Sitzungswoche
6. April 2022 (27. Sitzung)
Quelle Bundestag: Die Tagesordnung entspricht auch dann der im Bundestag, wenn die Reihenfolge der Tagesordnungen „durcheinander“ gehen.
Anm: Weitere Beiträge werden ergänzt, sobald verfügbar
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TOP 1 Befragung der Bundesregierung
Die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine auf die deutsche Politik und die Zukunft der Energieversorgung in Deutschland waren wesentliche Themen in der Regierungsbefragung des Deutschen Bundestages am Mittwoch, 6. April 2022. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) stand den Abgeordneten bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr Rede und Antwort.
Die „entsetzlichen Bilder“ aus der ukrainischen Stadt Butscha, die Massaker an Zivilisten, „haben uns tief erschüttert“, sagte der Bundeskanzler: „Die Ermordung von Zivilisten ist ein Kriegsverbrechen.“ Die Täter müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Man müsse damit rechnen, noch weitere solche Bilder sehen zu müssen.
Kanzler an Putin: Ziehen Sie Truppen aus der Ukraine ab
Scholz forderte den russischen Präsidenten Putin auf: „Beenden Sie diesen zerstörerischen und selbstzerstörerischen Krieg sofort! Ziehen Sie Ihre Truppen aus der Ukraine ab!“ Aus aktuellen Beständen der Bundeswehr liefere Deutschland „alles, was man liefern kann“. Es bleibe aber klare Prämisse, sicherzustellen, dass die Nato-Partner keine Kriegspartei werden.
Scholz verwies auf Waffenlieferungen sowie auf humanitäre Unterstützung, beispielsweise für Moldau, „eines der ärmsten Länder Europas“. Moldau, das überproportional viele Geflüchtete aus der Ukraine aufgenommen hat, brauche und verdiene „unsere Unterstützung“.
Auch nach Deutschland seien Hunderttausende Kriegsflüchtlinge gekommen. Zu den bevorstehenden Gesprächen zwischen Bund und Ländern über Unterstützungsmaßnahmen und deren Finanzierung sagte Scholz, er wünsche sich eine schnelle und gute Einigung.
Fünftes Sanktionspaket angekündigt
Der Kanzler kündigte an, den Druck auf Russland zu erhöhen. Man werde die Sanktionen verschärfen, das „fünfte Sanktionspaket“ befinde sich in der „finalen Debatte“, um zu erreichen, dass Russland den Krieg beendet. „Es muss unser Ziel bleiben, dass Russland diesen Krieg nicht gewinnt“, betonte der Bundeskanzler. Dazu gehöre, die Abhängigkeiten, auch vom Import russischer Energie, zu reduzieren. Diese Abhängigkeiten seien über Jahrzehnte angewachsen und ließen sich nicht von einem Augenblick auf den anderen beenden. Die Weichen dazu würden gestellt und auch nach dem Krieg den Kurs vorgeben, „den wir zu gehen haben“.
Scholz kündigte an, an der norddeutschen Küste „mit großer Geschwindigkeit“ Kapazitäten für Flüssiggas (LNG) auszubauen. Das Bundeskabinett habe dazu ein „Osterpaket“ zum Ausbau der erneuerbaren Energien und zur Stärkung der Energiewende beschlossen, „um uns unabhängig zu machen von der Nutzung fossiler Energien“.
Waffenlieferungen in die Ukraine
Die Abgeordneten Dr. Johann David Wadephul, Florian Hahn und Jürgen Hardt (alle CDU/CSU) hakten beim Thema Waffenlieferungen nach. Rüstungsunternehmen könnten Panzer liefern, es fehlten aber die Exportgenehmigungen der Bundesregierung.
Olaf Scholz betonte, es gehe darum, in der Nato und der EU gemeinsam vorzugehen. „Wir treffen Entscheidungen in den Gremien und werden alles, was richtig und sinnvoll ist, auf den Weg bringen.“ Die EU habe eine Milliarde Euro für die Beschaffung von Waffen bereitgestellt. Niemand solle vorpreschen, Deutschland auch nicht: „Eine Sonderrolle Deutschlands wäre ein großer Fehler.“
Zusammenhalt in Europa
Nach dem europäischen Zusammenhalt erkundigte sich die SPD-Abgeordnete Dagmar Andres.
Scholz erinnerte daran, dass sich Putin mehrfach verrechnet habe, im Hinblick auf den Widerstand der Ukrainer, aber auch im Hinblick auf die Einigkeit in der EU. „Diese Einigkeit müssen wir nutzen für große Fortschritte in Europa“, sagte Scholz. Wichtig sei, dass Europa von fossilen Ressourcen unabhängig wird. Dies sei ein „notwendiger Baustein für Fortschritt und Einigkeit in Europa“.
Sicherheit der Lebensmittelversorgung
Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) sprach die Versorgungssicherheit bei Lebensmitteln an, da sowohl die Ukraine als auch Russland große Weizenexporteure seien. „Wir können in Europa Versorgungssicherheit gewährleisten“, beschied ihr der Bundeskanzler. Größere Sorgen müsse man sich allerdings für die übrige Welt machen, der Krieg gefährde diese Exporte.
Künast verwies auf die Abhängigkeit afrikanischer Staaten von russischem und ukrainischem Weizen. Scholz sicherte ihr zu, den geplanten „Green Deal“ der Europäischen Kommission und eine nachhaltige Landwirtschaft zu unterstützen.
Sanktionen gegen russische Oligarchen
Janine Wissler (Die Linke) wollte vom Kanzler wissen, ob die Sanktionen gegen russische Oligarchen in Deutschland überhaupt greifen. In Ländern wie Belgien, Frankreich und Italien seien höhere Vermögen von Oligarchen eingefroren worden als in Deutschland. Sie vermutete, dies liege daran, dass die Behörden hierzulande unzureichend ausgestattet sind. Wissler wollte auch erfahren, ob der Kanzler Handlungsbedarf im Hinblick auf ein zentrales Immobilienregister sieht.
Scholz sagte, eine Task Force sei eingerichtet worden, um die Handlungsmöglichkeiten zu erhöhen. Er kündigte ein Sanktionendurchsetzungsgesetz und ein Transparenzregister an, was ein großes „technologisches Unterfangen“ sei, etwa um die Abgleichmöglichkeiten von Grundbüchern zu erhöhen.
Verteilung der Schutzsuchenden in Europa
Stephan Thomae (FDP) fragte nach dem Verteilmechanismus der Schutzsuchenden innerhalb der Europäischen Union.
Für einen gesetzlichen Verteilmechanismus habe sich keine Mehrheit gefunden, räumte der Bundeskanzler ein. Es sei jedoch gut, dass sich ganz Europa für die Aufnahme der Geflüchteten verantwortlich fühle. Insofern sei dies ein Fortschritt gegenüber früher.
Vor der Regierungsbefragung hatte der Bundestag noch über seine Tagesordnung abgestimmt, da über sie im Vorfeld kein Einvernehmen zwischen den Fraktionen erzielt werden konnte. Der Bundestag stimmte mit der Mehrheit des Hauses gegen das Votum der AfD für die Annahme der Tagesordnung.
Reaktivierung abgeschalteter Kernkraftwerke
Der AfD-Abgeordnete Marc Bernhard brachte die Reaktivierung von drei abgeschalteten Kernkraftwerken ins Spiel, nachdem die EU-Kommission ein Importverbot für russische Kohle vorgeschlagen habe.
Scholz entgegnete, 80 Prozent der fossilen Importe würden von der Industrie verbraucht, etwa um chemische Produkte herzustellen. Die Bundesregierung habe sich entschieden, die Laufzeit von Atomkraftwerken auslaufen zu lassen. Bernhards Vorschlag nannte er „keinen guten Plan“. (vom/eis/06.04.2022)
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TOP 2 Fragestunde
Im Anschluss an die Regierungsbefragung folgte am Mittwoch, 6. April 2022, die Fragestunde. Getrennt nach Ressorts beantworteten Vertreter der Bundesregierung eine Stunde lang Fragen (20/1266), die von den Abgeordneten vorab schriftlich eingereicht worden waren.
CDU/CSU-Abgeordnete mit den meisten Fragen
Von den insgesamt 51 Fragen kamen 18 von Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion, dicht gefolgt von Abgeordneten der Fraktion Die Linke, die 17 Fragen stellten. Abgeordnete der AfD-Fraktion waren mit zwölf Fragen vertreten. Zwei Fragen hatte die Abgeordnete Canan Bayram von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Die beiden fraktionslosen Abgeordneten Johannes Huber und Stefan Seidler stellten je eine Frage. Von SPD- und FDP-Abgeordneten wurden keine Fragen gestellt.
Die meisten Fragen, nämlich jeweils 15, richteten sich an das Bundesministerium der Finanzen und an das Bundesministerium des Innern und für Heimat. Sieben Fragen gingen an das Auswärtige Amt, je drei Fragen an das Bundesministerium der Verteidigung und an das Bundesministerium für Gesundheit. Je zwei Fragen sollten das Bundesministerium der Justiz und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales beantworten. Antworten auf je eine Frage kamen vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr, vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.
Was die Abgeordneten wissen wollten
Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen
1. Abgeordneter Stephan Brandner (AfD)
Wie lässt sich nach Ansicht des Bundesministers der Finanzen die Finanzierung des Sondervermögens in Höhe von 100 Milliarden Euro, welches für die Bundeswehr vorgesehen ist, mit der Schuldenbremse des Grundgesetzes vereinbaren?
2. Abgeordneter Stephan Brandner (AfD)
Wie wird sich nach Einschätzung des Bundesministers der Finanzen die Inflation hierzulande bis Jahresende entwickeln, und welchen Einfluss werden voraussichtlich die gegen Russland verhängten Sanktionen hierauf haben?
3. Abgeordnete Beatrix von Storch (AfD)
Wie hoch veranschlagt das Bundesministerium der Finanzen die zusätzliche steuerliche Belastung der Bürger durch die Wirkung der kalten Progression in den Jahren 2022 und 2023, und in welchem Maße plant der Bundesfinanzminister gegebenenfalls, diese zusätzliche Belastung durch Steuerentlastungen zu verringern?
4. Abgeordnete Beatrix von Storch (AfD)
Schließt der Bundesminister der Finanzen aus, dass die Bundesregierung über den Corona-Aufbaufonds von 750 Milliarden Euro hinaus einer weiteren gemeinsamen Kreditaufnahme der EU, etwa für Investitionen in Verteidigung, zustimmen wird, und wie positioniert sich der Bundesfinanzminister in diesem Zusammenhang zur Einhaltung des Artikels 311 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), der eindeutig bestimmt, dass die EU sich ausschließlich aus Eigenmitteln finanzieren darf?
5. Abgeordneter Tobias Matthias Peterka (AfD)
Erstrecken sich die vom Bundesminister der Finanzen anvisierten „strukturelle[n] steuerliche[n] Entlastungen“ (vgl. WEB.DE vom 14. März 2022 – https://web.de/magazine/politik/tankzuschuss-lindner-plan-kritik-profitieren-36687876, zuletzt abgerufen am 17. März 2022) unabhängig von der
derzeitigen, kurzfristigen Debatte um die „Spritpreisbremse“ auch auf mittlere Sicht auf die fast hälftig mit Steuern und Abgaben versehenen
Spritpreise (vgl. Statista vom 11. März 2022 – https://de.statista.com/statistik/daten/studie/29999/umfrage/zusammensetzung-des-benzinpreises-aus-steuern-und-kosten/#professional, zuletzt abgerufen am 17. März 2022), und wenn ja, mit welchen konkreten Maßnahmen?
Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern und für Heimat
16. Abgeordneter Tobias Matthias Peterka (AfD)
Wie gedenkt die Bundesministerin des Innern und für Heimat, die Linie „Migranten, die kein Bleiberecht haben, insbesondere Gefährder“ (FAZ vom 21. Februar 2022 – www.faz.net/aktuell/politik/ausland/nancy-faeser-migranten-ohne-bleiberecht-konsequent-abschieben-17822457.html, zuletzt abgerufen am 17. März 2022) konsequent zurückzuführen, und „Wir wollen Leben retten. Das hängt nicht vom Pass ab“ (BILD.de vom 8. März 2022 – www.bild.de/politik/inland/politik-inland/nancy-faeser-wir-wollen-leben-retten-das-haengtnicht-vom-pass-ab-79362730.bild.html, zuletzt abgerufen am 17. März 2022) mit Blick auf die aktuelle Ukraine-Krise in Einklang zu bringen, und wird hierin ein Widerspruch gesehen?
20. Abgeordneter Roger Beckamp (AfD)
Wie viele Drittstaatsangehörige sind nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem 24. Februar 2022 aus der Ukraine bzw. über die Ukraine in die Länder der Europäischen Union eingereist, und wie viele dieser Menschen sind nach Kenntnis der Bundesregierung nach Deutschland weitergereist (bitte jeweils die zehn häufigsten Staatsangehörigkeiten angeben)?
23. Abgeordneter Eugen Schmidt (AfD)
Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung seit dem 24. Februar 2022 ergriffen, um die Registrierung von Menschen zu verbessern, die aus der Ukraine geflüchtet sind und sich in die Bundesrepublik Deutschland begeben haben (www.nzz.ch/international/fluechtlinge-aus-der-ukraine-bundespolizei-kritisiert-kontrollverlust-ld.1674072)?
24. Abgeordneter Eugen Schmidt (AfD)
Wie viele Drittstaatsangehörige sind nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem 24. Februar 2022 aus der Ukraine bzw. über die Ukraine in die Länder der Europäischen Union eingereist, und wie viele dieser Menschen sind nach Kenntnis der Bundesregierung nach Deutschland weitergereist (bitte jeweils die zehn häufigsten Staatsangehörigkeiten angeben)?
26. Abgeordneter Dr. Michael Kaufmann (AfD)
Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung und welche Notfallpläne bestehen seitens der Bundesregierung zur Begegnung von Plünderungen, Unruhen und Verteilungskämpfen in Deutschland vor dem Hintergrund, dass aufgrund von aus meiner Sicht denkbaren Lieferausfällen und Preissteigerungen unter anderem wegen der Corona- und der Ukraine-Krise große Teile der Bevölkerung in existenzielle Not geraten und sich nicht mit lebensnotwendigen Gütern versorgen könnten, und wie ist die Bundesregierung darauf vorbereitet, die öffentliche Ordnung wieder herzustellen, sollte es zu einem Zusammenbruch der Versorgung mit lebensnotwendigen Gütern kommen?
Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz
51. Abgeordneter Dr. Rainer Kraft (AfD)
Welche wirtschaftlichen Folgen hat der mutmaßliche russische Cyberangriff auf mehrere Tausend Windkraftanlagen, und was hat die Bundesregierung im Vorfeld unternommen, um dieses Szenario zu verhindern (www.golem.de/news/ka-sat-ausfall-stoerung-bei-windkraftanlagen-ist-noch-nicht-behoben-2203-163896.amp.html)?
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ZP 1 Aktuelle Stunde „Zu den von russischen Truppen verübten Massakern an ukrainischen Zivilisten in Butscha und die sich daraus ergebenden Konsequenzen“
Die Fraktionen im Bundestag fordern angesichts der mutmaßlichen russischen Kriegsverbrechen im ukrainischen Butscha eine umfassende Aufarbeitung und eine weitere Verschärfung der Sanktionen gegen Russland. Präsident Putin und seine Gefolgsleute müssten sich für die „unfassbaren Taten“ in Butscha vor dem Internationalen Strafgerichtshof verantworten, verlangte die Fraktionschefin von Bündnis 90/Die Grünen, Britta Haßelmann, am Mittwoch, 6. April 2022, in einer auf Verlangen von SPD, Grünen und FDP anberaumten Aktuellen Stunde mit dem Titel „Zu den von russischen Truppen verübten Massakern an ukrainischen Zivilisten in Butscha und die sich daraus ergebenden Konsequenzen“.
Grüne fordern Ausstieg aus fossiler russischer Energie
Die Europäische Kommission werde außerdem in Kürze schärfere Sanktionen beschließen, darunter Transaktionsverbote gegen weitere russische Banken. Auch sollen erneut Vermögenswerte eingefroren werden.
Es brauche außerdem „so schnell wie möglich“, einen kompletten Ausstieg aus fossiler russischer Energie„, sagte Haßelmann. Ziel müsse es sein, Russlands Wirtschaft und Finanzen “abzukoppeln, ohne anderen Ländern zu schaden„.
CDU/CSU verurteilt völkerrechtswidrigen Krieg
Dr. Johann Wadephul (CDU/CSU) sprach von einem “völkerrechtswidrigen Krieg, der unter Verletzung der Grundnormen der Humanität und der Genfer Konvention geführt wird„. Die Bundesregierung müsse angesichts der Bilder aus Butscha ihrer Verantwortung gerecht werden und klarstellen, “auf welcher Seite wir mit welchen Mitteln stehen wollen„.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) warf Wadephul vor, Fragen nach weiteren Maßnahmen in der vorangegangenen Fragestunde ausgewichen zu sein. Dabei müsse die freie Welt “ alles tun, damit Putin diesen Krieg nicht gewinnt„. Notwendig sei es, schwere Waffen an die Ukraine zu liefern und die Frage der Energieversorgung zu klären.
Verteidigungsministerin will weitere Waffen liefern
Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) versicherte, die Bundesregierung arbeite “jeden Tag mit Hochdruck daran„, der Ukraine weitere Waffen zu liefern. Allerdings habe die ukrainische Regierung ausdrücklich darum gebeten, konkrete Lieferungen nicht öffentlich zu kommunizieren. “Wir müssen Russland im Unklaren über Typen und Mengen der gelieferten Waffen lassen.„
Als einen weiteren wichtigen Baustein bezeichnete Lambrecht das von der EU-Kommission vorgeschlagene Importverbot für russische Kohle.
SPD fordert Unterstützung des Westens für Ukraine
Michael Roth (SPD) sagte, über die Zukunft Europas werde in diesen Tagen “in Mariupol, in Charkiw und in Butscha entschieden„. Denn Frieden und Sicherheit in Europa seien nur dann möglich, wenn die Ukraine frei und souverän bleibe.
Ob das gelinge, sei jedoch abhängig von der Unterstützung des Westens für die Ukraine. Daher gingen derzeit fast alle Fraktionen der Regierung auf die Nerven mit der Frage: “Wo können wir noch mehr tun?„
FDP: Butscha ist nur die Spitze des Eisberges
Bijan Djir-Sarai (FDP) äußerte die Befürchtung, dass die Bilder aus Butscha “nur die Spitze des Eisberges sind„. Die Verantwortlichen für diese Verbrechen müssten zur Rechenschaft gezogen und jede Form der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit dem russischen Regime schnellstmöglich beendet werden.
“Es wird Zeit, Putin klar zu machen, „dass die Beziehungen zum Westen endgültig zu Bruch gegangen sind“.
Linke: Putin ist ein Kriegsverbrecher
„Putin ist ein Kriegsverbrecher“, urteilte Dr. Dietmar Bartsch (Die Linke). In Butscha seien Verbrechen gegen die Menschlichkeit verübt worden, wofür Putin die politische Verantwortung trage. Der Bundesregierung warf Bartsch vor, bei der Durchsetzung der Sanktionen zu versagen.
Während Belgien Vermögenswerte russischer Oligarchen in Höhe von zehn Milliarden Euro eingefroren habe, seien es in Deutschland lediglich 95 Millionen Euro. Dabei hätten russischen Investoren allein in Berlin seit 2014 Immobilien im Wert von 442 Millionen Euro erworben. Der Linken-Politiker sprach sich dafür aus, dieses Geld für den Wiederaufbau der Ukraine einzusetzen.
AfD fordert Kriegsverbrechertribunal
Jürgen Braun (AfD) sprach sich für ein zweistufiges Verfahren zur Aufklärung der Kriegsverbrechen in Butscha aus. Nach den Untersuchungen durch die Experten des UN-Menschenrechtsrates müsse ein Kriegsverbrechertribunal die Geschehnisse “ohne Ansehen der Kriegspartei„ lückenlos aufarbeiten. Sollten sich die Vorwürfe als wahr erweisen, “muss dieses grausame Verhalten Konsequenzen nach sich ziehen„.
Der Bundesregierung warf Braun zögerliches Verhalten vor, etwa bei der Frage eines Energieembargos. Ex-Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU) habe zudem erst für die starke Abhängigkeit Deutschlands von russischem Gas gesorgt (joh, 06.04.22)
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TOP 3 30. Jahrestages des Kriegsbeginns in Bosnien und Herzegowina
Der Bundestag hat anlässlich des 30. Jahrestages des Kriegsbeginns in Bosnien und Herzegowina der Opfer dieses Krieges gedacht. Mehrere Rednerinnen und Redner erinnerten am Mittwoch, 6. April 2022, in einer vereinbarten Debatte an die 100.000 Todesopfer und zwei Millionen Vertriebenen dieses Krieges und an die Frauen, die damals Opfer von systematischer Vergewaltigung wurden.
Verwiesen wurde auf die erschreckende Parallelität von schwersten Kriegsverbrechen in diesem Konflikt und jenen Verbrechen, die heute russischen Streitkräften im Angriffskrieg auf die Ukraine vorgeworfen werden. Der Krieg in Bosnien und Herzegowina begann am 4. April 1992 mit der Belagerung der Hauptstadt Sarajevo und endete im November 1995 mit der Unterzeichnung des Abkommens von Dayton.
Staatsministerin: Ethnische Spaltung besteht bis heute
Dr. Anna Lührmann (Bündnis 90/Die Grünen), Staatsministerin im Auswärtigen Amt, sprach angesichts der Bilder ermordeter Zivilisten aus dem ukrainischen Butscha von grausamsten Kriegsverbrechen, die auf das Schärfste zu verurteilen seien: „Erinnerungen an den furchtbaren Völkermord von Srebrenica werden wach.“ Zwar konnte das Abkommen von Dayton den Krieg in Bosnien-Herzegowina 1995 beenden, die ethnische Spaltung bestehe allerdings bis heute fort.
Es gebe „nationalistische und hetzerische Rhetorik“, auch die „Leugnung von Kriegsverbrechen und Genozid bis hin zu ihrer Verherrlichung“. Deutlich wandte sich Lührmann gegen Abspaltungsbestrebungen der serbischen Teilrepublik Sprska: „Das sind Angriffe auf den einheitlichen Staat Bosnien und Herzegowina, das sind Angriffe auf Frieden und Stabilität im westlichen Balkan.“
CDU/CSU: Russland befeuert Sezessionsbestrebungen
Peter Beyer (CDU/CSU) verwies darauf, dass die Sezessionsbestrebungen der Teilrepublik von Russland befeuert würden. Er sprach im Zusammenhang mit Äußerungen des russischen Botschafters in Sarajewo zu einer Nato-Perspektive für Bosnien-Herzegowina von einer „unverhohlene Drohung“.
Dass seit dem EU-Beitritts-Antrag Bosnien und Herzegowinas seit 2016 „sehr wenig“ geschehen sei, sei nicht gut für das Land und die Menschen und auch nicht gut für die Europäische Union, befand Beyer. In den Staaten des westlichen Balkans gewönnen immer mehr Kräfte an Einfluss, „die es nicht gut meinen mit Demokratie, mit Rechtsstaatlichkeit, mit freier Meinungsäußerung“.
Ministerin Schulze sieht „bedrohliche Entwicklungen“
Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) sprach von einer „fragilen Balance in einem komplizierten Staatsgebilde“, das nach Ende des Kriegs geschaffen wurde. Heute gebe es wieder „bedrohliche Entwicklungen“ in Bosnien und Herzegowina durch die geplante Rückabwicklung von Kompetenzübertragungen der Teilrepublik Srspska.
Diese Entwicklung gefährde nicht nur die Stabilität in Bosnien und Herzegowina, gerade mit Blick auf den Krieg in der Ukraine „drohen hier Kettenreaktionen auf dem Westbalkan und auch darüber hinaus“. Russland habe in den vergangenen 30 Jahren separatistische Tendenzen in Ländern wie Bosnien und Herzegowina, Georgen oder der Republik Moldau unterstützt. Solchen Versuchen der Destabilisierung gelte es entschlossen entgegenzutreten.
AfD warnt vor Übergreifen des Ukraine-Konflikts
Joachim Wundrak (AfD) warnte vor einem Übergreifen des Konflikts in der Ukraine auf den Westbalkan. „Der Schlüssel für ein friedliches Zusammenleben auf dem Westbalkan liegt auch in Belgrad.“ Es wäre fatal und der völlig falsche Weg, Serbiens EU-Beitrittsperspektive infrage zu stellen, weil das Land sich nicht deutlich genug vom Krieg Russlands in der Ukraine distanziere.
Bundesregierung und Europäische Union seien dringend aufgerufen, die legitimen Interessen aller Beteiligten zu berücksichtigen – „ja, auch die Serbiens, der serbischen Bevölkerung Bosniens und des Kosovo“.
FDP kritisiert Einlassungen des russischen Botschafters
Jens Beeck (FDP) ging ebenso wie Vorredner Beyer auf die Einlassungen des russischen Botschafters in Sarajewo zu Nato und EU-Perspektive des Landes ein, er nannte diese „auch eine Drohung gegen unsere westliche Weltordnung und gegen die Eigenständigkeit und Souveränität jedes Staates“.
Es gebe solch „dreiste und unverhohlene Methoden“ Russlands schon länger in den Staaten des westlichen Balkans. Bosnien und Herzegowina habe „eine glaubhafte Perspektive in der Europäischen Union und auch in der Nato verdient“. Die russischen Aktionen könnten den Weg in „die europäische Gemeinschaft nur verzögern, sie werden sie nicht aufhalten können“.
Linke: Furchtbarer Massenmord
Dr. Gregor Gysi (Die Linke) sprach vom Entsetzen angesichts der Tatsache, dass Menschen, „die friedlich in Jugoslawien über Jahrzehnte zusammenlebten, aufgehetzt und aufgepeitscht sich gegenseitig totschlugen“. In Srebrenica habe damals ein furchtbarer Massenmord an muslimischen Bosniaken durch serbische Täter stattgefunden.
„Ich bin froh, dass Verantwortliche vor dem Internationalen Strafgerichtshof gestellt wurden.“ Allerdings müssten in anderen Fällen „auch russische, aber auch US-amerikanische Täter“ vor dem Gericht erscheinen. (ahe/06.04.2022)
wird nachgereicht, sobald vorhanden
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TOP 4 Alleinerziehende in der aktuellen hohen Inflation nicht alleine lassen
Der Bundestag hat einen von der CDU/CSU-Fraktion vorgelegten Antrag mit dem Titel „Alleinerziehende in der aktuellen hohen Inflation nicht alleine lassen“ (20/1334) am Mittwoch, 6. April 2022, erstmals beraten. Nach knapp 40-minütiger Debatte wurde der Antrag zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen. Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat dabei die Federführung übernommen.
Antrag von CDU/CSU
Die Unionsfraktion fordert die Bundesregierung im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel auf, als Sofortmaßnahme für Alleinerziehende den steuerlichen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende auf 5.000 Euro anzuheben, perspektivisch aber eine Umwandlung des Entlastungsbetrags in einen Steuerabzugsbetrag, das heißt Abzug von der Steuerschuld, zu prüfen.
Außerdem soll das Kindergeld nur hälftig auf den Unterhaltsvorschuss angerechnet werden. Darüber hinaus sollen kurzfristig und unbürokratisch ein Kinderbonus in Höhe von 150 Euro eingeführt und der Freibetrag nach Paragraf 17 Nummer 3 des Wohngeldgesetzes für Alleinerziehende um 20 Prozent nochmals anhoben werden. (eis/hau/06.04.2022)
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TOP 5 Entlastung des Mittelstandes
Der Bundestag hat zwei Anträge der AfD-Fraktion zur Entlastung des Mittelstandes am Mittwoch, 6. April 2022, beraten. Die Vorlage mit dem Titel „Bürger und Mittelstand entlasten – Steuersenkungen als Reaktion auf die Inflation durchsetzen“ (20/1034) wurde nach knapp 40-minütiger Debatte an den federführenden Finanzausschuss überwiesen. Ein weiterer Antrag mit dem Titel „Entlastungspaket der Bundesregierung unzureichend – Kraftstoffpreise deutlich senken“ (20/1343) wurde im Anschluss an den Ausschuss für Klimaschutz und Energie zur Federführung überwiesen. Darüber hinaus wurde ein erstmals erörterter Gesetzentwurf der AfD „zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen“ (20/1342) an den Wirtschaftsausschuss zur federführenden Beratung überwiesen.
Erster Antrag der AfD-Fraktion
Die AfD-Fraktion fordert in ihrem ersten Antrag (20/1034), vorübergehend für Otto-, Diesel- und Heizkraftstoffe die Mehrwertsteuer auszusetzen. Verlangt wird außerdem, das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) außer Kraft zu setzen und somit die CO2-Abgabe abzuschaffen, „um eine zusätzliche Reduzierung der Kraftstoffpreise herbeizuführen“. Des Weiteren sollen aus Sicht der Fraktion Grundnahrungsmittel, insbesondere Brot, verarbeitetes Fleisch und Milchprodukte, vorübergehend von der Mehrwertsteuer befreit werden.
„Die Aussetzung der Mehrwertsteuer wäre eine kurzfristig umsetzbare Alternative zur Reduzierung der Energiesteuer, die in vergleichbarer Höhe zu einer Mindereinnahme des Bundeshaushaltes führen würde“, schreibt die AfD. Die Mehrwertsteuereinnahmen für Benzin bei einem Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent würden 6,16 Milliarden Euro betragen – bei Diesel beliefen sich die Einnahmen auf 10,87 Milliarden Euro. Das Brennstoffemissionshandelsgesetz muss laut der Fraktion mit sofortiger Wirkung abgeschafft werden, „da es zu einer weiteren unverhältnismäßigen Belastung der mittelständischen Wirtschaft und des Verbrauchers führt, keine sinnvolle Lenkungswirkung entfaltet und eine ideologische Richtung der Bundesregierung aufzeigt, die unsere Wertschöpfung und Wettbewerbsfähigkeit gefährdet“. Dies würde nach Angaben der Fraktion zu einer zusätzlichen Entlastung der mittelständisch exportorientierten Wirtschaft in Höhe von 4,5 Milliarden Euro führen.
Die Aussetzung der Mehrwertsteuer für Grundnahrungsmittel wie Brot, verarbeitetes Fleisch und Milchprodukte würde die Bürger in Deutschland um jährlich zwei Milliarden entlasten, heißt es in dem Antrag.
Zweiter Antrag der AfD
Die AfD fordert die Bundesregierung in ihrem zweiten Antrag dazu auf, die CO2-Abgabe auf Benzin, Dieseltreibstoff sowie Gas umgehend abzuschaffen (20/1343). Auch soll ein Gesetzentwurf vorgelegt werden, der vorerst für ein halbes Jahr vom 1. Mai 2022 bis zum 30. November 2022 für Otto-, Diesel-, Gas sowie Heizkraftstoffe eine Absenkung der Mehrwertsteuer auf einen komplett reduzierten Satz von derzeit null Prozent beinhaltet.
Außerdem soll das Bundeskartellamt zur intensiven Überprüfung der Preisgestaltung durch Mineralölgesellschaften und Handelsgesellschaften ermutigt und die strategische Öl- und Kraftstoffreserve in einem Umfang freigegeben werden, der etwaige Spekulationen über eine Angebotsknappheit beendet.
Gesetzentwurf der AfD
In ihrem Gesetzentwurf fordert die AfD-Fraktion, das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen in Paragraf 47k Absatz 8 zu ändern (20/1342). Durch einen zusätzlichen Absatz soll das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz ermächtigt werden, „die Tätigkeit des Markttransparenzstelle für Kraftstoffe für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten auszusetzen, sofern die Gefahr besteht, dass die erhobenen Preisdaten missbräuchlich verwendet werden“.
Anlass für die Forderung seien die seit Anfang des Jahres massiv gestiegenen Benzin- und Dieselpreise an den Tankstellen, heißt es in dem Entwurf. Die Preiserhöhung sei durch den hohen Ölpreis und weitere Faktoren wie die CO2-Abgabe nur teilweise zu erklären. „Insbesondere ist zu beobachten, dass die Kraftstoffpreise nach dem Anstieg des Ölpreises auf einem hohen Niveau verharren, auch wenn der Ölpreis wieder rückläufig ist“, schreiben die Abgeordneten. Solange kein Wettbewerber damit beginne, die Preise zu senken, hätten alle einen Vorteil zu Lasten der Verbraucher.
Eine Erklärung für dieses Verhalten bestehe darin, dass die von der Markttransparenzstelle für Kraftstoffe erhobenen Preisdaten missbräuchlich verwendet würden, heißt es in dem Papier. „Es ist davon auszugehen, dass die Markttransparenzstelle die Kraftstoffpreise nicht nur für die Verbraucher transparent macht, sondern auch für die Tankstellenbetreiber bzw. die Mineralölkonzerne mit Preissetzungshoheit für Tankstellen.“ Es stehe somit ein Instrument zur Verfügung, mit dem das Preisverhalten der Wettbewerber ohne größeren Aufwand überwacht werden könne, schreibt die AfD-Fraktion. (emu/hau/irs/eis/06.04.2022)
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7. April 2022 (28. Sitzung)
TOP 6 Initiativen zu einer Corona-Impfpflicht
Verschiedene Initiativen zum Thema Corona-Impfpflicht sind am Donnerstag, 7. April 2022, im Deutschen Bundestag durchgefallen. Die Parlamentarier haben in namentlicher Abstimmung alle Vorlagen (20/899, 20/954, 20/680, 20/978, 20/516) abgelehnt. Den Abstimmungen lag eine Beschlussempfehlung (20/1353) des Gesundheitsausschusses zugrunde. In dieser Beschlussempfehlung wurden zuvor die Gesetzentwürfe (20/899) und (20/954) zusammengeführt, die eine Impfpflicht ab 60 Jahren zum 15. Oktober 2022 vorsah. 296 Abgeordnete des Bundestages stimmten in namentlicher Abstimmung für den zusammengeführten Gesetzentwurf, dagegen stimmten 378 Parlamentarier. Neun Abgeordnete haben sich enthalten. Damit wurde der Kompromissentwurf abgelehnt.
In einer weiteren namentlichen Abstimmung haben die Abgeordneten einen von der Unionsfraktion vorgelegten Antrag für ein Impfvorsorgegesetz (20/978) abgelehnt. Die Vorlage fand keine Mehrheit bei 172 Ja-Stimmen, 496 Nein-Stimmen und neun Enthaltungen. Ebenfalls keine Mehrheit fand ein Antrag um den FDP-Abgeordneten Wolfgang Kubicki (20/680) gegen die allgemeine Impfpflicht. Für den Antrag haben 85 Abgeordnete gestimmt und 590 Parlamentarier haben dagegen votiert. Insgesamt zwölf Abgeordnete enthielten sich der Stimme. Schließlich fand auch keine Mehrheit ein von der AfD-Fraktion vorgelegter Antrag (20/516) gegen eine gesetzliche Impfpflicht. Gestützt wurde der Antrag von 79 Parlamentariern, abgelehnt wurde die Vorlage von 606 Abgeordneten.
Emotionale Schlussdebatte
In der Schlussdebatte warben zahlreiche Redner um Zustimmung für die von ihnen jeweils vertretenen Konzepte. In der emotionalen und erneut kontroversen Debatte warfen sich insbesondere Abgeordnete von SPD und Union gegenseitig vor, einen mit breiter Mehrheit getragenen Kompromiss verhindert zu haben.
Die AfD-Fraktion hielt ihrerseits der Ampel-Koalition völliges Versagen und eine Bevormundung der Bürger in der Corona-Pandemie vor. Auch Redner anderer Fraktionen wandten sich gegen eine verpflichtende Impfung und machten dabei neben medizinischen auch rechtliche Bedenken geltend.
Ausschuss führt Gesetzentwürfe zusammen
Der Gesundheitsausschuss hat am Mittwoch, 6. April, mehrheitlich für die Zusammenführung der beiden bisherigen Gesetzentwürfe für eine Impfpflicht ab 18 Jahren (20/899) sowie für eine Impfpflicht ab 50 Jahren unter Vorbehalt mit verpflichtender Impfberatung (20/954) gestimmt. Der neue Gesetzentwurf zur „Pandemievorsorge durch Aufklärung, verpflichtende Impfberatung und Immunisierung der Bevölkerung gegen Sars-CoV-2“ sieht laut Änderungsantrag eine Impfpflicht ab 60 Jahren zum 15. Oktober 2022 vor. Zudem beinhaltet der Entwurf eine Impfberatungspflicht für Personen im Alter zwischen 18 und 60 Jahren, die spätestens bis zu 15. Oktober 2022 zu erfüllen ist.
Der Bundestag kann der Vorlage zufolge nach Auswertung der Daten des aktuellen Infektionsgeschehens beschließen, entweder die Immunitätsnachweispflicht auszusetzen oder auf Personen im Alter zwischen 18 und 59 Jahren auszudehnen, dies frühestens mit Wirkung zum 15. Oktober 2022. Zudem ist der Aufbau eines Impfregisters vorgesehen. Gegenstand der Schlussberatung im Plenum sollen neben dem neu gefassten Gesetzentwurf auch der Antrag der AfD-Fraktion gegen eine Impfpflicht (20/516), der Gruppenantrag für eine Stärkung der Impfbereitschaft ohne Impfpflicht (20/680) sowie der Antrag der Unionsfraktion für ein Impfvorsorgegesetz (20/978) sein.
Ursprüngliche Gesetzentwürfe
Abgeordnete aus verschiedenen Fraktionen hatten ursprünglich einen Gesetzentwurf zur Einführung einer allgemeinen Corona-Impfpflicht ab 18 Jahren vorgelegt. Zur Prävention gegen Sars-Cov-2 stünden gut verträgliche, sichere und hochwirksame Impfstoffe zur Verfügung, hieß es in dem Gesetzentwurf (20/899) zur Aufklärung, Beratung und Impfung aller Volljährigen. Die Abgeordneten hatten vorgeschlagen, in einem ersten Schritt die Impfkampagne zu erweitern, alle Erwachsenen persönlich zu kontaktieren und von den Krankenversicherungen über Beratungs- und Impfmöglichkeiten informieren zu lassen. Darauf aufbauend solle eine allgemeine Impfpflicht für Personen über 18 Jahren eingeführt werden.
Eine weitere fraktionsübergreifende Gruppe von Abgeordneten wollte ursprünglich eine verpflichtende Impfberatung für Erwachsene und eine altersbezogene Impfpflicht gegen das Coronavirus ab 50 Jahren ermöglichen, hieß es in dem Gesetzentwurf (20/954). Die Abgeordneten hatten für ein mehrstufiges Vorgehen plädiert. Demnach sollten in einem ersten Schritt alle Erwachsenen kontaktiert und von den Krankenkassen über Beratungs- und Impfmöglichkeiten informiert werden. Bis zum 15. September 2022 sollten alle Personen ab 18 Jahren entweder über einen Impf- oder Genesenennachweis verfügen oder über den Nachweis der Inanspruchnahme einer ärztlichen Impfberatung.
Unionsfraktion plädiert für Impfvorsorgegesetz
Die Unionsfraktion schlägt ein Impfvorsorgegesetz mit einem gestaffelten Impfmechanismus vor, der unter bestimmten Voraussetzungen vom Bundestag aktiviert werden soll. Bei immer wieder neuen Virusvarianten und fortbestehenden Impfschutzlücken in der Bevölkerung bedürfe es eines vorausschauenden und flexiblen Impfvorsorgekonzepts, um das Land gegen künftige Pandemiewellen zu wappnen, heißt es in dem Antrag (20/978) der Fraktion.
Die Abgeordneten schlagen konkret die Schaffung eines Impfregisters, eine verstärkte Impfkampagne und einen mehrstufigen Impfmechanismus vor. Um eine zuverlässige Datengrundlage über den Impfstatus der verschiedenen Altersgruppen zu bekommen, soll unverzüglich mit der Einrichtung eines Impfregisters begonnen werden. Das Impfregister soll dazu genutzt werden, die Altersgruppen über die bei ihnen jeweils notwendigen Impfungen und Auffrischungen rechtzeitig zu informieren, Ungeimpfte gezielt anzusprechen und eine Beratung zu ermöglichen.
AfD legt Antrag gegen eine Impfpflicht vor
Die AfD-Fraktion positioniert sich gegen eine gesetzliche Impfpflicht. Eine unmittelbare oder mittelbare Verpflichtung zur Impfung zum Schutz vor einer Infektion mit dem Virus Sars-Cov-2 sei unverhältnismäßig, heißt es in einem Antrag (20/516) der Abgeordneten. Die Bundesregierung solle von Plänen zur Einführung einer gesetzlichen Impfpflicht gegen das Coronavirus Abstand nehmen. Zudem sollte ein Gesetzentwurf vorgelegt werden, mit dem die ab dem 15. März 2022 geltende Impfpflicht für das Gesundheits- und Pflegepersonal aufgehoben werde.
Zur Begründung heißt es in dem Antrag, die Einführung einer generellen Impfpflicht gegen Covid-19 sei verfassungsrechtlich unzulässig, weil damit das Virus nicht ausgerottet werden könne. Zudem bedeute eine Impfpflicht einen Eingriff gegen das im Grundgesetz verankerte Recht auf körperliche Unversehrtheit.
Weidel: Impfpflichtgeschacher der Ampel ist blamabel
Dr. Alice Weidel (AfD) wies alle Versuche zur Einführung einer Impfpflicht als untauglich und unangemessen zurück. Die Verfassung habe den Zweck, Freiheitsrechte zu garantieren, das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit rage dabei hervor. „Das ist unsere letzte Verteidigungslinie.“ Wenn eine Regierung sich anmaße, dieses höchste Recht nach Belieben zu verbiegen, handele sie verfassungsfeindlich. Weidel betonte: „Die Impfpflicht ist nicht nur radikal verfassungsfeindlich, sie ist eine totalitäre Anmaßung, eine Entwürdigung des Individuums.“
Bürger würden zu ihrem vermeintlichen Glück gezwungen. Das sei eine furchteinflößende Sichtweise. Sie argumentierte, die verfügbaren Impfstoffe seien nicht konventionell und in ihren Nebenwirkungen unklar. Die Impfung in Werbekampagnen als Pieks zu verballhornen, sei „eine Infantilisierung der Bürger“. Sie mutmaßte, die Impfpflicht diene nur dazu, Impfdosen loszuwerden. „Das sind die Probleme eines überforderten Gesundheitsministers.“ Weidel rügte: „Das unwürdige Impfpflichtgeschacher der Ampel ist blamabel und verantwortungslos.“ Der neu vorgelegte Gesetzentwurf sei ein Trojanisches Pferd und sehe in Wahrheit eine Impfpflicht für alle vor. Verlogener gehe es nicht.
Sichert erinnert an Versprechen vor der Bundestagswahl
Martin Sichert (AfD) kritisierte, die verantwortlichen Politiker hätten die Bürger in der Corona-Pandemie belogen. Vor der Wahl sei von allen Seiten das Versprechen abgegeben worden, dass es keine Impfpflicht geben werde. Er forderte, es müssten die Lügen beendet werden, auf denen die Corona-Politik fuße. Alle Auflagen müssten fallen.
Sichert bezeichnete explizit auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) als Lügner, was Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) mit einer Rüge quittierte. (pk/eis/07.04.2022)
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7. April 2022 (28. Sitzung)
ZP 2 Masterplan Hilfe, Sicherheit und Integration für ukrainische Frauen, Kinder und Jugendliche
Vertreter der „Ampel“-Koalition haben am Donnerstag, 7. April 2022, im Bundestag Kritik aus der Opposition an der Arbeit der Bundesregierung bei der Aufnahme ukrainischer Kriegsflüchtlinge entschieden zurückgewiesen. Abgeordnete von Union und AfD warfen der Bundesregierung dagegen schwere Versäumnisse bei der Aufnahme der Geflüchteten vor. In einem Antrag (20/1335), über den das Parlament erstmals beriet, forderte die CDU/CSU-Fraktion die Bundesregierung auf, einen „Masterplan Hilfe, Sicherheit und Integration für ukrainische Frauen, Kinder und Jugendliche“ zu erstellen. Nach der Aussprache überwiesen die Abgeordneten die Vorlage mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und die Linke bei Enthaltung der AfD zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Inneres und Heimat. Die Unionsfraktion votierte dagegen, sie hatte sich dafür ausgesprochen, direkt über den Antrag zu entscheiden.
AfD fordert Verhinderung von Trittbrettfahrern
Gottfried Curio (AfD) betonte, die allseitige Unterstützung der ukrainischen Flüchtlinge sei „fraglos“, doch könne effektive Hilfe nur funktionieren, „wenn die Helfer die Kontrolle haben über das, was sie tun“. Sicherheitsbehörden warnten, dass Schleuser die erleichterten Einreisebedingungen aktiv bewerben und gefälschte ukrainische Pässe in Umlauf bringen. Deutschland stehe damit auch für terroristische Gruppierungen offen.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nehme gleichwohl „Sicherheitsrisiken für Deutschland sehenden Auges in Kauf“. Notwendig sei eine lückenlose Registrierung der Flüchtlinge, die Prüfung der Personaldokumente und die „Verhinderung von Trittbrettfahrern, die sich als Ukrainer ausgeben oder im Strom der Flüchtlinge mit einreisen, um hier Asyl zu beantragen“. Auch seien „die 300.000 vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer endlich zurückzuführen“. Dies würde erhebliche Ressourcen etwa bei der Unterbringung und im Bildungswesen freisetzen.
Antrag der Unionsfraktion
In ihren Antrag fordert die CDU/CSU-Fraktion die Bundesregierung auf, dazu im Bundeskanzleramt einen Krisen- und Koordinierungsstab einzurichten, der die Unterstützung der ukrainischen Kriegsflüchtlinge in Deutschland gemeinsam mit den Ländern und Kommunen organisiert, sowie einen nationalen Flüchtlingsgipfel durchzuführen.
Zugleich dringt sie darauf, eine durchgehende Registrierung und Personenfeststellung unmittelbar nach oder bei Grenzübertritt sicherzustellen. Auch soll die Bundesregierung laut Vorlage in Zusammenarbeit mit den Anrainerstaaten der Ukraine koordinierte Beförderungsabläufe der planbaren Sonderzüge und -busse zur deutschland- und europaweiten Unterbringung der Kriegsflüchtlinge schaffen sowie auf einen gleichmäßigen bundesweiten und europäischen Verbleib der Flüchtlinge hinwirken.
Ferner sprechen sich die Unions-Abgeordneten dafür aus, allen ankommenden Frauen zur Erleichterung der Kontaktaufnahme mit ihren Angehörigen und Hilfsangeboten eine SIM-Karte mit Startguthaben für den ersten Monat zu übergeben. Ebenso soll die Bundesregierung dem Antrag zufolge für alle Ankommenden eine gesundheitliche Erstuntersuchung vor Ort vorhalten, um gezielt medizinische und/oder psychologische Unterstützung und erforderliche Impfungen anbieten zu können. Zudem wird die Bundesregierung darin aufgefordert, unverzüglich alle geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, um die vor dem Krieg geflüchteten Frauen, Kinder und Jugendliche vor Kriminellen wie etwa Menschenhändlern zu schützen.
Des Weiteren soll die Bundesregierung nach dem Willen der CDU/CSU-Fraktion die Länder und Kommunen bei der Integration der ukrainischen Kinder und Jugendlichen in das Bildungs- und Betreuungssystem unterstützen sowie gemeinsam mit den Ländern ein bedarfsorientiertes Unterstützungsprogramm für geflüchtete Kinder und Jugendliche zur Bewältigung psychosozialer Belastungen etablieren. Darüber hinaus setzen sie sich in dem Antrag unter anderem dafür ein, das Angebot von Integrations- und Sprachkursen deutlich auszubauen und mit der Kinderbetreuung aufeinander abzustimmen. (sto/07.04.2022)
Beiträge von Dr. Curio und Nicole Höchst werden nachgereicht, sobald vorhanden
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TOP 8 Gleichstellungsbericht der Bundesregierung
Frauen in Deutschland sollten künftig stärker von den Chancen profitieren können, die sich aus der Digitalisierung der Wirtschaft und Gesellschaft ergeben. So lautet eine zentrale Forderung aus dem dritten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung, der als Unterrichtung (19/30750) vorliegt und den der Bundestag am Donnerstag, 7. April 2022, im Plenum debattiert hat. Noch tun sie es nach Auffassung der Experten nicht: Nur 16 Prozent der Frauen arbeiten bislang in der Digitalbranche. Das müsse sich ändern, so die Autoren des Sachverständigengutachtens. Dieses umfasst mehr als 100 Handlungsempfehlungen, die sich an die Politik in Bund, Ländern und Kommunen sowie die Zivilgesellschaft richten. Nach der Debatte wurde die Vorlage an den federführenden Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur weiteren Beratung überwiesen.
Regierung: Weichen stellen für mehr Frauen in der IT-Branche
Die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfamilienministerium, Ekin Deligöz (Bündnis 90/Die Grünen), leitete daraus einen Handlungsauftrag ab: Frauen könnten die Chancen, die ihnen die Digitalisierung biete, nur dann nutzen, wenn sie mitgestalteten. Dazu müssten nun die „richtigen Weichen“ gestellt werden – damit die Digitalisierung nicht wie ein „ICE in voller Fahrt“ an Frauen vorbeirausche.
Mehr von ihnen müssten den Weg in die IT-Branche finden, betonte die Grünen-Politikerin. Dafür setze die Bundesregierung an unterschiedlichen Stellen an: Sie führe Förderinitiativen wie Girls Day und Code Girls fort, unterstütze gezielt Frauen in KI-Berufen, auch als Gründerinnen.
Gleichstellungsbericht der Bundesregierung
Der Gleichstellungbericht konzentriert sich auf die Frage: Welche Weichenstellungen sind erforderlich, um die Entwicklungen in der digitalen Wirtschaft so zu gestalten, dass Frauen und Männer gleiche Verwirklichungschancen haben?
Die Sachverständigenkommission knüpft in ihrem Gutachten an die zentralen Ergebnisse und Handlungsempfehlungen des Zweiten Gleichstellungsberichts „Erwerbs- und Sorgearbeit gemeinsam neu gestalten“ an, denn: „Gleichstellung ist weiterhin ein nicht erreichtes Ziel. Unter den Bedingungen der digitalen Transformation zeigen sich diese Ungleichheiten jedoch neu.“
Hürden und Barrieren sollen abgebaut werden
Aus gleichstellungspolitischer Sicht müssten nach wie vor Hürden und Barrieren abgebaut werden, die zu Geschlechterungleichheiten führen, heißt es. Strukturelle Rahmenbedingungen, aber auch gesellschaftliche Werte und Normen sowie Schutzmechanismen müssen so gestaltet werden, dass Menschen, unabhängig vom Geschlecht, ihre Ziele und Wünsche in jeder Lebensphase und in allen gesellschaftlichen Transformationsprozessen besser verwirklichen können. „Dies gilt auch für die Digitalisierung“, schreiben die Sachverständigen.
Das Gutachten beschreibt mit seinen Handlungsempfehlungen Wege, wie Gleichstellungsziele in der Digitalisierung erreicht werden können. Dabei geht es um geschlechtergerechte Technikentwicklung , den Zugang zu digitalisierungsbezogenen Kompetenzen unabhängig vom Geschlecht, den Zugang zu digitalisierungsbezogenen Ressourcen unabhängig vom Geschlecht, die Entgeltgleichheit und eigenständige wirtschaftliche Sicherung durch gleichberechtigte Integration in die digitalisierte Wirtschaft, die Auflösung von Geschlechterstereotypen in der digitalisierten Wirtschaft, geschlechtergerechte Verteilung der unbezahlten Sorgearbeit in der Digitalisierung der Gesellschaft, den Abbau von Diskriminierung und Schutz vor geschlechtsbezogener Gewalt in analogen und digitalen Räumen und die geschlechtergerechte Gestaltungsmacht in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft.
AfD: Diskriminierte Frau ist ein Märchen
Keinerlei Handlungsbedarf in Sachen Gleichstellung sah hingegen Thomas Ehrhorn (AfD): Der Bericht enthalte auf 276 Seiten nur „Geschwurbel“. Erneut werde das „immer gleiche Märchen von der diskriminierten Frau“ erzählt. Frauen und Männer seien eben unterschiedlich, das zeige sich schon an der unterschiedlichen Berufswahl.
Wenn Frauen häufiger bereit seien, in Teilzeit zu arbeiten, sei das ihre freie Entscheidung, meinte der Abgeordnete. Das habe zwar Auswirkungen auf Karriere und Bezahlung. Doch Frauen und Männer bräuchten nicht die „Belehrungen“ der Politik, sie könnten sehr gut allein festlegen, wie sie die Aufgaben in der Familie verteilten.(sas/hau/07.04.2022)
Beiträge von Ehrhorn und Harder-Künel werden nachgereicht, sobald vorhanden
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Antrag AfD ZP 5 Umwelt- und Naturschutz auch bei Strom aus Sonne, Wind und Wasser
Der Bundestag hat am Donnerstag, 7. April 2022, einen Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Umwelt- und Naturschutz auch bei Strom aus Sonne, Wind und Wasser notwendig“ (20/1344) erstmals beraten. Nach der Debatte wurde die Vorlage zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz überwiesen.
Antrag der AfD
Angesichts des verstärkten Ausbaus der erneuerbaren Energien dringt die AfD-Fraktion mit ihrem Antrag auf den Schutz von Umwelt und Natur. So verlangen die Abgeordneten von der Bundesregierung unter anderem sicherzustellen, dass Anlagen zur Erzeugung von Elektrizität aus erneuerbare Energien „wie jede andere Industrieanlage in Deutschland“ eingestuft und behandelt werden. Windkraftanlagen zum Beispiel dürften „auf keinen Fall eine Bevorzugung oder Begünstigung bei der Betriebsgenehmigung erhalten“, heißt es in der Vorlage der Fraktion. Bauteile und Komponenten solcher Anlagen müssten als „überwachungsbedürftig“ in das Produktionssicherheitsgesetz aufgenommen werden.
Weitere Forderungen der AfD zielen unter anderem auf verpflichtende, unabhängige Drittprüfungen, die Einführung eines bundesweiten Zentralregisters und einer Meldepflicht für Schadens- und Havariefälle an Windkraftanlagen sowie eine Veränderung der Auflagen an die Genehmigung solcher Anlagen. Diese sollten nach Ansicht der AfD unter anderem auch Prognoseberechnungen zur Schallausbreitung und Kontrollmessungen nach Inbetriebnahme berücksichtigen. Die Fraktion begründet ihren Vorstoß damit, dass erneuerbare Energien „schädlich für die Umwelt und die Artenvielfalt“ sowie „äußerst ressourcenintensiv“ seien. Klimaschutz und Naturschutz stünden „oft im Widerspruch zueinander“. Die „ungebremste Industrialisierung der Landschaft“ verbrauche immer größere Flächen und zerstöre natürliche Lebensräume, heißt es in der Vorlage weiter. (sas/eis/irs/07.04.2022)
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8. April 2022 (29. Sitzung)
Antrag AfD TOP 22 Aufnahme ukrainischer Kriegsflüchtlinge
Der Bundestag hat am Freitag, 8. April 2022, einen Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Aufnahme ukrainischer Kriegsflüchtlinge – Lückenlose und täuschungsfreie Registrierung sicherstellen – Kapazitäten für Kriegsflüchtlinge freisetzen“ (20/1347) erstmals beraten. Nach knapp 40-minütiger Debatte wurde die Vorlage an den Innenausschuss überwiesen.
Antrag der AfD
Die Bundesregierung soll nach dem Willen der AfD in Kooperation mit den Ländern eine lückenlose und täuschungssichere Registrierung ukrainischer Kriegsflüchtlinge einleiten. In ihrem Antrag fordert die Fraktion die Bundesregierung zugleich auf, dabei den „Zustrom“ künftig über stationäre Grenzkontrollen gemäß Artikel 25 des Schengener Grenzkodexes zu „kanalisieren“.
Auch soll die Bundesregierung laut Vorlage sicherstellen, dass bei der Registrierung und der Erteilung von Aufenthaltstiteln die Personaldokumente genau geprüft werden und die Identität auch biometrisch erfasst wird und „die unübersichtliche Lage nicht von Trittbrettfahrern ausgenutzt wird, welche sich fälschlich als Ukrainer ausgeben“. Ebenso will die Fraktion sichergestellt sehen, dass nicht-ukrainische Staatsangehörige, die aus der Ukraine geflohen sind, in ihr Herkunftsland zurückkehren.
Verteilung von Ukraine-Flüchtlingen in Europa
Ferner dringen die Abgeordneten darauf, eine „Offensive zur Rückführung von vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländern zu beginnen“ und aktuell in Umsetzung befindliche Aufnahme- und Relocationprogramme auf unbestimmte Zeit auszusetzen. Zudem plädieren sie dafür, den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten bis zum 31. Dezember 2023 auszusetzen.
Des Weiteren fordern sie von der Bundesregierung, im Verbund mit der Kultusministerkonferenz und Vertretern der Ukraine einen bundesweit einheitlichen Lehrplan zu erarbeiten, der „dem Interesse der Ukraine an einer an der dortigen Schullaufbahn ausgerichteten Bildungskontinuität Rechnung trägt“. Darüber hinaus soll sich die Bundesregierung unter anderem dem Antrag zufolge auf europäischer Ebene dafür einsetzen, „dass die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine auf Basis freiwilliger Übernahmezusagen der Staaten ab sofort nach einem fairen, die jeweiligen Aufnahmekapazitäten berücksichtigenden Schlüssel auf alle europäischen Staaten (in und außerhalb der EU) verteilt werden“. (sto/eis/irs/06.04.2022)
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Antrag AfD TOP 22 Der Ukraine jetzt und in Zukunft helfen, Nahrungsmittelversorgung in der Welt sicherstellen
Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine zeigt auch immer stärkere Auswirkungen auf die Agrarpolitik. Reformvorhaben geraten ins Wanken, Diskussionen um Klimaschutz und Artensterben erscheinen plötzlich als Debatten von gestern. Die EU-Kommission hat Ende März die Erlaubnis erteilt, dass Landwirte Nahrungs- und Futtermittel auf Flächen anbauen dürfen, die aus ökologischen Gründen eigentlich stillgelegt werden sollten.
Dieser Streit erreichte am Freitag, 8. April 2022, den Bundestag: Auf der Tagesordnung stand ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Der Ukraine jetzt und in Zukunft helfen, Nahrungsmittelversorgung in der Welt sicherstellen sowie europäische und deutsche Landwirtschaft krisenfest gestalten“ (20/1336) sowie einen AfD-Antrag mit dem Titel „Welthunger ideologiefrei bekämpfen – Stilllegungsflächen und ökologische Vorrangflächen für Nahrungs- und Futtermittelproduktion freigeben“ (20/1346). Beide Vorlagen wurden nach der Debatte an den Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft überwiesen.
Union fordert Umkehr bisher verfolgter Ziele
Agrarpolitik ist vor allem für die Opposition inzwischen auch Sicherheitspolitik. „Krieg ist Mord und Hunger ist Mord“: Mit diesen drastischen Worten forderte Dr. Wolfgang Stefinger (CDU/CSU) nichts Geringeres als eine Umkehr der bisher verfolgten Ziele in der Agrarpolitik. Anlass war die Beratung zum Antrag der Unionsfraktion (20/1336).
Darin verlangt die CDU/CSU, die Bundesregierung möge gemeinsam mit der UN sowie mit Hilfsorganisationen und Wohlfahrtsverbänden darauf hinwirken, dass die Versorgung der ukrainischen Bevölkerung mit Lebensmitteln langfristig gesichert ist und die ukrainischen Landwirte so weit wie möglich unterstützt werden, damit sie auf möglichst vielen Flächen die Frühjahrsaussaat ausbringen können. Daneben werden Kernpunkte der EU-Agrarreform infrage gestellt. So soll die von der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) vorgesehene Pflicht zur Stilllegung von vier Prozent der Agrarflächen ab 2023 aufgehoben werden und auf den ökologischen Vorrangflächen der Anbau aller Kulturen erlaubt werden. Das hatte die EU-Kommission mit ihrem Aktionsplan zur Ernährungssicherung den EU-Staaten eigentlich ausdrücklich zugesagt. Zudem soll die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln auf den Öko-Flächen zeitweise erlaubt werden.
Steffen Bilger (CDU/CSU) nannte die Lage auf den internationalen Nahrungsmittelmärkten infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine „äußerst dramatisch“, mit „sich abzeichnenden verheerenden Folgen für die Menschen in Afrika, wo Hungersnöte drohen“. Das „Weiter so“ von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) könne man deshalb „nicht durchgehen lassen“. Die Unionsfraktion wolle keine Abkehr vom Kurs der Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft. In Krisenzeiten müssten aber vorübergehend neue Prioritäten gesetzt werden. Was bedeutet, dass „jetzt nicht die Zeit für weniger Anbau, sondern für eine Ausweitung der Produktion gegeben ist“.
Grüne kritisieren „alte Denkmuster“ von Union und AfD
Beide Anträge stießen bei den Regierungsfraktionen und der Fraktion Die Linke auf heftigen Widerstand. Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) hielt Union und AfD vor, „in 20 Jahre alten Debatten und Denkmustern festzustecken“, die Debatte um Agrarreformen sei „eine aus der Mottenkiste“.
Die Aufgabe der Regierung sei, für mehr Klimaschutz zu sorgen und die Ernährungssicherheit sicherzustellen, „dieses Ausspielen der einen Krise gegen die andere führt zu nichts“, so Künast.
SPD: Längst überholte Ideen
Dem schloss sich Natalie Pawlik (SPD) an, sie verwies auf die Aufgabe Deutschlands, „für unseren Beitrag zur Nahrungsmittelsicherung zu sorgen“, das könne aber nicht mit „längst überholten Ideen gelingen“.
Es brauche die Sicherstellung von Sozial- und von Umweltstandards in Europa, aber auch in den Ländern des Südens.
Linke fordert weniger Nutztiere in Europa
Ina Latendorf (Die Linke) wies darauf hin, dass es weltweit zwar genug Lebensmittel gebe, sie aber nicht richtig verteilt würden. Anstatt Flächen für die Produktion von Futtermitteln für Rinder und Schweine zu nutzen, müsse in den Ländern Europas „die Zahl der Nutztiere deutlich reduziert werden.“
Außerdem habe die Agrarpolitik der vergangenen Jahrzehnte dazu beigetragen, dass die Binnenagrarmärkte in Afrika „weitgehend zusammengebrochen sind“. Durch die Einfuhr von EU-Importen hätten in den Ländern des Südens Landwirte oftmals keine Chance mehr, ihre Produkte anzubieten. Deswegen sei es notwendig, dort wieder regionale Wirtschaftskreisläufe aufzubauen, anstatt in Europa Überproduktion anzukurbeln.
AfD verlangt „spürbare Entlastung“ deutscher Landwirte
Der Antrag der AfD-Fraktion (20/1346) geht noch weiter. Die GAP-Vorgabe für bis zu sieben Prozent Stilllegungsflächen zu sorgen, soll entfallen, auf ökologischen Vorrangflächen soll der Anbau von Nahrungs- und Futtermitteln erlaubt sein, darüber hinaus sei der Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln auf diesen Flächen freizugeben. Die Bundesregierung wird aufgefordert, den Einsatz von organischen Düngemitteln und stickstofffixierenden Pflanzen vorübergehend zu fördern.
Peter Felser (AfD) forderte „eine spürbare Entlastung der deutschen Landwirte und zwar jetzt!“ Die Produktion von Lebensmitteln müsse in der gegenwärtigen Situation gesteigert werden. Dazu sein die Intensivierung der Landwirtschaft in Deutschland und in Europa notwendig. Die EU-Kommission habe bereits ihre Pläne für eine „nicht mehr zeitgemäße Agrarreform aufgegeben“, nun müsse die Bundesregierung „gleichziehen“. (nki/08.04.2022)