MÜNCHEN – Bürokratie ist Macht. Je mehr Vorschriften ein Staat herausgibt, desto desto weniger Zeit bleibt den Bürgern um produktiv zu sein.
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Bayern leistet sich einen eigenen „Bürokratiebeauftragten“. Hierbei handelt es sich um den CSU-Landtagsabgeordneten Nussel aus Franken. Für seine Arbeit kann er sich auf ein kleines Büro stützen, das in akribischer Ameisenarbeit Hinweisen nachgeht, die ihm auf den Schreibtisch kommen. Oft wird er belächelt und manchmal auch nicht ernst genommen aber er hat auch Erfolge vorzuweisen, die in Jahresberichten veröffentlicht werden.
Und hier ist schon das erste Dilemma: Natürlich braucht der Bürokratiebeauftragte ein Büro und natürlich erzeugt dieses Büro selbst Bürokratie! Ohne Bürokratie gibt es also keinen Bürokratieabbau.
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Bürokratie: Das politische Perpetuum-Mobile
Ein weiteres Paradoxon ist, daß die CSU, die in Bayern seit jeher die Staatsregierung stellt in Brüssel und im Bund für die neuen Gesetze stimmt, die dann vor Ort umgesezt werden müssen und dann vor Ort darüber jammert daß diese Gesetze neue Bürokratie verursachen. Im Kern hat sich die Staatspartei CSU mit Hilfe der Bürokratie damit eine Art politisches Perpetuum-Mobile geschaffen: Diese Partei verursachte die Probleme, die sie dann mit großem Getöse selbst bekämpfen kann hofft, aus diesem Kampf dann einen politischen Gewinn ziehen zu können.
So verwundert es nicht, daß die Staatspartei CSU in den vergangenen 20 Jahren einige Anläufe unternahm, den Vorschriften-Dschungel ein wenig zu lichten, um so davon profitieren zu können, Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürger von überflüssiger Bürokratie zu entlasten.
Begonnen hat damit bereits Edmund Stoiber, der 2003 im Rahmen einer Verwaltungsreform zwei neue Gremien geschaffen hat: die
- zentrale Normenprüfstelle der Regierung und der
- Normenprüfungsausschuss unter der Leitung des Chefs der Staatskanzlei.
Beide existieren noch heute.
Mitte Februar 2017 ergänzte der damalige Ministerpräsident Horst Seehofer diese beiden Tätigkeiten um eine weitere Funktion, den „Entbürokratisierungsbeauftragten der Staatsregierung“.
Ernannt wurde dazu genau jener mittelfränkischen CSU-Landtagsabgeordnete Walter Nussel, der nun in diesem Gespräch Franz Bergmüller informiert.
Und weil das populär ist, schuf der während der Corona-Krise durch seine bizarren Corona-Vorschriften arg in Bedrängnis gekommene Ministerpräsident Söder im Mai 2021 noch ein weiteres Gremium, den „bayerischen Normenkontrollrat„:
Geleitet wird auch dieser durch Walter Nussel (CSU). Wirken soll er als eine Art
er soll die Zahl der Gesetze reduzieren und auch Vorschriften daraufhin überprüfen, ob diese praxistauglich sind.
Gastwirte wurden vor einer neuen Verpflichtung bewahrt
Doch die Spötter könnten sich täuschen. Schon als Entbürokratisierungsbeauftragter hat Nussel gezeigt, was möglich ist, wenn statt Beamten ein unabhängiger Abgeordneter tätig wird. Einer seiner ersten Erfolge war es, Gastwirte vor der Verpflichtung zu bewahren, in der Küche ihren alten Fettabscheider auszubauen und durch einen neuen, „explosionsgeschützten Fettabscheider“ zu ersetzen.
Mit Hilfe eines seiner ersten Erfolge beschreibt Nussel gerne, wie er wirken kann. Im Bauwesen und in der Technik gehen Firmen gerne den Weg, sich ihre Produkte normen zu lassen, um mit Hilfe einer solchen Normung dann eine neue Pflicht zu begründen, deren Produkte kaufen zu müssen. So auch der „explosionsgeschützte Fettabscheider“ aus dem Jahr 2015:
Argumentiert wurde, daß dieses Gerät angeblich einen besseren Brandschutz ermöglichen würde. Der ehrenamtliche Feuerwehrmann Nussel nahm sich der Angelegenheit an und konnte die Gastwirte vor einem Einbauzwang schützen.