TRAUNSTEIN – Franz Bergmüller und der Vorstand der Bayern-AfD schließen Vergleich über das öffentliche Ansehen des Franz Bergmüller und zurückbehaltene Mandatsträgerabgaben.
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Am Mittwoch, den 14.5. wurde der seit der Aufstellungsversammlung der AfD zur Landtagswahl schwelende Streit zwischen dem AfD-Landtagsabgeordneten Franz Bergmüller und dem Vorstand der Bayern-AfD mit Hilfe eines Vergleichs befriedet. In der Verhandlung waren Pressevertreter verschiedener Zeitungen anwesend, doch kaum eine berichtete vom eigentlichen Kern des Verfahrens: dem Wiederherstellen des öffentlichen Ansehens des Franz Bergmüller durch den Landesvorstand auf der einen Seite und die Zahlung der rechtlich zweifelhaften Mandatsträgerabgaben auf der anderen Seite:
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Der Vergleich
Nach nur 90Minuten „Verhandlung“ schlossen Franz Bergmüller (MdL) und Martin Böhm (MdL), der für den Landesvorstand angereist war und mit Vertretungsvollmacht als Kläger auftrat, vor der Dritten Zivilkammer des Landgerichts Traunstein unter dessen Vorsitzendem Richter Gerhard Bezzel einen Vergleich. Damit ist die Auseinandersetzung über ein Parteiausschlussverfahren und aufgrund ausgesetzter Zahlungen von so genannten „Mandatsträgerabgaben“ auf der einen Seite und erlittenen Ehrverletzungen im Zuge der Aufstellungsversammlung auf der anderen Seite juristisch beendet. Die Gerichtskosten für den Vergleich mit einem Streitwert von 56 659 Euro erlegte das Gericht dem AfD-Landesverband auf. gegen Bergmüller vom Tisch. Ihre Kosten müssen die Beteiligten jeweils selbst tragen.
Der Streit!
Nicht wenige aus dem Politikbetrieb definierten die dort herrschende Atmosphäre in den Parteien mit „Feind, Todfeind, Parteifreund“.
Was damit ausgedrückt werden soll, ist, daß sich auf der Jagd nach Mandaten viele Kandidaten nicht einmal von den im Strafrecht niedergelegten Normen abschrecken lassen und zwar unabhängig von der politischen Ausrichtung der Parteien, wie zuletzt der Fall Gelbhaar in Berlin belegte.
Bereits zu Beginn der Verhandlung bestätigten sich Franz Bergmüller (MdL) und Martin Böhm (MdL) gegenseitig untereinander ein Verhältnis zu haben. Lediglich die vom Landesvorstand eingereichte Klage haben beide nun im Gerichtssaal dazu gezwungen auf gegenüberliegenden Seiten Platz nehmen zu müssen, wobei Martin Böhm als Vertreter des Vorstands mit einer Handlungsvollmacht ausgestattet war. Böhm gestand zu, daß der Kern des Problem eine Parteisache aus dem Jahr 2023 war, nämlich
der Versuch die Landtagskandidatur von Franz Bergmüller zu verhindern.
Bergmüller bestätigte, daß das der Grund für das Einstellen der Zahlungen war. Er sah sich dazu gezwungen auf diesem Weg seine Ehre wiederherzustellen.
Die Einführung in den Sachverhalt durch Richter Gerhard Bezzel
Alle Parteien erlegen ihren Mandatsträgern so bezeichnete „Mandatsträgerabgaben“ auf. Das bedeutet, daß ein Parlamentarier seiner Partei Zahlungen zu leisten hat.
Was irgendwie vernünftig klingt, ist juristisch hingegen alles Anderes als selbstverständlich, denn das Gesetz schreibt eine strikte Trennung von Partei und Mandat vor. Parteien haben vom Staat ein Parteienprivileg erhalten und werden vom Staat aus Steuermitteln unterstützt, weil sie konstitutionelle Elemente des Staats sind.
Ein Abgeordneter hingegen ist von Gesetzes wegen ein vom Volk gewählter, unabhängiger Vertreter des ganzen Volks.
Politische Parteien und gewählte Abgeordnete haben, so betrachtet, erst einmal gar nichts miteinander zu tun, auch wenn es praktisch so ist, daß es keiner Person möglich ist, ein Abgeordnetenmandat zu erhalten, ohne durch eine politische Partei unterstützt zu werden.
Deswegen und man kann juristisch argumentieren, daß wenn eine politische Partei einem Abgeordneten für die Tatsache Zahlungspflichten auferlegt, daß die Partei diesem bei der Erlangung seines Mandats geholfen hat, dieser dann nicht mehr unabhängig sein kann, wenn sich die Partei diese Hilfe durch Auferlegung eine Zahlungspflicht zurückzahlen läßt. Dann wurde nämlich ein Abhängigkeitsverhältnis begründet, das mindestens die Zahlungspflicht umfasst und dann ist der Abgeordnet eben nicht mehr unabhängig.
Eine schmutzige Listenaufstellung
Nun war es im parteiinternen Kampf um die Listenplätze für die aktuelle Legislatur tatsächlich „nicht ganz fair“ zugegangen.
Es war klar, daß sich der Abgeordnete Franz Bergmüller (MdL) für die aktuelle Legislatur erneut um einen guten Listenplatz bewerben wird. Das aber war einem Netzwerk innerhalb der AfD ein Dorn im Auge.
Um Bergmüller also vor den Mitgliedern zu diskreditieren, instrumentalisierte dieses Netzwerk die in der Satzung der AfD verankerte Möglichkeit einer „Mitgliederbefragung“ mit dem Ziel Franz Bergmüller unwählbar zu machen.
Obwohl eine „Mitgliederbefragung“ laut Satzung der AfD keinerlei Begründung vorsieht, verfasste dieses Netzwerk eine „Begründung“ für die von ihr gestartete Mitgliederbefragung, die „zufälligerweise“ herabsetzende Äußerungen enthielt, lancierte diese Mitgliederbefragung kurz vor der Aufstellungsversammlung und schaffte es auf diese Weise, daß Franz Bergmüller keinen sicheren Listenplatz erhielt.
Seit April 2023 leistete Franz Bergmüller daraufhin keine Mandatsträgerabgaben mehr. Die Satzung der AfD legt hingegen in §22a eine Pflicht zum Zahlen fest. Das wären aktuell 702,88€/Monat. Aufgelaufen sind seither diese Rückstände plus die laufenden Abgaben bis zum Ende des Mandates.
Das Problem mit den §§ 185 StGB
Nun ist es aber so, daß das Strafgesetzbuch das öffentliche Ansehen einer Persson in den Paragraphen 185ff StGB ausdrücklich schützt.
Seit Schaffung dieser Vorschriften hat die Rechtsprechung herausgearbeitet, daß auch mit Worten, Gesten, Taten (anspucken, ohrfeigen etc.) oder anderen Kundgebungen wie Bildern, Plakaten oder Filmen der Ehre und dem Ansehen von anderen Personen Schaden zugefügt werden kann.
Wer andere herabwürdigt, Rufschädigung oder gar Rufmord betreibt, muss daher damit rechnen, dafür gerichtlich zur Verantwortung gezogen zu werden.
Die einschlägigen Paragraphen regeln die Beleidigungen, Verleumdung oder übler Nachrede. Das Strafmaß reicht von einer Geldstrafe bis hin zu Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren.
Vorliegend kämme die Fallgruppe „Üble Nachrede“ und „Verleumdung gegen Personen des öffentlichen Lebens“ in Betracht. § 188 StGB, bedroht dies im Fall der Beleidigung mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bzw. im Fall der Verleumdung mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.
Könnten sich die Urheber der AfD-Mitgliederbefragung strafbar gemacht haben?
Da die von dem Netzwerk angestoßene „Mitgliederbefragung“ Elemente enthielt, die den Franz Bergmüller (MdL) in der Parteiöffentlichkeit herabsetzten, um ihm einen guten Leistenplatz und damit den Wiedereinzug in den Landtag verwehren sollten, liegt es nahe, dass sich die Urheber der „Mitgliederbefragung“ im Sinne einer der Paragraphen 185 StGB schuldig gemacht haben könnten.
Statt aber „Parteifreunde“ mit einem Strafverfahren zu überziehen, war Franz Bergmüller so nett und setzte nur die Zahlung seiner – juristisch zweifelhaften – Mandatsträgerabgaben aus.
Der Landesvorstand der AfD führt sich selbst in ein Dilemma
Hinzu kam die Überlegung, daß der Landesvorstand dieses Aussetzen kaum verfolgen wird, weil die Chancen damit vor einem Schiedsgericht oder Zivilgericht durchzudringen erstens zweifelhaft sind und im Fall, daß sich der Landesvorstand durchsetzen sollte, ein Parteiausschluss des Franz Bergmüller erfolgen würde. Im Falle eines Parteiausschlusses wiederum würde die AfD aber auch noch ihre Oppositionsführerschaft im Bayerischen Landtag verlieren und damit den Gegnern der AfD zu einen Sieg verhelfen.
Eine merkwürdige Positionierung / Verhandlungsführung des Landesvorstands
In der öffentlichen Sitzung wurde auch erkennbar, daß sich der Landesvorstand damit selbst in ein Dilemma begeben hatte. Wenn er gewinnt, erhält er zwar das Geld, muß Franz Bergmüller aber wegen fehlender Zahlungen aus der Fraktion und der Partei werfen. Damit verliert die AfD aber in Bayern die Oppositionsführerschaft, da die AfD nur eine Stimme Mehrheit im Bayerischen Landtag hat. In Folge würde, dann auch Ausschuß-Vorsitze neu besetzt werden müssen.
Wenn er nicht gewinnt, hat er nichts erreicht und Parteigelder verbrannt.
Die Partei und der Landesvorstand verliert also immer, egal wie das Verfahren ausgeht.
Trotzt dieser schlechten Ausgangssituation instrumentalisierte das Netzwerk, das die zweifelhafte „Mitgliederbefragung“ veranlaßt hat, das Eintreiben der ausstehenden Mandatsträgerabgaben juristisch voran.
Völlig unverständlich war dem Gericht in Traunstein auch der Sinn und Zweck des Parteiausschussverfahrens. Der Richter führte aus, daß wenn dieses erfolgreich ist, daß dann auch die Beitragspflicht des Franz Bergmüller erlischt. Nur bei einem Nichtausschluß wäre es dem Kläger, also dem Landesvorstand also möglich sein Ziel zu erreichen. Dies sei ein faktischer Widerspruch der vom Landesvorstand eingereichten Klage in sich selbst.
Rechtlich könne man diese aber dennoch entscheiden, wobei das Verfahren Potential hat, durch alle Instanzen bis zum BGH zu gehen. Die aufgeworfenen Fragen bedürfen jedenfalls der Klärung des BGH.
Bizarr war dann auch die Verhandlungsführung des Landesvorstands in der Sitzung. Auffällig war, daß der Anwalt des Landesvorstands über sein Mobiltelefon permanent mit einer externen Person chattete und von dieser Anweisungen entgegen nahm und umsetzte, obwohl doch mit Martin Böhm (MdL) ein bevollmächtigter Vertreter anwesend war. Abweichend von der bis dahin gefundenen Vergelichs-Formel wurde so versucht:
- einen Maulkorb hineinzuverhandeln, daß nämlich die geschuldete Summe nicht veröffentlicht werden soll. Der Richter antwortete daraufhin: „ich halte es für problematisch hier einer Seite Fesseln aufzuerlegen“ und „das funktioniert nicht“, was zutraf, da die Summen ja in der öffentlichen Verhandlung unter Anwesenheit der Presse beriets mehrfach genannt worden waren.
- eine Widerrufsfrist von 10 Tagen hineinzuverhandeln. Doch wozu das, wenn sich beide Seiten schon ohne diese Option einig waren?
Die Rechtslage
Letztendlich ließ der Richter erkennen, daß es unabhängig hiervon schon keinem einklagbaren Anspruch geben könnte, weil die Formulierung in der Satzung nicht zwingend ist und z.B. eine Formulierung, wie „müssen zahlen“ fehle, dies sein demnach eine „unvollkommene Verbindlichkeit“, so der Richter. Diese Formulierung sei unbestimmt und bei enger Auslegung gegen den Grundsatz der Mandatsfreiheit im Grundgesetz und in der Bayerischen Verfassung gerichtet, weil dann die Gefahr eines Konformitätsdruck auf Ausübung des Mandats gegeben sei.
Der Kläger würde dies hingegen anders sehen.
In einem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Bremen erkannte das Gericht, daß es keine einklagbare Pflicht zur Zahlung von Mandatsträgerabgaben gebe.
In einem anderen Fall in Hamburg verlor der Abgeordnete hingegen und muß zahlen. das Urteil ist aber nicht rechtskräftig! Die Argumentation des Landgerichts Hamburg stützte sich auf einen Fall, in dem der BGH ein CDU Mitglied, der kein Abgeordneter ist sondern kommunaler Wahlbeamter ist, zur Zahlung verpflichtete.
Für kommunale Wahlbeamte greift jedoch das im GG verankerte Parteienprivileg nicht, hob das Gericht in Traunstein hervor.
Am Ende haben sich die Anwesenden verglichen ohne die von außen herangetragenen Änderungen aufzunehmen! In dem Vergleich wurde festgestellt, daß durch die Kampagne im Vorfeld der Aufstellungsversammlung das Ansehen des Franz Bergmüller tatsächlich beschädigt wurde und sich der Landesvorstand hierfür entschuldigt und die eingeleiteten Maßnahmen zurücknimmt. Auf der anderen Seite überwiest Franz Bergmüller seine zurückgehaltenen Mandatsträgerabgaben und zahlt diese von nun an regelmäßig weiter.
Vergleichsregelung beim Landgericht Traunstein vom 14. Mai 2025
(= Mitschrift durch RA Lober)
Präambel:
Die Beteiligten sind sich einig, dass es im Vorfeld der bayerischen Landtagswahlen 2023 im Zusammenhang des Aufstellungsverfahrens der Kandidaten zu Dissonanzen gekommen ist, die zu einer Beschädigung des Ansehens des Beklagten geführt haben. Der Beklagte hatte hieraufhin die Zahlung seiner Mandatsträgerabgaben ausgesetzt. Die Klägerin hatte hierauf mit der Ankündigung und Einleitung eines Schiedsgerichtsverfahrens reagiert, in dem der Ausschluss des Beklagten angedroht wird.
Die Beteiligten sind sich ihrer beiderseitigen hohen Verantwortung für Partei und Fraktion bewusst und streben nach einem künftig gedeihlichen Auskommen als gemeinsames Ziel. Dafür schließen die Beteiligten folgenden Vergleich.
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Der Text des Vergleichs
- Die Beteiligten – jeder für sich und beide gemeinsam – erklären ihr Bedauern über die Dissonanzen, die aus einer im Vorfeld zur Aufstellungsversammlung zur bayerischen Landtagswahl verschickten „Mitgliederbefragung“ sowie einer darin im Einzelnen enthaltenen Wortwahl entstanden ist.
- Der Beklagte zahlt die nicht entrichteten Mandatsträgerabgaben bis zum 31. Mai 2025 nach und wird die monatlichen Beiträge im Weiteren wieder regelmäßig entrichten. Im Gegenzug nimmt die Klägerin den beim Schiedsgericht angedrohten und gestellten Antrag auf Parteiausschluss des Beklagten mit Eingang der Nachzahlung zurück.
- Die Beteiligten werden dies mit der Veröffentlichung dieses Vergleichs (incl. Präambel) bekunden. Die Veröffentlichung erfolgt ausschließlich:
- auf der Webseite des Landesverbandes der bayerischen AfD
- auf den Medien des Abgeordneten Franz Bergmüller
- als Post im sog. Funktionärsträgerchat des AfD-Landesverbandes


