Cyborg-Bienen aus China: ein Apparat steuert den Flug von Bienen auch für militärische Zwecke

Quelle: Von USGS Bee Inventory and Monitoring Lab from Beltsville, Maryland, USA - Diphaglossa gayi, f, side, chile_2014-08-04-18.17.33 ZS PMax, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=34780683

PEKING – Chinesische Wissenschaftler können mit Hilfe eines selbst entwickelten „Gehirn-Steuerungsgerät“ den Flug einer Biene gegen deren „Willen“ steuern und schaffen damit ein Hybrid aus Lebewesen und Technik.

,

.

Am Beijing Institute of Technology hat das Team um Professor Zhao Jieliang das leichteste Insekten-Gehirn-Kontrollgerät der Welt entwickelt um so das Verhakten von bestimmten Insekten mit Hilfe einer menschengemachten Technologie steuern zu können.

Das Insekten-Gehirn-Kontrollgerät wiegt nur 74 Milligramm und wird an Bienen angebracht. Es greift mit Hilfe von drei Nadeln in das Gehirn der Tiere ein und bewirkt durch elektronische Impulse eine Präzisionssteuerung von deren Flug.

Der korrespondierenden Studie ist dazu entnehmbar: Diese Cyborg-Bienen könnten für militärische Aufklärung und Bergungsaktionen verwendet werden. Dazu meinen die Wissenschaftler:

Die Integration biologischer Prinzipien in künstliche Intelligenz, Robotik und Nanotechnologie stellt einen transformativen Innovationsansatz dar und bietet funktional überlegene, ökologisch nachhaltige und energieeffiziente Lösungen.

Durch die Auseinandersetzung mit aktuellen Herausforderungen der bioelektronischen Integration, der computergestützten Optimierung und ethischer Aspekte kann zukünftige Forschung neue Wege im biomimetischen Design erschließen und den Weg für technologische Fortschritte der nächsten Generation ebnen, die von den effizientesten biologischen Vorbildern der Natur – Insekten – angetrieben werden.

Dieser Ansatz zeigt jetzt bereits die Innovationskraft der Verschmelzung von Biologie und Technik und das Potenzial zur Anwendung in verschiedenen Szenarien.

.

Der chinesische Insekten-Cyborg

Als „Cyborgs“ bezeichnet man Mischwesen aus einem biologischen Organismus und einer Maschine. Der Begriff ist ein vom englischen „cybernetic organism“ (kybernetischer Organismus) abgeleitetes Akronym. Oftmals wird der Begriff verwendet, um ein Lebewesen zu beschreiben, dessen Körper, mit Ausnahme des Gehirns, dauerhaft durch künstliche Elemente ergänzt oder erweitert wurde.

Dieser Gedanke ist nicht neu und wenn man diesen Begriff weit auslegt, fällt sogar ein Herzschrittmacher darunter. Durch die sich  fortentwickelnde Technik und Miniaturisierung dringt diese Möglichkeit aber in immer neue Verhaltensweisen von Lebewesen ein, wie z.B. in die Möglichkeit das Verhakten oder sogar den „Willen“ eines Lebwesens zu beeinflussen. Während bisher der Herzschrittmacher z.B. lediglich organische Funktionen unterstützt ist es mit Hilfe aktueller Technik bereits möglich das Verhalten von Lebewesen, wie z.B. Insekten zu beeinflussen und deren Flugbahn technisch vorzudefinieren.

Aktuell liefern sich Nationen einen intensiven Wettlauf um die Cyborg-Technologie. Die US-amerikanische Defence Advanced Research Projects Agency (DARPA) war einst führend in dieser Forschung und Japan folgte dicht dahinter. Doch nun sticht China Dank großzügiger staatlicher Förderung und einer boomenden Elektronikindustrie auf diesem Gebiet hervor.

Am Beijing Institute of Technology hat das Team von Professor Zhao Jieliang den leichtesten Insekten-Gehirn-Controller der Welt entwickelt und vorgestellt.

Dieses Gerät kann die Bewegungen von Bienen steuern und eignet sich damit für militärische und zivile Einsätze, so Wissenschaftler. Mit 74 Milligramm ist er leichter als ein Nektarsack, so ein am 11. Juni im Chinese Journal of Mechanical Engineering veröffentlichter, von Experten begutachteter Artikel.

Als Träger dieses Geräts wurden Bienen ausgewählt, da diese Nektarsäcke tragen können, die 80 Prozent ihrer Körpermasse entsprechen. Und sie können 5 km ohne Pause fliegen. Der Zusammenfassung der Studie kann man dazu entnehmen:

Der Insekten-Gehirn-Controller

Der Insekten-Gehirn-Controller wird den Bienen auf den Rücken geschnallt und durchsticht ihr Gehirn mit drei Nadeln. Das Gerät erzeugt mit elektronischen Impulsen in den Bienen Illusionen, um so dann deren Flug zu steuern. Das betraf insbesondere das Abbiegen nach links, rechts oder den Geradeausflug. In neun von zehn Fällen gehorchte die Biene  diesen Vorgaben.

„Insektenbasierte Roboter erben die überlegene Mobilität, Tarnungsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit an die Umwelt ihrer biologischen Wirte“,

schrieben Zhao und seine Kollegen.

Wie funktioniert der Insekten-Controller

Zhaos Team druckte Schaltkreise auf Polymerfolie. Diese ist zwar flexibel und so dünn wie Insektenflügel, beherbergt aber zahlreiche Chips, darunter eine Infrarot-Fernbedienung.

Die Tests wurden in neun Pulseinstellungen durchgeführt. Die Forscher untersuchten Bienenflügel und Kakerlakenbewegungen. Sie ordneten Signale Bewegungen zu, ließen Bienen in die Kurve gehen und Schaben lange, gerade Wege mit geringen Abweichungen zurücklegen.

Der Entwicklungsstand derartiger Geräte

Bisher kam der leichteste Cyborg-Controller aus Singapur und wog dreimal so viel.

Der Controller konnte Käfer und Schaben befehligen, doch diese krochen auf kurze Distanz relativ langsam und ermüdeten dann schnell. Bei Schaben ist das bereits nach 10 Impulsen der Fall.

Hinzu kommt: Ein Signal löst bei verschiedenen Insekten unterschiedliche Bewegungen aus, so die Forscher.

Ausblick

Bienen benötigen Strom. Eine langlebige Batterie wiegt aber aktuell 600 mg, was viel zu schwer für eine Biene ist. Außerdem verweigern aktuell noch ihre Beine und ihr Bauch die Befehle.

„Zukünftige Forschung wird die Präzision und Wiederholbarkeit der Insektenverhaltenssteuerung durch die Optimierung von Stimulationssignalen und Steuerungstechniken verbessern“,

schrieb Zhaos Team.

„Gleichzeitig wird die Erweiterung der Funktionsmodule des Steuerungsrucksacks die Umgebungswahrnehmung insektenbasierter Roboter verbessern und ihren Einsatz in komplexen Einsatzumgebungen wie Aufklärungs- und Ortungsmissionen vorantreiben“,

fügten sie hinzu.

Die neuen Geräte bieten verbesserte Tarnung und längere Betriebsdauer als bisherige Modelle.

Auch ein militärischer Einsatz?

Die Cyborg-Biene könnte als militärischer Späher dienen oder in den Ruinen eines Erdbebens nach Überlebenden suchen, meinen die Wissenschaftler.

Das Konzept befindet sich in permanenter Weiterentwicklung:

„Im Vergleich zu synthetischen Alternativen weisen sie eine verbesserte Tarnung und eine längere Einsatzdauer auf, was sie für verdeckte Aufklärung in Szenarien wie Häuserkämpfen, Terrorismusbekämpfung und Drogenbekämpfung sowie bei kritischen Katastrophenhilfeeinsätzen von unschätzbarem Wert macht“,

fügten sie hinzu.