Der Entbürokratisierungsbeauftragte der Staatsregierung informiert Franz Bergmüller

Quelle: Eigenes Werk

MÜNCHEN – Bürokratie ist Macht. Je mehr Vorschriften ein Staat herausgibt, desto desto weniger Zeit bleibt den Bürgern  um produktiv zu sein.

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Bayern leistet sich einen eigenen „Bürokratiebeauftragten“. Hierbei handelt es sich um den CSU-Landtagsabgeordneten Nussel aus Franken. Für seine Arbeit kann er sich auf ein kleines Büro stützen, das in akribischer Ameisenarbeit Hinweisen nachgeht, die ihm auf den Schreibtisch kommen. Oft wird er belächelt und manchmal auch nicht ernst genommen aber er hat auch Erfolge vorzuweisen, die in Jahresberichten veröffentlicht werden.

Und hier ist schon das erste Dilemma: Natürlich braucht der Bürokratiebeauftragte ein Büro und natürlich erzeugt dieses Büro selbst Bürokratie! Ohne Bürokratie gibt es also keinen Bürokratieabbau.

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Bürokratie: Das politische Perpetuum-Mobile

Ein weiteres Paradoxon ist, daß die CSU, die in Bayern seit jeher die Staatsregierung stellt in Brüssel und im Bund für die neuen Gesetze stimmt, die dann vor Ort umgesezt werden müssen und dann vor Ort darüber jammert daß diese Gesetze neue Bürokratie verursachen. Im Kern hat sich die Staatspartei CSU mit Hilfe der Bürokratie damit eine Art politisches Perpetuum-Mobile geschaffen: Diese Partei verursachte die Probleme, die sie dann mit großem Getöse selbst bekämpfen kann hofft, aus diesem Kampf dann einen politischen Gewinn ziehen zu können.

So verwundert es nicht, daß die Staatspartei CSU in den vergangenen 20 Jahren einige Anläufe unternahm, den Vorschriften-Dschungel ein wenig zu lichten, um so davon profitieren zu können, Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürger von überflüssiger Bürokratie zu entlasten.

Begonnen hat damit bereits Edmund Stoiber, der 2003 im Rahmen einer Verwaltungsreform zwei neue Gremien geschaffen hat: die

  • zentrale Normenprüfstelle der Regierung und der
  • Normenprüfungsausschuss unter der Leitung des Chefs der Staatskanzlei.

Beide existieren noch heute.

Mitte Februar 2017 ergänzte der damalige Ministerpräsident Horst Seehofer diese beiden Tätigkeiten um eine weitere Funktion, den „Entbürokratisierungsbeauftragten der Staatsregierung“.

„Beauftragte“ genießen keinen Kabinettsrang wie Minister oder Staatssekretäre. Vorteil für Horst Seehofer: Unter die strenge Obergrenze für Regierungsmitglieder fallen sie nicht, er kann nach Belieben berufen. Vorteil für Nussel: Wie ein Minister alle Nebeneinkünfte abführen muss er auch nicht. Schau her: Als Geschäftsführer bezog er 2016 nämlich eine kräftige sechsstellige Summe neben der Diät.

Angesiedelt wird der Beauftragte in der Staatskanzlei. Ein kleiner Mitarbeiterstab soll Nussel unterstützen…

Ernannt wurde dazu genau jener mittelfränkischen CSU-Landtagsabgeordnete Walter Nussel, der nun in diesem Gespräch Franz Bergmüller informiert.

Und weil das populär ist, schuf der während der Corona-Krise durch seine bizarren Corona-Vorschriften arg in Bedrängnis gekommene Ministerpräsident Söder im Mai 2021 noch ein weiteres Gremium, den „bayerischen Normenkontrollrat„:

Dieser habe das klare Ziel, Gesetze zu reduzieren und punktuell alte wie neue Vorschriften auf ihre Praxistauglichkeit hin zu überprüfen.   

Geleitet wird auch dieser durch Walter Nussel (CSU). Wirken soll er als eine Art

„Bürokratie-TÜV“,

er soll die Zahl der Gesetze reduzieren und auch Vorschriften daraufhin überprüfen, ob diese praxistauglich sind.

Gastwirte wurden vor einer neuen Verpflichtung bewahrt

Doch die Spötter könnten sich täuschen. Schon als Entbürokratisierungsbeauftragter hat Nussel gezeigt, was möglich ist, wenn statt Beamten ein unabhängiger Abgeordneter tätig wird. Einer seiner ersten Erfolge war es, Gastwirte vor der Verpflichtung zu bewahren, in der Küche ihren alten Fettabscheider auszubauen und durch einen neuen, „explosionsgeschützten Fettabscheider“ zu ersetzen.

Mit Hilfe eines seiner ersten Erfolge beschreibt Nussel gerne, wie er wirken kann. Im Bauwesen und in der Technik gehen Firmen gerne den Weg, sich ihre Produkte normen zu lassen, um mit Hilfe einer solchen Normung dann eine neue Pflicht zu begründen, deren Produkte kaufen zu müssen. So auch der „explosionsgeschützte Fettabscheider“ aus dem Jahr 2015:

Der aktuell veröffentlichte Entwurf der „Fettabscheidernorm“ E-DIN 4040-100 enthält eine neue Forderung nach Explosionsschutzmaßnahmen. „Tritt die neue Norm nach ihrem jetzigen Stand in Kraft, kommen auf Betreiber und Entsorger erhebliche Mehrkosten zu“, erklärt Edgar Thiemt, Vorstand für Technik und Finanzen des Fettabscheider-Herstellers Kessel aus Lenting. Denn von den Betreibern wird unter anderem gefordert, dass sie komplexe Regeln des Explosionsschutzes beachten: auf Basis einer Gefährdungsbeurteilung ein Explosionsschutzdokument erstellen, einen Explosionsschutzbeauftragten bestellen und regelmäßig wiederkehrende Prüfungen durchführen. Ein rechtzeitiger Einspruch kann die Anforderungen korrigieren, so das Unternehmen. Alle Betroffenen sind daher zur Diskussion aufgefordert. Sie können hierzu an die Normungsstelle einen Kommentar oder Einspruch einreichen. „Nutzen Sie die Chance und nehmen Sie Stellung, damit Ihre Erfahrungen gewürdigt und alle wichtigen Argumente der Normungsstelle vorliegen“, sagt Thiemt. Den kompletten Entwurf der Norm finden Interessierte unter…

Argumentiert wurde, daß dieses Gerät angeblich einen besseren Brandschutz ermöglichen würde. Der ehrenamtliche Feuerwehrmann Nussel nahm sich der Angelegenheit an und konnte die Gastwirte vor einem Einbauzwang schützen.