Stadtratssitzung Burghausen: AfD will Stromerzeugung und Ackerbau gleichzeitig ermöglichen, Altparteien lehnen ab

Quelle: Stadtsaal_Burghausen; Wikipedia

BURGHAUSEN – Altparteien lehnen im Stadtrat den Antrag der AfD ab, die Stromversorgung der Stadt krisensicher, schwarzstarfähig und inselbetriebsfähig auszugestalten.

 

Am heutigen 6.4.2022 ging es im Stadtrat von Burghausen hauptsächlich um die neue Solaranlage der stadteigenen Energieversorgungsfirma im Hieringer Feld (geplant sind 4 Hektar, also 40.000 Quadratmeter) sowie um den verlorenen Prozess um die Einbahnstraßenregelung an der Alten Grenzbrücke in Burghausen.

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Stadtrat wandelt gegen die Stimme der AfD Ackerland in eine Gewerbefläche zur Stromproduktion um

Die Stadt will im Hieringer Feld Ackerland, auf dem auch Getreide angebaut wurde, der Nahrungsmittelproduktion entziehen und diese Fläche zur Produktion von Strom umwidmen. Die AfD geht diesen Weg nicht mit, kann sich aber mit ihrem Vorschlag, mit Hilfe einer Agri-PV-Anlage sowohl Nahrungsmittel, als auch Strom zu produzieren nicht durchsetzen. Alle anderen Vertreter im Stadtrat lehnten diese Idee ab.

Angesichts des Einmarschs der Putin-Truppen in die Ukraine und den damit in diesem Erntejahr zusammenhängenden Ausfall großer Erntemengen an Getreide und Ölsaaten, ist es für die AfD weder wirtschaftlich, noch ethisch zu vertreten, diese Flächen der Nahrungsmittelproduktion zu entziehen und ausschließlich der Energienutzung zuzuführen. Die AfD hatte beantragt, durch innovative Techniken auf diesem Feld eine Doppelnutzung zu ermöglichen, also sowohl Produktion von Nahrungsmitteln, als auch von Strom. Alle anderen Stadtratsmitglieder haben dies abgelehnt!

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Dramatische Ereignisse kündigen sich an und die Stadt schaut weg

Vor der letzten Stadtratssitzung hatte die Weltgeschichte eine neue Randbedingung gesetzt: Durch den Angriff Russlands auf die Ukraine werden in der Ukraine dieses Jahr große Flächen Ackerland nicht bewirtschaftet werden können. Dies treibt die Preise insbesondere für Getreide und Speiseöle in die Höhe.

Der Leiter der weltgrößten Nahrungsmittelhilfebehörde hat derweil eine deutliche Warnung an die europäischen Staats- und Regierungschefs adressiert: Zahlen Sie jetzt mehr, um den weltweiten Hunger abzuwehren, oder erleiden Sie später eine Migrationskrise.

Ende der 1990er Jahre entstand durch die Fusion der Chemiefirmen Astra und Zeneca der weltweit drittgrösste Chemie- und Pharmahersteller. dieser hat wiederum  im Jahr 2000 sein Geschäft mit Saatgut und Pflanzenschutzmitteln mit dem des Konkurrenten Novartis zusammengelegt und asugegliedert, und dieses neue Unternehmen „Syngenta“ getauft. Syngenta hat einen Umsatz von 23 Milliarden USD. Dessen Chef Erik Fyrwald dürfte wohl einen der besten Einblicke in den Agrarmarkt haben und fasst seine Einschätzung in einem Interview wie folgt zusammen:

„«Kommt die Saat zu den Bauern, und bekommen die Bauern die Saat in die Erde?» Denn die Fakten sind dramatisch. 25 Prozent des Weizens weltweit kommen aus der Ukraine und Russland, 50 Prozent der Sonnenblumen aus der Ukraine, 40 Prozent des Kalidüngers aus Russland und Belarus. Weil die Produktionsausfälle zu Preissteigerungen führen, werden sich gemäss dem Syngenta-Chef viele Länder und Hilfsorganisationen weniger Nahrungsmittel als zuvor leisten können.

Ein hoher Brotpreis, ist Fyrwald überzeugt, berge ein hohes Sprengpotenzial.“

Die ersten Folgen sind in den instabilsten Ländern bereits jetzt erkennbar:

Der Libanon ist – aufgrund von Sonderfaktoren, wie einer hohen Abhängigkeit von Importen aus der Ukraine und dem Fehlen von Lagerkapazitäten – das erste Land, welches ein Szenario zu spüren bekommt, das nach der kommenden Ernte im Sommer immer mehr Länder zu spüren bekommen werden. Die hohen Getreidepreise  machen es insbesondere den armen Bevölkerungsschichten schwer, bis unmöglich, sich das tägliche Brot kaufen zu können:

All das ist jetzt schon bekannt. In der Bevölkerung ist dieses Thema längst angekommen.

Auf EU-Ebene werden ökologische Vorrangflächen für die Produktion von Nahrungsmitteln freigegeben. Die den Grünen nahe stehende Heinrich-Böll-Stiftung hält über dieses Thema schlaue Seminare ab und erweckt damit den Anschein, daß sich diesen Partei um dieses Problem kümmern würde. Doch in der praktischen Politik kommt hiervon offenbar nichts an. Aber die Ampel-Regierung in Berlin verhindert die Umsetzung dieser Möglichkeit zusätzliche Nahrungsmittel zu produzieren und trägt dazu zu Lebensmittelknappheit, also zu höheren Preisen und letztendlich auch zu Hungersnöten bei, wie dieser Landwirt ab Min 1:30 aus der Praxis erklärt.

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Tagesordnungspunkt Photovoltaikanlagen im Hieringer Feld

Nach einer Anregung der AfD in der Weihnachtsansprache 2019/2020 hat die Stadt Burghausen diese Idee aufgegriffen und ein neues Geschäftsfeld entwickelt, das Energie produziert und Energie anbietet.

Derzeit ist dies noch auf Strom begrenzt. Bei der Produktion ist die AfD grundsätzlich technologieoffen und spricht sich dafür aus, daß vor Ort die besten Lösungen für die Produktion von Energie gesucht und gefunden werden sollen. Darüber hinaus spricht sich die AfD grundsätzlich dafür aus, qualitativ hochwertigen Strom an 24 Stunden und an 7 Tagen die  Woche herzustellen, der grundlastfähig ist und im Fall eines Blackout des umliegenden Netzes auch weiter produziert und betrieben werden kann, also  inselbetriebsfähig ist.

Daher kommen für Burghausen für die AfD in unter den „ökologischen“ Energieerzeugungsformen erster Linie Wasserkraft und Biogas in Betracht. Erst in zweiter Linie Sonnenenergie und Windkraft überhaupt nicht.

Ein Grund für die Zurückhaltung bei Solarstrom ist, daß dieser bei Sonneneinstrahlung in solchen Massen produziert wird, daß er an der Strombörse schon deswegen kaum mehr etwas wert ist, weil er zur Mittagszeit im Überfluß zur Verfügung steht, und am Abend gar nicht. Ein derartiges Zu- und Abschalten hinterläßt außerdem auf der Sinuskurve des Stroms Kerben oder Spitzen. Empfindliche Verbraucher / Industrieanlagen sind jedoch auf Sinuswellen ohne diese Kerben und Spitzen angewiesen und können durch derartige Kerben/Spitzen Schaden nehmen.

Wenn man in Burghausen auch mit Solar Strom erzeugen möchte, dann ist die AfD dafür, zuerst  den aus der Förderung fallenden, bereits bestehenden Flächen auf den Hausdächern ein Angebot zu machen, da deren Betreiber nach der gesetzlich festgelegten Förderung von 20 Jahren von ihren Stromabnehmern in der Regel  kein Angebot mehr bekommen, den in Kleinanlagen produzierten Strom abzunehmen. Viele von ihnen bauen daher ihre Solaranlagen vom Dach ab, während die Stadt Burghausen diese vom Dach abgebauten Kapazitäten dann im Hieringer Feld wieder zubaut.

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AfD gegen Vernichtung von Ackerflächen und für eine Kombi-Lösung

Die AfD hält eine Umwidmung von Ackerland zur Stromerzeugung für ethisch grundsätzlich nicht vertretbar. Dies hatte die AfD im Stadtrat bereits bei der Abstimmung zum Ausbau der Photovoltaik in der vorletzten Stadtratssitzung klar zum Ausdruck gebracht, mit Photovoltaik als Instrument zur Deckung von Spitzenlasten kein Problem zu haben.

Zur sicheren Versorgung einer Stadtbevölkerung mit Strom ist die Photovoltaik jedoch völlig ungeeignet.

Spätestens seit dem Ukraine-Krieg kommt hinzu, daß eine Produktion von Strom auf Kosten von Ackerland auch ethisch nicht mehr vertretbar ist.

Bereits vor dem

„Rundschreiben „Bau- und landesplanerische Behandlung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen“; Hinweise des Bayerischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr (Stand 10.12.2021)“ 

zu entnehmen:

„Demnach soll mit Grund und Boden sparsam und schonend umgegangen werden; zur Verringerung der zusätzlichen Inanspruchnahme von Flächen sind die Möglichkeiten einer Wiedernutzbarmachung von Flächen, Nachverdichtung und andere Maßnahmen der Innenentwicklung zu nutzen; landwirtschaftlich genutzte Flächen sollen nur im notwendigen Umfang umgenutzt werden (vgl. auch Böden guter Bonität in der Anlage)… (G) Land- und forstwirtschaftlich genutzte Gebiete sollen erhalten werden. Insbesondere hochwertige Böden sollen nur in dem unbedingt notwendigen Umfang für andere Nutzungen in Anspruch genommen werden. Diesen Anforderungen kann insbesondere bei Planung und Realisierung sogenannter Agri-PV, die eine gleichzeitige Nutzung von Flächen für landwirtschaftliche Zwecke und die PV-Stromproduktion ermöglichen, Rechnung getragen werden.“ (Seite 10-12)

„Aus agrarstruktureller Sicht sollte bevorzugt eine möglichst uneingeschränkte landwirtschaftliche Nutzung erfolgen, um den Erhalt wertvoller landwirtschaftlicher Nutzflächen sicherzustellen und den Flächenentzug für die Landwirtschaft möglichst gering zu halten.“ (Seite 21)

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Die Lösung: Agri-PV

Eine Lösung ist eine kombinierte Nutzung von Ackerflächen zur Produktion von Lebensmitteln und gleichzeitigen  Erzeugung von Strom. Hierfür setzt sich die AfD im Stadtrat ein:

In Deutschland erforscht ein Frauhofer-Institut derartige Kombinationslösungen:

 

Versuche ergaben, daß in normalen Jahren mit einer Ertragsminderung von – je nach angebauten Produkten – von bis zu 20 Prozent zu rechnen ist. In einem Hitzejahr / Dürrejahr, wie z.B. 2018 ist hingegen mit einer leichten Ertragssteigerung zu rechnen. Hinzu kommt die Ausbeute durch die Stromproduktion:

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Die AfD beantragt Agri-PV im Hieringer Feld

Aus der am 4.4. eingegangenen Tagesordnung zur Stadtratssitzung, umfassend die Protokolle des Bauausschusses, ist diesem Protokoll ab Seite 16 diverse Stellungnahmen zu entnehmen, darunter auch die der Regeirng vonm Oberbayern. Diese listet im KErn die Aussagen aus dem

„Rundschreiben „Bau- und landesplanerische Behandlung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen“; Hinweise des Bayerischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr (Stand 10.12.2021)“ 

noch einmal auf, darunter auch den Satz:

„Um die landwirtschaftlichen Funktionen, insbesondere die bevölkerungsnahe Versorgung mit hochwertigen Lebensmitteln nachhaltig zu gewährleisten, sollte die Errichtung von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien auf für die Landwirtschaftliche Nutzung weniger geeignete Böden beschränkt werden. Dieser raumordnerische Grundsatz ist von der Gemeinde in der Gesamtabwägung zu berücksichtigen… Bei Berücksichtigung der o.g. Belange steht die Planung den Erfordernissen der Raumordnung nicht entgegen“  (Protokoll der Bauausschussitzung vom 30.3. Seite 17)

Dem Protokoll kann man weiterhin entnehmen:

„Die Stadt Burghausen nimmt die Fläche bewußt aus der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung: Die Grünflächen zwischen den Modulreihen werden künftig extensiv beweidet. Eine gleichzeitige Nutzung… Agri-PV … wäre …möglich“. Wegen der Höhe dieser Anlagen würde das Landschaftsbild wesentlich stärker beeinträchtigt.

Die untere Naturschutzbehörde ist beteiligt; die konkrete Abstimmung mit der UNB erfolgt nach Vorlage des Umweltberichts.“

Das bedeutet also, daß der Bauausschuß die Meinung vertrat, daß man auf eine kombinierte Produktion von Strom und Nahrungsmitteln verzichtet, weil weil das nicht so hübsch anzuschauen ist und der Umweltbericht, dessen Ergebnisse sogar die Planung der Umgehungsstraße der B20 beeinflusst haben, liegt noch nicht einmal vor.

Ein für die AfD unauflösbarer Widerspruch zur Vorgabe

„Bei Berücksichtigung der o.g. Belange steht die Planung den Erfordernissen der Raumordnung nicht entgegen“  (Protokoll der Bauausschussitzung vom 30.3. Seite 17)

Hinzu kommt, daß der Bürgermeister auf Nachfrage während der Stadtratssitzung noch nicht einmal angeben konnte, welche Qualität der Boden auf diesen 4 Hektar unter der geplanten mPV-Anlage hatte. Die Verwaltung half ihm dann mit dem Hinweis aus, daß darauf die letzten Jahre Getreide angebaut wurde.

Auf Nachfrage der AfD wies der Bürgermeister darauf hin, daß diese notwendige Abwägung durch die Regierung von Oberbayern vorgenommen wurde und in deren Stellungnahme zum Ausdruck kommt. Das jedoch kann gemäß Protokoll des Bauausschusses so nicht zutreffen, denn die Bodenqualität ist wohl im Bauausschuß – ausweislich des Protokolls – kein Thema gewesen und im Protokoll steht die Stellungnahme der Regierung von Oberbayern

„Bei Berücksichtigung der o.g. Belange steht die Planung den Erfordernissen der Raumordnung nicht entgegen“  (Protokoll der Bauausschußsitzung vom 30.3. Seite 17)

und im unteren Teil des Protokolls steht

„Abwägung: „Die Stadt Burghausen nimmt die Fläche bewußt aus der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung… Agri-PV … wäre …möglich“. Wegen der Höhe dieser Anlagen würde das Landschaftsbild wesentlich stärker beeinträchtigt.“

Das aber ist völlig unzureichend, zumal die Qualität des Bodens offenbar gar kein Thema war und die untere Naturschutzbehörde noch keinerlei Beitrag leisten konnte.

Daher hat die AfD gegen diesen Bebauungsplan gestimmt und befürwortet eine Agri-PV-Lösung.

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Der verlorene Prozess um die Einbahstraßenregelung zur Grenzbrücke in Burghausen

Beitrag wird noch ergänzt

 

 

Anlage: Antrag der AfD vom 6.4.2022

Dringlichkeitsantrag/Antrag

der AfD im Stadtrat zu Burghausen

Teller-Tank-Problem lösen: PV-Anlage im Hieringer Feld als Agri-PV-Anlage gestalten

Der Stadtrat möge per separater Abstimmung beschließen,

  1. dem Stadtrat frühestmöglich z.B. durch Experten des „Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE“ Bericht über die Möglichkeiten einer Ausgestaltung als Agri-PV-Anlage im Hieringer Feld zu erstatten;

  2. die PV-Anlagen im Hieringer Feld zum Zweck Vermeidung der Teller-Tank-Problematik als Agri-PV-Anlagen auszugestalten.

 

Begründung

Die Stadt Burghausen hat das Ziel, bisher an einen Landwirt verpachtete Agrarflächen zur Nutzung von Strom umzuwidmen. Auf Nachfrage der AfD gab der Bürgermeister in der letzten Stadtratssitzung an, daß dem betroffenen Landwirt deswegen die Pachtverträge gekündigt würden oder bereits gekündigt worden sind.

Solarstrom ist qualitativ minderwertiger Zappel-Strom

Die AfD hatte betreffend der Erweiterung der PV-Anlage darauf hingewiesen, daß mit Hilfe der Sonne erzeugter Strom unzuverlässig und qualitativ minderwertig ist, da er nur bei Sonnenschein zur Verfügung steht und das dann im Überfluß, was auf die Preise drückt. Hinzu kommt daß das Hinzuschalten, oder wegnehmen einer PV-Anlage auf den Sinuskurven im Netz Spuren hinterläßt, womit hochempfindliche Maschinen garnicht, oder nur schwer umgehen können.

Grundsätzlich keine Umwandlung von Ackerflächen in PV-Industrieflächen

Die AfD hat außerdem darauf aufmerksam gemacht, daß sie grundsätzlich gegen eine Konversion von Ackerland zur Stromerzeugung ist. Die AfD bevorzugt zur Stromerzeugung in Burghausen die Nutzung der Wasserkraft und den Ausbau von Biogasanlagen. Diese können durchaus durch Solarfläche ergänzt werden, indem man beispielsweise den Inhabern von aus der Förderung fallenden Hauseigentümern einen Vorschlag macht, den auf diesen Flächen erzeugten Strom zu einem fairen Preis abzukaufen. Grundsätzlich sollte sich – nach Überzeugung der AfD – Strom durch eine schwarzstartfähige Erzeugung auszeichnen und das versorgte Stromnetz sollte temporär inselbetriebsfähig sein.

Neue Randbedingungen: Ausfall großer Lieferkapazitäten für Getreideprodukte

Dies Planung des Solar-Felds in Burghausen galt unter den Randbedingungen, die vor dem Überfall Putins auf die Ukraine zutrafen. Durch Putins Überfall sind nun aber große Teile der Getreideproduktion in der Ukraine gefährdet:

Derzeit wird durch die Kämpfe mit einen Ausfall von 60 Prozent der ukrainischen Produktion gerechnet. Dauert der Krieg an, ist mit einem noch höheren Ausfall zu rechnen. Das trifft auch die EU. Bisher kamen 19 Prozent der Weizenimporte aus der Ukraine, dazu 13 Prozent der Ölsaaten. Einen Teil davon können die EU-Staaten selbst kompensieren. Im Falle von Sonnenblumenöl wird das nicht möglich sein. 35 bis 45 Prozent des in der EU genutzten und weiterverarbeiteten Öls kommt aus der Ukraine. Der EU-Verband für Pflanzenöl (Fediol) warnte vergangene Woche, dass die monatliche Lieferung von 200.000 Tonnen Sonnenblumenöl nicht mehr in der EU eintreffe.

EU-weit erwarten Experten aber einen Engpass bei Mais und Ölsaaten. Verschärfen wird sich die Lage, da die Ukraine selbst begonnen hat, den Handel zu beschränken, um die Versorgung der eigenen Bevölkerung sicherzustellen. Auch intern in der EU beginnen Regierungen ähnlich wie zu Beginn der Pandemie Produkte zu horten und so wie Ungarn Exportbeschränkungen für diverse Agrarprodukte einzuführen. Budapest hat sich ein staatliches Vorkaufsrecht eingeräumt, bevor solche Waren ins Ausland verkauft werden. Derartige Maßnahmen können den Markt in der EU stören und die Preise zusätzlich in die Höhe treiben.

Der Krieg löst zudem ein weiteres Problem für Europa und andere Kontinente aus. Nicht die Ukraine, aber Russland und Belarus sind die wichtigsten Lieferanten für die Düngerherstellung. Allein 40 Prozent der Kaliumimporte der EU stammen aus Russland und Belarus. Russland hat den Export von Kalium- und Phosphordünger gestoppt. Durch Ausfälle bei Dünger und erhebliche Preissteigerungen kann die Agrarproduktion kaum ausgeweitet werden.“ 

Wegen Ukraine-Krieg Paradigmenwechsel zum Umgang mit Ackerflächen in der EU

Sogar die EU ändert wegen dieser neuen Randbedingungen ihre Agrarpolitik

50 Prozent weniger Pestizide, ein Viertel aller Bauernhöfe in Biobetrieben, beides bis 2030: Dieser Kern der jüngsten Reform der EU-Agrarpolitik ist spätestens seit Montag auf Eis gelegt. Da sprachen sich die Landwirtschaftsminister in Brüssel zu den Folgen des Krieges in der Ukraine aus. Tenor: anbauen und säen, was die Äcker hergeben. „Wir müssen jetzt jeden Quadratmeter Ackerland nutzen, damit wir unseren Bürgern Lebensmittelsicherheit geben können“, sagte der rumänische Landwirtschaftsminister, Adrian-Ionuţ Chesnoiu. „Wir dürfen die Herbstsaat nicht verlieren“, warnte sein italienischer Amtskollege, Stefano Patuanelli. Österreichs Ministerin Elisabeth Köstinger schlug die Nutzung von Brachflächen für den Anbau von Eiweißfuttermittel vor, „die in Europa ganz dringend gebraucht werden“. Das spiegelt sich auch in dem Vorschlag der Kommission zur Steigerung der Lebensmittelsicherheit wider, der am Mittwoch präsentiert wird. Die Mitgliedstaaten sollen (neben einer halben Milliarde Euro an Sonderförderungen und einer beschleunigten Vorauszahlung von Direktförderungen) unter anderem das Recht bekommen, heuer praktisch alle Umweltauflagen für die Landwirte aufzuheben.

Auch andere Länder helfen ihren Landwirten. Nur die Bundesregierung tut so, als ob nichts geschehen wäre, bereitet Deutschland nicht auf die Nahrungsmittelknappheit vor und unterstützt die von hohen Treibstoff- und Düngerpreisen geplagten Landwirte nicht:

Es wirkt fast so, also ob die Verantwortlichen im Bund Deutschland mit Absicht nicht auf das, was uns bevorsteht vorbereitet

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Agi-PV als Lösung

Unter Agri-Photovoltaik (Agri-PV) versteht man ein Verfahren zur gleichzeitigen Nutzung landwirtschaftlicher Flächen für die Nahrungsmittelproduktion und die PV-Stromerzeugung. Sie ermöglicht den Ausbau von PV-Anlagen bei gleichzeitigem Erhalt landwirtschaftlich nutzbarer Flächen. Damit stellt die Agri-PV einen Weg dar, die Flächeneffizienz zu steigern.

In Japan ernten Landwirte bereits in mehr als 2000 Agri-PV-Anlagen. „Hier geht es darum den Strukturwandel zu unterstützen, die Landflucht aufzuhalten und Perspektiven für die Landbevölkerung zu schaffen“, sagt Trommsdorff..

Dringlichkeit

Die Dringlichkeit ergibt sich aus der Natur der Sache:

Laut den Experten des österreichischen Landwirtschaftsministeriums gebe es in Europa ein Potenzial von vier Millionen Hektar unbebauter Fläche, die nun genutzt werden könnte. Köstinger drängt auf eine rasche Bebauung: „In zwei bis drei Wochen ist es zu spät. Wenn wir die Brachfläche nutzen wollen, dann braucht es jetzt die notwendigen Maßnahmen. Allein in Österreich könnten wir dadurch rund 9000 Hektar mehr in die Produktion bringen.“