LÜNEBURG – Das oberste Verwaltungsgericht Niedersachsens beendet für Niedersachsen alle 2G-Regelungen im Einzelhandel. Als Begründung dazu führt es im wesentlichen die Wegschau-Politik der Landesregierung im Bezug auf die Ermittlung von Fakten zu den Wirkungen ihrer Maßnahmen an.
.
Die Bürger Niedersachsens profitieren von einem der wenigen verbliebenden Zipfel des ehemaligen Rechtsstaats. Kaum misst ein Gericht die 2G-Regel an der Realität und nicht an den von den Altparteien in den Regierungen vorgegebenen Narrativen, schon fällt diese Regel dem Rechtsstaat zum Opfer und Richter erkennen, daß der Staat die Bürger und den Handel illegal schikaniert und illegal in die Grundrechte der Bürger eingreift.
Im vorliegenden Fall (Az.: 13 MN 477/21) handelte es sich um eine besonders perfide Regelung, die der SPD-Mann und Jurist(!) Stephan Weil und seine Regierung in Niedersachsen den dort wohnenden Bürgern und den dort angesiedelten Geschäften auferlegt hatte. Diese schikanöse Regelung hatte das offenkundige Ziel, Betroffene zur „freiwilligen“ Impfung zu treiben.
.
Pünktlich zum Weihnachtsgeschäft schneidet die SPD den Einzelhandel von den Kunden ab
Kern der Regelung ist, daß Ungeimpften der Zutritt zu Geschäften, außer denen des täglichen Grundbedarfs durch die Regierung mit den Worten „ist auf Kundinnen und Kunden beschränkt, die entweder einen Impfnachweis gemäß § 2 Nr. 3 SchAusnahmV oder einen Genesenennachweis gemäß § 2 Nr. 5 SchAusnahmV vorlegen“ verboten wurde.
Der Handelsverband Deutschland argumentierte bereits bei Erlass der Regelung, daß diese rechtswidrig sei, Klagen müssten jedoch betroffene Firmen, was dann auch geschah. Der Verband argumentierte, daß durch diese 2G-Regeln für betroffene Geschäfte Umsatzverluste von bis zu 50 Prozent entstehen.
„Das ist nach den ohnehin schon kräftezehrenden Lockdowns der vergangenen Monate für viele nicht zu verkraften“,
argumentierte Hauptgeschäftsführer Stefan Genth der Funke Mediengruppe. Die gesamte Regelung lautete:
„§ 9 a Einzelhandel
(1) 1Gilt mindestens die Warnstufe 1 in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt, so müssen die Kundinnen, Kunden und dienstleistenden Personen in einem Betrieb oder einer Einrichtung des Einzelhandels eine medizinische Maske tragen. 2Der Zutritt zu einem Betrieb oder einer Einrichtung des Einzelhandels ist nach Absatz 2 beschränkt. 3Ausgenommen von Satz 1 sind Wochenmärkte und Weihnachtsbaumverkauf unter freiem Himmel sowie Betriebe und Einrichtungen des Einzelhandels mit folgenden Gütern des täglichen Bedarfs oder zur Grundversorgung der Bevölkerung:
1. Lebensmitteln einschließlich des Getränkehandels,
2. medizinischen Produkten und Arzneimitteln einschließlich der Produkte von Optiker- und Hörgeräteakustikerbetrieben sowie des Orthopädieschuhmacher-Handwerks und des Handwerks der Orthopädietechnik,
3. Drogerie-, Sanitätshaus- und Reformhausgütern,
4. Babybedarfsgütern,
5. Gartenmarktgütern,
6. Gütern des Brennstoff- und Heizstoffhandels einschließlich der Tankstellen,
7. Gütern des Tierbedarfs- und Futtermittelhandels, des Blumenhandels einschließlich der Güter des gärtnerischen Facheinzelhandels,
8. Zeitungen, Zeitschriften und Büchern,
9. Gütern des Brief- und Versandhandels,
10. Fahrkarten für den Personenverkehr,
11. Gütern zur Reparatur und Instandhaltung von Kraftfahrzeugen, Fahrrädern und Elektronikgeräten.
Satz 3 gilt auch in Bezug auf Betriebe und Einrichtungen des Einzelhandels mit gemischtem Sortiment, das regelmäßig Waren und Güter umfasst, die dem Sortiment einer der in Satz 3 genannten Betriebe und Einrichtungen entsprechen, wenn die Waren und Güter den Schwerpunkt des Sortiments bilden.
(2) 1Der Zutritt zu einem Betrieb oder einer Einrichtung im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 ist auf Kundinnen und Kunden beschränkt, die entweder einen Impfnachweis gemäß § 2 Nr. 3 SchAusnahmV oder einen Genesenennachweis gemäß § 2 Nr. 5 SchAusnahmV vorlegen. 2Die Zutrittsberechtigung der Kundinnen und Kunden nach Satz 1 ist zu kontrollieren. 3Die zuständige Stelle kann festlegen, dass die Kontrolle der Zutrittsberechtigung auch dadurch sichergestellt werden kann, dass die Kundinnen und Kunden nach einer Kontrolle durch eine dafür bestimmte Stelle eine unverwechselbare und nicht übertragbare Kennzeichnung erhalten, die zum Zutritt zu durch die zuständige Stelle festzulegenden Betrieben und Einrichtungen des Einzelhandels im Sinne des Absatz 1 Satz 1 berechtigen. 4Die Kundinnen und Kunden müssen abweichend von § 4 Abs. 1 Satz 1 eine Atemschutzmaske mindestens des Schutzniveaus FFP2, KN 95 oder eines gleichwertigen Schutzniveaus tragen; im Übrigen bleiben die Regelungen nach § 4 anwendbar.
(3) Absatz 2 gilt nicht für die Auslieferung jeglicher Waren und Güter auf Bestellung sowie deren Verkauf im Fernabsatz zur Abholung bei kontaktloser Übergabe außerhalb der Geschäftsräume unter Wahrung des Abstandsgebots nach § 1 Abs. 2 Satz 1.
Offenkundig soll durch den damit verbundenen Eingriff Bürger so weit schikaniert werden, daß diese sich „freiwillig“ impfen lassen, um diesen Schikanen zu entkommen. Das besonders Perfide an dieser Regelung war, daß sie pünktlich zum Beginn des Weihnachstgeschäfts in Kraft gesetzt worden war.
Der Einzelhandel bewertete diese 2G-Pflicht im Weihnachtsgeschäft folgerichtig als „eine Katastrophe“, argumentierte Mareike Petersen, die Geschäftsführerin des Handelsverbands Nord und ergänzte, 2G sei eine Art Teilschließung, denn „Wartezeiten vor der Tür fördern nicht unbedingt die Shoppinglaune“, argumentierte sie in Anspielung auf die Kontrollmaßnahmen an den Türen.
Widerstand aus dem Handel
Gegen diese Regelung hatten sich Betroffene vor Gericht gewehrt und einen so genannten „Normenkontrolleilantrag“ gestellt, also einen Antrag mit dem Ziel die gesmate Regelung zu kippen. Die Kernargumente lauteten, daß die Infektionsschutzmaßnahme gar nicht notwendig sei und auch mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nicht vereinbar sei. In Folge übernehmen wir die Pressemitteilung des Gerichts im Original. Lediglich die folgenden Überschriften haben wir ergänzt, um die Lesbarkeit zu erhöhen:
Dem ist der 13. Senat im Wesentlichen gefolgt. Die 2-G-Regelung im Einzelhandel in der konkreten Ausgestaltung nach § 9a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 bis 3 der Corona-VO sei derzeit keine notwendige Schutzmaßnahme.
Nicht im betroffenen Einzelhandel, sondern im nicht betroffenen Lebensmittelhandel finden Kundenkontakte statt
Die Eignung zur Erreichung der infektiologischen Ziele sei durch die – fraglos erforderlichen – zahlreichen Ausnahmen in § 9a Abs. 1 Satz 2 Corona-VO bereits reduziert. Allein im von der 2-G-Regelung nicht umfassten Lebensmitteleinzelhandel finde der weit überwiegende Teil täglicher Kundenkontakte statt.
Die Staatsregierung ermittelt keine tatsächlichen Infektionsrelevanz des Geschehens
Auch die Erforderlichkeit sei zweifelhaft. Der Senat habe bereits mehrfach beanstandet, dass verlässliche und nachvollziehbare Feststellungen zur tatsächlichen Infektionsrelevanz des Geschehens im Einzelhandel fehlten. Es sei nicht ersichtlich, dass die Erforschung von Infektionsumfeldern auch durch das Land Niedersachsen intensiviert worden wäre, um die Zielgenauigkeit der Schutzmaßnahmen zu erhöhen. Eine schlichte Übertragung von Erkenntnissen zum Geschehen in geschlossenen Räumen von Sport- und Freizeiteinrichtungen (vgl. hierzu die Pressemitteilung Nr. 62 vom 10.12.2021) dränge sich angesichts erheblicher Unterschiede zu dem Geschehen im Einzelhandel nicht auf. Letzteres erscheine jedenfalls regelmäßig durch eine kürzere Verweildauer der Kunden, eine geringere Kundendichte, eine geringere Anzahl unmittelbarer Personenkontakte (Face-to-Face), geringere körperliche Aktivitäten und eine bessere Durchsetzung von Hygienekonzepten gekennzeichnet.
Es gibt mildere Mittel
Zudem könnten die Kunden, wie in vielen anderen Alltagssituationen, auch im Einzelhandel verpflichtet werden, eine FFP2-Maske zu tragen. Nach neueren Erkenntnissen dürften Atemschutzmasken dieses Schutzniveaus – eine in Betrieben und Einrichtungen des Einzelhandels durchaus durchzusetzende richtige Verwendung der Maske vorausgesetzt – das Infektionsrisiko derart absenken, dass es nahezu vernachlässigt werden könne.
Maßnahme ist singulär
Auch das Robert Koch-Institut sehe in seiner ControlCOVID-Strategie zur Vorbereitung auf den Herbst/Winter 2021/22 selbst für die höchste Warnstufe nicht den Ausschluss ungeimpfter Kunden vom Einzelhandel vor.
Der Eintrittsschwellwert ist nicht nachvollziehbar
Die Corona-VO hingegen ordne die 2-G-Regelung bereits ab der Warnstufe 1 an, die durch ein mildes Infektionsgeschehen gekennzeichnet sei. Selbst bei der derzeit geltenden Warnstufe 2 erachte der Verordnungsgeber das Infektionsgeschehen als beherrschbar.
Der Beitrag zur Problemlösung ist verschwindend
Zur Reduzierung eines solchen Infektionsgeschehens leiste die 2-G-Regelung in ihrer konkreten Ausgestaltung durch § 9a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 bis 3 Corona-VO nur einen sehr geringen Beitrag. Dieser könne durch eine FFP2-Maskenpflicht auf ein für das Infektionsgeschehen irrelevantes Niveau reduziert werden.
Der Eingriff ist groß
Demgegenüber stünden durchaus erhebliche Eingriffe in die Grundrechte der ungeimpften Kunden und der Betriebsinhaber. In dieser Relation – beherrschbares Infektionsgeschehen, geringe Wirkung der Infektionsschutzmaßnahme und erhebliche Grundrechtseingriffe – erweise sich die 2-G-Regelung im Einzelhandel derzeit als unangemessen. Eine andere Bewertung gebiete – bei objektiver Betrachtung des dem Senat bekannten oder vom Land Niedersachsen präsentierten aktuellen Erkenntnisstands – auch die neue Omikron-Variante nicht.
Der Eingriff ist nicht rechtfertigbar, da oftmals das gleiche Sortiment in nicht betroffenen Märkten erhältlich ist
Die 2-G-Regelung im Einzelhandel in der konkreten Ausgestaltung nach § 9a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 bis 3 Corona-VO dürfte auch mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nicht zu vereinbaren sein. Nachvollziehbare sachliche Gründe dafür, dass beispielsweise zwar Gartenmarktgüter, Güter des Blumenhandels einschließlich der Güter des gärtnerischen Facheinzelhandels und Güter zur Reparatur und Instandhaltung von Elektronikgeräten zu den von der 2-G-Regelung ausgenommenen „Gütern des täglichen Bedarfs oder zur Grundversorgung der Bevölkerung“ gezählt würden, aber Baumärkte uneingeschränkt der 2-G-Regelung unterworfen blieben, seien nicht erkennbar.
Schwerwiegende öffentliche Interessen, die einer vorläufigen Außervollzugsetzung der danach voraussichtlich rechtswidrigen Regelung entgegenstünden, seien nicht gegeben. Unter Berücksichtigung der in den zurückliegenden Corona-Verordnungen getroffenen Infektionsschutzmaßnahmen und des aktuellen Infektionsgeschehens auch im Land Niedersachsen sei die 2-G-Regelung im Einzelhandel kein wesentlicher Baustein in der Strategie der Pandemiebekämpfung des Landes Niedersachsen. Dies folge auch nicht aus der maßgeblich politischen Festlegung in der Besprechung der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 2. Dezember 2021.
Die Außervollzugsetzung der sog. 2-G-Regelung im Einzelhandel wirkt nicht nur zugunsten der Antragstellerin in diesem Verfahren. Sie ist vielmehr in ganz Niedersachsen allgemeinverbindlich.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Der Beschluss wird zeitnah in der kostenfrei zugänglichen Rechtsprechungsdatenbank der Niedersächsischen Justiz (www.rechtsprechung.niedersachsen.de/) veröffentlicht. Vor diesem Hintergrund wird gebeten, von individuellen Anfragen zur Übersendung des Beschlusses abzusehen.
.
In Bayern gilt eine vergleichbare Regeung für Hotels
Vollig unbeachtet ist in diesem Zusammenhang gebliegen, daß es für die Hochschulen iund für das Beherbergungswesen in Bayern eine vergleichbare Regelung gibt:
§ 5 Geimpft oder genesen (2G)
(1) Im Hinblick auf geschlossene Räume darf der Zugang zu
- 1.der Gastronomie, dem Beherbergungswesen, den Hochschulen, Bibliotheken und Archiven, zu außerschulischen Bildungsangeboten einschließlich der beruflichen Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie Musikschulen, Fahrschulen und der Erwachsenenbildung und infektiologisch vergleichbaren Bereichen, Veranstaltungen von Parteien und Wählervereinigungen und
- 2.Dienstleistungen, bei denen eine körperliche Nähe zum Kunden unabdingbar ist und die keine medizinischen, therapeutischen oder pflegerischen Leistungen sind,
(3) Abweichend von Abs. 1 können zugelassen werden:
- 1.Personen im Rahmen der Durchführung von Prüfungen sowie für zwingend erforderliche und unaufschiebbare nichttouristische Beherbergungsaufenthalte bei Vorlage eines Testnachweises nach § 4 Abs. 6 Nr. 1,
- 2.minderjährige Schülerinnen und Schüler im Sinne von § 4 Abs. 7 Nr. 2 in der Gastronomie sowie im Beherbergungswesen,
- 3.Personen im Rahmen der Durchführung laufender Prüfungsblöcke, die bereits vor dem 24. November 2021 begonnen haben.