Großbritanniens Justizministerin will für Straftäter einen digital überwachten Strafvollzug und eine digital überwachte Umerziehung einführen

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LONDON – Großbritannien möchte Digitalität zur Umerziehung von Strafgefangenen einsetzen und möchte – laut einem in der Presse zitierten Insider  – „von den Überwachungsstaaten lernen, die ihre eigenen Bürger ausspionieren und die gleichen Taktiken bei unseren Kriminellen anwenden“.

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„Was einmal gedacht wurde, kann nicht mehr zurückgenommen werden.“ hat der Schweizer Dramatiker Friedrich Dürrenmatt seiner Figur Möbius 1962 in den Mund gelegt. Wie geht man also mit den zusätzlichen Möglichkeiten um, die die Digitalität für das Zusammenleben von Menschen eröffnet, z.B. im Strafvollzug?

Wie auf Knopfdruck haben in Großbritannien mehrere Minister Gedanken vorgestellt, wie man Bürger zuhause einsperren könnte. „Selbstverständlich“ betrifft es (aktuell noch) nur diejenigen, die das auch verdient haben, also verurteilte Täter, die als Strafgefangene einsitzen.

Nach den „Bezahlkarten für Flüchtlinge“, die in Bayern so einrichtbar ist, daß sie nur in einem Landkreis gilt (vgl. Pressekonferenz Min. 27:55) möchte nun Großbritannien ein digitales Instrument einführen, das ebenfalls die Möglichkeit erschwert, sich ungehindert überall hin zu bewegen. In diesen beiden Fällen wird also mit Hilfe von Digitalität die Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Im ersten Fall sind „Flüchtlinge“ die Gruppe, auf die diese neue digitalen Möglichkeiten Anwendung finden und im zweiten Fall sind es Strafgefangene.

Das zweite Beispiel zeigt, daß der Staat beginnt die Digitalität dazu zu nutzten, „Hochsicherheitsgefängnisse“ letztlich überall einrichten zu können. Auch zu Hause, in den eigenen vier Wänden.

Hinzu kommt eine in Großbritannien bereits weit ausgerollte Gesichtserkennungstechnologie. Diese braucht dann nur noch flächendeckend als Überwachungsmaßnahme eingesetzt werden und schon ist jeder Bürger hiervon betroffen und nicht mehr nur derjenige, der aktuell als Verdächtiger und/oder verurteilter Straftäter mit diesen Möglichkeiten, die die Digitalität nun bietet, konfrontiert wird.

Und: sobald dieses System erst einmal eingerichtet ist und betriebsbereit ist, dann ist es ein Kinderspiel, dieses in Zukunft für andere Zwecke „umzufunktionieren“, beispielsweise zur Erfassung und Umerziehung von Personen, die kein Gesetz brechen, sondern lediglich politisch/ideologisch/in ihrer Redefreiheit Gebrauch machen und „verbotene Worte“ aussprechen, oder die sich nicht „impfen“ lassen wollen.

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Alle ziehen am selben Strang

Aus welchen Gründen auch immer sorgt Großbritannien nämlich für einen steten Zustrom Illegaler, die man dann – früher oder später – viel zu oft in Gefängnissen wiederfindet. Parallel sorgt die britische Regierung aber nicht für zusätzliche Haftplätze.

Deswegen sieht sich die britische Regierung angeblich gezwungen aktuell Tausende von Häftlingen vorzeitig zu entlassen wurden, nachdem sie 40 Prozent statt der Hälfte ihrer Strafe verbüßt ​​hatten. Mehr als 1.200 Kriminelle, die länger als fünf Jahre inhaftiert waren, werden im Rahmen des Entlassungsprogramms am Dienstag (Anm. wohl der 24.10.) vorzeitig freigelassen.

Nun hat die britische Regierung vorgeschlagen, wie sie dieses – hausgemachte – Problem lösen könnte. Und wir verraten schon einmal eines: die naheliegendste Lösung, also eine Reduktion des Zustroms potentieller Krimineller, schlägt die Regierung nicht vor; ganz so, als ob man sie noch zu etwas gebrauchen könnte. Die zuständige Ministerin schreibt dazu:

Vor September waren die Gefängnisse für erwachsene Männer 18 Monate lang zu über 99 % ausgelastet, und das System stand kurz vor dem Zusammenbruch mit schwerwiegenden Folgen für die öffentliche Sicherheit und das gesamte Strafjustizsystem... Die Zahl der Gefängnisinsassen steigt jedes Jahr um etwa 4.500. Bei der derzeitigen Nachfrage müssten wir drei Megagefängnisse pro Jahr bauen. … Neue Gefängnisplätze werden weiterhin ein wichtiger Teil unserer Lösung sein. Wir sind entschlossen, das Gefängnisbauprogramm fortzusetzen, das die letzte Regierung versprochen, aber nicht umgesetzt hat… Egal wie schnell wir bauen, die steigende Nachfrage wird das Angebot übersteigen.

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Alle ziehen am selben Strang

Verschiedene Ministerien scheinen in Großbritannien aktuell Vorschläge auszuarbeiten, die darauf abzielen, so viele Menschen wie möglich zu Hause zu halten.

Und diese Minister zeigen sich sehr optimistisch, was die Überwachungsmöglichkeiten verschiedener tragbarer Geräte angeht, die bis hin zur Ermöglichung der Einrichtung „virtueller Gefängnisse“ reichen (diesmal für echte Kriminelle und nicht für die allgemeine Bevölkerung, die von den Ausgangssperren betroffen ist).

Die Verantwortlichen im Gesundheitswesen würden es begrüßen, wenn die Menschen sich, wann immer möglich, grundsätzlich selbst um ihre Gesundheit kümmern würden. Sie sind bereit, tragbare Geräte an Patienten auszugeben, mit denen sie zu Hause alles vom Blutzucker bis zur Krebsheilung überwachen können.

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Digitaltechnik ermöglichte die Verlagerung eines Teils des Strafvollzugs nach Hause

Und die Ministerin hat auch schon Ideen. Ihrer Webseite kann man dazu entnehmen:

Was aber wäre der Unterschied zwischen Hausarrest und diesen „Alternativen zum Gefängnis“?

Auch Verbrecher sollen nun in den Genuss von „Hausarrest“ kommen

Hausarrest wird in Großbritannien normalerweise für geringfügige Taten  verhängt oder um es den Häftlingen zu ermöglichen, die letzten sechs Monate ihrer Haft wegen schwerer Taten unter Hausarrest abzusitzen (im Vereinigten Königreich nennt man dies „HDCs“, was ein gewisses Maß an technologiegestützter Überwachung beinhaltet).

Was Mahmood (und diejenigen die hinter ihrem Vorstoß stehen) betrifft, besteht die von ihr präsentierte Lösung für den durch die Regierung selbst verursachten „Platzmangel in den Gefängnissen“ nun darin, auch Tätern schwerer Straftaten, ihre schweren, über fünf Jahre dauernden Haftstrafen, für 12 Monate auch zuhause verbüßen zu lassen.

„Theoretisch könnte ein Richter eine Strafe in Form von Hausarrest verhängen. Wir haben jetzt die Möglichkeit, die Strafe außerhalb eines Gefängnisses neu zu gestalten“,

sagte Mahmood.

Alle ziehen am selben Strang?

Um dies auch umzusetzen erklärt sich die neue Labour-Regierung auch dazu bereit, mit den jüngst abgewählten Tories „zusammenzuarbeiten“. Das hat bei dem Zweiparteiensystem in Großbritannien zur Folge, daß eine Rückabwicklung dieses, den gesunden Menschenverstand ziemlich verwirrende, wenn nicht gar verletzenden Ansatz praktisch unmöglich zu machen.

Dem Telegraph zufolge wird Mahmood voraussichtlich David Gauke,

„den ehemaligen Justizminister der Konservativen, als Leiter der Überarbeitung des Strafmaßes bestätigen. Ziel dieser Überarbeitung ist es, sicherzustellen, dass genügend Platz bleibt, um die gefährlichsten Kriminellen einzusperren, Straftäter zu ermutigen, der Kriminalität den Rücken zu kehren und das Strafmaß außerhalb des Gefängnisses auszuweiten.“

Moderne Technik machts möglich

Und während die Heimarbeit – zumindest in Großbritannien – auf Gegenwind stößt, scheint auch die Praxis, sich zu Hause zu erholen oder sich selbst einzusperren, die Nebenkosten selbst zu bezahlen usw., an Popularität zu gewinnen.

Mittlerweile gibt es GPS-Sender, -Telefone und -Uhren (alle „smart“ – also mit der Fähigkeit, rund um die Uhr eine Überwachung durchzuführen –, doch ob dies legal ist und in welchen Rechtsräumen, muss aber in Großbritannien noch geklärt werden).

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Von Diktaturen lernen!

Das britische Boulevard-Blatt SUN zitiert einen „Insider“ des britischen Gefängniswesens, der ganz offen zugibt:

„Wir müssen von den Überwachungsstaaten lernen, die ihre eigenen Bürger ausspionieren und die gleichen Taktiken bei unseren Kriminellen anwenden.“

Es geht erstens um eine Vereinfachung des Strafvollzugs für die Behörden

Mit Hilfe von Digitalität kann ein Teil des Strafvollzugs nach außerhalb des Gefängnisses verlegt werden. Der britische Telegraph zitiert hierzu einen Insider mit den Worten:

„Deshalb interessiert mich, wie Bestrafung außerhalb eines Gefängnisses aussieht. Es muss immer noch eine Bestrafung sein, ihre Freiheit muss immer noch eingeschränkt werden. Die Menschen müssen wissen und glauben, dass es Konsequenzen hat, wenn sie unsere Gesetze brechen.“

Dies würde dem Staat offenbar enorme Summen an Geld sparen:

Alternativen auf Gemeinschaftsebene werden notwendig sein, da im Rahmen der Überprüfung die Abschaffung der meisten kurzen Freiheitsstrafen von unter sechs Monaten oder möglicherweise einem Jahr in Erwägung gezogen wird, für die sich Herr Gauke als Justizminister eingesetzt hatte.

Dabei gab die britische Justizministerin ganz offen zu, daß diese zusätzliche Wirkung im Kern eine Strafverschärfung darstellt:

Justizministerin Shabana Mahmood sagte gestern, dass die Bestrafung außerhalb des Gefängnisses „restriktivere“ Strafen als eine lebenslange Haftstrafe sein könne.

Es geht aber nicht nur um Strafvollzug, sondern es geht zusätzlich zum Strafvollzug auch noch um Umerziehung

Und der britische Telegraph zitiert eine Quelle aus dem Strafvollzug, die von dieser zusätzlichen Möglichkeit begeistert ist, nicht nur den Strafvollzug sicherzustellen, sondern mit Hilfe von Digitalität nun außerdem die zusätzliche Möglichkeit zu haben, Strafgefangene umzuerziehen:

„Ich bin sicher, dass bei der Überprüfung alle verschiedenen Mechanismen untersucht werden, die es gibt, um Straftäter in der Gesellschaft zu überwachen, sie wirksam zu beaufsichtigen und ihr Verhalten danach in Richtung einer Rehabilitationsmaßnahme zu lenken, von der wir wissen, dass sie die Rückfallquote senkt.“

Angeblich wollen die Gefängnisbeamten diese Umerziehung:

Die Gefängnisbeamten möchten im Rahmen der Untersuchung auch den Einsatz von „Nudge“-Uhren (Anm. GPS-Uhren) untersuchen, die von verurteilten Straftätern getragen werden und an die Bewährungshelfer Nachrichten senden können, um dazu beizutragen, ihr Verhalten und ihr „chaotisches“ Leben zu ändern.

Was sich die britische Justizministerin darunter vorstellt führt die Muslimin an einem konkreten Beispiel aus:

„Es ist eine traurige Tatsache, dass sich Trinker in vielen unserer heutigen Gefängnisse nur allzu leicht etwas zu trinken besorgen können. Aber wenn man einen Nüchternheitstest macht, wird ihr Schweiß alle 30 Minuten gemessen und ihre Einhaltungsrate liegt bei 97 Prozent. Ihre Abstinenz ist fast so streng wie meine.“

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Wie kann das umgesetzt werden?

An welche digitalen Instrumente denken die britischen „Insider“, wenn sie über die Umerziehung von Strafgefangenen sprechen?

„Wir sind besonders an Nudge-Technologien interessiert, wie etwa Armbanduhren, die sagen: ‚

sagte eine hochrangige Quelle aus dem Gefängnisdienst.

Das sind keine Dinge, die Ihre Freiheit einschränken, aber sie sind sehr hilfreich, wenn es darum geht, Verhaltensregeln einzuhalten.“

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Wer nimmt diese Umerziehung vor?

Wenn dann also die Dauer des Hausarrests von 6 Monate auf 12 Monate verdoppelt wird und wenn Richter die Möglichkeit erhalten digital überwachten Hausarrest statt Gefängnis zu verhängen, braucht es natürlich viel mehr „Bewährungshelfer“. Auch daran hat die britische Regierung gedacht:

Die Maßnahmen zur HDC- und Rückrufreform werden höhere Anforderungen an den Bewährungsdienst stellen. Zusätzlich zu unserer Verpflichtung, bis Ende März 2025 mindestens 1.000 zusätzliche Bewährungshelfer in Ausbildung zu finanzieren, wird HMPPS auch prüfen, welche betrieblichen Änderungen erforderlich sein könnten, um den Fokus weiterhin auf Personen mit höherem Risiko zu richten, die in der Gemeinde beaufsichtigt werden, und sicherzustellen, dass die Öffentlichkeit weiterhin geschützt ist.

Wenn sich aber mit der digitalisierten Überwachung die Art der Strafe ändert, weil zur reinen Verbüßung noch eine Umerziehung hinzukommt, dann dürfte sich in Zukunft auch das Berufsbild des Bewährungshelfers ändern. Er dürfte in Zukunft dann wohl auch für die Umerziehung seiner Klienten zuständig werden.