BURGHAUSEN – Die längste Burg Europas wartet seit Corona mit einer neuen Attraktion auf. Auf dem Parkplatz vor dem Eingang der Burg ist jeder zweite Parkplatz durchgestrichen. Auf eine Anfrage der AfD in der Stadtratssitzung am 17.6.2020 erklärte sich der Bürgermeister für unzuständig, weil dieser Parkplatz im Eigentum der bayerischen Schlösser- und Seenverwaltung liege. Der während der Stadtratssitzung anwesende Verwalter der Burg gab an, daß es sich um eine Maßnahme der bayerischen Schlösser- und Seenverwaltung wegen Corona handeln würde.
Die Stadt Burghausen hat schon viele Katastrophen über sich ergehen lassen müssen. Auch gesundheitliche Katastrophen, wie z.B. die Pest, die insbesondere im 30-Jährigen Krieg und kurz danach mehrfach auftrat. So kam es Ende 1648 zu einer erneuten Pestwelle in Burghausen, von der dann erstmals genauere Aufzeichnungen über die Todesfälle überliefert sind. Die Pest wütete dann noch bis 1650, und forderte 300 Tote in der Stadt und verhältnismäßig noch viel mehr unter den Bauern in der Umgebung. Zur Bewältigung der Suche und Pflege der Kranken wurden sogar die Kapuziner aus Braunau und Mühldorf in die Stadt geholt.
Mit dem damaligen Wissensstand über die Seuche wäre es vielleicht noch erklärbar gewesen, damals jeden zweiten Anleineplatz oder Tränkplatz für ein Pferd zu streichen, um die Gefahr zu reduzieren, daß sich Menschen anstecken.
„Ich bastle mir ein Verkehrsschild“
Manche Burghauser staunten nicht schlecht, als sie die letzten Wochen die Burg besuchen wollten. Da wurde man bei der einfahrt zum Parkplatz seit Mitte Mai 2020 mit einer bunten Mischung aus Verkehrszeichen der StVO und selbst gebastelten Hinweistafeln begrüßt, auf welchen dann steht, daß wegen Corona Autos 2 Meter Platz zueinander haben müssen! Präzise stand auf dem Schild:
„Parkplatzregeln: Bitte parken sie Ihr Fahrzeug mit zwei Metern Abstand zum nächsten Fahrzeug“
Zur Verdeutlichung dieser „Vorschrift“ befanden sich auf einmal auf jedem zweiten Parkplatz Kreuze!?
Ein Blick in die StVO zeigt jedoch, daß es scheinbar kein allgemein anerkanntes Verkehrszeichen gibt, das rechtswirksam das bestehende Verkehrszeichen „Parkplatz“ aufheben könnte, oder einen Abstand zum Nachbarfahrzeug von 2 Metern vorschreiben könnte. Im Übrigen ist nirgendwo zu erkennen, wo denn die öffentliche Straße endet und der Grund der Schlösser und Seenverwaltung beginnt. Auch ist nirgendwo erkennbar, ob in diesem Gebiet die StVO überhaupt gilt oder nicht?
Klar ist nur, daß dort Verkehrsschilder aufgestellt sind, die in der StVO stehen. Außerdem sind die Parkplätze mit mit Markierungen nach Anlage 2 Nr. 74 des § 41 StVO gekennzeichnet. Da stellt sich dann schon die Frage, ob ein derartiges „Durchstreichen“ überhaupt rechtswirksam vorgenommen wurde, oder nicht? Und wie viele Strafzettel deswegen verteilt wurden?
Ob es hingegen seit Mitte Mai 2020 mit dem zur Verfügung stehenden Wissensstand erklärbar ist, jeden zweiten Parkplatz für ein KFZ zu streichen, darf bezweifelt werden und wird von der AfD bezweifelt.
Können sich Autos mit dem Corona-Virus infizieren, Autos von Behinderten sind jedoch immun gegen das Virus?
Wenn man also davon ausgeht, daß KFZ nicht Träger des Corona-Virus sein können, dann sollte es auch Konsens sein, daß KFZ keinen Abstand von 1,5 oder 2 Meter zueinander haben brauchen. Und wenn KFZ keinen Abstand von 1,5 oder 2 Meter zueinander haben brauchen, stellt sich die Frage, welchen Mehrwert diese angebliche Reduktion der Parkplätze um 50% bringen soll?
Doch damit noch nicht genug: Vielleicht war der Schöpfer dieser Maßnahme auch noch der Auffassung, daß Autos von Behinderten sich nicht mit dem Corona-Vorus anstecken können und deswegen findet sich eine derartige Reduktion von Parkraum auf dem Behindertenparkplatz paradoxerweise nicht. Dies erstaunt umso mehr, als doch gerade beim Corona-Virus alle Studien im Konsens sagen, daß das Virus für multimorbide Personen,als für viele Behinderte am gefährlichsten ist. Hieraus sollte man vernünftigerweise schließen, daß im Zuge der Fürsorgepflicht des Staates besonders gefährdeten Personengruppen der Zugang erschwert werden sollte, statt erleichtert.
Außerdem ist zumindest vor der Burg in Burghausen nirgendwo erkennbar, daß die dortigen Parkplätze ausschließlich für Besucher der Burg reserviert sind. Weil dem so ist, parken dort auch Besucher der nahe gelegenen evangelischen Kirche oder von in der Nähe befindlichen Hotels. Nicht zuletzt ist die Burg zu Burghausen einen Kilometer lang und breit genug, um im Konsens mit den so genannten „Hygienemaßnahmen“ tausende Besucher aufnehmen zu können, ohne daß diese in den fünf Burghöfen die Abstandsregeln zueinander missachten könnten.
Die merkwürdige Welt der Schlösser und Seenverwaltung
Dies bestätigt auch die Seite der Schlösser- und Seenverwaltung, die Beschränkungen nur für die Führungen in ihren Analgen vorsieht:
Genaue Angaben finden Sie ggf. auf den Webseiten der jeweiligen Häuser.
Der Seite der Schlösser- und Seenverwaltung ist außerdem zu entnehmen, daß es in geschlossenen Räumen nur begrenzte Aufnahmekapazitäten gibt, die aber im Freien wegfallen. Im Freien gilt demnach nur das Abstandsgebot.
Nach dem Lesen dieses letzten Satzes fragt man sich schon, welchen Sinn es denn macht, die Parkplätze zu reduzieren, wenn man sich den Freibereich in beliebiger Anzahl aufhalten darf? Ist nicht schon das ein Widerspruch in sich selbst?
Klar, „Mundschutz“, im Volksmund auch „Maulkorb“ genannt, muß man im gesamten Gebäude tragen.
Auch die Gastronomie ist im Rahmen der sonst auch geltenden Möglichkeiten geöffnet:
Ist die zugehörige Gastronomie geöffnet?
Genauere Informationen findet man auf den Seiten der einzelnen Anlagen. Dort steht z.B. bei Schloss Linderhof tatsächlich etwas von Reduktion von Parkplätzen:
Für den Besuch all unserer Sehenswürdigkeiten gelten die bekannten Hygiene- und Verhaltensregeln.
Bei der Seite der Burg zu Burghausen jedoch nicht:
Für Familien gibt es Entdeckerbögen. Die Aussichtsplattform ist momentan leider nicht zugänglich.
Für den Besuch all unserer Sehenswürdigkeiten gelten die bekannten Hygiene- und Verhaltensregeln.
Da stellt sich dem Leser natürlich die Frage, welchen Sinn es macht, Interessierten die Reduktion der Parkplätze zu verschweigen und sie dann, wenn sie mit dem Auto angereist sind, damit zu überraschen, daß 50% der Parkplätze gar nicht vorhanden sind?
In der Vorstellungswelt der Schlösser und Seenverwaltung kommen Coronainfizierte offenbar nur mit dem Auto und nie zu Fuß, mit dem Rad oder ÖPNV
Bleibt letztendlich noch die Frage, ob durch diese Radikalmaßnahme des „Rasierens“ der Kapazitäten von 50% vielleicht jemand glauben könnte, so den Publikumszustrom um 50% zu reduzieren. Mit dem selben Argument müßten dann aber auch die Bushaltehäuschen und die Fahrradständer halbiert werden. Solche Maßnahmen waren aber nirgendwo ersichtlich. Ganz im Gegenteil! Der Fahrradständer war völlig unberührt, sodaß es einer Gruppe Radfahrer jederzeit möglich war die Räder im 20-cm-Abstand nebeneinander abzustellen und anzuschließen.
Das gleiche gilt für die in der Nähe befindliche Bus-Haltestelle des ÖPNV.
Da bleibt der Eindruck zurück: In der Vorstellungswelt der Schlösser und Seenverwaltung könnten die Autos mit Corona-Viren infiziert sein, aber auch nur dann, wenn sie von Nichtbehinderten gefahren werden. Fußgänger, Nutzer des ÖPNV, Fahrradfahrer können in der Vorstellungswelt der Schlösser und Seenverwaltung offenbar keine Träger des Corona-Virus sein und dürfen daher in beliebiger Zahl herbeiströmen.
Franz Bergmüller fragt bei der Staatsregierung nach:
1. STVO
1.1. Ist der Parkplatz auf dem Areal der Burg zu Burghausen, das vor der Sprengung durch Napoleon die Hauptbefestigung des Eingangs zur Burg darstellte, im Besitz / Eigentum der bayerischen Schlösser- und Seenverwaltung?
1.2. Muss auf dem in 1.1. abgefragten Areal auf die Geltung der StVO separat hingewiesen werden, um diese für Besucher rechtswirksam werden zu lassen, oder ist das in 1.1. abgefragte Areal Teil des normalen Straßennetzes (Bitte begründen)?
1.3. Gilt auf dem in 1.2. abgefragten Areal die StVO auch ohne Hinweisschild (Bitte begründen)?
2. Parkmarkierungen Anlage 2 zu § 41 Absatz 1 Nr. 74 Vorschriftzeichen
2.1. Wer ist legitimiert auf dem in 1 abgefragten Areal Verkehrszeichen aufzustellen (Bitte Rechtsgrundlage angeben)?
2.2. Welche Verkehrszeichen darf die in 2.1. abgefragte Person aufstellen, nur solche die in der StVO gelistet sind, oder auch selbst kreierte Phantasiezeichen?
2.3. Wie werden die in 2.2. abgefragten Zeichen für den Betroffenen rechtswirksam, wenn nirgendwo erkennbar ist, daß es sich um sozusagen „privaten“ Grund der Schlösser- und Seenverwaltung handelt?
3. Kreuze
3.1. Ist ein auf der Straße aufgemaltes Kreuz ein nach der StVO zugelassenes Verkehrszeichen?
3.2. Wenn ja in 3.1., welche Nummer in der StVO, z.B. Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 hat das in 3.1. abgefragte Kreuz?
3.3. Wenn ja in 3.1., welche Wirkung entfaltet dieses?
4. Physische Hindernisse
4.1. Ist ein physisches Hindernis, wie z.B. ein Stein, ein Balken, eine Pylone etc., das auf einem nach Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 Nr. 74 gekennzeichneten Parkplatz positioniert wurde, ein nach der StVO zugelassenes Verkehrszeichen?
4.2. Wenn ja in 3.1., welche Nummer in der StVO, z.B. Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 hat ein solches physisches Hindernis?
4.3. Wenn ja in 3.1., welche Wirkung entfalten diese?
5. Erzwingen der Reduktion der Besucher
5.1. Welche Maßnahmen wurden eingeleitet, um die mit dem Fahrrad ankommenden Besuchswilligen zu reduzieren (Bitte generell für die bayerischen Schlösser und Seen und für die Burg in Burghausen speziell ausführen)?
5.2. Welche Maßnahmen wurden eingeleitet, um die mit dem Bus oder zu Fuß ankommenden Besuchswilligen zu reduzieren (Bitte generell für die bayerischen Schlösser und Seen und für die Burg in Burghausen speziell ausführen)?
5.3. Welche Maßnahmen wurden eingeleitet, um für Corona-Infektionen besonders schutzbedürftige Personen, also multimorbide Personen, also Personen die oft einen Behindertenausweis haben, vor Ansteckungsgefahren zu bewahren (Bitte generell für die bayerischen Schlösser und Seen und für die Burg in Burghausen speziell ausführen)?
6. Schikane von Autofahrern
6.1. Wenn nein in den Fragen 5.1 bis 5.3., aus welchem Grund hat die Staatsregierung diese Begrenzung exklusiv für KFZs vorgenommen?
6.2. Welche Argumente führt die Staatsregierung an, daß der durch die abgefragten Maßnahmen entstandene Eindruck falsch sei, daß dies eine weitere „Erzieherische Maßnahme“ sei, um exklusiv Autofahrer zu schikanieren?
6.3. Aus welchen Gründen versagt die Schlösser- und Seenverwaltung Behinderten diesen in 6.2. abgefragten Schutz (Bitte insbesondere darauf eingehen, daß zu dieser Personengruppe die für Corona-Infektionen am höchsten gefährdeten Personen, wie ältere Personen oder multimorbide Personen zu zählen sind)?
7. Legitimer Zweck
7.1. Welche Stelle hat die in 3 und 4 abgefragten Maßnahmen angeordnet (Bitte Rechtsgrundlage angeben)?
7.2. Welchen legitimen Zweck verfolgt die in 7.1. abgefragte Stelle (Bitte hierbei die Wirkung angeben, die auf die Verteilung von Personen auf die Freiflächen der fünf Höfe einer 10000 Meter langen Burganlage durch das optische oder physische Streichen von 50% der Parkplätze, also in Burghausen ca. 25 Parkplätze erzielt werden sollte)?
7.3. Nutzt die in 7.1. abgefragte Stelle mit dem Anbringen eines physischen Hindernisses oder aufgemalten Kreuz in Gestalt eines ein legitimes Mittel (Bitte Rechtsgrundlage angeben, die es der Schlösser und Seenverwaltung gestattet, z.B. nach StVO eingerichtete Parkplätze benutzungsunfähig zu machen)?
8. Sonstige Verhältnismäßigkeitsprüfung
8.1. Ist das in 7.3. abgefragte Mittel geeignet, den in 7.2. abgefragten Zweck zu erreichen (Bitte hierbei insbesondere darauf eingehen, dass der Zugang für Fußgänger und Ankommende per Bus und Fahrrad und Motorrad nicht behindert wurde)?
8.2. Ist das in 7.3. abgefragte Mittel erforderlich, den in 7.2. abgefragten Zweck zu erreichen (Bitte hierbei insbesondere auf die alternativen Steuerungsmöglichkeiten eingehen, wie z.B. Zutritt auf die Freiflächen nach Reservierung o.ä.)?
8.3. Aus welchen Gründen sieht die Staatsregierung die Schwere des in 7.3. abgefragten Mittels der Unmöglichmachung des Parkens als in Verhältnis stehend zu dem in 7.2. abgefragten Zweck?