der Gesundheitspolitik mit völlig widersprüchlichen Aussagen vor. Das gelte auch für die langfristige Finanzierung des Gesundheitswesens. Es gebe offensichtlich keine Einigkeit in der Ampelkoalition, wie mit der Finanzierungslücke in der GKV umgegangen werden solle. „Wer solche Kabinettskollegen hat, braucht keine Opposition.“

Sorge mahnte, die Finanzierung des Gesundheitssystem sei eine Teamaufgabe. Auch bei der Anwendung des neuen IfSG seien gegensätzliche Hinweise aus der Koalition gekommen. „Jedes einzelne Projekt der Ampel ist ein Flop.“ Er rügte, es gebe keine erkennbare Vorhabenplanung des Bundesgesundheitsministeriums und nannte als Beispiele die Kassenfinanzen, die Pflegeversicherung oder die Strukturierung der Krankenhauslandschaft. Was die von Lauterbach angesprochene allgemeine Impfpflicht betreffe, gebe es dafür im Bundestag keine Mehrheit.

Grüne: Pandemie ist enorme Belastung für Klinikpersonal

Die Ärztin Dr. Paula Piechotta (Bündnis 90/Die Grünen) schilderte aus ihrer ganz persönlichen Sicht die teils dramatischen Zustände im Klinikalltag während der Corona-Pandemie und die enorme Belastung für das Personal. Es sei zwar Geld mit vollen Händen ausgegeben worden, um die Folgen der Pandemie abzufedern, aber mit Geld allein könnten keine Krankenhausbetten betrieben und Patienten versorgt werden. Notwendig sei ausreichend Personal, das sei aber teilweise nicht vorhanden.

An den Tarifverträgen habe sich nichts geändert, kritisierte die Grünen-Abgeordnete. Die Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen müssten sich deutlich verbessern, das Geld müsse gezielt für eine bessere Versorgung eingesetzt werden. Da sei in der Vergangenheit  unglaublich viel schief gelaufen. Piechotta warnte, viele Mitarbeiter im Gesundheitswesen seien nach dieser langen Pandemie völlig ausgebrannt. Auch ein Corona-Bonus werde niemanden dazu bewegen, seine beruflichen Pläne zu ändern. Geld werde jetzt benötigt für eine Präventionsstrategie, bessere Arbeitsbedingungen und für eine bessere medizinische und pflegerische Versorgung insbesondere im ländlichen Raum.

SPD: Gesundheitssystem ist im Wandel

Auch Svenja Stadler (SPD) äußerte sich teilweise selbstkritisch zur bisherigen Gesundheitspolitik und forderte grundsätzlich neue Weichenstellungen. So fehle es an Fachkräften in Kliniken und Pflegeheimen, auch Ärzte fehlten, Apotheken müssten schließen, weil die Nachfolge nicht geregelt sei. Die Digitalisierung wertete sie insgesamt als eine Chance für das Gesundheitswesen. Sie mahnte, was vor Jahren noch funktioniert habe, sei heute veraltet. „Wir haben eben nicht effektiv gehandelt in der Vergangenheit, wir haben die falschen Wege genommen.“

Auch die Bundesländer seien ihrer Verantwortung nicht immer gerecht geworden, sagte die SPD-Abgeordnete. Die Gesundheitsfinanzierung müsse weiterentwickelt, das Gesundheitssystem zukunftstauglich gemacht werden. Der technologische Fortschritt sollte genutzt werden, um den Alltag zu vereinfachen. Der große Gesundheitsetat zeige, dass die Bürger nicht im Stich gelassen würden. Jedoch sei das Gesundheitssystem im Wandel.

FDP: Impfen ist der Schlüssel

Karsten Klein (FDP) dankte hingegen allen Bürgern, die sich haben impfen lassen. „Impfen ist der Schlüssel, um diese Pandemie zu beenden.“ Die Corona-Pandemie sei nicht vorbei, es gelte darum, wachsam zu bleiben. Er attestierte der Bundesregierung ein erfolgreiches Krisenmanagement. Mehrere Corona-Wellen seien überstanden, der Bund agiere in der Pandemie sehr kraftvoll und investiere Geld in Krankenhäuser, den Gesundheitsfonds, in Tests und Impfungen sowie den Öffentlichen Gesundheitsdienst.

Klein forderte auch die Länder auf, ihren Anteil an den Investitionen zu leisten. Die Länder würden ihrer Verantwortung nicht immer gerecht, sagte er mit Blick auf die fehlenden Investitionsmittel für die Krankenhausinfrastruktur.

Linke fordert Reform des Gesundheitswesens

Dr. Gesine Lötzsch (Die Linke) forderte, die Gesundheitspolitik müsse einen höheren Stellenwert bekommen und finanziell besser untersetzt werden. Sie nannte zum Vergleich das geplante Sondervermögen für die Bundeswehr. Mit einem Sondervermögen Gesundheit könne viel erreicht werden, etwa eine Stabilisierung der Krankenkassenbeiträge. Krankenhäuser könnten saniert, Geburtskliniken oder Kinderkliniken eröffnen werden.

Lötzsch forderte eine Reform des Gesundheitswesens mit Einführung einer Bürgerversicherung. Die absurden Fallpauschalen im Krankenhaus müssten abgeschafft werden. Gesundheit sei keine Ware. Nötig seien gut bezahlte Jobs und gute Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen.

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1 EPL 7 Justiz und Verbraucherschutz

Der Bundestag hat sich am Donnerstag, 24. März 2022, in erster Lesung mit dem Etatentwurf des Bundesministeriums der Justiz auseinandergesetzt. Der Einzelplan 07 des Bundeshaushalts 2022 (20/1000) umfasst Ausgaben von 935 Millionen Euro, das sind 2,3 Prozent weniger als im Vorjahr (957,46 Milliarden Euro). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Bereich „Verbraucherschutz“ in der vergangenen Wahlperiode dem Justizministerium zugeordnet war, in dieser Wahlperiode jedoch beim Bundesumweltministerium angesiedelt ist.

Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann ging zu Beginn der Debatte auf den russischen Überfall auf die Ukraine ein. In der Antike und dem Mittelalter habe es geheißen: „Wenn die Waffen sprechen, schweigt das Recht.“ Das sei aber nicht mehr so, betonte der Minister und verwies unter anderem auf die Strukturermittlungen des Generalbundesanwaltes zu russischen Kriegsverbrechen. Deutschland habe eine besondere historische Verantwortung zur Aufklärung von Kriegsverbrechen. Es werde bereits Pionierarbeit geleistet, so seien die „Folterknechte Assads“ vor Gericht gestellt worden. „Wir werden auch russische Kriegsverbrecher vor Gericht stellen, wenn wir ihnen habhaft werden“, sagte der Minister. Deutschlands Entschlossenheit sollte nicht unterschätzt werden: „Wo die Waffen sprechen, schweigt das Recht eben nicht!“

Minister: Angriff auf die Prinzipien der liberalen Demokratie

Buschmann hob hervor, dass der russische Angriff auch den Prinzipien der liberalen Demokratie gelten würde. Diese müssten auch hierzulande verteidigt werden, leitete der Minister zum rechtspolitischen Programm der Bundesregierung über. Der Ampel sei die Stärkung des Respekts vor dem Individuum wichtig. Darum gehe es um die Stärkung der Bürgerrechte. Als Beispiele nannte Buschmann die Ersetzung der Vorratsdatenspeicherung, eine „grundrechtsorientierte und evidenzbasierte Sicherheitspolitik“ und die geplante „Überwachungsgesamtrechnung“. Zudem werde im Familienrecht die Selbstbestimmung gestärkt.

Mit Blick auf den im Vergleich zu den anderen Ministerien niedrigsten Etat-Ansatz sagte Buschmann, man gebe nicht viel aus, nehme aber viel ein. „Jeder Euro für das Haus des Rechts und der Freiheit ist eine gute Investition in die liberale Demokratie“, schloss Buschmann.

AfD: Schlag ins Gesicht für alle Freunde der Freiheit

Für die AfD-Fraktion attackierte Dr. Michael Espendiller in seiner Rede vor allem die FDP mit Blick auf Corona-Politik und Impfpflicht. Auch die FDP habe in Oppositionszeiten Kritik an den Maßnahmen geäußert und sich gegen eine Impfpflicht ausgesprochen.

Er könne nachfühlen, „wie verraten, verkauft und verarscht sich ihre Wähler jetzt fühlen“, meinte der Abgeordnete. Ein Justizminister, der bei der Frage der Impfpflicht nicht die „rechtsstaatliche rote Fahne hebt“, sei „ein Schlag ins Gesicht für alle Freunde der Freiheit“.

Grüne: Internet ist kein rechtsfreies Paralleluniversum

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen drückte Bruno Hönel dem Justizminister seine Unterstützung für die geplante Streichung des in Paragraf 219a Strafgesetzbuch geregelten Werbeverbots für Schwangerschaftsabbrüche aus. „Endlich kommen wir in der gesellschaftlichen Realität des 21. Jahrhunderts an. Endliche machen wir Schluss mit diesem Unrecht 219a.“

Hönel verwies auf Vorhaben der Koalition wie dem „Digitalpakt für Justiz“. Dabei werde seine Fraktion konsequent auf Bürgerrechte und Datenschutz achten. Ein Vollzugsdefizit sah Hönel bei der Verfolgung von Hasskriminalität im Netz. Das Internet sei kein „rechtsfreies Paralleluniversum; Hass ist keine Meinung – und das werden wir Ihren rechten Trollen auch ganz, ganz deutlich machen. Darauf können Sie sich verlassen“, sagte der Grünenabgeordnete in Richtung AfD.

Linke gegen Ersatzfreiheitsstrafen

Für die Fraktion Die Linke forderte Clara Bünger die Bundesregierung auf, ihrer Ankündigung, das Strafrecht auf den Prüfstand zu stellen, auch Taten folgen zu lassen. Sie sprach sich für eine Streichung der Ersatzfreiheitsstrafen aus. 2019 hätten nach Schätzungen 51.000 Menschen in Haft gesessen, weil sie eine Geldstrafe nicht haben bezahlen können.

Das betreffe vor allem Menschen in prekären Lebensumständen. Obdachlose und Suchtkranke. Auch die Strafbarkeit des Schwarzfahrens müsse abgeschafft werden. Die Justiz müsse zudem personell besser ausgestattet werden. Zudem müsse es für alle Angeklagten eine Pflichtverteidigung geben, meinte Bünger.

FDP: Digitalisierung zu einem Erfolg machen

Für die FDP-Fraktion betonte Dr. Thorsten Lieb, dass das Vertrauen in Justiz und Rechtsstaat gerade in „herausfordernden Zeiten, in Zeiten der Krise“, besonders notwendig sei. Demokratie und Rechtsstaat seien keine „Schönwetterinstitutionen“, sie bewiesen gerade in der Krise ihren Wert.

Wie Buschmann und Krings ging Lieb auf die Rolle des Generalbundesanwalts bei der Verfolgung von Kriegsverbrechern ein. Man könne stolz darauf sein, eine solche Institution im Land zu haben, die besonders aktiv und kompetent sei, solche Sachverhalte aufzuklären und auszuermitteln. Im Rahmen der Haushalsberatungen müsse geschaut werden, ob das mit den angesetzten Mitteln erreicht werde, sagte Lieb. Wie auch Hönel ging Lieb auf den Digitalpakt für die Justiz ein. Gemeinsam müssten Bund und Länder die Digitalisierung zu einem Erfolg machen, sagte der Liberale.

Patent- und Markenamt mit hohen Einnahmen

Unter den Bundesministerien ist das Justizressort traditionell das mit dem geringsten Ausgabevolumen. Dafür kann Bundesjustizminister Buschmann mit Einnahmen von 644,78 Millionen Euro rechnen, das sind 3,2 Prozent mehr als 2021 (624,78 Millionen Euro). Damit finanziert das Ministerium seine Ausgaben zu gut zwei Dritteln selbst.

Die Einnahmen sind im Wesentlichen dem Deutschen Patent- und Markenamt, einer oberen Bundesbehörde mit Sitz in München, zu verdanken. Es erwartet Einnahmen von 455,39 Millionen Euro (2021: 440,39 Millionen Euro), und zwar vor allem Gebühren für gewerbliche Schutzrechte. Die Ausgaben der Behörde belaufen sich demgegenüber nur auf 245,24 Millionen Euro (2021: 234,14 Millionen Euro).

Bundesamt, Bundesgerichte und Generalbundesanwalt

Eine weitere nachgeordnete Behörde des Justizministeriums, das Bundesamt für Justiz, rechnet mit Ausgaben von 99,12 Millionen Euro (2021: 101,14 Millionen Euro).

Für den Bundesgerichtshof sind in den Etat 52,63 Millionen Euro eingestellt (2021: 53,56 Millionen Euro), für den Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof 64,59 Millionen Euro (2021: 66,94 Millionen Euro), für das Bundesverwaltungsgericht 24,63 Millionen Euro (2021: 33,44 Millionen Euro), für den Bundesfinanzhof 20,48 Millionen Euro (2021: 23,79 Millionen Euro) und für das Bundespatentgericht 17,44 Millionen Euro (2021: 16,76 Millionen Euro).

CDU/CSU kritisiert rechtspolitische Agenda der Regierung

Für die Unionsfraktion thematisierte Dr. Günter Krings ebenfalls zunächst den Krieg in der Ukraine. „Weder Freiheit noch Rechtsstaatlichkeit sind in Euro und Cent aufzuwiegen. Das sehen wir beim tapferen Kampf des ukrainischen Volkes gegen die russischen Invasoren.“ Krings verwies darauf, dass im Haushaltsentwurf der Ampel der Ansatz für den Generalbundesanwalt sinke. Er forderte stattdessen zusätzliche Stellen und Mittel, um russische Kriegsverbrechen dokumentieren und ihnen nachgehen zu können.

Krings kritisierte zudem die rechtspolitische Agenda der Bundesregierung. Wer die Abschaffung des Werbeverbots von Schwangerschaftsabbrüchen zu ersten Priorität mache, der müsse seinem politischen Koordinatensystem einer kritischen Überprüfung unterziehen. Der Christdemokrat sprach sich zudem inhaltlich gegen die von der Bundesregierung geplante Streichung sowie gegen die Ampel-Pläne für Kinderrechte im Grundgesetz. Die Ampel wolle damit „mehr staatlichen Einfluss bei der Kindererziehung zulasten der Eltern“. Zudem warf er der Koalition vor, „einen neuen Tiefpunkt in Sachen Qualität der Gesetzgebung“ erreicht zu haben und verwies als Beispiel auf die jüngste Änderung des Infektionsschutzgesetzes.

SPD: Wenig Spielraum für Projekte

Esther Dilcher führte in ihrer Rede für die SPD-Fraktion im Detail durch den Einzelplan des Bundesjustizministeriums. Es sei ein Verwaltungshaushalt, der „wenig Spielraum für Projekte, Förderprogramme oder zusätzliche Ausgaben“ ließe.

Heftig Kritik übte Dilcher an den Aussagen eines AfD-Abgeordneten in russischen Medien, der gesagt habe, in Deutschland gebe es keine Demokratie. „In Russland zu behaupten, in Deutschland gebe es keine Demokratie und keine Meinungsfreiheit, ist ein vernichtender Schlag ins Gesicht aller Menschen in Russland, die gegen diesen Krieg auf die Straße gehen, die sich öffentlich in Rundfunk und Fernsehen gegen diesen Krieg und für Frieden aussprechen und die mutig Widerstand leisten und damit um ihr Leben fürchten müssen“, sagte die Sozialdemokratin. (scr/vom/24.03.2022)

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1 EPL 6 Inneres und Heimat

Die Folgen des Kriegs in der Ukraine haben am Donnerstag, 24. März 2022, auch die Bundestagsdebatte über den Haushalt 2022 des Bundesministeriums des Inneren und für Heimat (BMI) bestimmt. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) verwies in der ersten Lesung des Etatentwurfs der Bundesregierung (20/1000) darauf, dass Millionen Menschen Zuflucht vor Gewalt und Zerstörung suchten, auch in Deutschland. Auch in dieser Situation beweise der Staat seine Handlungsfähigkeit. Das Hauptaugenmerk liege dabei auf der „bestmöglichen Versorgung, Unterbringung und Verteilung der Geflüchteten in Deutschland und der gesamten EU“. Dabei unterstütze ihr Haus die Länder bei der Registrierung von Geflüchteten. Auch öffne man die Integrations- und Sprachkurse für Flüchtlinge aus der Ukraine.

„Russischer Überfall auf die Ukraine ist eine Zäsur“

Faeser betonte zugleich, dass der russische Überfall auf die Ukraine eine Zäsur sei und „unsere Sicherheit auch im Lichte neuer Realitäten“ gesehen werden müsse. Das werde zusätzliche finanzielle Belastungen nach sich ziehen, die in dem Etatentwurf noch nicht berücksichtigt seien. Dabei denke sie insbesondere an weitere Investitionen in den Zivilschutz, in den Grenzschutz und in die innere Sicherheit sowie in den Integrationsbereich. Auch die deutsche Cyber-Sicherheitsarchitektur werde man weiter stärken: „Wir haben alle Schutzmaßnahmen gegen russische Attacken hochgefahren.“

Die Ministerin verwies mit Blick auf ihren Etatentwurf darauf, dass die innere Sicherheit mit zusätzlichen Mitteln und neuen Stellen gestärkt werde. Mit einem Gesamtvolumen von rund 15 Milliarden Euro weise der BMI-Etat ein Plus von 1,6 Milliarden Euro im Vergleich zum ursprünglichen Finanzplan auf und „1.660 Stellen mehr für Sicherheit, Integration und Zusammenhalt“.  Auch setze der Haushaltsentwurf wichtige Akzente im Bereich des Bevölkerungsschutzes und der Katastrophenhilfe. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) sei „mit dem Konjunkturpaket des Haushaltes 2021 mit zusätzlichen Sachmitteln in Höhe von fast 100 Millionen bereits erheblich gestärkt“ worden; zudem seien 50 Stellen hinzugekommen. Mit dem jetzt vorgeschlagenen Haushalt sattele man nochmals drauf. Insgesamt solle das BBK für 2022 nochmals 112 Stellen und 19,5 Millionen Euro mehr erhalten. Angesichts der aktuellen Lage freue sie sich auf die Überstützung der Abgeordneten, „in einem Ergänzungshaushalt da nochmal draufzusatteln“.

Größter Ausgabenposten ist Innere Sicherheit

Der BMI-Etat umfasst nach dem Haushaltsentwurf der Bundesregierung (20/1000, Einzelplan 06) ein Ausgabevolumen von 14,96 Milliarden Euro und damit 3,5 Milliarden Euro weniger als für 2021 veranschlagt. Der Rückgang ist vor allem darauf zurückzuführen, dass der Bereich „Bauwesen“, der in der vergangenen Wahlperiode zum Aufgabenspektrum des BMI gehörte, nun dem neuen Ministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen zugewiesen wurde.

Der größte Ausgabenposten im Regierungsentwurf für den Innen-Etat 2022 entfällt dem Ministerium zufolge mit rund 7,3 Milliarden Euro auf den Bereich der Inneren Sicherheit, gefolgt von den Ausgaben für Digitalisierung, IT und Cybersicherheit in Höhe von rund 2,9 Milliarden Euro. (sto/24.03.2022)

CDU/CSU fordert nationalen Flüchtlingsgipfel

Andrea Lindholz (CDU/CSU) begrüßte den vorgesehenen Etataufwuchs, der aber beim Bevölkerungsschutz bei weitem nicht ausreiche. Das BBK werde nach diesem Regierungsentwurf mit „mickrigen zehn Millionen Euro“ zusätzlich gefördert, was „viel zu wenig“ sei. Hier müsse dringend nachgebessert werden.

Lindholz warf der Ministerin zugleich mangelnde Führung bei der Aufnahme der Flüchtlinge aus der Ukraine vor. Nach wie vor kämen täglich bis zu zehntausende Frauen und Kinder nach Deutschland, und seit Wochen warnten Polizei und Helfer vor Pädophilen und Menschenhändlern, die dieses Chaos ausnutzen. Zwar gebe es endlich mehr Präsenz der Bundespolizei an den Bahnhöfen, aber noch immer keine Schutzzone und keine geordnete Aufnahme. Ebenso gebe es keine systematische Registrierung bei der Einreise, und man wisse nicht genau, wer ins Land komme. Auch funktioniere die Verteilung der Flüchtlingen im Land nicht reibungsfrei. Es brauche den nationalen Krisenstab und einen nationalen Flüchtlingsgipfel.

Grüne: Starkes BBK als zentrale Koordinierungsstelle

Jamila Schäfer (Bündnis 90/Die Grünen) sagte, neben besseren Strukturen für die Erstaufnahme und Versorgung gehe es jetzt darum, allen Ankommenden mit Integrationskursen und -angeboten zur Seite zu stehen. „Zu ihrer Ausfinanzierung werden wir bis in den Ergänzungshaushalt hinein das Notwendige tun“, unterstrich Schäfer. Zugleich begrüßte sie, dass „im Kontext von Putins Angriffskrieg jetzt endlich über den Zivilschutz“ gesprochen werde. Das sei längst überfällig, wie auch die Flutkatastrophe von Sommer 2021 gezeigt habe.

Die Katastrophenhilfe und der Zivilschutz sei in den zurückliegenden Jahren gefährlich vernachlässigt worden. Gebraucht werde ein starkes BBK als zentrale Koordinierungsstelle. „Also setzen wir die seit einem Jahr vorliegende Neuausrichtung des Bundesamtes für Bevölkerungshilfe und Katastrophenhilfe jetzt endlich in die Realität um“, fügte Schäfer hinzu.

FDP: Ampelkoalition packt offene Baustellen an

Dr. Thorsten Lieb (FDP) sagte, der Krieg in der Ukraine und die „offenen Aufgaben im Bereich Katastrophen- und Bevölkerungsschutz“  hätten schon jetzt enorme Auswirkungen auf den aktuellen Etat. „Erste Antworten“ seien schon drin, doch die Lage werde sich weiterentwickeln, und man könne heute nicht abschließend sagen, wohin die Reise führe. Viele Dinge seien zu lange liegen geblieben.

„16 Jahre unionsgeführtes Innenministerium haben mehr offene Baustellen und mehr Fragen hinterlassen als dass Aufgaben erledigt worden sind“, kritisierte Lieb. Dies packe die Ampelkoalition nun an. So seien die zusätzlichen Millionen Euro für das BBK „genau richtig investiert, damit wir dort endlich einen Sprung nach vorne kommen“.

Linke fordert mehr Unterstützung für Kommunen

Victor Perli (Die Linke) monierte, während täglich tausende Flüchtlinge nach Deutschland kämen, enthalte der Etatentwurf nicht einen einzigen zusätzlichen Euro, um die Kommunen bei der Betreuung der Geflüchteten zu unterstützen. Bei ihrer Unterbringung müssten Städte und Gemeinden in Vorleistung treten, obwohl der Bund eigentlich eine „Flüchtlingsrücklage“ habe, um Menschen in Not zu helfen. Auch müssten die Mittel für die Integrationskurse erhöht werden.

Notwendig sei zudem ein „Update“ beim Katastrophen- und Bevölkerungsschutz. Auch die Corona-Pandemie und die Hochwasserkatastrophe des vergangenen Jahres hätten gezeigt, dass es hier viel Verbesserungsbedarf gebe.

SPD: Neue Prioritätensetzung erforderlich

Martin Gerster (SPD) verwies darauf, dass der Innen-Etat einen neuen Rekord erreiche, wenn man den aus dem BMI ausgegliederten Baubereich herausrechne: „ein Zuwachs von 844 Millionen Euro“. Von den 1.660 zusätzliche Stellen profitiere vor allem die Bundespolizei. Für sie sehe der Etatentwurf rund 1.000 zusätzliche Stellen vor. Auch für das Technische Hilfswerk und das BBK seien im Regierungsentwurf mehr Mittel und mehr Personal vorgesehen.

Für die anstehenden Haushaltsberatungen stelle sich aber die Frage, „ob wir nicht noch mehr tun müssen, um den neuen Herausforderungen gerecht zu werden“. Der Regierungsentwurf sei vor dem Angriff auf die Ukraine erarbeitet worden, doch erforderten nun Cyberangriffe und Desinformationskampagnen sowie der Zivilschutz bei den Etatberatungen eine neue Prioritätensetzung. Vor allem die Flüchtlinge bräuchten „Schutz, Unterstützung und Integration“.

AfD kritisiert Grenzschutz als „völlig unzureichend“

Marcus Bühl (AfD) beklagte einen mangelhaften Katastrophenschutz sowie einen „völlig unzureichenden Grenzschutz“ und viel zu wenig neue Bundespolizisten. Die Bundespolizei müsse an den Grenzen „genau kontrollieren können, wer ein echter Flüchtling ist oder ein Trittbrettfahrer“. Das Leid der flüchtenden Ukrainer dürfe nicht als „Einfallstor einer unkontrollierten Einwanderung nach Deutschland missbraucht werden“.

Auch müssten jetzt angesichts der zeitweisen Unterbringung so vieler Frauen, Kinder und Familien alle ausreisepflichtigen und abgelehnten Asylbewerber der vergangenen Jahre abgeschoben werden. Während Polen vorbildlich Flüchtlinge registriere, scheitere die deutsche Regierungspolitik „schon wieder bei der konsequenten Bekämpfung illegaler Migration“.

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1 EPL 10 Ernährung und Landwirtschaft

„Ernährungs- und Agrarpolitik ist Sicherheitspolitik“, mit diesen eindringlichen Worten eröffnete Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) vor dem Hintergrund des Überfalls Russlands auf die Ukraine die Debatte über den Haushaltsentwurf seines Hauses. „Der Krieg wird Auswirkungen auf Deutschland haben“, sagte Özdemir am am Donnerstag, 24. März 2022, in der ersten Lesung des Einzelplans 10 des Bundesministeriums für Landwirtschaft und Ernährung (20/1000). In der Debatte zeigten die Redner aller Parteien, mit Ausnahme der AfD-Fraktion, die Notwendigkeit einer Reaktion auf die aktuelle Lage, aber auch am Festhalten einer stärkeren ökologischen Ausrichtung der Landwirtschaft.

Landwirtschaftliche Sozialpolitik ist größter Posten

Der Haushaltsentwurf für das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) sieht Mittel in Höhe von rund 7,1 Milliarden Euro vor. Damit soll der BMEL-Etat im Vergleich zum Vorjahr um rund 571 Millionen Euro schrumpfen, das Minus geht im Wesentlichen auf die nur für die Haushaltsjahre 2020 und 2021 bereitgestellten Zusatzmittel des Konjunkturprogramms „Corona-Folgen bekämpfen, Wohlstand sichern, Zukunft stärken“ zurück. Im Vor-Corona-Jahr 2019 lag der BMEL-Haushalt bei rund 6,3 Milliarden Euro.

Der wichtigste Posten bleibt auch 2022 die landwirtschaftliche Sozialpolitik, für die Ausgaben von insgesamt 3,95 Milliarden Euro vorgesehen sind (2021: 4,21 Milliarden Euro). Davon entfallen 2,37 Milliarden Euro (2021: 2,48 Milliarden Euro) auf die Alterssicherung der Landwirte. Ein weiterer wesentlicher Ausgabenblock ist die landwirtschaftliche Krankenversicherung mit 1,44 Milliarden Euro (2021: 1,51 Milliarden Euro). Außerdem werden Zuschüsse zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung in Höhe von 1,1 Milliarden Euro (2021: 1,8 Milliarden Euro) gewährt, um land- und forstwirtschaftliche Unternehmer zu entlasten.

Umbau der Tierhaltung

Für den Umbau der Tierhaltung plant die Bundesregierung in den nächsten vier Jahren Mittel in Höhe von einer Milliarde Euro im Bundeshaushalt ein. Diese sollen ab 2023 fließen und bis 2026 verteilt werden. Das Geld soll vor allem zur Förderung von Investitionen in Tierwohl-Ställe verwendet werden und ein erster Schritt für ein Paket zum Umbau der Tierhaltung sein.

Im Kapitel „Nachhaltigkeit, Forschung und Innovation“ ist nachzulesen, wie das Geld im Detail ausgegeben werden soll. Im Jahr 2022 umfassen die Mittel insgesamt 427 Millionen Euro (2021: 441,2 Millionen Euro). Davon sind 68 Millionen Euro (2021: 89,62 Millionen Euro) für das Förderprogramm Nachwachsende Rohstoffe veranschlagt. Gefördert werden können insbesondere Forschungs- und Entwicklungsprojekte. Weiterer wesentlicher Ausgabeschwerpunkt mit 58 Millionen Euro (2021: 53,3 Millionen Euro) ist das Programm zur Innovationsförderung im Bereich Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucher.

Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes

An der Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ beteiligt sich der Bund dem Entwurf zufolge mit 1,33 Milliarden Euro (2021: 1,16 Milliarden Euro).

Wie aus einer Anlage zum Einzelplan hervorgeht, sollen die Mittelzuweisungen des Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft 5,05 Milliarden Euro (2021: 5,15 Milliarden Euro) betragen. Dazu zählen auch die Brüsseler Direktzuweisungen an die Landwirte. (nki/vom/24.03.2022)

Minister: Landwirte unterstützen

Minister Özdemir betonte die Notwendigkeit, mehr Mittel für die Ernährungssicherheit bereitzustellen. Das Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung (BMEL) will die Mittel aus dem EU-Hilfspaket von 60 Millionen Euro für Deutschland auf 180 Millionen Euro aus dem nationalen Haushalt aufstocken und weitere Schritte prüfen, wie „Landwirte am besten unterstützt werden können“, sagte Özdemir.

Den Vorschlag der Europäischen Kommission, die Produktion auf ökologischen Vorrangflächen insgesamt sowie die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln zuzulassen, ist nach Auffassung des Ministers für „die Biodiversität eher kritisch zu sehen“ und erscheine als sehr weitgehender Ansatz.

CDU/CSU stellt zu hohe Importabhängigkeit fest

Der CDU/CSU-Fraktion gehen die Pläne der Bundesregierung nicht weit genug. „Die Lebensmittelsicherheit und die Energiesicherheit müssen im Zentrum der Landwirtschaftspolitik stehen“, forderte Steffen Bilger (CDU/CSU).

Der Krieg in der Ukraine und die Corona-Pandemie hätten gezeigt, dass Deutschland und Europa viel zu „importabhängig ist“, sagte er. Deshalb müssten wieder mehr Lebensmittel in Deutschland produziert werden, „nicht weniger, so wie es die Pläne des BMEL vorsehen“, so Bilger. Die von der EU vorgesehenen Programme „Farm-to-Fork“ und „New-Green-Deal“ sollten nach Ansicht Bilgers „komplett neu geplant“ werden.

Grüne fordern weniger Tieren in der Landwirtschaft

Das stößt bei der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen auf Widerstand. Dr. Sebastian Schäfer betonte die Notwendigkeit von weniger Tieren in der Landwirtschaft.

Für den Umbau der Ställe für mehr Tierwohl stehe ab 2023 eine Milliarde Euro im Haushalt, davon sollten die Landwirte Gebrauch machen und die Regierung bei Bedarf „die Zahlung von Fördermitteln ausweiten“.

SPD will mehr Entscheidungssicherheit für Landwirte

Auch Ester Dilcher (SPD) mahnte „mehr Entscheidungssicherheit“ für die Landwirte an, es könne nicht sein, dass immer mehr Höfe aufgegeben werden, weil „immer neue Investitionen kaum mehr zu stemmen sind“, sagte sie.

Der Etatentwurf würde „den Beruf Landwirt“ nur wenig attraktiv erscheinen lassen. Zwar gingen von den insgesamt 7,1 Milliarden Euro im Haushaltsentwurf vier Milliarden Euro an die Sozialversorgung der Landwirte, doch immer mehr Betriebe würden aufgeben.

FDP lehnt Flächenstilllegungen ab

Mehr Freiheiten für die Landwirte forderte Karlheinz Busen (FDP). In Frankreich gehe man „den richtigen Weg“, indem man sich von den Vorgaben wie der Flächenstilllegung verabschiedet habe. Auf diesen Flächen müssten nicht nur Futtermittel angebaut werden, sondern auch der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln erlaubt werden, so die Forderung.

„Ärmere Länder sind durch den Krieg in der Ukraine massiv von Hunger bedroht, eine Verknappung von Lebensmitteln können wir uns nicht leisten“, sagte Busen.

Linke kritisiert Kürzung der Mittel im ländlichen Raum

Die Fraktion Die Linke bemängelt nicht nur die Kürzungen bei den Sozialausgaben im Etat. „Im Januar hat Minister Özdemir eine flammende Rede zur Zukunft der Landwirte gehalten, leider sind nur 3,3 Milliarden Euro für die Gestaltung übriggeblieben“, sagte Ina Latendorf (Die Linke).

Sie kritisierte, dass „für Rüstungsprojekte 100 Milliarden Euro bereitgestellt werden, doch für die Ernährungssicherheit sind nicht mal zehn Prozent der Mittel eingeplant“. Auch die Kürzung der Mittel zur Verbesserung der Lebensbedingungen in ländlichen Räumen um 15 Millionen Euro seien „blanker Hohn“ im Angesicht der Debatte, gerade diese Regionen aufzuwerten.

AfD: Keine Zeitenwende im Agraretat

Der AfD-Fraktion geht das noch nicht weit genug. „Eine Zeitenwende, die von der Bundesregierung ausgerufen wurde, ist in dem Etatentwurf nicht zu finden“, stellte Peter Felser (AfD) fest.

Während EU-Länder wie Frankreich, Österreich und Polen Fördergelder für die Landwirte bereitstellten, „Frankreich hat den Landwirten ein Steuersenkungsprogramm in Höhe von 460 Millionen Euro für 2022 angekündigt“, sehe der Etat des Bundeslandwirtschaftsministers sogar eine Kürzung der Sozialausgaben für Landwirte in Höhe von 77 Millionen Euro vor.

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1 EPL 30 Bildung und Forschung

Den Kurs halten und Impulse für Neues setzen, so beschreibt Bildungs- und Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) die Strategie ihres Haushaltsentwurfs. Der Bundestag hat sich am Donnerstag, 24. März 2022, in erster Lesung des Einzelplans 30 mit dem Etatentwurf des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (20/1000) befasst.

Zu Beginn ihrer Rede ging die Ministerin auf den Krieg in der Ukraine ein. Alle seien gefordert, um das Leid der Menschen zu mindern und Russland zu isolieren. So habe Deutschland die wissenschaftliche Kooperation mit allen staatlichen Stellen in Russland eingestellt und arbeite gleichzeitig daran, dass Geflüchtete aus der Ukraine ihren Bildungsweg in Deutschland fortsetzen können.

Stark-Watzinger: Wir sind das Chancenministerium

Der Angriff auf die Ukraine habe die Regierungsarbeit verändert, doch die Bedeutung von Bildung und Forschung sei unverändert geblieben: „Jeder Euro in Bildung ist eine doppelte Investition – in jeden Einzelnen und in uns alle“. Bis 2025 sollen die Ausgaben des Bundes für Bildung und Forschung auf 3,5 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) gesteigert werden.

Mehr Tempo bei Forschung und Innovationen sowie Zukunftsinvestitionen hätten Priorität, so die Ministerin: „Das Innovationsland Deutschland darf nicht stillstehen, wenn es um die Zukunft geht“. Es müsse jetzt in Zukunftsfelder wie Künstliche Intelligenz, Quantentechnologien oder IT-Sicherheit investiert werden, um technologische Souveränität zu erlangen. Ein weiterer wichtiger Schritt für die Forschung sei die Gründung der Deutschen Agentur für Transfer und Innovation (DATI), für deren Start in diesem Jahr 15 Millionen Euro vorgesehen sind.

Bildungs- und Forschungsetat soll leicht schrumpfen

Im Einzelplan 30 des Bundeshaushalts 2022 (20/1000) sind Ausgaben von 20,3 Milliarden Euro vorgesehen, was gegenüber 2021 (20,82 Milliarden Euro) einen Rückgang um 2,5 Prozent bedeutet. Das Ministerium kann mit Einnahmen von 41,25 Millionen Euro kalkulieren (2021: 40,28 Millionen Euro).

Die Zuweisungen und Zuschüsse im Etat belaufen sich auf 18,59 Milliarden Euro (2021: 18,62 Milliarden Euro), die Investitionen auf 2,04 Milliarden Euro (2021: 2,42 Milliarden Euro).

Förderung der Aus- und Weiterbildung

Größter Posten im Bereich der Bildung sind die Ausgaben nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Dafür sind 2,33 Milliarden Euro vorgesehen gegenüber 2,19 Milliarden Euro im vergangenen Jahr. Für die berufliche Aufstiegsfortbildung soll es 786,18 Millionen Euro geben (2021: 536,58 Millionen Euro), für die berufliche Bildung 464,61 Millionen Euro (2021: 785,1 Millionen Euro), für die „Stärkung des Lernens im Lebenslauf“ 530,17 Millionen Euro (2021: 945,31 Millionen Euro) und für die Begabtenförderung 431,58 Millionen Euro (2021: 426,56 Millionen Euro).

Die Wettbewerbsfähigkeit des Wissenschafts- und Innovationssystems soll mit 7,63 Milliarden Euro verbessert werden (2021: 7,62 Milliarden Euro). Darin enthalten sind 1,88 Milliarden Euro (wie 2021) für die Stärkung von Studium und Lehre. Für die Exzellenzstrategie zur Förderung der Spitzenforschung an Universitäten sollen nach wie vor 400 Millionen Euro zur Verfügung stehen.

Förderung von Foschungseinrichtungen

Die Förderung der Großforschungseinrichtungen sieht vor, dass die Deutsche Forschungsgemeinschaft 1,98 Milliarden Euro erhält (2021: 1,93 Milliarden Euro), die Max-Planck-Gesellschaft 1,2 Milliarden Euro (2021: 1,17 Milliarden Euro), die Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung 832,62 Millionen Euro (2021:806,36 Millionen Euro) und die Zentren der Hermann-von-Helmholtz-Gemeinschaft sowie das Berliner Institut für Gesundheitsforschung 2,89 Milliarden Euro (2021: 2,8 Milliarden Euro) erhalten.

Für die Mitgliedseinrichtungen der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz sollen 635,48 Millionen Euro als Zuschüsse an die Länder gehen (2021: 615,53 Millionen Euro). Innovationen durch neue Technologien sollen mit 1,35 Milliarden Euro gefördert werden (881,68 Millionen Euro). (des/vom/24.03.2021)

Union: Werden Sie endlich konkret

Die Abgeordnete Nadine Schön (CDU/CSU) kritisierte in ihrer Rede die fehlende Strategie der Ministerin bei ihren Vorhaben. So geben es nach 100-Tagen im Amt weder ein Konzept für DATI noch liege das BAföG-Änderungsgesetz vor, welches laut Ankündigung der Ampel-Koalition zum Wintersemester in Kraft treten solle.

Ebenfalls kritisch äußerte sich Schön über die Budgetplanung des Bildungs- und Forschungsministeriums. So sinke das geplante Budget in diesem Jahr und Gelder für das Startchancen-Programm seien noch gar nicht im Haushaltsentwurf eingeplant. Noch zu Beginn der Legislaturperiode habe Stark-Watzinger selbst von großen Schritten im Bereich Bildung und Forschung gesprochen: „Sorgen Sie dafür, dass der Haushalt Ihres Hauses diesem Anspruch Rechnung trägt“, sagte Schön an die Ministerin gewandt.

SPD: Wegkommen von dem „Förderwirrwarr“

Dr. Wiebke Esdar (SPD) forderte in ihrer Rede, dass Mittel dort ankommen müssen, wo sie gebraucht werden. So betonte die Abgeordnete das Vorhaben der Ampel-Koalition, die Regelungen zum BAföG strukturell zu modernisieren. Laut Esdar solle dadurch auch ein Teilzeitstudium künftig gefördert werden können und die Altersgrenze für BAföG-Empfänger wegfallen.

Auch die Situation von Forschenden müsse sich verbessern. Die Förderung von wissenschaftlichem Nachwuchs und eine bessere Organisation von Fördermitteln seien hierfür wichtig. Um wegzukommen vom „Förderwirrwarr“ sprach sich Esdar dafür aus, die Förderungen der verschiedenen Ministerien in der DATI zu bündeln.

Grüne: Ein Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen

Von einem Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen sprach der Abgeordnete Bruno Hönel (Bündnis 90/Die Grünen). Für Investitionen in allen Bildungsbereichen solle der Bildungs- und Forschungsetat bis 2026 auf 21,1 Mrd. Euro anwachsen.

Verbesserungsbedarf sieht er im Bereich der Wissenschaftskommunikation, denn „Fake-News vergiften den politischen Diskurs“. Auch gingen noch immer zu viele den rechten Narrativen auf dem Leim. Es sei daher wichtig, dass Wissenschaft verstehbar sei: Wissenschaftskommunikation und Wissenschaftstransfer seinen daher ein „Must-Have“.

Linke: Bildungssystem chronisch unterfinanziert

Dr. Gesine Lötzsch (Die Linke) kritisierte, dass das deutsche Bildungssystem chronisch unterfinanziert sei. In keinem anderen vergleichbaren Land hänge der Bildungserfolg so stark vom Elternhaus ab wie in Deutschland. Dies müsse sich dringend ändern.

Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine machte Lötzsch deutlich, dass ihre Fraktion den Krieg von Putin und seiner russischen Armee als Verbrechen ansehe und forderte einen sofortigen Waffenstillstand. Für die zukünftige Zusammenarbeit mit einem Russland ohne Putin sei es jedoch wichtig, einige Kooperationen mit russischen Wissenschaftlern weiter zu pflegen.

FDP: Zeit für einen Neustart

Der Abgeordnete Christoph Meyer (FDP) lobte die Kompetenz der Bildungs- und Forschungsministerin und begrüßte, dass die Koalition einen Fokus auf Bildungs- und Forschungspolitik gelegt habe.

Der Haushaltsentwurf schaffe bessere Grundlagen für Spitzenforschung und ermögliche die technologische Souveränität Deutschlands.

AfD: Investitionsstau bei Schulgebäuden

Für die AfD-Fraktion kritisierte der Abgeordnete Marcus Bühl den Zustand vieler Schulgebäude in Deutschland. Es habe sich ein milliardenschwerer Investitionsstau „bei der Modernisierung und Instandhaltung von Schulgebäuden“ aufgestaut.

In dieser Legislaturperiode möchte sich die AfD laut Bühl außerdem für die Förderung der beruflichen Bildung einsetzen, die aus Sicht der Fraktion zu kurz komme.

 

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25. März 2022 (25. Sitzung)

1 EPL 9 Arbeit und Soziales

Kaum wurde der Schatten der Corona-Pandemie über dem Haushalt für Arbeit und Soziales etwas kleiner, da zieht mit dem Ukraine-Krieg ein neuer Schatten über dem Sozialetat, dem größten Einzelposten des Bundeshaushalts, auf. Dass man darauf nicht unvorbereitet sein dürfe, machten alle Abgeordneten in der Debatte über den Haushaltsplan des Bundesarbeitsministeriums am Freitag, 25. März 2022, deutlich. Der Etat des Ministeriums muss in diesem Jahr mit einem leichten Rückgang von 2,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auskommen. Laut Haushaltsentwurf 2022 (20/1000) kann Bundesarbeits- und Sozialminister Hubertus Heil (SPD) 160,12 Milliarden Euro (2021: 164,92 Milliarden Euro) ausgeben.

116 Milliarden Euro für die Rente

Die größten Ausgabenposten sind Kosten für die Rentenversicherung und die Zuschüsse des Bundes für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung: Dafür sieht der Entwurf insgesamt 116,15 Milliarden Euro (2021: 114,67 Milliarden Euro) vor. Diese Summe setzt sich zusammen aus den Leistungen an die Rentenversicherung von 107,67 Milliarden Euro (2021: 106,23 Milliarden Euro). Für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gibt der Bund 8,35 Milliarden Euro (2021: 8,3 Milliarden Euro) aus.

Ebenfalls ein Schwergewicht im Haushaltsplan sind die Kosten für arbeitsmarktpolitische Leistungen und Programme: Dafür plant der Bund einschließlich eines Darlehens an die Bundesagentur für Arbeit – zusätzlich zu den Mitteln der Bundesagentur für Arbeit – 42 Milliarden Euro ein und damit deutlich weniger als 2021 (48,8 Milliarden Euro). 40,61 Milliarden Euro (2021: 45,03 Milliarden Euro) entfallen auf die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Dazu gehören wiederum Leistungen in Höhe von 20,99 Milliarden Euro (2021: 23,7 Milliarden Euro) für das Arbeitslosengeld II. Für die Beteiligung des Bundes an den Leistungen für Unterkunft und Heizung sind 9,7 Milliarden Euro und damit deutlich weniger als im Vorjahr eingeplant (2021: 11,2 Milliarden Euro).

Minister: Diese Krise darf den Sozialstaat nicht schwächen

Bundesminister Heil bezeichnete es als seine wichtigste Aufgabe, in diesen Krisenzeiten dafür zu sorgen, dass ein sozialer Ausgleich sichergestellt wird. „Wir werden unsere Werte nicht aufgeben. Gerade jetzt geht es darum, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken, gerade jetzt geht es darum, dass sich alle auf soziale Sicherheit verlassen können“, sagte Heil.

Stabilität durch sichere Arbeitsplätze, Abfederung der durch den Krieg entstehenden Folgen, Solidarität mit den Geflüchteten seien die Gebote der Stunde. „Diese Krise darf nicht missbraucht werden, um den Sozialstaat zu schwächen. Wir dürfen nicht Rente gegen Rüstung gegeneinander ausspielen“, warnte der Minister.

Union: Kurzarbeitergeld allein löst nicht die Probleme

Stephan Stracke (CDU/CSU) verwies auf die Herausforderungen, die mit der Ankunft tausender ukrainischer Flüchtlinge verbunden sind. Die Menschen bräuchten eine schnelle Integration in Kita und Schule, aber auch, wenn möglich, in den Arbeitsmarkt.

Stracke betonte die wirtschaftlichen Folgen des Krieges, die sich schon jetzt in vielen Firmen bemerkbar machten. Das Kurzarbeitergeld allein werde nicht ausreichen, die Probleme zu lösen, gerade für energieintensive Betriebe brauche es weitergehende Lösungen als die von der Koalition geplanten Entlastungen.

Grüne: Am Ende muss man Kompromisse finden

Andreas Audretsch (Bündnis 90/Die Grünen) verwies auf die Zuschläge in der Grundsicherung und die Energiekostenpauschale im Entlastungspaket der Bundesregierung. „Das ist das, was wir jetzt brauchen“, auch wenn er sich mehr Entlastung in der Grundsicherung gewünscht und die Spritpreisbremse so nicht umgesetzt hätte, betonte er.

„Aber es geht hier um was anderes. In einer solchen Krise kommt es darauf an, dass man am Ende Kompromisse findet. Zudem schaffen wir damit den Einstieg in ein Energiegeld“, sagte Audretsch.

FDP: Mit weniger Mitteln zu besseren Ergebnissen

Claudia Raffelhüschen (FDP) betonte: „Kein Einzelplan ist so relevant für fiskalische Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit wie dieser.“ Sie verwies auf die „höchste Steuerquote am Bruttoinlandsprodukt in unserer Geschichte“ und darauf, dass der Bund nun dennoch gezwungen sei, neue Schulden aufzunehmen.

„Dabei darf es auf Dauer nicht bleiben“, warnte sie und appellierte daran, an einer nachhaltigen Haushaltsplanung zu arbeiten, die „mit weniger Mitteln bessere Ergebnisse“ erziele.

Linke: Nicht streichen, sondern vorsorgen

Dr. Gesine Lötzsch (Die Linke) nannte es angesichts der aktuellen Krisenlage „falsch“, die Ausgaben für Arbeit und Soziales zu kürzen. Der Rüstungsetat werde erhöht, was aber nichts mit dem Krieg zu tun habe, sondern „lange vorbereitet“ gewesen sei.

„Die Bundesregierung geht mit diesem Haushaltsentwurf von sinkenden Arbeitslosenzahlen aus. Aber in Anbetracht einer globalen Wirtschaftskrise und von Kriegen ist das mehr als fraglich. Hier muss also vorgesorgt und nicht gestrichen werden“, sagte Lötzsch.

SPD: Keine Bundesagentur der Schulden

Kathrin Michel (SPD) sagte: „Es muss unser Anspruch sein, alle mitzunehmen, es ist Zeit für eine fraktionsübergreifende Zusammenarbeit.“ Es sei existenziell, mit dem Kurzarbeitergeld weiter eine Möglichkeit zu haben, auf die nach Corona nun neue Krise durch den Ukraine-Krieg reagieren zu können und die Risiken für Arbeitnehmer abfedern zu können. „Wir finanzieren Arbeit statt Arbeitslosigkeit“, sagte sie. Dafür brauche auch die Bundesagentur für Arbeit die finanziellen Mittel und dürfe keine Agentur der Schulden werden.

AfD: Der Bedarf in der Grundsicherung wird steigen

Ulrike Schielke-Ziesing (AfD) kritisierte die Kürzungen im Haushaltsplan, vor allem bei den Kosten der Grundsicherung: „Was verleitet Sie zu der Annahme, dass wir dort weniger Kosten haben werden? Der Bedarf wird steigen, denn die Rezession durch den Krieg wird kommen. Das sehen wir doch schon nach vier Wochen Krieg.“

Außerdem bezeichnete sie die „Rentenpolitik nach Kassenlage“ als „Fahren auf Sicht“. So spare die Bundesregierung immer noch nicht für kommende Kosten wie die Rentenlücke ab 2025, kritisierte die Abgeordnete.(che/25.03.2022)

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1 EPL 17 Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Bündnis 90/Die Grünen) hat angesichts des Krieges in der Ukraine und Hunderttausenden Flüchtlingen angekündigt, Kinder und Jugendliche aus ukrainischen Waisenhäusern und Kinderheimen in Deutschland aufzunehmen. In der Plenardebatte am Freitag, 25. März 2022, über den Einzelplan 17 des Entwurfs für den Bundeshaushalt 2022 für das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (20/1000) bekräftigte sie das Vorhaben der Bundesregierung, eine bundesweite Anlaufstelle für ukrainische Waisenkinder und ihre Betreuer einzurichten.

„Koordinierung für evakuierte Waisenhäuser übernehmen“

„Wir stehen bereit, die Koordinierung für die evakuierten Waisenhäuser zu übernehmen“, sagte Spiegel bei der Einbringung des Etatentwurfs im Bundestag. Es sei wichtig, für die elternlosen Kinder „so viel Geborgenheit und Stabilität wie möglich“ zu schaffen. Dazu gehöre, dass sie zusammenblieben und nicht von ihren Betreuern getrennt würden, erklärte die Ministerin. Das Konzept für die Stelle liege vor.

Ziel der Bundesregierung sei es darüber hinaus, den geflüchteten Familien in Deutschland „schnell und unbürokratisch“ zu helfen und Zugang zu Sprachkursen und psychosozialer Betreuung zu ermöglichen.

Rund 7,7 Milliarden fließen ins Elterngeld

Der Etatentwurf, den die Ampelkoalition einbringe, stehe für „Hilfe, Förderung und Unterstützung aller Kinder und ihrer Familien“ in Deutschland. Für das Elterngeld, die „bekannteste und beliebteste Familienleistung“ stünden rund 7,7 Milliarden Euro bereit. Spiegel stellte zudem weitere Entlastungen in Aussicht: Mit dem Kindersofortzuschlag in Höhe von 20 Euro pro Monat sei geplant, ab 1. Juli 2022 von Armut betroffene Kinder und Jugendliche zu unterstützen. Auch Kinder aus der Ukraine sollten diesen Zuschlag erhalten, betonte die Ministerin. Für den Aufbau einer eigenen Kindergrundsicherung sei eine interministerielle Arbeitsgruppe eingesetzt worden.

Auch von den Entlastungspaketen, die die Bundesregierung geschnürt habe, würden Familien profitieren: „Der Einmalbonus pro Kind und weitere 100 Euro speziell für die Bezieher von Sozialleistungen sind ein wichtiges Plus im Geldbeutel der Familien“, sagte Spiegel.

Elterngeld größter Posten im Familienetat

Der Einzelplan 17 des Bundeshaushalts 2022 (20/1000) sieht Ausgaben von 12,6 Milliarden Euro vor gegenüber 13,2 Milliarden Euro im vergangenen Jahr. Familienministerin Spiegel kann mit Einnahmen von 199 Millionen Euro rechnen (wie 2021). Mit 12,34 Milliarden Euro bilden die Zuweisungen und Zuschüsse das Gros des Etatentwurfs (2021: 11,99 Milliarden Euro).

Für gesetzliche Leistungen für Familien sind 10,76 Milliarden Euro eingeplant (2021: 10,48 Milliarden Euro). Größter Einzelposten ist das Elterngeld, das mit 7,73 Milliarden Euro zu Buche schlägt (2021: 7,49 Milliarden Euro). Auf das Kindergeld und den Kinderzuschlag entfallen 1,7 Milliarden Euro (2021: 1,68 Milliarden Euro). Für Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz sind 1,02 Milliarden Euro eingeplant nach einer Milliarde Euro im vergangenen Jahr.

Stärkung von Vielfalt, Toleranz und Demokratie

Eingespart werden soll bei der Kinder- und Jugendpolitik, für die noch 984,27 Millionen Euro bereitstehen (2021: 1,9 Milliarden Euro). Aufgestockt werden sollen allerdings die Ausgaben zur Stärkung von Vielfalt, Toleranz und Demokratie, und zwar von 150,5 Millionen Euro auf 183,5 Millionen Euro. Die Zuschüsse und Leistungen für laufende Zwecke an Länder, Träger und Aufgaben der freien Jugendhilfe summieren sich auf 267,88 Millionen Euro (2021: 234,53 Millionen Euro).

567,59 Millionen Euro soll die Ministerin für die Stärkung der Zivilgesellschaft, für Familien-, Gleichstellungs- und Seniorenpolitik ausgeben können (2021: 534,82 Millionen Euro). Davon entfallen 356,1 Millionen Euro auf die Stärkung der Zivilgesellschaft (2021: 363,76 Millionen Euro) und 207,2 Millionen Euro auf den Bundesfreiwilligendienst (wie 2021). (sas/vom/25.03.2021)

Union kritisiert sinkende Ausgaben

Silvia Breher, familienpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion, ging die Ministerin jedoch frontal an: Der Haushaltsentwurf sei insgesamt ein „Vertrag zu Lasten der Kinder“, „da müsste doch zumindest mehr für sie drin sein“, monierte sie. Doch stattdessen sehe der Etatentwurf reduzierte Ausgaben vor: „Erstmals sinkt der Etat auf 12,6 Milliarden Euro“ – und das trotz Corona-Pandemie und Flüchtlingskrise.

Breher warf Spiegel vor, Worten keine Taten folgen zu lassen. Ob Elterngeld-Reform oder Kindergrundsicherung, solche Vorhaben seien im Haushalt noch gar nicht hinterlegt.  Auch finde man dort keine eingeplanten Ausgaben für den Kita-Ausbau und die Weiterentwicklung des Gute-Kita-Gesetzes.

Grüne für Sofortprogramm für Kita- und Ganztagsausbau

Den Vorwürfen, die Ampel bleibe beim Kita- und Ganztagsausbau stehen, trat Bruno Hönel (Bündnis 90/Die Grünen) sofort entgegen: Angesichts der vielen Kinder und Familien aus der Ukraine, setze sich seine Fraktion dafür ein, ein Sofortprogramm in den Ergänzungshaushalt aufzunehmen.

Der vorliegende Etatentwurf in Höhe von rund 12,6 Milliarden Euro sei außerdem im Vergleich zum ersten Entwurf der Vorgängerregierung um 147 Millionen Euro höher, stellte er klar.

Linke für schnelle Umsetzung der Kindergrundsicherung

Hart ins Gericht mit dem vorgelegten Haushalt ging auch Dr. Gesine Lötzsch: Die haushaltspolitische Sprecherin der Linksfraktion nannte es „diskriminierend und beschämend“, dass jedes fünfte Kind in Deutschland von Armut bedroht sei und mahnte bezüglich der geplanten Kindergrundsicherung zur Eile. Wenn es möglich sei, „quasi über Nacht“ ein Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden für die Bundeswehr zu beschließen, dann müsse es doch möglich sein die Kindergrundsicherung innerhalb eines Jahres auf den Weg zu bringen.

Zu knapp bemessen sei auch der Kindersofortzuschlag mit 20 Euro. Im Kampf gegen Kinderarmut müsse die Ampel dringend noch zulegen, forderte die Linken-Abgeordnete.

FDP lobt Corona-Aufholprogramm mit besserer Ausstattung

Den Haushaltsentwurf verteidigte hingegen die FDP-Haushaltspolitikerin Claudia Raffelhüschen: Der Einzelplan 17 stelle die ins Zentrum, die in den zwei Jahren Pandemie besonders gelitten hätten – die Kinder und Jugendlichen.

Um zusätzliche 273 Millionen Euro stocke die Ampelkoalition so zum Beispiel das ursprünglich mit zwei Milliarden ausgestattete Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona“ auf, welches Kinder unter anderem dabei unterstütze, Lernrückstände aufzuholen.

SPD: Rekordsumme für Demokratieförderung

Die SPD-Abgeordnete Elisabeth Kaiser betonte zudem die erhöhten Ausgaben für die Demokratieförderung: Mit einer „Rekordsumme von 183 Millionen Euro“ stärke die Regierung all denen den Rücken, die für „die Demokratie Gesicht und Mut“ zeigten. 165,5 Millionen Euro seien allein für das Programm „Demokratie leben“ eingestellt.

Ihre Fraktionskollegin Josephine Ortleb (SPD) hob zudem die Maßnahmen zur Förderung von Gleichstellung hervor, merkte aber an, dass sie sich von den kommenden Haushaltsberatungen eine noch bessere finanzielle Ausstattung der Antidiskriminierungsstelle und der Bundestiftung Gleichstellung sowie mehr Unterstützung für Frauenverbände erhoffe.

AfD: Ministerin ignoriert „demografische Katastrophe“

Martin Reichardt (AfD) attackierte die Ministerin heftig: Ihre „feministische“ Politik sei fehlgeleitet, Spiegel selbst „egoistisch“. Das zeige ihr Verhalten während der Flutkatastrophe: Statt sich um die bedrohten Menschen zu kümmern, sei die Grüne vor allem um ihr Image besorgt gewesen, erneuerte der AfD-Abgeordnete bekannte Vorwürfe seiner Fraktion.

Ähnlich verhalte es sich mit ihrer Familienpolitik: Die eigentliche „demografische Katastrophe“ ignoriere die Ministerin, behauptete Reichardt. „Der Bestandsverlust von 25 Prozent pro Generation“ bedrohe die Sozialsysteme, dennoch würden die familienpolitischen Leistungen wie das Elterngeld nicht angepasst.

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1 EPL 17 Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Zum Abschluss der ersten Lesung des Bundeshaushalts 2022 (20/1000) und des Finanzplans für die Jahre 2021 bis 2025 (19/31501) hat der Bundestag am Freitag, 25. März 2022, in einer Schlussrunde zwei Stunden lang Bilanz der viertägigen Beratungen gezogen. Im Anschluss wurden beide Vorlagen zur federführenden Beratung in den Haushaltsausschuss überwiesen. Die abschließende Beratung des Haushalts im Plenum soll in der Sitzungswoche vom 31. Mai bis 3. Juni stattfinden.

Minister: Bundeswehr wurde über viele Jahre vernachlässigt

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sah das anders. Das Sondervermögen sei nötig geworden, weil die Bundeswehr über viele Jahre vernachlässigt worden sei. Von einem Schattenhaushalt könne zudem keine Rede sein. „Ein Sondervermögen, dass im Grundgesetz steht, steht nicht im Schatten“, so Lindner. Noch mehr Öffentlichkeit als eine Absicherung im Grundgesetz sei schier nicht vorstellbar.
Der Finanzminister kritisierte zudem die Union. Es gehe nicht, auf der einen Seite Verschuldung zu kritisieren und auf der anderen Seite nach immer Mehr zu rufen.

Weiterberatung im Haushaltsausschuss

Der Haushaltsausschuss unter Vorsitz von Helge Braun (CDU/CSU) wird das Haushaltsgesetz mit seinen Anlagen, den Einzelplänen, sowie den Finanzplan in den kommenden Sitzungswochen beraten und gegebenenfalls Änderungen am Regierungsentwurf beschließen. Dabei wird er auch die Fachausschüsse des Bundestages gutachtlich zu Rate ziehen.

Die letzten Entscheidungen werden voraussichtlich am Donnerstag, 19. Mai, in der sogenannten „Bereinigungssitzung“ im Haushaltsausschuss getroffen. Diese Sitzung dauert häufig bis in die frühen Morgenstunden. Die viertägige zweite Beratung des Haushalts im Plenum soll in der Sitzungswoche vom 31. Mai bis 3. Juni stattfinden.

Die Fraktionen haben die Möglichkeit, während der zweiten Beratung ihre Änderungsanträge zum Haushaltsgesetz insgesamt oder zu den Einzelplänen einzubringen, über die direkt im Anschluss an die jeweilige Debatte abgestimmt wird. Die dritte Lesung und Verabschiedung des Haushalts ist für Freitag, 3. Juni, vorgesehen. In diesem Zusammenhang wird dann auch über Entschließungsanträge der Fraktionen abgestimmt.

Ausgaben von 457,6 Milliarden Euro vorgesehen

Der Entwurf des Haushaltsgesetzes 2022 sieht Ausgaben von 457,6 Milliarden Euro vor. Das sind 115,1 Milliarden Euro weniger als im Haushalt für 2021 einschließlich seiner beiden Nachtragshaushalte eingestellt waren. Der Anteil der Investitionen liegt bei 50,8 Milliarden Euro, das sind 8,5 Milliarden Euro weniger als 2021.

Es werden Steuereinnahmen von 332,5 Milliarden Euro erwartet, 48,5 Milliarden Euro mehr als im vergangenen Jahr. Deutlich zurückgeführt werden soll die Nettokreditaufnahme, und zwar von 240,2 Milliarden Euro 2021 auf nun 99,7 Milliarden Euro.

Sondervermögen „Bundeswehr“ und Ergänzungshaushalt

Zugleich soll aber ein Sondervermögen „Bundeswehr“ geschaffen und mit einer Kreditermächtigung in Höhe von 100 Milliarden Euro ausgestattet werden, um in den kommenden Jahren die Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit zu stärken. Zusammen mit dem Aufwuchs im regulären Verteidigungsetat sollen damit die Verteidigungsausgaben ansteigen, ohne dass das Ziel verfehlt wird, die reguläre Kreditobergrenze nach der Schuldenregel des Grundgesetzes („Schuldenbremse“) ab dem Jahr 2023 wieder einzuhalten.

Darüber hinaus plant die Bundesregierung derzeit ein zusätzliches Programm, um vor allem die finanziellen Auswirkungen der gestiegenen Energiekosten aufgrund des Angriffs Russlands auf die Ukraine abzufedern und ihre humanitären Anstrengungen in dessen Folge zu verstärken. Sie hat dazu einen Ergänzungshaushalt angekündigt, der zusammen mit dem Haushaltsgesetz 2022 beraten werden soll.

Bundespräsident, Bundestag, Bundesrat

Mit dem Haushaltsgesetz überwiesen werden ohne Debatte auch die Einzelpläne 01 (Bundespräsident und Bundespräsidialamt), 02 (Deutscher Bundestag) und 03 (Bundesrat). Beim Bundespräsidialamt sind Ausgaben von 44,89 Millionen Euro vorgesehen (2021: 44,65 Millionen Euro), beim Bundestag von 1,1 Milliarden Euro (2021: 1,06 Milliarden Euro) und beim Bundesrat von 35,29 Millionen Euro (2021: 41,19 Millionen Euro).

Die Einnahmen belaufen sich beim Bundespräsidialamt wie 2021 auf 190.000 Euro, beim Bundestag auf 1,82 Millionen Euro (2021: 1,78 Millionen Euro) und beim Bundesrat auf 20.000 Euro (2021: 90.000 Euro).

Verfassungsgericht, Datenschutzbeauftragter, Kontrollrat

Ebenfalls überwiesen werden die Etatentwürfe des Bundesverfassungsgerichts, des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit und des Unabhängigen Kontrollrats. Das Bundesverfassungsgericht (Einzelplan 19) soll 2022 35,91 Millionen Euro ausgeben können (2021: 37,17 Millionen Euro). Die Einnahmen sollen wie 2021 40.000 Euro betragen.

Dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (Einzelplan 21) sollen 43,24 Millionen Euro zur Verfügung stehen (2021: 31,54 Millionen Euro), wobei sich die Einnahmen wie 2021 auf 90.000 Euro belaufen sollen.

Der Unabhängige Kontrollrat (Einzelplan 22), der die Fernmeldeaufklärung des Bundesnachrichtendienstes kontrolliert, soll 12,38 Millionen Euro (2021: 4,69 Millionen Euro) erhalten, Einnahmen sind nicht eingeplant. (hau/vom/25.03.2022)

FDP: Die Koalition hat sich schlagkräftig formiert

Otto Fricke (FDP) sagte zu Beginn der Debatte, die Koalition habe es geschafft, sich innerhalb eines halben Jahres schlagkräftig zu formieren. Beim Haushalt erkenne sie die Realitäten an und reagiere gleichzeitig auf das, „was an neuen Dingen auf uns zukommt.“ Er sei stolz darauf, dies geschafft zu haben, „auch wenn jetzt erst die Arbeit im Ausschuss beginnt“.

Mit Blick auf die Unionsfraktion, als „einzig ernst zu nehmende Opposition“, kritisierte er deren „immer mehr“ Haltung. Es gelte sich stattdessen darauf zu konzentrieren, was in einer sozialen Marktwirtschaft wirklich notwendig sei. Einen zweiten „Unions-Ergänzungs-Haushalt“, neben dem notwendigen Ergänzungs-Haushalt aufgrund der Ukrainekrise, werde es aber nicht geben, machte Fricke deutlich.

CDU/CSU fordert generationengerechte Haushaltspolitik

Aus Sicht von Yannick Bury (CDU/CSU) gilt es die Frage zu beantworten, „ob und wie wir die Freiheit und Sicherheit in Europa dauerhaft sichern können, und zwar nicht nur für unsere Generation und nicht nur für die nächsten vier Jahre“.

Gleichzeit gebe es die Herausforderung, Freiheit und Sicherheit zu sichern, ohne heute so viele Schulden aufzutürmen, dass der nächsten Generation alle Handlungsmöglichkeiten genommen werden, um selber auf kommende Herausforderungen reagieren zu können. Das zusammenzubringen sei generationengerechte Haushaltspolitik, sagte Bury. „Auf diese Herausforderungen geben Ihr Haushaltsentwurf und Ihre Finanzplanungen bisher noch keine überzeugenden Antworten“, sagte der Unionsabgeordnete an Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) gewandt.

SPD wirbt für zweites Entlastungspaket

Kevin Kühnert (SPD) wies die Kritik zurück. Die Union habe dem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr nicht nur zugestimmt, sondern wolle noch zusätzliche 25 Milliarden im Einzelplan 14 (Bundesministerium der Verteidigung) oben draufpacken. Noch im ersten Regierungsentwurf aus der Regierungszeit der Union sei eine Nettoneuverschuldung von 99,7 Milliarden Euro vorgesehen gewesen, wovon CDU und CSU heute nichts mehr wissen wollten, sagte Kühnert.

Die Koalition hingegen habe ein zweites Entlastungspaket im Umfang von gut 20 Milliarden Euro „für den ländlichen Raum und für Großstädterinnen und Großstädter“ auf den Weg gebracht. Vieles was darin enthalten sei, habe auch die Union gefordert, sagte der SPD-Abgeordnete und verwies unter anderem auf die Abschaffung der EEG-Umlage zum 1.Juli 2022.

Grüne: Koalition stellt sich den aktuellen Krisen

„Diese Koalition ist handlungsfähig und stellt sich den aktuellen Krisen“, befand Sven-Christian Kindler (Bündnis 90/Die Grünen). Nach der Corona-Pandemie und der Klimakrise gebe es jetzt eine neue schrecklich Krise mitten in Europa. Ihn wundere die Kritik der Union am Haushalt, so Kindler. Es sei doch völlig klar, „dass wir auf diesen russischen Angriffskrieg im weiteren Verfahren reagieren müssen“.

Daher sei es richtig, dass die Bundesregierung noch einen Ergänzungsetat vorlegen werde. Es könne schließlich heute noch niemand konkret wissen, was künftig finanziert werden müsse. „Wir werden entschlossen handeln und das Notwendige konkret finanzieren“, kündigte der Grünenabgeordnete an. Nach dem ersten Entlastungspaket folge nun ein zweites. Darin werde Klimaschutz mit sozialer Gerechtigkeit verbunden, statt beides gegeneinander auszuspielen.

Linke: Hochrüstung der Bundeswehr hilft den Menschen nicht

Janine Wissler (Die Linke) kritisierte das geplante Sondervermögen für die Bundeswehr. „Eine massive Hochrüstung der Bundeswehr hilft den Menschen in der Ukraine nicht“, sagte sie. Ein neues Wettrüsten mache die Welt nicht sicherer – „ganz im Gegenteil“. Im Übrigen stimme auch das viel beschworene Bild von der kaputtgesparten Bundeswehr nicht, befand Wissler.

Der Verteidigungshaushalt sei seit 2014 um 40 Prozent gestiegen. Das Geld versickere aber durch dubiose Beraterverträge und ein Beschaffungswesen, „bei dem die Rüstungsindustrie die Preise selbst festlegt“. Das Problem werde nicht dadurch gelöst, dass in dieses „schwarze Loch“ noch mehr Geld gesteckt wird, sagte die Linken-Abgeordnete.

AfD kritisiert Methode der Nebenhaushalte

Für Peter Boehringer (AfD) schwebte das neue „Lauterbach-Diktum, wonach wir immer im Ausnahmezustand sein werden“, über der gesamten Haushaltswoche. Mehr als zehn Milliarden Euro würden für Corona-Tests ausgegeben „und noch mehr für MRNA-Impfungen, die Masseninfektionen in keinerlei Weise verringern“.

Der Bundestag werde zudem über Nebenhaushalte immer weiter entmachtet, beklagte der AfD-Abgeordnete. „Das Sondervermögen Bundeswehr wird technisch betrachtet womöglich die Blaupause für Milliardenpositionen, die künftig neben der Schuldenbremse stehen“, sagte er.

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TOP 2 Füllstandsvorgaben für Gasspeicheranlagen

Der Bundestag hat am Freitag, 25. März 2022, den Gesetzentwurf von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes zur Einführung von Füllstandsvorgaben für Gasspeicheranlagen in einer vom Ausschuss für Energie geänderten Fassung angenommen (20/1024). Die AfD-Fraktion enthielt sich bei der Abstimmung, zu der der Ausschuss für Klimaschutz und Energie eine Beschlussempfehlung vorgelegt hat (20/1144). Gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt wurde hingegen ein Entschließungsantrag von der AfD-Fraktion zu dem Gesetzentwurf (20/1145). Darin forderten die Abgeordneten die Bundesregierung unter anderem auf, darauf hinzuwirken, dass die Einnahmen aus jedweder CO2-Bepreisung ersatzlos entfallen und dass übergangsweise formal diese Bepreisung dauerhaft auf null Euro je Tonne festgesetzt wird.

Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen

Das Gesetz soll die Sicherheit der Gasversorgung in Deutschland gewährleisten. Es zielt darauf ab, unter Beachtung der aktuellen Lieferstrukturen und Lieferbeeinträchtigungen eine Unterversorgung zu vermeiden.

Demnach haben die Nutzer von Gasspeicheranlagen die von ihnen gebuchten Speicherkapazitäten zu befüllen, andernfalls werden sie ihnen entzogen und dem Marktgebietsverantwortlichen zur Verfügung gestellt. Marktgebietsverantwortlicher ist die von den Fernleitungsnetzbetreibern beauftragte natürliche oder juristische Person, die in einem Marktgebiet den Gasnetzzugang effizient abwickelt.

Füllstände zu bestimmten Stichtagen

Die Füllstände sollen am 1. August 65 Prozent, am 1. Oktober 80 Prozent, am 1. Dezember 90 Prozent und am 1. Februar 40 Prozent betragen. Der Marktgebietsverantwortliche lässt die Speicher entweder von Marktakteuren im Wege einer Sonderausschreibung befüllen oder kauft selber Gas ein. Der Bereitstellungsmechanismus soll dazu führen, dass zum einen eine Hortung von Speicherkapazitäten vermieden wird und zum anderen ein Anreiz gesetzt wird, die gebuchten Speicherkapazitäten zu befüllen.

Die Kosten, die dem Marktgebietsverantwortlichen zur Sicherung der Versorgung entstehen, sollen über eine bei den sogenannten Bilanzkreisverantwortlichen, zum Beispiel Energieversorgungsunternehmen, erhobene Umlage finanziert werden.

Niedrigste Füllstände seit 15 Jahren

Im Winter 2021/22 stellte sich eine bislang einmalige Situation ein, heißt es in dem Gesetzentwurf: Die Gasspeicher in Deutschland wiesen die niedrigsten Füllstände der vergangenen 15 Jahre auf, was in der Folge zu starken Preissteigerungen am Spotmarkt für Gas führte.

Aufgrund der Neuregelungen entstehen für die Bundesnetzagentur jährliche Kosten in Höhe von insgesamt 1.15 Millionen Euro. Davon entfallen auf die Personalkosten für die Wahrnehmung der Fachaufgaben insgesamt 716.000 Euro, Sacheinzelkosten in Höhe von 179.000 Euro sowie Gemeinkosten in Höhe von 251.000 Euro.

Ausschuss ändert Gasspeicher-Gesetzentwurf

Der Ausschuss für Klimaschutz und Energie hat am Mittwoch, 23. März 2022, den von den Koalitionsfraktionen eingebrachten Entwurf in geänderter Fassung beschlossen. Zu der Sondersitzung des Ausschusses hatten SPD, Grüne und FDP einen Änderungsantrag eingebracht, der mit Stimmen der Koalition und Linken angenommen wurde. Die AfD stimmte dagegen, die Union enthielt sich. Dem geänderten Gesetzentwurf stimmten die Koalitionsfraktionen und die der Linken zu, AfD und Union enthielten sich.

In einem 1. Artikel des Änderungsantrages, der sich auf die Gasspeicherung bezieht, betreffen die Änderungen den Ermessensspielraum des Marktgebietsverantwortlichen bei der Gewährleistung der Versorgungssicherheit. Sie betreffen die Höhe der Füllstandsvorgaben, die sich in der neuen Fassung für die Stichtage 1. Oktober auf 80 Prozent, 1. November (bisher: 1. Dezember) auf 90 Prozent und 1. Februar auf 40 Prozent belaufen.

Neu vorgesehen ist zudem eine Bewertung der Umsetzung der Vorschriften durch das Ministerium bis zum 15. Dezember 2022, die zusammen mit deren Auswirkungen bis zum 1. April 2023 evaluiert werden sollen, untere anderem im Licht der Frage, ob eine Fortgeltung der Regelungen weiterhin notwendig ist. Grundsätzlich, auch das ist neu, werden die Vorschriften befristet: Die gesetzlichen Regelungen zur Einführung von Füllstandsvorgaben für Gasspeicheranlagen treten am 1. April 2025 außer Kraft. (vom/mis/25.03.2022)