MÜNCHEN / REGENSBURG – Es gibt sie wieder, die FDJ. Einst in Westdeutschland als sozialistisch-umstürzlerisch verboten tritt sie mit ihren Mitgliedern aus z.B. Regensburg nun wieder offen auf, um für „die Errichtung eines sozialistischen Sowjetstaats“ in Deutschland zu werben und der Verfassungsschutz schweigt bisher.
Die FDJ in Westdeutschland und Ostdeutschland
Durch einen Aufmarsch in Jena hat sich die „Freie Deutsche Jugend“ (FDJ) wieder in Erinnerung gebracht: Die Organisation hatte die Aufgabe, die Jugend in den Marxismus-Leninismus einzuführen und zu „klassenbewussten Sozialisten“ zu erziehen, welche die „entwickelte sozialistische Gesellschaft in der Deutschen Demokratischen Republik“ mitgestalten. Sie verstand sich offiziell als Kampfreserve der SED, da die Partei keine eigene Jugendorganisation hatte, und entfaltete demgemäß ihre Aktivitäten. Kirchliche Vertreter beklagten bereits 1946, dass
„die Freie Deutsche Jugend in weiten Kreisen trotz aller betonten Freiwilligkeit […] eine Zwangsjugend beziehungsweise Staatsjugend in neuer Aufmachung“
sei. In den 1950er Jahren wurden FDJ-Mitglieder gezielt gegen die kirchliche Jugendarbeit mobilisiert. Ein Jahr später war die FDJ auch in den anderen Westzonen etabliert. Das Zentralbüro leiteten in den ersten Jahren der Hamburger Kommunist Helmut Heins, später Kurt Julius Goldstein und Josef Angenfort. Die hauptamtlichen Funktionäre gehörten durchweg der KPD an, die Mitglieder etwa zur Hälfte. Ihre wichtigsten Ziele beschrieb die FDJ in Ost und West so: Ein neues demokratisches Deutschland aufbauen, ohne Faschismus, ohne Militarismus und ohne Monopole, mit garantierten sozialen Rechten für Kinder und Jugendliche.
Die FDJ hatte 1950 in der Bundesrepublik Deutschland ca. 30.000 Mitglieder, vor allem in der Gewerkschaftsjugend.
Das Verbot der FDJ in Westdeutschland
Am 26. Juni 1951 wurde die FDJ dann durch Beschluss der Bundesregierung in Westdeutschland in der gesamten Bundesrepublik gemäß Art. 9 Abs. 2 GG verboten. Mit Urteil vom 16. Juli 1954 stellte das Bundesverwaltungsgericht unanfechtbar fest:
Damit wurde das wegen der Verfassungswidrigkeit der Zielsetzung der FDJ in Westdeutschland gemäß Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes in Verbindung mit § 129a StGB ausgesprochene Verbot rechtskräftig. So fällt seither die öffentliche Verwendung von Abzeichen der FDJ in Westdeutschland als das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen unter das Verbot des § 86a Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 86 Abs. 1 Nr. 2 StGB und kann mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bestraft werden. Das Verbot besteht auch nach der Deutschen Einheit weiter, bezieht sich aber nach Auffassung des Innenministeriums ausschließlich auf die eigenständige Organisation FDJ in Westdeutschland.
Die Abzeichen der FDJ in Westdeutschland und der FDJ sehen jedoch „gleich“ aus, ein Unterschied besteht nicht. Die öffentliche Verwendung des FDJ-Emblems ist deshalb geeignet, um den Anfangsverdacht einer Straftat und damit die Verfolgungsberechtigung und die Verfolgungspflicht der Strafverfolgungsbehörden zu begründen.
Eine Wiederbelebung der FDJ
Eine FDJ-Gruppe, die sich an die die Öffentlichkeit traut und laut Reportern hauptsächlich aus Westdeutschen besteht, marschierte kürzlich in Städten Ostdeutschlands auf. In Zwickau sind folgende Positionen dokumentiert:
- „Die einzige Art und Weise sich dieses Land zurückzuerobern ist… das Rathaus zu einem Ort der Revolution zu machen„;
- Mia sagt: „Hallo. ich bin 12 Jahre, wohne in Regensburg und bin in der FDJ… Es geht um Sozialismus“ ….
- „Eine Strafverfolgung findet kaum statt“ „
- Pressesprecher Jan Haas aus Regensburg: „Weil hier der einzige große Betrieb auf dem Gebiet der annektierten DDR ist… geraubt von VW““;
- „für mich kann nicht links sein, wer sich weigert die Revolution zu machen“
auch https://www.mdr.de/sachsen/chemnitz/zwickau/fdj-demonstration-zwickau-100.html
Die darauffolgende Kundgebung fand in Jena statt. Dort wirbt der Regensburger Haas sie für einen
„Sturz der Regierung in Berlin und … die Errichtung eines sozialistischen Sowjetstaats„,
wie er auf Reporteranfrage zugesteht. 2013 war ein Jan Haas offenbar noch bei der „Sozialistischen Jugend Deutschlands – Die Falken (SJD)“ aktiv, wie aus einem Pressebericht hervorgeht.
Die Verfassungsschutzämter schweigen
Weder im bayerischen, noch im bundesdeutschen Verfassungsschutzbericht finden die FDJ oder ihre Vertreter Erwähnung. Ganz im Gegenteil: Weder die bayerische Polizei, noch deren Chef, der Innenminister Herrmann stören sich am Zeigen dieser Symbole eines Verbrecherstaats DDR in deren Präsenz:
Dieses Argument scheint insbesondere vor dem Hintergrund nicht ganz abwegg, weil die Finnische Luftwaffe jetzt erst die Hakenkreuze von ihren Fahnen, Flugzeugen und Uniformen entfernt hat.
Der Pressesprecher der FDJ kommt jedenfalls aus Regensburg und der Webseite der FDJ ist zu entnehmen, daß bei den „Falken“ unter der Adresse „muenchen@fdj.de“ auch einen Bürobetrieb gibt von dem aus dann folgende Positionen der FDJ vertreten werden:
Die Vorfeldorganisation der SPD als Schutzraum für die FDJ
Die Falken wiederum sind eine historische Vorfeldorganisation
Die Falken stehen, jedenfalls historisch betrachtet, der SPD nahe, sind aber parteiunabhängig. Eine Mitgliedschaft in einer anderen Partei als der SPD war allerdings aufgrund des „Leverkusener Beschlusses“ 1971 bis zum Bundesausschuss 2011 in Leipzig mit einer aktiven Mitgliedschaft bei den Falken unvereinbar. Seit 2011 ist wieder offiziell eine Mitgliedschaft in einer anderen Partei als der SPD möglich, wobei im entsprechenden Beschluss die Verbindung der Falken zur sozialdemokratischen Bewegung hervorgehoben wird.
In Bayern treten „Die Falken“ und die FDJ seit spätestens 2018 gemeinsam auf und sind unter der Adresse „Die Falken LV Bayern, Adolf-Schmetzer-Str. 30, 93055 Regensburg“ erreichbar.
Franz Bergmüller will mehr von der Staatsregierung wissen und fragt nach:
1. Sozialistisches Staatsgebilde und Grundgesetz
1.1. Hält die Staatsregierung das Gebilde DDR bzw. dessen Strukturen für mit den Normen des Grundgesetzes vereinbar?
1.2. Hält die Staatsregierung die „Errichtung eines sozialistischen Sowjetstaats“ unter den Normen des Grundgesetzes vereinbar/umsetzbar?
1.3. Erachtet die Staatsregierung Bestrebungen, Aufrufe nach 1.1. bzw. 1.2. als gegen die Verfassung gerichtet?
2. Aufrufe
2.1. Ist der Aufruf eines Pressesprechers der FDJ aus Regensburg zum Sturz der Regierung mit dem Grundgesetz vereinbar?
2.2. Ist der Aufruf einer 12-Jährigen „Mia“ aus Regensburg „Es geht um Sozialismus“ mit dem Grundgesetz bzw. mit dem Jugendschutzgesetz vereinbar?
2.2. Unter welchen Grundbedingungen Ist die Instrumentalisierung von Kindern auf politischen Demonstrationen durch vom Verfassungsgericht verbotene Organisationen, bei der FDJ mit dem Jugendschutzgesetz vereinbar?
2.3. Ab welchem Alter dürfen Kinder auf politischen Kundgebungen vom BVerfG verbotener Organisationen teilnehmen bzw. selbst propagandistisch tätig werden (Bitte Quellen hierzu angeben)?
3. Verbot der FDJ in des westlichen Bundesländern
3.1. Ist das durch das BVerfG festgestellte FDJ-Verbot noch in Kraft (im Verneinungsfall bitte begründen)?
3.2. Entfaltet das in 3.1. abgefragte Verbot des BVerfG rechtlich betrachtet heute eine andere Wirkung, als ein Verbot irgend einer anderen durch das BVerfG als verfassungswidrig erkannten Organisation (Bitte begründen)?
3.3. Gilt die Rechtsprechung des BVerfG seit der Wende in allen Bundesländern und damit das FDJ-Verbot auch in den beigetretenen Bundesländern (im Verneinungsfall bitte begründen)?
4. FDJ als Beobachtungsobjekt des bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz
4.1. Aus welchen Gründen wird die FDJ nicht im bayerischen Verfassungsschutzbericht erwähnt?
4.2. Welche Erkenntnisse hat das bayerische Landesamt für Verfassungsschutz zu Überschneidungen zwischen den „Falken“ und der FDJ in Bayern (Bitte insbesondere für München und Regensburg ausführen)?
4.3. Seit wann tritt die FDJ in Bayern in Erscheinung (Bitte nach Organisationsstrukturen und öffentlichen Kundgebungen differenziert angeben)?
5. Rechtslage FDJ in Bayern
5.1. Welches Handeln legt ein Verbot eines durch das BVerfG als verfassungswidrig erkannten Vereins den bayerischen Behörden auf, um dieses Vereinsverbot in Bayern durchzusetzen?
5.2. Unter welchen Umständen ist es gesetzlich möglich, für einen Verein, wie er in 5.1. abgefragt wurde, in Bayern Büroräume zu unterhalten (Bitte auch auf den Fall eingehen, daß sich der Büroberieb in den Räumen eines nicht verbotenen Vereins befindet)?
5.3. Aus welchen Gründen wird das durch das BVerfG angeordnete Verbot der FDJ in Bayern nicht vollstreckt (Bitte hierbei darauf eingehen, welche Rolle die „Falken“ als Ersatzorganisation einnehmen)?
6. Auftritt der FDJ in München
6.1. Aus welchen Gründen wurde der im Vorspruch erwähnte Auftritt der FDJ in München 2018 beim Gedenken zum Oktoberfestattentat nicht unterbunden?
6.2. Aus welchen Gründen ließ sich der Innenminister bei dem in 6.1. abgefragten Ereignis darauf ein, an einer Feier teilzunehmen, auf der Symbole von Organisationen gezeigt wurde, die vom BVerfG verboten worden sind?
6.3. Welche juristischen Konsequenzen hatte das in 6.1. und 6.2. abgefragte Zeigen von Symbolen verfassungswidriger Organisationen für den Demonstranten (Bitte begründen und auch drauf eingehen, welche Folgen das Zeigen hatte, als es vom Betroffenen im Gerichtsprozess zugestanden wurde)?
7. Kann die Staatsregierung ausschließen, daß die im Vorspruch zitierten Äußerunen der in Regensburg wohnenden FDJ-Mitglieder nicht gegen die in der Verfassung definierte Verfassungsordnung im Bund und in Bayern gerichtet sind?