Sitzungswoche
Die Reden werden erst im Laufe der kommenden Woche voll umfänglich bearbeitet worden sein und werden dann hier nachträglich eingepflegt
25. Januar 2023 (81. Sitzung)
Quelle Bundestag: Die Tagesordnung entspricht auch dann der im Bundestag, wenn die Reihenfolge der Tagesordnungen „durcheinander“ gehen.
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TOP 1 Befragung der Bundesregierung: Bundesministerin für für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat im Bundestag sein Vorgehen in der Frage der Lieferung von Kampfpanzern für die Ukraine verteidigt. In der Regierungsbefragung sagte der Kanzler am Mittwoch, 25. Januar 2023, es sei notwendig, einerseits die Ukraine zu unterstützen, andererseits aber eine Eskalation zu einem Krieg zwischen Russland und der Nato zu verhindern. Es sei richtig, „dass wir uns Stück für Stück vorangearbeitet haben“. Dieses Prinzip gewährleiste Sicherheit für Deutschland und Europa, betonte Scholz.
Ziel sei es, der Ukraine zusammen mit den Verbündeten rasch zwei Panzerbataillone zur Verfügung zu stellen. Deutschland werde Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 A6 aus Bundeswehrbeständen, dazu Logistik, Munition und Wartung, bereitstellen. Die ukrainischen Besatzungen würden in Deutschland ausgebildet und den Partnerländern werde ermöglicht, ihrerseits Leopard-Kampfpanzer zu liefern. Es sei richtig, dieses Waffensystem „in enger Kooperation“ bereitzustellen, sagte Scholz. Besorgten Bürgern rief der Kanzler zu: „Vertrauen Sie mir, vertrauen Sie der Bundesregierung!“
„Enge Abstimmung mit den Verbündeten“
Jürgen Hardt (CDU/CSU) begrüßte die Entscheidung, auch wenn man sich dazu eine Regierungserklärung gewünscht hätte. Auf dem Weg zu dieser Entscheidung sei allerdings „erheblicher Flurschaden“ entstanden. Scholz machte klar, dass er hier anderer Meinung sei. Wenn die Regierung den Ratschlägen der Union folgen würde, wäre dies eine Gefahr für die Sicherheit Deutschlands, betonte er. Es wäre aus seiner Sicht ein „schwerer Fehler“, allein voranzugehen. Er setze hingegen weiterhin auf enge Abstimmung mit den Verbündeten.
Auf eine Frage des CSU-Abgeordneten Florian Hahn bekannte sich der Kanzler zum Ziel, zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben. Was das Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr angehe, brauche es Entscheidungen für konkrete Systeme. Scholz kritisierte in diesem Zusammenhang auch Fehler früherer unionsgeführter Regierungen in der Verteidigungspolitik, die jetzt beseitigt werden müssten.
„Bodentruppen werden wir in keinem Fall schicken“
In seiner Antwort auf eine Frage des fraktionslosen Abgeordneten Robert Farle unterstrich der Kanzler, die Regierung treffe Entscheidungen, die so abgewogen seien, dass sie aus Sicherheitsgründen für Deutschland gut vertreten werden könnten. „Bodentruppen werden wir in keinem Fall schicken“, es werde keine direkte Beteiligung von Nato-Truppen geben.
Petr Bystron (AfD) sprach von einem „historischen Tag“, weil der Kanzler die „Fundamente der deutschen Außenpolitik“ über Bord geworfen habe. Helmut Schmidt und Willy Brandt hätten sich für Frieden und Versöhnung eingesetzt. Scholz werde in die Geschichte eingehen als der Kanzler, der dieses Vermächtnis „mit Füßen getreten“ habe.
Scholz sagte, es sei ein Bruch mit den Errungenschaften, für die Schmidt und Brandt gestanden hätten, dass Russland die Ukraine angegriffen habe. Zur Entspannungspolitik mit dem Ziel gemeinsamer Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa habe gehört, dass Grenzen nicht verschoben werden. Russlands Kriegsziel sei es, sich einen Teil des ukrainischen Territoriums anzueignen.
Staatsvolk, Kindergrundsicherung und Cum-Ex-Skandal
Dr. Bernd Baumann (AfD) fragte den Kanzler, ob es ethnisch-kulturell ein deutsches Staatsvolk gebe. Scholz sagte, es gebe ein deutsches Volk aller, die die deutsche Staatsbürgerschaft hätten. Was dieses Volk verbinde, seien Überzeugungen, etwa gemeinsam fleißig zu sein, sich an Gesetze zu halten, Nachbarn zu achten und eine moderne Gesellschaft sein zu wollen. Dafür stehe dieses Land und dieses Volk.
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TOP 2 Fragestunde
Im Anschluss an die Regierungsbefragung folgte am Mittwoch, 25. Januar 2023, die Fragestunde. Getrennt nach Ressorts haben Vertreter der Bundesregierung eine Stunde lang Fragen (20/5288) beantwortet, die von den Abgeordneten vorab schriftlich eingereicht worden waren.
CDU/CSU-Abgeordnete mit den meisten Fragen
41 der insgesamt 65 Fragen und damit fast zwei Drittel wurden von Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion gestellt. Abgeordnete der Fraktion Die Linke waren mit 15 Fragen, Abgeordnete der AfD-Fraktion mit sieben Fragen vertreten. Zwei Fragen stellte die Abgeordnete Canan Bayram (Bündnis 90/Die Grünen).
Allein 23 Fragen richteten sich an das Bundesministerium der Verteidigung. 13 Fragen sollte das Bundesministerium für Digitales und Verkehr beantworten, zehn Fragen das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Mit acht Fragen musste sich das Bundesministerium des Innern und für Heimat befassen. Sechs Fragen gingen an das Bundesministerium für Gesundheit und fünf Fragen an das Auswärtige Amt.
Was die Abgeordneten wissen wollen
Beispielsweise erkundigte sich der hessische CDU-Abgeordnete Armin Schwarz beim Bundesverteidigungsministerium, wie die Bundesregierung die Finanzierung für die „dringend benötigte Ausstattung der Bundeswehr mit Munition“ zeitnah gewährleisten will vor dem Hintergrund, „dass der Bundesminister der Finanzen Christian Lindner und die ehemalige Bundesministerin der Verteidigung Christine Lambrecht sich öffentlichkeitswirksam hierzu nicht einigen konnten“.
Der nordrhein-westfälische Abgeordnete der Linken Andrej Hunko wollte vom Auswärtigen Amt erfahren, welche unerwünschten Nebenwirkungen der inzwischen neun Sanktionspakete gegenüber Russland der Bundesregierung bekannt sind. Er fragte zudem, was die Regierung über konkrete Beeinträchtigungen des Handels mit Agrarprodukten und Düngemitteln im Zusammenhang mit diesen Sanktionspaketen seit dem 24. Februar 2022 weiß.
Der Thüringer AfD-Abgeordnete Stephan Brandner fragte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, wie hoch nach dessen Kenntnis hierzulande die zusätzlichen Gesamtkosten im Bereich der Sozialausgaben für ukrainische Flüchtlinge im Jahr 2022 waren und inwieweit nach Ansicht von Minister Hubertus Heil die Sozialleistungen angesichts der gestiegenen Inflation angepasst werden müssen.
Die Berliner Abgeordnete Canan Bayram (Bündnis 90/Die Grünen) wollte vom Bundesgesundheitsministerium wissen, ob sich die Bundesregierung bei positiven Studienergebnissen für beschleunigte Zulassungsverfahren für Medikamente zur Behandlung von Patienten mit Long-Covid und ME/CFS-Erkrankung einsetzen wird. Diese Medikamente, beispielsweise das Medikament BC007, seien bei Covid-19-Impfstoffen angewendet worden.
Zusatzfragen sind möglich
Abgeordnete können vorab bis zu zwei Fragen an die Bundesregierung einreichen. Nach der Beantwortung durch einen Parlamentarischen Staatssekretär oder einen Bundesminister können der Fragesteller oder andere Abgeordnete des Deutschen Bundestages Zusatzfragen stellen und so die Bundesregierung zu weiteren Stellungnahmen zwingen.
Reicht die Zeit nicht aus, werden noch nicht aufgerufene Fragen von der Regierung schriftlich beantwortet. Ebenso kann vorab bereits um schriftliche Beantwortung gebeten werden. (vom/25.01.2023)
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ZP1 Aktuelle Stunde – Leopard-Blockade der Bundesregierung
Die Unionsfraktion unterstützt die geplante Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine, moniert aber eine aus ihrer Sicht zu kritisierende Zögerlichkeit der Bundesregierung. „Niemand von uns tut sich leicht mit einer solchen, schwerwiegenden Entscheidung“, sagte Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU/CSU) am Mittwoch, 25. Januar 2023, in einer von seiner Fraktion beantragten Aktuellen Stunde im Bundestagplenum.
Union: Regierung hat Vertrauen verloren
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) habe jedoch „die Öffentlichkeit und die Partner über Wochen und Monate im Unklaren darüber gelassen, warum er denn eine solche Entscheidung in diesem Umfang verzögert“, so Merz.
Der Unionsfraktionschef unterstrich, er widerspreche ausdrücklich dem vermittelten Eindruck, „als ob dies alles sozusagen im Konsens mit allen Partnern in der Europäischen Union entschieden worden sei“. Das Gegenteil sei richtig. Der Schaden, „dass man dieser Bundesregierung nicht trauen kann, dass man sie treiben muss, dass sie zu Entscheidungen gedrängt werden muss“, bleibe auch über den Tag der Entscheidung hinaus.
SPD verteidigt Kurs der Regierung
Dr. Rolf Mützenich (SPD) sprach von einem „anstrengenden aber notwendigen Abstimmungsprozess“ mit den internationalen Partnern. Teils verantwortungslose Kommentare hätten diese Abstimmung erschwert, die Scholz und die Bundesregierung von Anfang an gewollt hätten.
„Gemeinsames Handeln ist voraussetzungsvoll und verantwortungsvoll“, sagte der SPD-Fraktionschef. Es gehe darum, das Selbstverteidigungsrecht der Ukraine und auf der anderen Seite die Sicherheit Deutschlands festzumachen. Beides sei „nicht in Talkshows zu erreichen, sondern nur in harter Arbeit, in harter Diplomatie.“
AfD kritisiert „Kriegstreiberei“
Tino Chrupalla (AfD) kritisierte insbesondere FDP, Bündnis 90/Die Grünen und auch die Union, die er der „Kriegstreiberei“ bezichtigte. Der Bundesregierung warf er vor, den Konflikt aktiv zu verlängern und sich Friedensverhandlungen zu versperren.
„Kann denn die Ukraine überhaupt gewinnen“, fragte der AfD-Fraktionsvorsitzende. Stünde der Einsatz der Mittel im Verhältnis zum Ergebnis? „Sie laufen sehenden Auges direkt ins offene Feuer, ich muss es so offen sagen, direkt in den dritten Weltkrieg.“ Wer glaube, mit Waffenlieferungen Frieden zu schaffen, sei mehr als naiv.
Grüne werben für Geschlossenheit der Nato
Jürgen Trittin (Bündnis 90/Die Grünen) sprach von einer „verbrecherischen Kriegsführung“ Russlands. „Wir wollen ernsthaft verhindern, dass Russland die Ukraine überrennt.“ Wenn man es belohne, dass mit Gewalt Grenzen in Europa verändert werden, dann gefährde man die Sicherheit und den Frieden auch in Deutschland.
Trittin ging auf die verbreitete Sorge ein „vor einer Rutschbahn, an deren Ende ein Krieg zwischen der Nato und Russland“ stehen könnte. „Die Gefahr der Eskalation darf aber kein Freibrief sein für Verbrecher, die glauben, sie hätten die Eskalationshoheit.“ Das beste Mittel gegen diese Gefahr sei die Geschlossenheit der Nato.
Linke vermisst „strategisches Fundament“
Dr. Dietmar Bartsch (Die Linke) warf der Bundesregierung vor, „ohne strategisches Fundament immer mehr und immer schwerere Waffen“ zu liefern und letztlich auch nicht bei Kampfpanzern stehen zu bleiben. „Morgen Kriegsschiffe, übermorgen Kampfflugzeuge, Tornados, Eurofighter, Flugverbotszonen, dann Nato-Soldaten? Wo soll denn das enden?“
Die Bundesregierung müsse jeder weiteren Eskalation eine Absage erteilen und stattdessen eine „abgestimmte europäische Friedensinitiative“ vorlegen, forderte Bartsch.
FDP: Gemeinsam Frieden in Europa verteidigen
Ulrich Lechte (FDP) wies den Vorwurf zurück, dass die Koalition mit den Panzerlieferungen Kriegstreiber wäre, solche Narrative seien schlicht falsch. „Die Russische Föderation ist der Aggressor, und nicht diese Bundesregierung.“ Die Ukraine brauche diese Waffen in ihrem Verteidigungskampf – gegen die Garantiemacht Russland, die ihr 1994 im Budapester Memorandum zugesagt habe, die nationale Integrität und Bündnisfreiheit der Ukraine zu schützen.
„Wir können nicht anders als unseren Frieden in Europa, den wir mit viel Mühe erarbeitet haben, gemeinsam zu verteidigen“, sagte Lechte. Und diese Verteidigung finde derzeit in Europa in der Ukraine statt. (ahe/25.01.2023)
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TOP 3 Bericht der Bundesregierung zur Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik
Der Bundestag hat am Mittwoch, 25. Januar 2023, den 25. Bericht der Bundesregierung zur Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik für das Jahr 2021 (20/5140) beraten. Nach der Debatte überwiesen die Abgeordneten die Vorlage zur federführenden Beratung in den Auswärtigen Ausschuss.
Diskussion um Rückgabe der „Benin-Bronzen“
Aus dem Bericht geht hervor, dass die Aufarbeitung des kolonialen Erbes einer der Schwerpunkte der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik im Jahr 2021 gewesen ist. Das Jahr habe ganz im Zeichen der Diskussion um die Rückgabe der „Benin-Bronzen“ gestanden, womit auch in der deutschen Gesellschaft eine gesellschaftspolitische Debatte über postkoloniale Prägungen angestoßen worden sei.
Weitere Schwerpunkte seien unter anderem der wissenschaftliche Austausch im Rahmen der Science Diplomacy sowie die Unterstützung Kultur- und Medienschaffender, Journalistinnen und Journalisten, Forschender, Lehrender oder Studierender gewesen, die – wie 2021 beispielhaft in Belarus – immer stärker unter Druck gerieten.
„2022 erfordert einen völlig anderen Bericht“
Die Perspektive Ende 2022 stelle Vieles in dem Bericht infrage, schreibt die Bundesregierung. Zu stark habe der völkerrechtswidrige russische Angriffskrieg gegen die Ukraine auch die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik erschüttert. 2022 werde einen völligen anderen Bericht erfordern, der die geänderten Schwerpunkte nach dem Regierungswechsel und einem neuen Koalitionsvertrag 2021 widerspiegle und den neuen geopolitischen Veränderungen Rechnung trage.
Mit den Vorarbeiten in den Bereichen Klima, Nachhaltigkeit und Diversität sei die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik für die im Koalitionsvertrag geforderten Strategien ebenso bereit wie für die Ausweitung der Science Diplomacy auf die Klimaaußenpolitik und die Aufarbeitung des kolonialen Erbes, heißt es weiter. (vom/ahe/25.01.2023)
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TOP 4 Belarus
Die CDU/CSU-Fraktion will Belarus „in die europäische Völkerfamilie zurückführen“ und den Freiheitswillen der Menschen unterstützen. Dazu hat sie einen Antrag (20/5349) vorgelegt, den der Bundestag am Mittwoch, 25. Januar 2023, erstmals debattiert hat. Nach der Aussprache überwiesen die Abgeordneten die Vorlage zur federführenden Beratung in den Auswärtigen Ausschuss.
Antrag der CDU/CSU
Die Unionsfraktion setzt sich für anhaltende Sanktionen gegen das Lukaschenka-Regimes in Belarus und die Unterstützung der Zivilgesellschaft ein. In ihrem Antrag fordern die Abgeordneten die Bundesregierung auf, „sich weiterhin innerhalb der EU und in Abstimmung mit engen Partnern für harte und gezielte Sanktionen gegen den gesamten belarussischen Sicherheits- und Geheimdienstapparat einzusetzen, der das Zentrum des Staatsterrorismus“ des Regimes von Präsident Alexander Lukaschenka bilde. Den Opfern von Gewalt, Repression und Folter solle großzügige Unterstützung gewährt, die Einreise für politisch Verfolgte erleichtert und die Unterstützung für die demokratischen Kräfte und die belarussische Zivilgesellschaft ausgebaut werden.
„Spätestens seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine am 24. Februar 2022 zeigt sich, wie fragil und abhängig das Regime von Russland ist“, heißt es im Antrag weiter. Von belarussischem Territorium aus seien zahllose Raketen in die Ukraine gestartet und die russische Armee erfahre signifikante logistische und rhetorische Unterstützung durch Minsk. Gleichwohl werben die Abgeordneten dafür, „trotz der Komplizenschaft von Lukaschenka und Putin zwischen Belarus und Russland zu differenzieren und sich klar für den Erhalt der staatlichen Souveränität von Belarus einzusetzen“. Dies bedeute, gegenüber Russland unmissverständlich zu signalisieren, „dass die schleichende de-facto Annexion unter Ausnutzung der Schwäche des illegitimen Diktators Lukaschenka scharf zurückgewiesen und nicht anerkannt wird“. (ahe/25.01.2023)
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Antrag AfD TOP5 Heimat braucht Bauern – Bäuerliche Familienbetriebe in Deutschland erhalten
„Heimat braucht Bauern – Bäuerliche Familienbetriebe in Deutschland erhalten“ lautet der Titel eines Antrags der AfD-Fraktion(20/5355), den der Bundestag am Mittwoch, 25. Januar 2023, erstmals beraten hat. Nach der Aussprache überwiesen die Abgeordneten die Vorlage zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft.
Antrag der AfD
Die AfD-Fraktion fordert die Bundesregierung auf, das bestehende, am ökologischen Landbau orientierte Leitbild neu auszurichten und sich „verstärkt auf eine nachhaltige und ressourceneffiziente Intensivierung der Landwirtschaft“ zu konzentrieren. In der Vorlage heißt es, Prognosen gingen davon aus, dass die Zahl der Höfe in Deutschland bis zum Jahr 2040 um mehr als 60 Prozent auf 100.000 sinken werde, wenn sich an der Agrarpolitik nichts ändere. „Um dieses dramatische Höfesterben zu stoppen und den bäuerlichen Familienbetrieben in Deutschland eine wirtschaftliche Zukunftsperspektive zu geben, benötigen sie Planungssicherheit sowie praxistaugliche und wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen“, schreiben die AfD-Abgeordneten.
Neben einem neuen Leitbild solle sich die Bundesregierung auf EU-Ebene für diese Ziele einsetzen und eine Anpassung der Düngeverordnung sicherstellen. Außerdem solle auf verpflichtende Flächenstilllegungen und/oder Nutzungsverbote in der Agrar- und Forstpolitik verzichtet werden, und EU-Richtlinien, die die deutsche Landwirtschaft beträfen, sollten künftig nur noch eins zu eins in nationales Recht umgesetzt werden. (nki/vom/25.01.2023)
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26. Januar 2023 (82. Sitzung)
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TOP 6 Regierungserklärung zum Jahreswirtschaftsbericht 2023, Jahresgutachten des Sachverständigenrates
Der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Dr. Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) hat zu Beginn der Plenarsitzung am Donnerstag, 26. Januar 2023, eine Regierungserklärung vor dem Bundestag abgegeben. Anlass war die erste Beratung des Jahreswirtschaftsberichts 2023 der Bundesregierung (20/5380) zusammen mit dem Jahresgutachten 2022/23 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (20/4560).
An die Regierungserklärung schloss sich eine rund 70-minütige Aussprache an. Im Anschluss überwiesen die Abgeordneten beide Vorlagen gemeinsam mit einem Antrag der AfD mit dem Titel „Neue Indikatoren des Jahreswirtschaftsberichtes“ (20/5363) an den federführenden Wirtschaftsausschuss.
Minister verteidigt Panzer-Lieferung an die Ukraine
Habeck setzte die jüngste Entscheidung der Bundesregierung, Leopard-Panzer an die Ukraine zu liefern, an den Anfang seiner Regierungserklärung: „Die Entscheidung ist richtig, wichtig und dringend notwendig gewesen, aber kein Grund zum Jubeln.“ Das Töten müsse ein Ende finden, indem die Ukraine den Konflikt zu ihren Bedingungen beende, so Habeck.
Der Krieg habe viele Gewissheiten zerstört und habe auch in Deutschland ein Leben in Frieden, Freiheit und Wohlstand gefährdet. In 2022 habe Deutschland deshalb einen hohen ökonomischen Preis bezahlt. „Aber diesen Preis nicht zu zahlen, wäre dramatisch viel schlimmer gewesen. Wenn wir diesen Preis nicht zahlen, werden wir eine Schuld auf uns laden“, sagte der Grünenabgeordnete.
„Klimaneutralität als echte Chance begreifen“
Er rief in Erinnerung, dass Fachleute im vergangenen Spätsommer prognostiziert hatten, dass es im schlimmsten Fall zu wirtschaftlichen Einbußen von bis zu minus zwölf Prozent hätte kommen können. „Die Zahlen, die wir nun vorgelegt haben, sind nicht gut, aber bei weitem besser, als wir noch vor wenigen Wochen kalkuliert haben“, so Habeck im Plenum. Das man den Negativtrend habe aufhalten können, sei eine große Gemeinschaftsleistung dieses Landes gewesen. „Deutschland hat gezeigt, was es kann, wenn es will.“
Für das laufende Jahr werde mit einer durchschnittlichen Inflation von sechs Prozent gerechnet. Es müsse also daran gearbeitet werden, nicht nur bei den Energiepreisen die Preisspirale zu brechen. Um das zu erreichen gelte es, die Wettbewerbsfähigkeit bei der Energieversorgung zu erhöhen. Durch die Transformation der Wirtschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit, dem beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und mit neuen Produktionsformen könne es gelingen, den Wohlstand im Land zu erneuern. „Wir werden den Wohlstand erneuern, wenn wir Klimaneutralität als echte Chance begreifen“, konstatierte Habeck.
Union wirft Kanzler Zögerlichkeit vor
Jens Spahn (CDU/CSU) bilanzierte, dass die Lage zwar nicht so schlimm sei wie erwartet, „aber weniger schlimm ist immer noch schlimm und noch nicht gut“. Die Unionsfraktion hätte schon vor dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine vor einer steigenden Inflation gewarnt. Diese einzudämmen sei nun die größte sozialpolitische Aufgabe der Bundesregierung. Die hohe Inflation sei „Raub am kleinen Mann“ und bringe den Wohlstand in Deutschland in Gefahr.
Die Ampelkoalition rühme sich der Bewältigung der Krise, so Spahn, dabei laufe immer alles nach dem gleichen Muster ab: Es gebe Streit, vornehmlich zwischen Grünen und FDP, der Kanzler zögere und zaudere, bis endlich etwas entschieden würde. „Das ist das Muster und das schafft Unsicherheit“, sagte Spahn. „Ja, sie setzen um, aber zu spät und zu wenig.“ Deutschland sei ein Land im Wartezustand. Um das zu ändern müsste sich die Regierung ohne Wenn und Aber zu einer Wachstumspolitik bekennen. „Wachstum ist nicht alles, aber ohne Wachstum ist alles nichts“, schloss der Christdemokrat.
SPD: Wir brauchen jede Menge Fachkräfte
Verena Hubertz (SPD) bilanzierte, dass es dank der „Regierung, die handelt“ im vergangenen Jahr keinen Einbruch, sondern sogar ein leichtes Wachstum gegeben habe. Mit Hilfspaketen und Abwehrschirmen habe man das Jahr, das „war wie kein anderes“, bewältigen können. Nun gehe es darum, nicht stillzustehen, sondern nach vorne zu blicken.
Eine große Herausforderung sei dabei der Fachkräftemandel, jedes Jahr fehlten rund 400.000 Menschen, um offene Stellen zu besetzen: „Wir brauchen jede Menge Kräfte.“ Auf die von der Unionsfraktion geäußerte Kritik am Bürgergeld, das aus deren Sicht nicht genug Anreize für das Arbeiten setze, entgegnete Hubertz: „Das Bürgergeld ist eine Weiterbildungsmaßnahme für die Wirtschaft.“ Es sei genau das richtige Instrument, um die Menschen für die Arbeit zu qualifizieren. Die Sozialdemokratin verwies des Weiteren auf die Notwendigkeit, Gründungen in Deutschland besser zu fördern. „In diesem Land steckt eine Menge Innovation“, so Hubertz. Diese gelte es zu heben.
AfD: Regierung tut nichts gegen Geldentwertung
Leif-Erik Holm (AfD) dankte dem „Wettergott für den milden Winter“, denn wegen der nicht allzu niedrigen Temperaturen komme man gerade auch durch die Energiekrise. In Richtung des Wirtschaftsministers sagte Holm: „Sie servieren uns die selbe Transformationssoße wie im letzten Jahr, aber was tun Sie gegen die Inflation? Nichts!“ Die Regierung tue nichts gegen die „Geldentwertung“, alles werde teurer und große deutsche Konzerne seien auf dem Abschwung. „Aber von der Panik, die deshalb angebracht wäre, sehe ich hier nichts“, sagte Holm im Plenum.
Es müsse nun endlich etwas passieren, um die Energiepreise zu senken und dafür gesorgt werden, dass die Automobil- und Chemiekonzerne an ihren Standorten gehalten würden. „Wenn die erstmal aus Deutschland raus sind, kommen sie so schnell nicht wieder.“
FDP: Klares Commitment für das Unternehmertum
Reinhard Houben (FDP) blickte ins neue Jahr und forderte, das Tempo, das man beim Ausbau der LNG-Terminals vorgelegt habe, dürfe keine Ausnahme bleiben. Als Reaktion auf die Krise habe man eine neue Energieinfrastruktur aus dem Boden gestampft. „Doch die Fortschrittskoalition würde ihrem Namen nicht gerecht werden, wenn wir hier aufhören würden“, sagte der Liberale. Die Zeiten, in denen es gereicht habe, „Schmalspur zu fahren“, seien vorbei.
Mit Blick auf den gerade in der Diskussion befindlichen „Inflation Reduction Act“ der US-Regierung sagte Houben: „Das Pokern um die Standorte ist in vollem Gange, aber manche am Tisch spielen mit gezinkten Karten.“ Es gelte nun genau darauf zu schauen, wie man den Standort Deutschland sichere und die wirtschaftliche Substanz erhalte, die durch Abwanderung ins Ausland bedroht sei. „Wir brauchen hier ein klares Commitment für das Unternehmertum.“
Linke fordert „staatliche Preisaufsicht für Energie“
Amira Mohamed Ali (Die Linke) bescheinigte dem Jahreswirtschaftsbericht „leider viel Schönfärberei“. Das momentan etwas entspanntere Verhältnis an den Energiemärkten hätten nichts mit der Politik der Bundesregierung zu tun, sondern mit einer gesunkenen Nachfrage. „Wir brauchen endlich eine staatliche Preisaufsicht für Energie“, sagte
Ali. Im Gegensatz zu Houben bezeichnete sie die Investitionen der US-Regierung als Positivbeispiel für proaktives Handeln in der Krise. „Ankündigungen wurden genug ausgesprochen, nun müssen auch Taten folgen“, sagte die Linkenabgeordnete in Richtung des Wirtschaftsministers. Ali zitierte zudem einen Artikel der Zeitung „The Economist“, demzufolge mit einer höheren Sterblichkeit aufgrund niedrigerer Raumtemperaturen zu rechnen sei.
Grüne für „mehr saubere, bezahlbare Energie“
Dr. Sandra Detzer (Bündnis 90/Die Grünen) sagte, nüchtern betrachtet seien 1,9 Prozent nur eine Zahl. Aber das es im Krisenjahr 2022 sogar ein kleines Wachstum gegeben habe, sei eine „kleine Sensation“. Sie dankte den Unternehmen und deren Belegschaften: „Diese 1,9 Prozent sind Ihr Erfolg!“ „Im vergangenen Jahr haben wir gelitten, wir waren verunsichert, aber wir kämpften uns durch.“ Detzer rechnete dem Wirtschaftsminister sein Engagement in der Bewältigung der Energiekrise an: „Er wollte nicht nach Katar und fuhr trotzdem. Danke für diese enorme Leistung.“
Der Erfolg dürfe zwar zuversichtlich machen, aber nicht träge. „Wir brauchen mehr saubere, bezahlbare Energie“, forderte die Grünenabgeordnete. Dazu gehöre auch, die Stärkung der nationalen Souveränität, um die Abhängigkeit Deutschlands in Sachen kritischer Rohstoffe zu reduzieren. (emu/26.01.2023)
Jahresgutachten des Sachverständigenrats
Der Sachverständigenrat hatte sein Jahresgutachten mit dem Titel „Energiekrise solidarisch bewältigen, neue Realität gestalten“ bereits Mitte November vorgelegt. Es enthält zudem den vierten nationalen Produktivitätsbericht, den der Sachverständigenrat als nationaler Ausschuss für Produktivität für Deutschland erstellt hat.
Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine im Frühjahr 2022 und dessen Auswirkungen belasten Privathaushalte und Unternehmen massiv, schreiben die Sachverständigen; zudem werde der konjunkturelle Ausblick deutlich eingetrübt. Weiteren Einfluss auf die wirtschaftliche Situation und Entwicklung hätten die negativen wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie sowie die andauernden Lieferkettenstörungen. Dies verlangsame im Zusammenspiel mit „spürbaren Fachkräfteengpässen“ die konjunkturelle Erholung.
„Maßnahmen mit europäischen Partnern abstimmen“
Um die Energiekrise solidarisch zu bewältigen, seien „umfangreiche Maßnahmen gegen die Energieknappheit und zielgenaue Entlastungen notwendig“, heißt es weiter. Angesichts der europäischen Dimension der Energiekrise sollten die staatlichen Maßnahmen zur Entlastung und zur Sicherstellung der Energieversorgung eng mit den europäischen Partnerländern abgestimmt werden.
Das Gutachten gibt einen Ausblick auf die mittelfristigen Herausforderungen für Deutschland und Europa und wie diesen begegnet werden könne. So fordern die Sachverständigen, die Reform der Wirtschafts- und Währungsunion anzugehen, die Fachkräftesicherung durch Weiterbildung und Erwerbsmigration voranzubringen und die internationalen Abhängigkeiten zu reduzieren.
Antrag der AfD
Die AfD-Fraktion fordert die Bundesregierung in ihrem Antrag dazu auf, künftig auf die Ausweisung von 32 sozial- und umweltpolitischen Indikatoren im Jahreswirtschaftsbericht zu verzichten, „um die wirtschaftliche Situation unseres Landes und die Wirtschafts- und Finanzpolitik der Bundesregierung klar darzustellen“.
Die Abgeordneten schlagen vor, „die neuen Indikatoren aus dem Jahreswirtschaftsbericht herauszunehmen und bei Bedarf in einem eigenen Bericht darzustellen“. Voraussetzung hierfür müsse ein Modell sein, das die Wechselwirkung aller Indikatoren berücksichtige und Zielkonflikte vermeide, um „um Fehlinterpretationen zum Nachteil der Wohlfahrtsmessung zu verhindern“, wie es in dem Antrag heißt. (vom/emu/26.01.2023)
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TOP 8 Patientenberatung
Die geplante neuerliche Reform der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) wird im Grundsatz auch von Teilen der Opposition unterstützt. Neben den Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP befürwortete am Donnerstag, 26. Januar 2023, in der ersten Beratung des Gesetzentwurfes (20/5334) der Bundesregierung auch die Linksfraktion die Neuaufstellung der Patientenberatung. Allerdings werden in der Opposition die geplanten Stiftungsstrukturen ebenso hinterfragt wie die Finanzierung durch die Krankenkassen.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Die UPD soll ab 2024 in einer Stiftung bürgerlichen Rechts verstetigt werden. Das Ziel sei, die UPD in eine dauerhafte, staatsferne und unabhängige Struktur unter Beteiligung der maßgeblichen Patientenorganisationen zu überführen, heißt es in einem Gesetzentwurf. Der zweiköpfige Vorstand wird von einem Stiftungsrat bestellt, der aus 13 Mitgliedern bestehen soll.
Bei der Ausgestaltung des Vorstands der Stiftung komme den in der Verordnung nach Paragraf 140g SGB V genannten oder nach der Verordnung anerkannten maßgeblichen Organisationen für die Wahrnehmung der Interessen der Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen eine wesentliche Rolle zu, heißt es in dem Gesetzentwurf weiter. Sie schlagen dem Stiftungsrat zwei Personen zur Berufung in den Vorstand vor.
Gesamtbetrag von jährlich 15 Millionen Euro
Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV) und die privaten Krankenversicherungsunternehmen (PKV) sollen der Stiftung mit Jahresbeginn 2024 einen Gesamtbetrag von jährlich 15 Millionen Euro zuweisen. Der Anteil der PKV soll bei sieben Prozent liegen.
Seit Januar 2016 betreibt die private Callcenter-Firma Sanvartis die UPD. Zuvor wurde der Auftrag von einer Bietergemeinschaft aus Sozialverband VdK, Verbraucherzentrale Bundesverband und Verbund unabhängige Patientenberatung (VuP) wahrgenommen. Der GKV-Spitzenverband hatte sich 2015 im Einvernehmen mit dem Patientenbeauftragten für die Neuvergabe entschieden. Zugleich wurde die Förderphase von fünf auf sieben Jahre verlängert. Die Fördermittel wurden von 5,2 auf 9,0 Millionen Euro jährlich erhöht. Finanziert wird die UPD durch den GKV-Spitzenverband und anteilig die PKV.
Die jüngste Förderphase endete mit dem Jahresende 2022. Das bisherige Vergabeverfahren wurde mit Blick auf die angestrebte Neustrukturierung bereits 2021 aus dem Gesetz gestrichen. Für das Jahr 2023 gilt eine Übergangsregelung nach den bisherigen Rahmenbedingungen.
Minister betont Bedeutung unabhängiger Beratung
Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD) sprach von einem wichtigen Gesetzentwurf, weil damit die Perspektive der Patienten eingenommen werde. Diese Perspektive werde oft vergessen. Eine unabhängige Beratung sei für viele Menschen wichtig, wenn es etwa darum gehe, schnell eine Entscheidung zu treffen über eine Behandlung oder Operation. In dem Fall müsse es Möglichkeiten für eine Beratung geben ohne wirtschaftliche Abhängigkeiten. Die Stiftung solle zu jedem Zeitpunkt die Möglichkeit bieten, unabhängig Informationen einzuholen.
Das Beratungsangebot werde auf Dauer finanziert, die Struktur sei gemeinsam mit den Fachverbänden entwickelt worden, betonte Lauterbach. „Das ist ein Konsensergebnis.“ Die jetzt vorgesehene Lösung knüpfe nahtlos an die laufende Patientenberatung an und solle 2024 beginnen. Die Mitarbeiter der jetzigen UPD würden möglichst in die neue Struktur überführt.
Lauterbach kündigt weitere Neuregelungen an
Der Minister kündigte an, dass zusammen mit dem UPD-Gesetz zwei weitere dringende Regelungen verabschiedet werden sollen. Dies betreffe die bereits angekündigte Entkoppelung der Kinderärzte von der Budgetierung. Die Ärzte erhielten rückwirkend eine Vergütung für das vierte Quartal 2022 in Höhe von insgesamt 49 Millionen Euro. Als erste Arztgruppe würden die Kinderärzte komplett aus dem Budget herausgenommen, sagte Lauterbach. Die Kinderärzte könnten somit künftig ohne Budgetnot behandeln und machen, was sie medizinisch für richtig hielten.
Mit der zweiten Regelung werde ein altes Unrecht beseitigt, fügte der Minister hinzu. So sollen für Männer, die Sex mit Männern haben, künftig bei Blutspenden dieselben Regeln gelten wie bei anderen Spendern. Die bisherige besondere Rückstellung für diese Personengruppe bei Blutspenden habe zu einer unnötigen Diskriminierung geführt.
Union verweist auf offene Finanzierungsfragen
Hubert Hüppe (CDU/CSU) sagte in der Beratung, die Union stehe für eine qualifizierte, unabhängige und neutrale Beratung. Entscheidend dafür seien die Qualifikation und Motivation des Personals. Es sei daher nicht sinnvoll, dass die Leistungen der UPD immer neu ausgeschrieben würden. Patienten und Mitarbeiter bräuchten Sicherheit, auch müsse die Kompetenz erhalten bleiben.
Hüppe warf der Bundesregierung vor, die Reform nicht schnell genug anzugehen. Da die neue UPD schon 2024 starten solle, sei der Zeitdruck wieder groß. Er wies auf die von der GKV angekündigte Klage gegen die Finanzierung hin, auch die PKV lehne das Finanzierungsmodell ab. Diese offenen Finanzierungsfragen hätten vorher geklärt werden müssen. Wenn die Finanzierung nicht stehe, sei der Übergang gefährdet. Zudem könnten die erfahrenen Mitarbeiter womöglich nicht gehalten werden.
AfD übt Kritik an UPD-Beratung
Bedenken an der Finanzierung kamen auch von der AfD-Fraktion. Dr. Christina Baum (AfD) kritisierte, dass die neue UPD zu 93 Prozent aus Beitragsmitteln und zu 7 Prozent aus Mitteln der PKV finanziert werden solle. Das sei „eine unglaubliche Frechheit“. Sie forderte, die Beratungsleistung aus Steuermitteln zu finanzieren. Die jetzt geplante Kostenverteilung sei ein Missbrauch von Beitragsmitteln.
Baum wies darüber hinaus auf Mängel in der Beratung hin. So habe die UPD auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie 2020 insgesamt 170.000 Beratungen registriert, so die AfD-Abgeordnete und fügte hinzu: „Das selbstgesteckte Ziel der 225.000 Beratungen wurde bisher immer verfehlt.“ Auch habe die UPD mitnichten auf Probleme und Missstände hingewiesen, etwa zur Frage der Unverhältnismäßigkeit von Corona-Maßnahmen oder dem Impfzwang, argumentierte Baum. Sie stellte außerdem die Staatsferne infrage, da im Stiftungsrat staatliche Stellen vertreten sein sollen.
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TOP 18 Handelsabkommen EU-Lateinamerika (Mercosur)
Der Bundestag hat am Donnerstag, 26. Januar 2023, erstmals Anträge der CDU/CSU-Fraktion und der AfD-Fraktion zum EU-Assoziierungsabkommen mit den lateinamerikanischen Mercosur-Staaten beraten. Im Anschluss an die rund 70-minütige Aussprache wurde der Unionsantrag mit dem Titel „Politische und wirtschaftliche Beziehungen zu Lateinamerika stärken – Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und den Mercosur-Staaten in Kraft setzen“ (20/4887) zur federführenden Beratung an den Wirtschaftsausschuss überwiesen.
Der AfD-Antrag mit dem Titel „Heimische Landwirtschaft und tropischen Regenwald schützen – Nein zum geplanten Handelsabkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten“ (20/5361) wurde ebenfalls zur weiteren Beratung an den federführend Wirtschaftsausschuss überwiesen.
Union fordert rasche Ratifizierung
Zu Beginn der Debatte appellierte Stefan Rouenhoff (CDU/CSU) an die Fraktionen der Ampelkoalition, jetzt die Initiative zu ergreifen, eine Führungsrolle in Europa zu übernehmen und den Weg für die Ratifizierung des Abkommens freizumachen: „Zeigen Sie, dass das neue Deutschlandtempo nicht das Genehmigungstempo für Panzerlieferungen in die Ukraine ist“, sagte er in Anspielung auf die vielfach als zögerlich wahrgenommene Entscheidungsfindung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Sachen Waffenlieferungen an die Ukraine.
In ihrem Antrag hebt die Union die geopolitische Bedeutung des Abkommens hervor: Nur in Zusammenarbeit mit „Wertepartnern“ werde der Erhalt der internationalen regelbasierten Ordnung und die Stärkung freiheitlich-demokratischer Gesellschaften in einer multipolaren Welt möglich sein. Eine Ratifizierung solle nicht durch Rufe nach Zusatzvereinbarungen und Nachverhandlungen aufs Spiel gesetzt werden.
SPD: Regierungswechsel in Brasilien ist eine Chance
Der Union gehe es – wie immer – zu langsam voran, offenbar wolle die Union das Abkommen zur Not mit Gewalt ins Ziel bringen, sagte Sebastian Roloff (SPD). Aber die Verhandlungen begannen 1999, im Juni 2019 dann wurde nach fast 20-jähriger Verhandlungsdauer eine Einigung über den Handelsteil erzielt – da komme es jetzt auf Monate nicht an, stellte Roloff fest. EU-Parlament und auch viele Mitgliedstaaten wollten aber den Vertrag in der bestehenden Form nicht annehmen, da verbindliche Verpflichtungen zu Umwelt- und Sozialstandards sowie zum Schutz der Menschenrechte fehlten.
Auch Deutschland wolle lieber langsam, aber dafür in die richtige Richtung marschieren: Gerade den Regierungswechsel in Brasilien sehe man als Chance, die es zu nutzen gelte, um den Schutz des Regenwald zu verbessern, und durchsetzbare und nachprüfbare Rechtsstandards zu verankern.
Grüne: Demokratisch, sozial und nachhaltig sein
Aus grüner Sicht seien Klimaschutz und Wohlstand angewiesen, sagte die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz Dr. Franziska Brantner (Bündnis 90/Die Grünen). Sie nannte es richtig und wichtig, sich den lateinamerikanischen Wertepartnern zuzuwenden. Es sei auch unter dem Eindruck des russischen Angriffs auf die Ukraine und dessen Folgen Teil der Diversifizierungsstrategie, die politisch problematische Abhängigkeiten verringern soll, wichtig für die Handlungsfähigkeit Europas in einer sich wandelnden Welt. Aus Brantners Sicht, wäre es ein Fehler, sich rein auf den Handelsteil zu beschränken.
Man wolle vielmehr gemeinsam mit den Partnern „die grünen Märkte der Zukunft“ schaffen und zeigen, dass man „demokratisch, sozial und nachhaltig sein kann“. Deswegen wolle man ein klares Commitment der Vertragspartner, dass man Umwelt- und Menschrechte stärken will. Und eine verbindliche Zusatzvereinbarung zum Schutz des Regenwalds.
FDP: Abkommen muss auf breite Akzeptanz stoßen
Carl-Julius Cronenberg von der FDP mochte im Unionsantrag viel Richtiges, wenn auch wenig Neues entdecken. Er wundere sich aber doch, wie CDU und CSU Handelspolitik als geopolitisches Instrument sehen könnten, aber kein Wort über den Klimaschutz verliere: Der Regenwald im Amazonas sei „systemrelevant für die ganze Welt“. Und wichtig auch mit Blick auf eine möglichst breite Akzeptanz für das Abkommen.
Die Proteste gegen die Freihandelsabkommen Ceta und TTIP in der Vergangenheit hätten gezeigt: Es gehe nicht nur um Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze – es gehe auch um Akzeptanz. „Wir werben deshalb für mehr Wohlstand und Nachhaltigkeit“, sagte Cronenberg.
AfD sieht Nachteile für deutsche Landwirte
Wenn ein Freihandelsabkommen klug ausgearbeitet werde, könne es zum Wirtschaftswachstum beitragen, sagte AfD-Politiker Prof. Dr. Malte Kaufmann: „Dann würde es auch unsere Zustimmung bekommen“. Bei den Verhandlungen zum in Rede stehenden Abkommen aber sei es immer mehr um linksgrüne Belange gegangen, die darauf abzielten, „die eigene Ideologie zum Weltstandard zu machen“, wie zum Beispiel die Klimaziele, die in Wahrheit Wohlstandsvernichtungsziele seien. Kaufmann kritisierte, dass man den Regenwald in Brasilien schützen wolle, aber gleichzeitig in Deutschland Wald gerodet werde, um Flächen für den Bau von Windrädern ausweisen zu können.
Im Antrag der AfD heißt es, das geplante Freihandelsabkommen gewährleiste der europäischen und deutschen Landwirtschaft „keine fairen Wettbewerbsbedingungen“. Die Abgeordneten sehen in dem Abkommen die Gefahr, dass sich die „ohnehin schon schwierige wirtschaftliche Situation in der deutschen Landwirtschaft weiter verschlechtert und die Existenz tausender bäuerlicher Familienbetriebe gefährdet“ sei.
Antrag der AfD
Das zwischen der Europäische Union (EU) und den Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay geplante Freihandelsabkommen gewährleistet der europäischen und deutschen Landwirtschaft aus Sicht der AfD-Fraktion „keine fairen Wettbewerbsbedingungen“. Die Abgeordneten sehen in dem Abkommen die Gefahr, dass sich die „ohnehin schon schwierige wirtschaftliche Situation in der deutschen Landwirtschaft weiter verschlechtert und die Existenz tausender bäuerlicher Familienbetriebe gefährdet“ sei.
In einem Antrag (20/5361) fordert die Fraktion deshalb, das Abkommen nicht zu ratifizieren, „solange es Zollkontingente beziehungsweise Freihandelsquoten für Zucker, Ethanol, Rindfleisch und Geflügelfleisch beinhaltet“. Vor allem bei diesen Agrarprodukten seien die Mercosur-Staaten sehr wettbewerbsfähig, heißt es in dem Antrag. Die AfD-Fraktion befürchtet deshalb eine Benachteiligung der heimischen Landwirtschaft. (emu/mis/ste/26.01.2023)
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TOP 9 Änderung StGB
Der Bundestag hat sich am Donnerstag, 26. Januar 2023, erstmalig mit zwei Gesetzentwürfe (20/2081, 20/4421) und drei Anträgen (20/4416, 20/4420, 20/4419) der Fraktion Die Linke zur Strafrechtspolitik befasst. Unter dem Schlagwort „Armutsbekämpfung abschaffen“ fordert die Fraktion darin unter anderem die Entkriminalisierung des Schwarzfahrens, des Drogenkonsums und des Containers. Zudem soll die Ersatzfreiheitsstrafe abgeschafft, die Prozesskostenhilfe und das Recht auf Verteidigung gestärkt sowie die Systematik der Geldstrafe überarbeitet werden. Die Anträge wurden zur federführenden Debatte an den Rechtsausschuss überwiesen.
SPD: Koalition will Gerechtigkeitsdefizite abschaffen
Für die SPD-Fraktion nutzte Carmen Wegge die Debatte, um – wie auch Rednerinnen und Redner von Bündnis 90/Die Grünen und FDP – auf die Vorhaben der Koalition im Strafrechtsbereich hinzuweisen. Die Koalition wolle „Gerechtigkeitsdefizite abschaffen“ und eine „große Gerechtigkeitsoffensive“ starten. Das Strafrecht solle umfassend modernisiert sowie die Kriminalpolitik unter die Lupe genommen werden.
Die Ersatzfreiheitsstrafen würden „benachteiligte Bevölkerungsgruppen“ treffen, die nicht in der Lage seien, die Geldstrafen zu begleichen. Die Sozialdemokratin verwies auf die Pläne der Bundesregierung, die Ersatzfreiheitsstrafe zu halbieren. Sie sei sich sicher, „dass wir den Entwurf noch ein bisschen besser machen werden“, sagte Wegge.
CDU/CSU ist gegen ein „politisches Strafrecht“
Für die CDU/CSU-Fraktion übte Ingmar Jung scharfe Kritik an den Vorschlägen der Linken. „Sie teilen die, die Recht und Gesetz brechen, in Gut und Böse ein. Sie wollen unterschiedliche Urteile“, sagte Jung mit Verweis auf das ebenfalls von der Links-Fraktion geforderte Unternehmensrecht. Ein „politisches Strafrecht“ sei mit der Union nicht zu machen.
Mit Blick auf das Containern, die Entnahme weggeworfener, aber noch verzehrbarer Lebensmittel aus Müllbehältern von Supermärkten, sprach der Christdemokrat von einem riesigen Problem, dass Unmengen von Lebensmitteln weggeworfen würden. Zur Lösung sei aber das Landwirtschaftsministerium und nicht das Strafrecht zu adressieren, meinte Jung. Auch die Entkriminalisierung des Schwarzfahrens lehnte er ab.
Grüne: Entkriminalisieren, liberalisieren und legalisieren
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen betonte Canan Bayram, dass eine moderne Gesellschaft ein modernes Strafrecht brauche. „Wir werden entkriminalisieren, wir werden liberalisieren und wir werden legalisieren“, kündigte Bayram an. Die Gesellschaft müsse klären, was sie als gerecht empfinde und was nicht.
„Wenn das Parken ohne Parkschein eine Ordnungswidrigkeit ist, dann stellt sich doch die Frage, warum das Fahren ohne Fahrschein eine Straftat ist“, betonte die Grünen-Abgeordnete. Neben der Reform der Ersatzfreiheitsstrafe forderte Bayram zudem – wie auch die Linke – die Pflichtverteidigung und die Prozesskostenhilfe auszuweiten.
AfD: Vorschläge aus der Mottenkiste des Sozialismus
Für die AfD-Fraktion lehnte Thomas Seitz die Vorschläge rundherum ab. Sie stammten aus der „Mottenkiste des Sozialismus“ und seien von dem „ideologischen Konstrukt der Armutsbestrafung“ durchzogen, die es in Deutschland gar nicht gebe. Die Entkriminalisierung des Fahrens ohne Fahrschein würde „die Finanzierung des ÖPNV zerstören“, sagte der AfD-Abgeordnete.
Es gebe gute Gründe gegen Geldstrafen, dann müssten aber Alternativen genannt werden, forderte Seitz. Die Ersatzfreiheitsstrafe sei aber ein „notwendiges Druckmittel, das der Geldstrafe Durchsetzungskraft verleiht“, meinte der AfD-Abgeordnete.
FDP will Zeitenwende in der Strafrechtspolitik
Für die FDP-Fraktion kündigte Stephan Thomae eine „Zeit der Zeitenwende in der Strafrechtspolitik“ an. „Immer mehr und immer härter zu bestrafen, das war lange Zeit die einzige Richtung, die wir in der Strafrechtspolitik gekannt haben“, kritisierte Thomae. Dabei werde Kriminalität nicht mit mehr und höheren Strafen bekämpft, sondern mit mehr Personal und besserer Ausstattung.
Im Rahmen der avisierten Strafrechtsreform werde man auch einen Blick auf das Fahren ohne Fahrschein werfen, in Sachen Containern sei schon Bewegung in der Diskussion, sagte Thomae mit Verweis auf Vorschläge zur Änderung der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren. Der Liberale hob ebenfalls auf die geplante Reform der Ersatzfreiheitsstrafe ab, eine Abschaffung lehnt er indes ab. Es müsse eine Markierung bleiben, dass eine Sanktion auch durchgesetzt werden könne.
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Antrag AfD ZP 9 Aktuelle Stunde – Bundesverfassungsgerichtsurteil zur Parteienfnanzierung
Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur staatlichen Parteienfinanzierung hat sich der Bundestag am Donnerstag, 26. Januar 2023, in einer Aktuellen Stunde befasst. Das Bundesverfassungsgericht hatte zwei Tage zuvor, am 24. Januar, die außerplanmäßige Erhöhung der staatlichen Zuschüsse für Parteien um 25 Millionen Euro als verfassungswidrig eingestuft, weil es die Begründung dafür als nicht ausreichend bewertete.
2018 hatte die Große Koalition aus CDU/CSU und SPD ein entsprechendes Gesetz dafür in einem Eilverfahren vor der Sommerpause durch den Bundestag gebracht und dies mit den höheren Kosten der Parteien für die digitale Kommunikation begründet. Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke und die FDP hatten gegen das Gesetz geklagt, weil sie die Erhöhung für unverhältnismäßig hielten und den Eindruck einer Selbstbedienung fürchteten. Die AfD hatte eine eigene Klage eingereicht, weil sie sich durch die Art des Gesetzgebungsverfahrens als Oppositionspartei benachteiligt sah. Diese Klage hatten die Karlsruher Richter jedoch als unzulässig zurückgewiesen.
AfD: Geld muss zurückgezahlt werden
Stephan Brandner (AfD) warf den „Altparteien“ vor, sich rechtswidrig 100 Millionen Euro einverleibt zu haben und forderte, dieses Geld müsse sofort zurückgezahlt werden. Daran dächten die anderen Parteien aber gar nicht, sagte er, denn stattdessen überlegten sie, wie sie ein neues, ab 2019 rückwirkendes Gesetz verabschieden könnten, damit nichts zurückgezahlt werden müsse. „Das Geld gehört zurück in die Taschen der Bürger.“
SPD: Eilverfahren war ein Fehler
Dietmar Nietan (SPD) sagte, wenn man einen Fehler gemacht habe, müsse man dazu stehen. „Die Art und Weise, wie wir das Gesetz damals im Eilverfahren durch das Parlament gejagt haben, war falsch.“ Daraus müssten nun die richtigen Schlüsse gezogen werden, das Urteil sei eine Chance, nun ein modernes Parteienfinanzierungsgesetz auf den Weg zu bringen.
CDU/CSU für „zeitgemäße“ Reform der Finanzierung
Ansgar Heveling (CDU/CSU) betonte: „Das war nicht das Urteil, das wir uns erhofft haben, aber das wir natürlich respektieren.“ Nun müsse es darum gehen, eine zeitgemäße Reform der Finanzierung hinzubekommen. Es sei aber mitnichten so, wie es die AfD behaupte, dass das Urteil eine „Klatsche“ für Union und SPD sei. „Die einzige Partei, die eine Klatsche erhalten hat, ist die AfD, weil sie offenbar nicht in der Lage ist, eine vernünftige Klage einzureichen.“
Grüne: AfD will Verfassungsorgane beschädigen
Canan Bayram (Bündnis 90/Die Grünen) warf der AfD vor, mit ihrer Klageschrift nur ein Ziel gehabt zu haben, nämlich die Verfassungsorgane zu beschädigen. Diese Strategie sei eine ernste Gefahr für die Demokratie. Das Urteil sei deutlich gewesen, so Bayram, aber sie vertraue der Bundestagsverwaltung, sachlich zu prüfen, ob eine Rückzahlung der Gelder seit 2019 notwendig sein wird.
Linke: Mehr Transparenz bei neuer Reform
Jan Korte (Die Linke) kritisierte die AfD für ihre Agitation gegen die staatliche Parteienfinanzierung als solche. „Die Grundidee der staatlichen Parteienfinanzierung ist sinnvoll, damit es nicht so endet wie in den USA.“ Grüne, Linke und FDP seien erfolgreich gewesen, die AfD dagegen nicht, so Korte. Er forderte, bei einer künftigen Reform mehr auf Transparenz zu achten als bisher, um das Vertrauen der Bevölkerung wieder zurückzugewinnen.
FDP: Nicht dieselben Fehler wiederholen
Stephan Thomae (FDP) warnte, man dürfe bei einer Neuregelung nicht den Fehler von 2018 wiederholen und hastig ein Gesetz ausarbeiten. Das Grundgesetz weise den Parteien eine Mittlerrolle zwischen Staat und Gesellschaft zu, dafür bedürfe es einer soliden finanziellen Basis. Das Gericht habe anerkannt, dass die erheblichen Aufwendungen der Parteien für Digitales als „einschneidende Veränderung der äußeren Umstände“ gewertet werde können, dem müsse eine Reform nun ausreichend begründet Rechnung tragen, sagte Thomae. (che/26.01.23)
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TOP 7 Berufliche Bildung
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ZP 9 Illegale Einwanderung
Der Bundestag hat am Donnerstag, 26. Januar 2023, erstmals über einen Antrag mit dem Titel „Die ,vergessenen’ queeren Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung“ (20/5359) beraten, den die Fraktion Die Linke vorgelegt hatte. Nach rund 45-minütiger Aussprache wurde die Vorlage zur federführenden Beratung in den Rechtsausschuss überwiesen.
Antrag der Linken
Die Fraktion fordert den Bundestag auf, anzuerkennen, „dass den queeren Opfern aufgrund der jahrzehntelangen Verweigerung der Anerkennung als Opfer des Nationalsozialismus großes Unrecht angetan wurde“. Der Deutsche Bundestag solle sich ferner für das damit verbundene Leid, unter anderem „durch unterbliebene Entschädigungszahlungen für Haft- und Konzentrationslageraufenthalt, Sterilisation und Kastration beziehungsweise ‚freiwillige Entmannung‘ sowie verweigerte Rentenansprüche“, entschuldigen, verlangt die Fraktion. (vom/scr/26.01.2023)
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Antrag AfD TOP 17 Illegale Einwanderung
Die AfD will „irreguläre Migration mit Asylzentren außerhalb der EU nachhaltig unter Kontrolle bringen“. Ein entsprechender Antrag der Fraktion (20/5362) stand am Donnerstag, 26. Januar 2023, erstmals auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages. Nach halbstündiger Aussprache wurde der Antrag zur weiteren Beratung in die Ausschüsse überwiesen. Die Federführung liegt beim Ausschuss für Inneres und Heimat.
Antrag der AfD
In ihrem Antrag plädiert die AfD-Fraktion für die Errichtung solcher Asylzentren durch die Europäische Union „an sicheren Orten außerhalb von möglichen Kriegsgebieten in den relevanten Herkunftsstaaten, Nachbarstaaten oder Staaten, durch welche derzeitige zentrale Migrationsrouten und/oder denkbar zukünftige zentrale Migrationsrouten verlaufen“. Die Asylzentren sollen dem Antrag zufolge der umfassenden und abschließenden Überprüfung von Asylanträgen dienen. Die fachliche Zuständigkeit eines EU-Mitgliedstaats hinsichtlich des Asylverfahrens soll sich nach dem durch den Asylantragsteller angegebenen Zielland innerhalb der EU richten und die inhaltliche Kontrolle von Asylentscheidungen den zuständigen Organen des EU-Mitgliedstaats obliegen, der die Erstasylentscheidung trifft.
Weiter spricht sich die Fraktion unter anderem dafür aus, die zuständigen Mitarbeiter der Asylzentren zu verpflichten, Asylanträge abzulehnen, wenn insbesondere Dokumente nicht erbracht sind, die die Identität des Asylantragstellers und gegebenenfalls dessen Schutzbedürftigkeit nachweisen, oder wenn die Voraussetzungen des geltenden jeweils nationalen beziehungsweise EU-Asylrechts nicht erfüllt sind. „Sachlich begründete Asylanträge“ sollen die Asylzentren dem Antrag zufolge an die zuständigen Organe der EU-Mitgliedstaaten zur Prüfung anhand nationaler Gesetze und Verordnungen weiterleiten.
Die Stellung eines Asylantrags nach einem illegalen Grenzübertritt in die EU soll nach dem Willen der Abgeordneten ausgeschlossen sein. Die Bundesregierung wird in dem Antrag aufgefordert, auf EU-Ebene darauf hinzuwirken, dass das Migrations- und Asylsystem der Europäischen Union zeitnah entsprechend umgestellt wird, indem Legislativvorschläge über solche Asylzentren beziehungsweise -verfahren unterbreitet und „die dazugehörigen Verhandlungen mit Drittstaaten aufgenommen werden“. (sto/vom/26.01.2023)
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27. Januar 2023 (83. Sitzung)
TOP Änderung des Bundeswahlgesetzes – Wahlrechtsreform
Die Pläne der Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP zur Begrenzung der Abgeordnetenzahl im Bundestag sind am Freitag, 27. Januar 2023, im Parlament auf scharfe Kritik der Union gestoßen, während Vertreter der Ampelkoalition ihrerseits die CDU/CSU-Vorschläge für eine entsprechende Wahlrechtsreform entschieden zurückwiesen. Der Bundestag hat sich am erstmals mit dem von den Ampelfraktionen vorgelegten Gesetzentwurf „zur Änderung des Bundeswahlgesetzes und des Fünfundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes“ (20/5370) befasst. Derzeit verfügt das Parlament über 736 Sitze und damit über so viele wie noch nie in seiner Geschichte.
Die AfD-Fraktion, die einen im Kern inhaltsgleichen Vorschlag wie die Koalition eingebracht und damit ihre Initiative aus der vorherigen Wahlperiode aufgegriffen hat, begrüßte, dass mit diesem Modell das von ihr vorgelegte Konzept eine Mehrheit finden werde, „weil es kein besseres gibt“. Auch aus der Fraktion Die Linke wurde Zustimmung zu der Ampelvorlage signalisiert. Neben den beiden Gesetzentwürfen der Koalitionsfraktionen (20/5370) und der AfD-Fraktion (20/5360) lagen den Abgeordneten auch Anträge der Unionsfraktion (20/5353) und der Linksfraktion (20/5356, 20/5357, 20/5358) zur Wahlrechtsreform erstmals vor. Alle Vorlagen überwiesen die Abgeordneten nach der Aussprache zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Inneres.
Koalition und die AfD für Beibehaltung von 299 Wahlkreisen
Die Koalition und die AfD sehen in ihren Gesetzentwürfen vor, die Zahl der Bundestagsabgeordneten bei weiterhin 299 Wahlkreisen künftig verlässlich auf die Regelgröße von 598 Parlamentsmitglieder zu begrenzen und dafür die Zuteilung sogenannter Überhang- und Ausgleichsmandate zu streichen. Dies könnte dazu führen, dass in Zukunft nicht mehr alle Direktkandidaten, die in ihrem Wahlkreis die meisten Erststimmen erhalten, in den Bundestag einziehen. Erringen Wahlkreisbewerber einer Partei mehr Mandate, als dieser nach dem für das Kräfteverhältnis der Parteien im Parlament ausschlaggebenden Zweitstimmenergebnis zustehen, sollen diejenigen von ihnen mit den vergleichsweise schlechtesten Erststimmenergebnis leer ausgehen.
Überhangmandate fallen an, wenn eine Partei über die Erststimme mehr Direktmandate in den Wahlkreisen gewonnen hat, als ihrem Listenergebnis entspricht. Um das mit der Zweitstimme bestimmte Kräfteverhältnis der Parteien im Parlament wiederherzustellen, werden diese Überhänge seit 2013 mit zusätzlichen Ausgleichsmandaten kompensiert. In der Folge ist die Zahl der Abgeordneten über die gesetzliche Regelzahl hinaus auf derzeit 736 angestiegen.
CDU/CSU für Anhebung der Grundmandatsklausel
Die CDU/CSU-Fraktion schlägt in ihrem Antrag vor, die Zahl der Wahlkreise von derzeit 299 auf 270 zu reduzieren und die Regelgröße für Listenmandate auf 320 zu erhöhen. Zugleich plädiert sie für eine Erhöhung der Zahl unausgeglichener Überhangmandate von derzeit drei „auf die vom Bundesverfassungsgericht zugelassene Anzahl“ von 15. Zudem spricht sie sich für eine „Anhebung der Grundmandatsklausel“ aus. Danach sollen bei Verteilung der Sitze auf die Landeslisten nur Parteien berücksichtigt werden, die mindestens fünf Prozent der gültigen Zweitstimmen erhalten oder in mindestens fünf statt bisher drei Wahlkreisen einen Sitz errungen haben.
Von der bisherigen Grundmandatsklausel hat zuletzt Die Linke bei der Bundestagswahl 2021 profitiert, bei der sie nur 4,9 Prozent der Zweitstimmen erhielt, aber drei Direktmandate errang und daher in Fraktionsstärke ins Parlament einziehen konnte. Sie wirbt in ihren Wahlrechts-Anträgen dafür, das Mindestalter für das aktive Wahlrecht auf Bundesebene von 18 auf 16 Jahren abzusenken, ein Ausländerwahlrecht ab einem fünfjährigen legalen Aufenthalt in der Bundesrepublik einzuführen und zur Stärkung des Frauenanteils im Parteiengesetz festzuschreiben, dass Frauen und Männer bei der Aufstellung der Landeslisten gleichermaßen berücksichtigt werden.
Gesetzentwurf der Ampelkoalition
Die Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP haben den Gesetzentwurf zur Änderung des Bundeswahlgesetzes (20/5370) mit dem Ziel vorgelegt, die Zahl der Bundestagsmandate künftig sicher auf die Regelgröße von 598 zu begrenzen. Die Vorlage sieht dazu einen Verzicht auf die bisherige Zuteilung sogenannter Überhang- und Ausgleichsmandate vor. Dies könnte dazu führen, dass künftig nicht alle Direktkandidaten, die in ihrem Wahlkreis die meisten Erststimmen erhalten, in das Parlament einziehen. Überhangmandate sind bisher angefallen, wenn eine Partei über die Erststimme mehr Direktmandate in den Wahlkreisen gewonnen hat, als ihrem Listenergebnis entsprach. Um das mit der Zweitstimme bestimmte Kräfteverhältnis der Parteien im Parlament wiederherzustellen, wurden diese Überhänge mit zusätzlichen Ausgleichsmandaten kompensiert. In der Folge stieg die Zahl der Abgeordneten über die gesetzliche Regelzahl hinaus auf derzeit 736 an.
Dem Gesetzentwurf zufolge soll es wie bisher 299 Wahlkreise und zwei Stimmen geben. Dabei wird mit der als „Hauptstimme“ bezeichneten bisherigen Zweitstimme, mit der die Wähler für eine Parteiliste votieren können, über die proportionale Verteilung der Mandate an die Parteien entschieden. Mit der nunmehr „Wahlkreisstimme“ genannten bisherigen Erststimme können wie bisher in den Wahlkreisen Direktkandidaten gewählt werden. Ihnen wird ein Mandat laut Vorlage jedoch nur zugeteilt, wenn dies durch das Hauptstimmenergebnis gedeckt ist. Stellt eine Partei in einem Bundesland mehr Wahlkreissieger, als ihrem Hauptstimmenergebnis entspricht, sollen – in der Reihenfolge ihrer Ergebnisse bei den Wahlkreisstimmen – entsprechend weniger von ihnen bei der Mandatszuteilung berücksichtigt werden. „Die erfolgreiche Kandidatur im Wahlkreis setzt also künftig neben der relativen Mehrheit eine Deckung durch Hauptstimmen voraus“, führen die Koalitionsfraktionen dazu in der Vorlage aus. Parteiunabhängige Wahlkreisbewerber seien indes „als zwingende Ausnahme vom Grundsatz der Hauptstimmendeckung allein am Maßstab des Mehrheitsgewinns im Wahlkreis zu messen“.
Gesetzentwurf der AfD
Die AfD-Fraktion macht sich in ihrem Gesetzentwurf zur Änderung des Bundeswahlgesetzes für eine Reduzierung der Mitgliederzahl des Bundestages „auf regelmäßig nur noch 598 Abgeordnete“ stark (20/5360). Darin dringt sie darauf, die Entstehung sogenannter Überhangmandate künftig zu vermeiden. Nach ihrem Entwurf sollen mit der Erststimme künftig nicht mehr unmittelbar Bundestagsabgeordnete, sondern „qualifiziere Wahlkreiskandidaten“ gewählt werden. Erringen solche Bewerber einer Partei mehr Mandate, als deren Landesliste nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen würden, soll eine Rangfolge ihrer Direktkandidaten nach ihrem prozentualen Stimmergebnis aufgestellt werden. „Danach werden den qualifizierten Wahlkreiskandidaten Mandate bis zur Erreichung der Sitzzahl zugeteilt, die der betreffenden Partei nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen“, heißt es in der Vorlage weiter. Die Mandatszuteilung erfolge „in der Reihenfolge der absteigenden prozentualen Stimmergebnisse, beginnend mit dem höchsten prozentualen Stimmergebnis“.
Eine Durchbrechung erfahre dieses „Zuteilungssystem ohne Überhangmandate“ für den „eher theoretischen“ Fall, dass ein parteiunabhängiger Bewerber sich in einem Wahlkreis nach Erststimmen durchsetzt, führt die Fraktion in der Begründung ferner aus. Danach soll ein solches „unabhängiges Wahlkreismandat“ der eigentlich angestrebten gesetzlichen Mitgliederzahl des Bundestages hinzugerechnet werden. Darüber hinaus soll nach dem Willen der Fraktion die Möglichkeit geschaffen werden, die Zweitstimme künftig in bis zu drei „Bewerberstimmen“ aufzuteilen und dadurch die von den Parteien vorgegebene Reihenfolge der Landeslisten zu verändern.
Antrag der CDU/CSU
Die CDU/CSU-Fraktion dringt auf eine Wahlrechtsreform auf der Grundlage des personalisierten Verhältniswahlrechts, mit der die Zahl der Bundestagsmitglieder „in Richtung einer Regelgröße von 590 Abgeordneten reduziert“ wird. Dies geht aus einem Antrag der Fraktion (20/5353) hervor. Danach soll die Zahl der Wahlkreise von derzeit 299 auf 270 reduziert und die Regelgröße für Listenmandate auf 320 erhöht werden. In der Vorlage plädiert die Fraktion zudem für eine Erhöhung der Zahl unausgeglichener Überhangmandate von derzeit drei „auf die vom Bundesverfassungsgericht zugelassene Anzahl“ von 15. Überhangmandate einer Partei in einem Bundesland sollen nach ihrem Willen „wie bisher mit Listenmandaten der gleichen Partei in anderen Bundesländern verrechnet“ werden.
Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei über die Erststimme mehr Direktmandate in den Wahlkreisen gewonnen hat, als ihrem Listenergebnis entsprach. Um das mit der Zweitstimme bestimmte Kräfteverhältnis der Parteien im Parlament wiederherzustellen, werden diese Überhänge nach geltendem Wahlrecht bis auf drei mit zusätzlichen Ausgleichsmandaten kompensiert. In der Folge ist die Zahl der Abgeordneten über die gesetzliche Regelzahl von 598 hinaus auf derzeit 736 angestiegen. Zudem sprechen sich die Abgeordneten in dem Antrag für eine „Anhebung der Grundmandatsklausel“ aus. Danach sollen bei Verteilung der Sitze auf die Landeslisten nur Parteien berücksichtigt werden, die mindestens fünf Prozent der gültigen Zweitstimmen erhalten oder in mindestens fünf statt bisher drei Wahlkreisen einen Sitz errungen haben.
Zugleich wendet sich die Fraktion in der Vorlage gegen das in einem Gesetzentwurf von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP vorgeschlagene Wahlrechtsmodell. „Ein Modell, bei dem den in den Wahlkreisen durch die Erststimme direkt gewählten Kandidatinnen und Kandidaten nur dann ein Mandat zugeteilt wird, wenn und soweit dieses von dem durch die Zweitstimmen ermittelten Parteienproporz gedeckt ist, schmälert die Bedeutung der Wahlkreisabgeordneten erheblich und beeinträchtigt die parlamentarische Vertretung von Bürgerinteressen“, schreibt die Fraktion.
SPD: Ampel-Vorschlag ist ein großer Wurf
Sebastian Hartmann (SPD) wertete den Ampel-Vorschlag in der Debatte als „großen Wurf“, der den Bundestag bei allen künftigen Wahlen wieder auf seine Regelgröße von 598 Abgeordneten zurückführen werde. Er verwies zugleich darauf, dass die bisherige Zweitstimme nach dem Ampelvorschlag künftig „Hauptstimme“ genannt werden solle, weil diese für die Verteilung der 598 Sitze entscheidend sei.
Zunächst müsse dabei für eine Partei durch das proportionale Verhältnis der Sitzplatzanspruch entstanden sein, dann werde auf die Wahlkreissieger geblickt. „Wenn diese doppelte Legitimation entsteht“, sei der entsprechende Kandidat im Wahlkreis gewählt. Dies sei einfach, fair, gerecht, nachvollziehbar und bevorteile keine Partei alleine.
AfD fordert Wegfall der Überhangsmandate
Albrecht Glaser (AfD) plädierte ebenfalls für einen Wegfall der Überhangsmandate zur Begrenzung der Abgeordnetenzahl. Dies habe seine Fraktion bereits 2020 in einem Gesetzentwurf vorgeschlagen, der nun in leicht veränderter Form wieder auf der Tagesordnung stehe. Dieser enthalte alles, was die Koalition jetzt als ihr eigenes Konzept anpreise.
Darüber hinaus wolle die AfD „mehr Zweitstimmen als bisher, um damit einzelne Bewerber auf den Landeslisten zu kennzeichnen“ und so Einfluss auf die Reihenfolge der Kandidaten zu gewinnen. Auf diesen „demokratischen Fortschritt“ werde seine Fraktion nicht verzichten.
FDP will an eine Wahl mehr als eine Bedingung knüpften
Konstantin Kuhle (FDP) sagte, mit dem Gesetzentwurf der Koalition könne die Erwartung, die Größe des Parlaments einzuhalten, sicher erfüllt werden. Stellt eine Partei in einem Bundesland in mehr Wahlkreisen die „stimmenstärkste Person“, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen, seien die Bewerber mit den relativ schlechtesten Erststimmenergebnissen „nicht gewählt“.
Daher gehe es eben nicht darum, „jemandem, der schon gewählt ist, etwas wegzunehmen“. Auch sei es völlig normal, dass an eine Wahl mehr als eine Bedingung geknüpft werde. So müsse man in den meisten Bundesländern bei einer Bürgermeisterwahl mehr Stimmen als die Mitbewerber erzielen und zugleich mehr als 50 Prozent der Stimmen.
Linke: Operation an der Hauptschlagader der Demokratie
Susanne Hennig-Wellsow (Die Linke) unterstrich, dass man über nichts weniger debattiere als über eine „Operation an der Hauptschlagader der Demokratie“. Dabei würde der Vorschlag der Union zum „Fortbestehen“ von deren „einseitiger Bevorzugung“ führen. Dem könne nicht zugestimmt werden, wobei sie noch gar nicht über die Absicht spreche, „möglicherweise faktisch die Grundmandatsklausel zu kippen“.
Dagegen sei zu begrüßen, dass die Ampelkoalition nun einen Vorschlag unterbreitet habe, der die Wahlgrundsätze Verfassungsmäßigkeit und Gerechtigkeit der Regelungen vereinen möchte. Für sie gehe dieser Vorschlag „in eine richtige Richtung“.
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Antrag AfD ZP9 Gedenktag zur Christenverfolgung
Die AfD spricht sich für die Einführung eines Internationalen Tages gegen die Christenverfolgung aus. Ein entsprechender Antrag der Fraktion (20/5368) stand am Freitag, 27. Januar 2023, erstmals auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages. Die Abgeordneten überwiesen die Vorlage nach der Debatte zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Menschenrechte.
Antrag der AfD
In ihrem Antrag verlangt die AfD-Fraktion von der Bundesregierung, die „weltweite, menschenrechtswidrige Christenverfolgung als brennendes Problem konsequent zu benennen und zu ächten“. In diplomatischen Gesprächen auf europäischer Ebene und bei den Vereinten Nationen solle sie auf die Einführung eines internationalen Tages der Bekämpfung der Christenfeindlichkeit hinwirken. Als Datum schlagen die AfD-Abgeordneten den 15. Februar vor. An diesem Tag habe die Terrormiliz „Islamischer Staat“ im Jahr 2015 ein Video von der Enthauptung von 15 koptischen Christen veröffentlicht, schreiben sie zur Begründung.
Christen seien die weltweit am stärksten verfolgte Religionsgruppe, heißt es weiter im Antrag. Laut dem christlichen Hilfswerk Open Doors litten allein in 50 Ländern 312 Millionen Christen unter Diskriminierung und Verfolgung. Das Problem sei aber in Deutschland „medial stark unterbelichtet“. (sas/27.01.2023)
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