Sitzungswoche
24. Februar 2021 (211. Sitzung)
Quelle Bundestag: Die Tagesordnung entspricht auch dann der im Bundestag, wenn die Reihenfolge der Tagesordnungen „durcheinander“ gehen.
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TOP 1 Befragung der Bundesregierung Gesundheitsministerium
Wegen fehlender Schnelltests, die er eigentlich bereits Anfang März allen Bürgern kostenlos zur Verfügung stellen wollte, steht Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in der Kritik. In der Regierungsbefragung des Bundestages am Mittwoch, 24. Februar 2021, hat Spahn zu den Verzögerungen bei der Einführung der Tests Stellung genommen und gleichzeitig die Sonderzulassungen für drei erste Corona-Tests zur Eigenanwendung durch Laien bekanntgegeben.
Minister: Schnelltests leisteten wichtigen Beitrag
In seinem Eingangsstatement zu Beginn der einstündigen Befragung im Plenum räumte der Gesundheitsminister zwar ein, dass diese Zulassungen der Selbsttests nicht bedeute, dass diese „schon heute Nachmittag überall“ verfügbar seien. Er zeigte sich aber zuversichtlich, dass bald weitere Zulassungen folgen und „Tag um Tag, Woche um Woche deutlich mehr Tests zu Verfügung“ stünden. Schnelltests und Selbsttests leisteten neben dem Impfen einen wichtigen Beitrag dazu, sicherer mit dem Coronavirus zu leben.
Die Schnelltests durch „geschulte Dritte“ könnten Sicherheit geben im Alltag, in den Pflegeeinrichtungen sowie zum Beispiel bei Reisen, stellte Spahn klar. Selbsttest wiederum gäben Sicherheit „für einen selbst“ in einer konkreten Situation – etwa vor einem Theaterbesuch. „Tests helfen uns, ein Stück weit Freiheit zurückzugewinnen und dabei auch Sicherheit zu haben“, betonte Spahn, bevor er sich den Fragen der Abgeordneten stellte.
AfD fragt nach Parteiveranstaltungen
So wollte Detlev Spangenberg (AfD) zunächst mit Verweis auf Medienberichte wissen, wie der Minister zu den in Sachsen-Anhalt stattgefundenen Parteiveranstaltungen von CDU und SPD stehe, die offenbar ohne Maskenpflicht und ausreichenden Abstand stattgefunden hätten: „Ist das die späte Einsicht der Regierung, dass die Isolationsmaßnahmen doch überzogen sind?“, fragte der Abgeordnete und kritisierte, es sei aber nicht erklärbar, warum Veranstaltungen der AfD als unverantwortlich hingestellt worden seien.
Spahn erwiderte, dass die angesprochenen Veranstaltungen von lokalen Gesundheitsbehörden genehmigt worden seien. Dennoch müsse man sich schon fragen, ob dies „vorbildhaft“ sei. Er plädiere – gerade mit Blick auf die neuen Virusmutationen – für das Tragen von Masken bei Veranstaltungen in geschlossenen Räumen.
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TOP 2 Fragestunde
Im Anschluss an die Regierungsbefragung folgte am Mittwoch, 24. Februar 2021, die Fragestunde. Getrennt nach Ressorts beantworteten Vertreter der Bundesregierung eine Stunde lang Fragen (19/26784), die von den Abgeordneten vorab schriftlich eingereicht wurden.
Grüne mit den meisten Fragen
Von den insgesamt 92 Fragen hatten Abgeordnete der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen 39 gestellt. Es folgten Abgeordnete der Fraktion Die Linke mit 25 Fragen, Abgeordnete der FDP-Fraktion mit 18 Fragen und Abgeordnete der AfD-Fraktion mit neun Fragen. Eine Frage stellte der fraktionslose Abgeordnete Lars Herrmann.
Die meisten Fragen, nämlich 15, richteten sich an das Bundesministerium der Verteidigung, gefolgt vom Bundesministerium für Gesundheit mit 14 Fragen und dem Auswärtigen Amt mit zwölf Fragen. Je neuen Fragen sollten das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur beantworten. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Verkehr war zu acht Antworten aufgefordert.
Je sechsmal angefragt wurden das Bundesministerium der Finanzen und das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Vier Fragen sollte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales beantworten, drei Fragen das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz waren bei jeweils zwei Fragen gefordert. Schließlich sollten das Bundesministerium für Bildung und Forschung und das Bundeskanzleramt je eine Frage beantworten.
Was die Abgeordneten wissen wollten
Der fraktionslose Abgeordnete Lars Herrmann aus Sachsen erkundigte sich beim Gesundheitsministerium, wie viele Menschen, von denen bisher 60.000 wegen einer Covid-19-Infektion verstorben seien, nach Kenntnis der Bundesregierung bei ausreichendem Vorhandensein von Impfstoff noch am Leben sein könnten. Er wollte zudem wissen, welchen Stellenwert das parlamentarische Fragerecht – insbesondere bei Fragen zur aktuellen Pandemie – von frei gewählten Bundestagsabgeordneten im Bundesgesundheitsministerium einnimmt.
Der thüringische AfD-Abgeordnete Stephan Brandner frage das Verteidigungsministerium, ob nach Kenntnis der Bundesregierung die konkrete Absicht besteht, in der Bundeswehr eine muslimische Seelsorge einzurichten, und falls dem so sein sollte, bis wann genau dies umgesetzt werden soll.
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ZP1 aktuelle Stunde Freiheit und Eigentum im Wohnungsmarkt
Einen Tag nach der Wohnraum-Bilanz der Bundesregierung hat der Bundestag am Mittwoch, 24. Februar 2021, in einer Aktuellen Stunde über Wohnungspolitik debattiert. Bei der von der FDP-Fraktion initiierten Diskussion zum Thema „Wohnungsmarkt als Spielball der Politik – Haltung der Bundesregierung zu Freiheit und Eigentum im Wohnungsmarkt“ warfen sich die Fraktionen gegenseitig vor, jeweils auf Bundes- oder auf Landesebene versagt zu haben und zu wenig für Mieterschutz oder die Eigentumsbildung zu tun.
Minister: Das Baukindergeld ist ein Erfolg
Bundesbauminister Horst Seehofer (CSU) verteidigte seine Politik. Er beharrte darauf, dass das Baukindergeld ein Erfolg sei – die größte Eigentumsbildung seit jeher. Die steuerlichen Abschreibmöglichkeiten für energetische Sanierung seien ein Riesenerfolg für die Klimaschutzpolitik. Das Wohngeld sei erhöht und dynamisiert worden. Letzteres habe es noch nie gegeben, so Seehofer.
Auch das soziale Mietrecht sei mit der Verschärfung von Mietpreisbremsen weiterentwickelt worden. Zum Stand der gebauten Wohnungen sagte der Bundesbauminister, es gehe von Jahr zu Jahr nach oben, da könne man die Zahlen drehen und wenden, wie man wolle.
AfD: Schlusslicht bei der Wohneigentumsquote in der EU
Detlev Spangenberg (AfD) sagte, Deutschland sei nahezu Schlusslicht bei der Wohneigentumsquote in Europa. Einen der Gründe für die Misere sah er in der Definition Deutschlands als Einwanderungsland – diese Fläche habe das Land nicht.
Spangenberg sprach auch das volkswirtschaftliche Potenzial von Wohneigentum an. Vermieter und Eigentümer erbrächten Wertschöpfung, die nicht unterschätzt werden dürfte. Der Abgeordnete forderte in diesem Zusammenhang, die Grunderwerbsteuer abzusenken, um Käufer zu entlasten. Die Höhe dieser Steuer sei nicht angemessen.
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TOP 3 Vereinbarte Debatte zur Afrikapolitik
Kein gutes Zeugnis für die Afrikapolitik der Bundesregierung haben die Oppositionsfraktionen am Mittwoch, 24. Februar 2021, ausgestellt. In einer rund 60-minütigen Vereinbarten Debatte sprach Dietmar Friedhoff (AfD) von einer „globalen Umverteilung ohne Sinn und Verstand“. In mehr als 60 Jahren Entwicklungspolitik seien Hunger, Armut und Korruption nicht beseitigt worden, stattdessen habe sich eine „immer größer werdende Rettungsindustrie“ etabliert, die nur das Ziel habe, sich selbst zu ernähren. Friedhoff forderte eine zielgerichtete wirtschaftliche Zusammenarbeit sowie Unterstützung für die „Agenda 2063“ der Afrikanischen Union (AU), die unter anderem auf eine funktionierende Panafrikanische Freihandelszone ziele.
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TOP 4 Geschlechtergerechte Politik
Das Thema Geschlechtergerechtigkeit hat der Bundestag am Mittwoch, 24. Februar 2021, debattiert. Einen Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Gutes Leben und gute Arbeit für alle – Eine geschlechtergerechte Krisen- und Zukunftspolitik ist nötig“ (19/26874) überwies er zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales.
Drei Oppositionsanträge abgelehnt
Abgelehnt wurden hingegen Anträge der FDP zur Einberufung eines Zukunftsgipfel für Emanzipation (19/20052), der Linksfraktion zu Geschlechterverhältnissen in der Krise (19/20033) und der Grünen zur Geschlechtergerechtigkeit in der Corona-Krise (19/20038). Dem FDP-Antrag stimmten nur die Antragsteller zu, Linke und Grüne enthielten sich, die Koalition und die AfD lehnten ihn ab.
Auch dem Antrag der Linken stimmten nur die Antragsteller zu, während sich die Grünen enthielten und die übrigen Fraktionen dagegen stimmten. Den Antrag der Grünen unterstützte auch die Linksfraktion. Die FDP enthielt sich, die Koalition und die AfD stimmten dagegen. Den Abstimmungen liegt eine Beschlussempfehlung des Familienausschusses (19/21085) zugrunde.
(Video wird ergänzt, sobald vorhanden)
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TOP 5 Bundespersonalvertretungsgesetz
Der Bundestag hat am Mittwoch, 24. Februar 2021, den von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Gesetzes „zur Novellierung des Bundespersonalvertretungsgesetzes“ (19/26820) erstmals beraten. Dazu liegt auch die Gegenäußerung der Bundesregierung (19/26917) zur Stellungnahme des Bundesrates vor. Nach halbstündiger Debatte wurde der Entwurf zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss für Inneres und Heimat überwiesen.
(Video wird ergänzt, sobald vorhanden)
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TOP 6 Hass und Hetze gegen LSBTI
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat einen Antrag mit dem Titel „Hass und Hetze gegen LSBTI wirksam bekämpfen“ (19/26886) vorgelegt. LSBTI steht für „Lesbisch, Schwul, Bisexuell, Trans, Inter“. Nach halbstündiger Debatte am Mittwoch, 24. Februar 2021, wurde der Antrag zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss für Inneres und Heimat überwiesen.
Antrag der Grünen
Demnach soll die Bundesregierung die LGBTIQ-Gleichstellungsstrategie 2020-2025 der Europäischen Union lückenlos implementieren und sich auf der europäischen Ebene für die Umsetzung der Strategie in allen Mitgliedsstaaten einsetzen. Zudem soll die Forschung über Ausmaß, Erscheinungsformen, Ursachen von LSBTI-Feindlichkeit und über den Umgang von Sicherheitsbehörden und Justiz mit diesen Ausprägungen von Hasskriminalität verstärkt gefördert werden.
Darüber hinaus soll Hasskriminalität gegen LSBTI besser erfasst werden. Dafür soll ein nach betroffenen Gruppen differenzierter Periodischer Sicherheitsbericht alle zwei Jahre von einem Rat von unabhängigen Sachverständigen erstellt werden, der die objektive und subjektive kriminalitätsbezogene Sicherheit von LSBTI beschreibt und Indikatoren für ein kriminalitätsbezogenes Lagebild auswertet und weiterentwickelt. Zudem soll sich die Bundesregierung im Rahmen der Ständigen Konferenz der Innenminister und Innensenatoren der Länder dafür einsetzen, dass in allen Bundesländern mutmaßliche homophobe oder transfeindliche Hintergründe von Straftaten ausdrücklich in den Polizeiberichten genannt werden. (hau/24.02.2021)
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25. Februar 2021 (212. Sitzung)
TOP 7 Eigenmittelbeschluss- Ratifizierungsgesetz
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sieht die EU auf dem Weg in eine gemeinsame Finanzpolitik. Mit dem europäischen Corona-Wiederaufbaufonds (Next Generation EU, NGEU), für den die EU erstmals auch Kredite auf dem Kapitalmarkt aufnehmen soll, werde nicht nur die Krise bekämpft, sagte er am Donnerstag, 25. Februar 2021, im Bundestag.
Gesetzentwürfe der Regierung und der FDP
Anlass war die einstündige erste Lesung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum Beschluss des Rates vom 14. Dezember 2020 über das Eigenmittelsystem der Europäischen Union und zur Aufhebung des Beschlusses 2014/335/EU, Euratom (Eigenmittelbeschluss-Ratifizierungsgesetz, 19/26821), den der Bundestag zusammen mit einem Gesetzentwurf der FDP zur Änderung des EUZBBG zur Stärkung der Beteiligungsrechte des Bundestages in Angelegenheiten des Aufbauinstruments Next Generation EU (NGEU, 19/26877) zur weiteren Beratung an den federführenden Haushaltsausschuss überwiesen hat. EUZBBG steht dabei für das Gesetz über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union.
Der EU-Eigenmittelbeschluss muss von allen nationalen Parlamenten der EU ratifiziert werden und ist Voraussetzung für das Inkrafttreten des Mehrjährigen Haushalts der EU von 2021 bis 2027 sowie die Schuldenaufnahme zur Finanzierung des Wiederaufbaufonds.
Minister erntet Widerspruch vom Koalitionspartner
Der Fonds lege mit Investitionen in Klimaschutz und Digitalisierung nicht nur die Grundlage für eine bessere Zukunft, sondern bedeute auch den „Weg in die Fiskalunion“, sagte Scholz. Damit vollende die EU, was mit Blick auf den Binnenmarkt und die gemeinsame Währung jahrelang als Problem erschienen sei. Scholz warb im Bundestag auch für die geplante Einführung eigener EU-Steuern etwa für CO2, digitale Konzerne und Finanztransaktionen. „Wir müssen dafür sorgen, dass es zur Finanzierung auch europäische Einnahmen gibt“, betonte der SPD-Politiker.
Unterstützung für diese Haltung bekam Scholz von den Grünen, klaren Widerspruch erntete er vonseiten der AfD, aber auch vom Koalitionspartner. So stellte Eckhardt Rehberg (CDU/CSU) klar: „Eine Vergemeinschaftung der Schulden in Europa können Sie mit der Union im Bundestag nicht durchsetzen.“ Den Fonds selbst lobte er: „Wir als Deutsche werden am meisten profitieren, auch wenn wir viermal mehr einzahlen als wir zurückbekommen.“
Linke: Finanztransaktionsteuer einführen
Dr. Gesine Lötzsch (Die Linke) appellierte an Scholz, insbesondere die seit der Finanzkrise versprochene Finanztransaktionsteuer einzuführen.
Die Einnahmen brauche Europa unbedingt, um mehr Verteilungsgerechtigkeit zu schaffen.
Grüne: Historischer Paradigmenwechsel
Sven-Christian Kindler (Bündnis 90/Die Grünen) betonte die Unterstützung seiner Fraktion für das Wiederaufbauinstrument der EU. Europa befinde sich sozial, ökonomisch und gesundheitlich in der schwersten Krise seit Ende des Zweiten Weltkrieges. Dass die Bundesregierung ihre Blockadehaltung gegen gemeinsame Kredite aufgegeben habe, bedeute einen „historischen Paradigmenwechsel“.
Damit der NGEU zu einem zentralen Erfolg werde, müsse die EU aber sehr genau auf die konkrete Umsetzung in den Mitgliedsländern schauen. Die Gelder müssten klug eingesetzt werden, um „einen großen Aufbruch zu organisieren“. Auch beim nationalen Aufbauplan, den die Bundesregierung im Dezember vorgelegt hat, vermisste Kindler noch eine ambitionierte Klima- und Digitalstrategie.
FDP: Parlamentsrechte stärken
Die Redner der FDP signalisierten, dass sie vor der finalen Entscheidung über ihre Haltung zum Eigenmittelbeschluss die weiteren Beratungen im Bundestag abwarten wollen, etwa eine Expertenanhörung im Haushaltsausschuss im März. Konstantin Kuhle lobte zwar die Einigung auf den Wiederaufbaufonds, jedoch wolle seine Fraktion die Auswirkungen „ausgiebig diskutieren“. Wichtig sei eine klare Begrenzung des Instruments mit Blick auf Höhe, Dauer und Zweck. Auch sei eine begleitende Stärkung der Parlamentsrechte erforderlich.
Kuhles Fraktionskollege Otto Fricke sprach von einem „Next Generation EUZBBG“ ergänzend zum bestehenden Gesetz über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union (EUZBBG).
AfD: Eigenmittelbeschluss eine historische Zäsur
Für die AfD übte Peter Boehringer Fundamentalkritik am Eigenmittelbeschluss. Dieser stelle eine „historische Zäsur“ dar und markiere den letzten Schritt in eine „faktische, aber illegale EU-Fiskalunion“. Mit ihm stelle die Bundesregierung das Haushaltsrecht des Bundestages zur Disposition, die EU verstoße damit gegen zahlreiche Artikel des Vertrages über die Arbeitsweise der EU (AEUV), in denen eine Schuldenaufnahme der EU insgesamt und eine Haftungsgemeinschaft prinzipiell verboten werde.
Der nun vollzogene „Dammbruch“ werde dazu führen, dass Brüssel immer wieder im Zuge einer begrenzten Einzelermächtigung Schulden aufnehme, warnte Boehringer. Wolle oder könne eine Mitgliedstaat seine Schulden nicht zurückzahlen, müsse Deutschland „bis zum Zehnfachen des offiziellen Tilgungsanteils haften“. Daraus könnte ein Schadenpotenzial von mehr als 750 Milliarden Euro entstehen. Die Milliardenzahlungen nannte er „Geldgeschenke“, die in vielen Mitgliedstaaten längst für andere Zwecke als Corona-Folgen verplant worden seien.
CDU/CSU: Balanceakt zwischen Ankurbelung und Fiskaldisziplin
Dr. André Berghegger (CDU/CSU) betonte demgegenüber, dass es für exportorientierte Länder wie Deutschland von „elementarem Interesse“ sei, „dass die EU wieder auf die Beine kommt“. Er sprach jedoch auch von einem „Balanceakt zwischen wirtschaftspolitischer Ankurbelung auf der einen und fiskalpolitischer Disziplin auf der anderen Seite“.
Klar müsse sein, dass die Ausgaben zusätzlich sein müssten und nicht im allgemeinen Haushalt der Mitgliedstaaten versickern dürften. Es gehe zeitlich begrenzt um die Bewältigung der negativen Folgen der Pandemie. Dass die Kreditaufnahme der EU durch die Haftung der Mitgliedstaaten abgesichert werde, bedeute ausdrücklich keine Vergemeinschaftung von Schulden und einen Einstieg in die Fiskalunion, betonte Berghegger.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Bezüglich der Eigenmittelfinanzierung des EU-Haushalts sollen laut Regierungsentwurf (19/26821) gegenüber dem bisherigen Eigenmittelbeschluss einige Änderungen vorgenommen werden, die aufgrund des Austritts des Vereinigten Königreiches und der Auswirkungen der Pandemie auf das EU-Bruttonationaleinkommen erforderlich werden.
Als Beitrag zu einer angemesseneren Lastenteilung in der Finanzperiode 2021bis 2027 würden Korrekturen der Eigenmittelverpflichtungen zugunsten einiger Mitgliedstaaten vorgenommen, „darunter auch Deutschland“. Zudem werde ab 2021 eine neue Eigenmittelkategorie in Form einer so genannten Plastikabgabe eingeführt.
750 Milliarden Euro für Aufbauinstrument „Next Generation EU“
Zur Finanzierung des Aufbauinstrumentes „Next Generation EU“ wird die Europäische Kommission im Eigenmittelbeschluss ermächtigt, Mittel bis zu einem Betrag von 750 Milliarden Euro am Kapitalmarkt aufzunehmen. Die Aufnahme dieser Kredite am Kapitalmarkt und entsprechend auch die ersten Auszahlungen aus dem Aufbauinstrument „Next Generation EU“ an die Mitgliedstaaten könne erst beginnen, „wenn der neue Eigenmittelbeschluss in Kraft getreten ist“. Dies erfordere, dass er in allen Mitgliedstaaten entsprechend den jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorgaben ratifiziert wurde.
Die der Europäischen Kommission übertragene Befugnis zur Mittelaufnahme sei im Eigenmittelbeschluss hinsichtlich ihrer Höhe, der Dauer und ihrem Zweck klar begrenzt, heißt es weiter. Die generierten Mittel würden über die Instrumente und Programme des Mehrjährigen Finanzrahmens für Ausgaben verwendet sowie als Darlehen an die Mitgliedstaaten vergeben – allerdings nur zur Verwendung im Rahmen des Aufbauinstrumentes „Next Generation EU“ zur Bewältigung der Folgen der Covid-19-Krise. Die Kredite, die zur Finanzierung von Ausgaben aufgenommen wurden, würden aus dem EU-Haushalt zurückgezahlt, heißt es.
Gesetzentwurf der FDP
Der Haushaltsausschuss des Bundestages soll nach dem Gesetzentwurf der FDP (19/26877) für das einmalig aufgelegte NGEU-Programm verstärkte und ausdifferenzierte Informationsrechte und erweiterte Möglichkeiten zur Stellungnahme erhalten. Dies soll die nationalen Aufbau- und Resilienzplänen der EU-Mitgliedstaaten, Änderungen der nationalen Aufbau- und Resilienzpläne, alle Auszahlungsentscheidungen der Europäischen Kommission für finanzielle Beiträge und Darlehen sowie die Aktivierung des sogenannten Notbremsen-Mechanismus‘ (Befassung des Europäischen Rates im Fall schwerwiegender Abweichungen eines Mitgliedstaats von der zufriedenstellenden Zielerreichung) betreffen.
Das Unterrichtungsrecht des Haushaltsausschusses soll in Anlehnung an das Unterrichtungsrecht des Europäischen Parlaments und des Rates ausgestaltet werden. Zudem soll das Evokationsrecht des Bundestagsplenums für alle mit NGEU zusammenhängenden Rechte des Haushaltsausschusses normiert werden. (joh/hau/25.02.2021)
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ZP 5 Arbeitsprogramm 2021 der Europäischen Kommission
Die verfügbaren Schnelltests sind nach Auffassung aller Fraktionen im Bundestag ein wichtiger Bestandteil im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Allerdings wird über den Einsatz der Tests und die dahinter stehende Strategie heftig gestritten. In einer einstündigen Aussprache über einen Antrag der FDP-Fraktion mit dem Titel „Schneller, einfacher, freier − Mit Corona-Selbsttests zurück in die Normalität“ (19/26878) zum massenhaften Einsatz von Selbsttests hielt die Opposition der Bundesregierung am Donnerstag, 25. Februar 2021, vor, wiederholt zu spät reagiert und falsche Erwartungen geweckt zu haben. Der Bundestag überwies den FDP-Antrag zur weiteren Beratung an den federführendend Gesundheitsausschuss.
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TOP 9 Arbeitsprogramm 2021 der Europäischen Kommission
Mit dem Arbeitsprogramm 2021 der Europäischen Kommission hat sich der Bundestag am Donnerstag, 25. Februar 2021, in einer Vereinbarten Debatte befasst. Mit dem Arbeitsprogramm 2021 soll Europa gesünder, gerechter und prosperierender werden und gleichzeitig der langfristige Übergang zu einer umweltfreundlicheren Wirtschaft beschleunigt werden, die für das digitale Zeitalter gerüstet ist. Es enthält neue Gesetzgebungsinitiativen zu allen sechs übergreifenden Zielen der politischen Leitlinien von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und folgt ihrer ersten Rede zur Lage der Union. Bei der Umsetzung der in diesem Arbeitsprogramm festgelegten Prioritäten will die EU-Kommission nach eigener Aussage weiterhin alles daransetzen, die Krise zu bewältigen und Europas Volkswirtschaften und Gesellschaften widerstandsfähiger zu machen.
Minister: Wir brauchen die Kraft für eine echte Transformation
Außenminister Heiko Maas (SPD) sagte zu Beginn der Debatte, eine gerechte, ökologische und digitale Gesellschaft zu schaffen, sei das Ziel im Arbeitsprogramm der EU-Kommission. Kleine Reförmchen würden dazu nicht ausreichen. „Wir brauchen vielmehr die Kraft für eine echte Transformation“, sagte Maas. Der Schlüssel, um den Wandel „im Einklang mit unseren Werten und Interessen“ zu gestalten, liege in einem solidarischen und souveränen Europa. Dafür seien während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 wichtige Pflöcke eingeschlagen worden, betonte der Außenminister.
Die Einigung auf den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) und das Corona-Wiederaufbauinstrument in Höhe von 750 Milliarden Euro nannte Maas einen „historischen Akt europäischer Solidarität“. Jetzt komme es darauf an, die Mittel schnell verfügbar zu machen, weshalb in allen Mitgliedstaaten die hierfür nötigen Beschlüsse gefasst werden müssen.
AfD: Ein Manifest der Niedertracht
Aus Sicht von Norbert Kleinwächter (AfD) ist das Arbeitsprogramm der EU-Kommission „gegen die Menschen gerichtet“. So werde darin beispielsweise die Corona-Pandemie begrüßt, weil sie laut Programm den Wandel stark beschleunigt habe und daher mit großen Chancen verbunden sei. Das Leid der Menschen sei der Boden „auf dem Ursula von der Leyen ihre Politik aufmacht“, sagte Kleinwächter. „Dieses Arbeitsprogramm ist ein Manifest der Niedertracht“, urteilte er.
Der AfD-Abgeordnete kritisierte auch das 55-Prozent-Einsparziel bei den CO2-Emissionen. Die Industrie werde dies nicht überstehen, prognostizierte er und sprach von einem Wachstumsvernichtungsprogramm. Wer dazu, wie auch zu den Migrationsplänen der Kommission, eine abweichende Meinung habe, werde als Hassredner bezeichnet und verfolgt. „Diese Europäische Union ist der Verlust jeglichen Wohlstands, jeglicher Freiheit und Demokratie“, sagte Kleinwächter und regte ein Impeachment-Verfahren gegen die EU-Kommission an.
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TOP 10 globale Covid-19-Bekämpfung
Der weltweite Kampf gegen die Corona-Pandemie stand im Mittelpunkt einer Bundestagsdebatte am Donnerstag, 25. Februar 2021. Dazu hatte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen einen Antrag mit dem Titel „Die globale Covid-19-Bekämpfung organisieren und unterstützen“ (19/26887) vorgelegt, der im Anschluss an die einstündige Debatte zur weiteren Beratung an die Ausschüsse unter Federführung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung überwiesen wurde. An den federführenden Gesundheitsausschuss überwies der Bundestag einen Antrag der FDP-Fraktion mit dem Titel „Wirksame Pandemieprävention durch One Health“ (19/26849).
AfD: Kopfloser Aktionismus
Die AfD kritisierte die Anträge der anderen Oppositionsfraktionen als „kopflosen Aktionismus“. Der AfD-Abgeordnete Ulrich Oehme nannte die deutsche Entwicklungspolitik „überkommen und gescheitert“.
Er forderte eine Neuausrichtung der Entwicklungspolitik an den geostrategischen Interessen von Deutschland.
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TOP 11 Teilhabe von Frauen an Führungspositionen
Der Bundestag hat am Donnerstag, 25. Februar 2021, den Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Ergänzung und Änderung der Regelungen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst“ (19/26689) nach halbstündiger Aussprache zusammen mit einem Antrag der Linken mit dem Titel „Geschlechtergerechtigkeit und Diversität stärken und auf allen Führungsebenen verankern“ (19/26872), einem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Frauen den Weg freimachen – Feste Quote für Unternehmensvorstände einführen“ (19/25317) sowie einem Antrag der FDP-Fraktion für mehr Frauen und Vielfalt in Wirtschaft und Führungspositionen (19/26879) zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend überwiesen.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Besteht der Vorstand eines börsennotierten und zugleich paritätisch mitbestimmten Unternehmens aus mehr als drei Mitgliedern, so heißt es im Gesetzentwurf der Bundesregierung, müsse er künftig mit mindestens einer Frau und mindestens einem Mann besetzt sein. Außerdem müsse die Festlegung der Zielgröße Null für den Vorstand, die beiden obersten Führungsebenen unterhalb des Vorstands und den Aufsichtsrat begründet werden. Im Handelsbilanzrecht würden jeweils entsprechende Berichtspflichten eingeführt. Zugleich solle der Sanktionsmechanismus bei Verletzung von Berichtspflichten im Zusammenhang mit der Festlegung von Zielgrößen verbessert und wirksamer ausgestaltet werden.
Für Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes soll künftig – unabhängig von Börsennotierung oder Mitbestimmung – bereits bei mehr als zwei Mitgliedern im Geschäftsführungsorgan eine Mindestbeteiligung von einer Frau und einem Mann gelten. Daneben soll die fixe Mindestquote für den Aufsichtsrat Anwendung finden.
„Regelungen für öffentlichen Dienst weiterentwickeln“
Auch die Regelungen für den öffentlichen Dienst plant die Bundesregierung weiterzuentwickeln. Die Vorgaben des Bundesgremienbesetzungsgesetzes sollen dem Gesetzentwurf zufolge auf Aufsichtsgremien und wesentliche Gremien ausgeweitet werden, bei denen der Bund zwei Mitglieder bestimmen kann.
„Das Ziel der gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Bundesverwaltung bis zum Jahr 2025 soll im Bundesgleichstellungsgesetz gesetzlich festgeschrieben werden“, heißt es.
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Antrag AfD TOP 12 Schutz der Bargeldnutzung
Der Bundestag hat am Donnerstag, 25. Februar 2021, einen Gesetzentwurf der AfD-Fraktion „zur Änderung des Grundgesetzes zum Schutz der Bargeldnutzung (Artikel 14)“ (19/14761) nach 30-minütiger Debatte in zweiter Beratung mit den Stimmen aller übrigen Fraktionen abgelehnt. Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hatte dazu eine Beschlussempfehlung (19/16525) vorgelegt.
Einen Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Bargeld ist gedruckte Freiheit“ (19/26904) überwies der Bundestag nach halbstündiger Aussprache zur federführenden Beratung an den Finanzausschuss. Die AfD hatte die Federführung beim Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung beantragt, konnte sich damit aber gegen die übrigen Fraktionen nicht durchsetzen.
Der Bundestag lehnte zudem einen neuen Antrag der FDP mit dem Titel „Bargeld ist geprägte Freiheit – Keine Obergrenzen für Bargeldkäufe einführen“ (19/26881) ab. FDP und AfD stimmten für, CDU/CSU und SPD gegen den Antrag. Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich
Gesetzentwurf der AfD-Fraktion
Der Gesetzentwurf der AfD-Fraktion sah die Einfügung einer Regelung in Grundgesetz-Artikel 14 vor, die das Recht auf Eigentum mit Blick auf die Bargeldnutzung näher bestimmt. Garantiert werden sollte die uneingeschränkte Nutzung von Bargeld. Zugleich sollte der Status des Bargelds als einziges unbeschränktes gesetzliches Zahlungsmittel festgeschrieben werden.
Zur Begründung hieß es unter anderem, angesichts der weiterhin in den negativen Bereich strebenden Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) werde absehbar seitens der EZB und auch der EU der Druck auf die nationalen Gesetzgeber wachsen, den Bargeldgebrauch und das Halten von Vermögensteilen in Bargeld einzuschränken, so die Fraktion.
Antrag der AfD
Die AfD fordert in ihrem überwiesenen Antrag (19/26904) unter anderem die Einführung eines nationalen Programms „(Bar)Geld Digital“, welches über Möglichkeiten und Gefahren neuer und traditioneller Bezahlvarianten aufklärt und somit die Wissenslücken bei jungen Menschen schließen soll.
Außerdem solle im Rahmen einer Informationskampagne der fehlenden Aufklärung im Umgang mit den eigenen Finanzen entgegengewirkt werden, besonders vor dem Hintergrund voranschreitender Digitalisierung im elektronischen Bezahlen und einer drohenden Überschuldung von Jugendlichen.
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TOP 13 Geschlechtergerechtigkeit in der Kulturarbeit
Anträge zur Geschlechtergerechtigkeit in der Kulturarbeit hat der Bundestag erstmals am Donnerstag, 25. Februar 2021, beraten. Angenommen wurde der Antrag von CDU/CSU und SPD mit dem Titel „Geschlechtergerechtigkeit in Kultur und Medien verwirklichen“ (19/26893). Ihm stimmten die Antragsteller zu,während die AfD dagegen votierte und die FDP, die Linksfraktion und Bündnis 90/Die Grünen sich enthielten.
Anträge der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Kulturarbeit fair, divers und geschlechtergerecht gestalten“ (19/26873) und von Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Eine Quote für die Kunst – Geschlechtergerechtigkeit in Kultur und Medien“ (19/26888) überwies das Parlament im Anschluss an die halbstündige Debatte zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss für Kultur und Medien.
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TOP 14 Planungssicherstellungsgesetz
Der Bundestag hat am Donnerstag, 25. Februar 2021, den Gesetzentwurf von CDU/CSU und SPD „zur Verlängerung der Geltungsdauer des Planungssicherstellungsgesetzes“ (19/26174) in der vom Ausschuss für Inneres und Heimat geänderten Fassung (19/26972) beschlossen. CDU/CSU, SPD und FDP stimmten für den Entwurf, AfD und Linksfraktion lehnten ihn ab. Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich. Damit werden die bislang bis Ende März dieses Jahres befristeten Regelungen des Planungssicherstellungsgesetzes bis Ende 2022 verlängert.
Mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und AfD lehnte der Bundestag einen Entschließungsantrat der Grünen (19/26982) zu dem Gesetzentwurf ab. Darin forderten die Grünen unter anderem, die bisher für die Beteiligung vorgesehenen Fristen nicht zu verkürzen. Die Linke stimmte mit den Grünen für den Entschließungsantrag, die FDP enthielt sich.
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Antrag AfD TOP 15 Wohnungs- und Obdachlosigkeit im Corona-Winter
Der Bundestag hat am Donnerstag, 25. Februar 2021, nach 30-minütiger Debatte einen Antrag der Linksfraktion mit dem Titel „Zwangsräumungen verhindern, Obdachlose sicher unterbringen – Solidarisch durch den Corona-Winter“ (19/25259) sowie einen Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Soforthilfeprogramm für Obdachlose im Corona-Winter 2021“ (19/26227) abgelehnt. Dem Antrag der Linken stimmten auch die Grünen zu, während die übrigen Fraktionen ihn ablehnten. Den Antrag der AfD lehnten alle übrigen Fraktionen ab. Zum Antrag der Linken lag eine Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (19/25865), zum Antrag der AfD eine Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses (19726610) vor.
Ferner lehnten die Abgeordneten einen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Gewährung von Hilfen in der Pandemie (19/24634 neu) ab, nachdem ein ursprünglich weiterer zur Abstimmung vorgelegter Antrag der Grünen zum Kündigungsschutz und zum Minderungsrecht in Zeiten der Pandemie (19/20542) von der Tagesordnung wieder abgesetzt worden war. Die Linke stimmte mit den Grünen für den Antrag, die übrigen Fraktionen lehnten ihn ab. Dazu hatte der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz eine Beschlussempfehlung (19/26981) vorgelegt.
Abgelehnter Antrag der AfD
Die AfD begründete ihren abgelehnten Antrag (19/26227) damit, dass sich die Lebenssituation der Obdachlosen unter den Maßnahmen der Bundesregierung zur Eindämmung des Corona-Virus extrem verschärft habe. Dadurch könnten immer mehr gemeinnützige Hilfsorganisationen den täglichen Bedarf innerhalb der Obdachlosenhilfe wie Bereitstellung von Notunterkünften, Lebensmittelausgabe und medizinische Versorgung nicht gewährleisten.
Sie forderte deshalb von der Bundesregierung, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der den Status der Hilfsorganisationen der Obdach- und Wohnungslosenhilfe bundesweit einheitlich regelt, als systemrelevant einstuft und die Voraussetzung dafür schafft, dass diese mit ausreichend medizinischem Personal, Schnelltests sowie Schutzkleidung und Desinfektionsmitteln versorgt werden. Ferner sollten die Hilfsorganisationen ausreichend OP- und FFP2-Masken für die Ausgabe an Obdachlose erhalten. Notunterkünfte für Obdachlose sollten in der jetzigen Situation besonders gefördert werden, damit es nicht zu einer weiteren Unterversorgung kommt. Bundesweit müsse auch dafür gesorgt werden, dass gegen Obdachlose keine Bußgelder wegen Verstößen gegen die jeweiligen Corona-Landesverordnungen verhängt werden, forderten die Abgeordneten.
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Antrag AfD TOP 16 Verein Indymedia verbieten
Der Bundestag hat am Donnerstag, 25. Februar 2021, einen Antrag der AfD-Fraktion mit der Forderung, den Verein Indymedia zu verbieten (19/20682) abgelehnt. Der Antrag wurde in namentlicher Abstimmung mit 546 Stimmen, gegen 77 Stimmen bei einer Enthaltung zurückgewiesen. Der Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung (19/24123) des Innenausschusses zugrunde, in der die Ablehnung empfohlen wurde.
Antrag der AfD
Die AfD-Fraktion verlangt von der Bundesregierung, den Verein „als bundesweite, gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtete, Organisationsform des Linksextremismus“ zu verbieten und aufzulösen. Auch soll die Regierung nach dem Willen der Abgeordneten die Internetseite „de.indymedia.org“ sowie alle damit verbundenen sonstigen Internetpräsenzen und E-Mail-Adressen des Vereins und etwaiger Nachfolgeorganisationen abschalten.
Ferner wird die Bundesregierung in dem Antrag aufgefordert, zu verbieten, dass das Logo des Vereins „öffentlich, in einer Versammlung oder in Schriften, Ton- und Bildträgern, Abbildungen oder Darstellungen, die verbreitet werden oder zur Verbreitung bestimmt sind, verwendet wird“.
Bedrohung durch linksextreme Gewaltaufrufe
In der Vorlage schreibt die Fraktion, dass das Verbot des Vereins „Linksunten.indymedia“ durch den Bundesinnenminister am 14. August 2017 „insbesondere im Blick auf die viele Jahre lang verbreiteten Gewaltaufrufe“ eine „dringend erforderliche, längst überfällige Maßnahme gegen die Bedrohung der öffentlichen Ordnung durch gewaltbereite Linksextremisten“ gewesen sei. Zugleich führen die Abgeordneten aus, dass die Bedrohung durch linksextreme Aufrufe zu Straf- und Gewalttaten akut bleibe.
Eine Schlüsselrolle für die Mobilisierung der linksextremen Szene spiele das Internetportal „Indymedia“. „Regelmäßig finden sich hier Gewaltaufrufe und ,Bekennerschreiben‘ nach begangenen Straftaten, wie sie bis zum August 2017 auf ,Linksunten.indymedia‚ zu finden waren“, heißt es in dem Antrag weiter. „Indymedia“ erfülle damit „vergleichbare Funktionen für die Mobilisierung gewaltbereiter Linksextremisten im Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“. (sto/hau/25.02.2021)
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TOP 17 Hilfe im Corona-Schuljahr durch Studierende
Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages haben am Donnerstag, 25. Februar 2021, erstmals über einen Vorschlag der FDP für Lernhilfen an den Schulen beraten. Die Liberalen haben dazu einen Antrag mit dem Titel „Bundesprogramm Lern-Buddys – Studierende helfen im Corona-Schuljahr“ (19/26880) vorgelegt. Die Vorlage wurde im Anschluss an den Bildungsausschuss zur federführenden Beratung überwiesen.
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26. Februar 2021 (213. Sitzung)
TOP 18 Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung
Der Bundestag hat am Freitag, 26. Februar 2021, den Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung“ (Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz, 19/26822) erstmals eine Stunde lang debattiert und im Anschluss zusammen mit einem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Mehr Transparenz und mehr Anreize für eine bessere Versorgung im Wettbewerb der gesetzlichen Krankenversicherungen“ (19/26889) zur weiteren Beratung an den federführenden Gesundheitsausschuss überwiesen.
Mit umfangreichen gesetzlichen Änderungen will die Bundesregierung Qualität und Transparenz in der medizinischen Versorgung verbessern. Ihr Gesetzentwurf sieht neue Vorgaben für den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) und mehr Rechte für Krankenversicherte vor sowie Reformen in Krankenhäusern und Hospizen. In der Debatte gab es daran deutliche Kritik von Seiten der Oppositionsfraktionen, die entweder vor neuer Bürokratie warnten (FDP), nachhaltige strukturelle Veränderungen vermissten (Grüne und Linke) oder der Bundesregierung absprachen, das Prinzip des Qualitätsmanagements verstanden zu haben (AfD).
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Zu den Regelungen des Entwurfs: Für den G-BA werden Befugnisse und Fristen präzisiert. Qualitätsverträge sollen die bisherigen Qualitätszu- und -abschläge ersetzen. In Krankenhäusern können künftig klinische Sektionen zur Qualitätssicherung über einen Zuschlag refinanziert werden. Auch sollen einrichtungsbezogene Vergleiche in der ambulanten und stationären Versorgung sowie von Rehabilitationseinrichtungen der gesetzlichen Krankenversicherung veröffentlicht werden.
Die Versicherten werden an mehreren Stellen entlastet. So wird der Anspruch auf eine Zweitmeinung auf weitere planbare Eingriffe, die der G-BA festlegt, erweitert. Zudem werden Vorsorgeleistungen in anerkannten Kurorten von einer Ermessens- in eine Pflichtregelung umgewandelt. Für Patienten mit starkem Übergewicht (Adipositas) wird ein strukturiertes Behandlungsprogramm (DMP) eingeführt.
In der privaten Krankenversicherung wird im Notlagentarif ein Direktanspruch der Leistungserbringer gegenüber dem Versicherer auf Leistungserstattung eingeführt. Im Krankenhaus wird ein einheitliches Ersteinschätzungsverfahren für die ambulante Notfallbehandlung eingeführt. Das Verfahren soll Voraussetzung sein für die Abrechnung ambulanter Notfallleistungen. Krankenkassen sollen sich künftig gemeinsam mit kommunalen Trägern am Aufbau und der Förderung von regionalen Hospiz- und Palliativnetzwerken beteiligen. Für die ambulante Kinderhospizarbeit soll eine gesonderte Rahmenvereinbarung gelten.
Weiterhin neu geregelt wird ein verpflichtender Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung für Vertragsärzte im Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V, Krankenversicherung). Gesundheitsstatistiken sollen weiterentwickelt werden. Die Modellklauseln zur Erprobung akademischer Ausbildungsangebote in der Ergotherapie, Logopädie und Physiotherapie werden bis Ende des Jahres 2026 verlängert.
Minister: Es geht um Qualität
AfD: Regierung versteht Qualitätsmanagement nicht
Dr. Robby Schlund (AfD) kritisierte den Umgang mit Qualitätsmanagementprozessen. So sei es nicht möglich, die Qualitätsmanagementsysteme von Ärzten und Krankenhäusern zu vergleichen. „Die Fehler aber, die Sie mit diesem System ausradieren wollen, sind systemimmanent“, so Schlund.
Er kritisierte außerdem das Einschätzungsverfahren in der Notfallversorgung, denn es gebe bereits ein gut funktionierendes System in den Krankenhäusern.
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Antrag AfD TOP 19 Direkte Demokratie auf Bundesebene
Der Bundestag hat am Freitag, 26. Februar 2021, erstmals einen Gesetzentwurf der AfD-Fraktion „zur Einführung der Direkten Demokratie auf Bundesebene“ (19/26906) debattiert und im Anschluss zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss für Inneres und Heimat überwiesen. Der Vorstoß der AfD stieß im Plenum auf energischen Widerspruch. Redner aller anderen Fraktionen hielten der AfD vor, in Wahrheit die parlamentarische Demokratie abschaffen zu wollen und einen antiliberalen, autoritären Staat anzustreben. Zu den Kernpunkten des Gesetzentwurfs zählt eine Ergänzung von Artikel 20 Absatz 2 des Grundgesetzes um die Bestimmung: „Der geäußerte Wille des Volkes ist oberstes Gesetz; seine Entscheidungen können nur von ihm abgeändert oder aufgehoben werden.“
AfD: Die Macht der Hinterzimmer reduzieren
Für die Antragsteller geißelte der Abgeordnete Roman Reusch (AfD) eine nach seinen Worten „elende Parteibuchwirtschaft“, die mittlerweile alle staatlichen Institutionen „durchwuchere“. Das politische System sei geprägt von einer „Machtkonzentration in der Hand einiger weniger Spitzenfunktionäre“. Dieser Zustand bedürfe eines Korrektivs durch direkte Willensbekundungen des Volkes: „Die Macht der Hinterzimmer wäre zumindest deutlich reduziert.“
Als Beispiel für segensreiche Effekte direkter Demokratie nannte Reusch den Brexit. Er zeige, dass man „mit diesem Instrument viel bewirken“ könne.
Gesetzentwurf der AfD
Die AfD schreibt in ihrem Gesetzentwurf, direktdemokratische Verfahren erhöhten die Partizipation. Durch die Fokussierung auf Einzelthemen eigneten sich direktdemokratische Verfahren besser für eine sachlich differenzierte Artikulation von Problemen, als dies über die Willensbildung der Parteien möglich sei. Bereits im Stadium der Unterschriftensammlung setzten sich die Bürger intensiv mit dem Gegenstand des Verfahrens auseinander. Es komme zu vertieften Informations- und Diskussionsprozessen. Direktdemokratische Verfahren erschlössen neue Personenkreise, die sich zuvor politisch nicht beteiligt haben und vielfach außerhalb von Parteien stehen.
Diese gesellschaftlichen Diskussionsprozesse strahlten auch auf die Parteien und sonstige Interessengruppen aus. Auf diese Weise gelangten durch direktdemokratische Verfahren neue Ideen und Lösungsvorschläge auf die politische Agenda. Direktdemokratische Verfahren garantierten also Alternativen. Sie verkleinerten das Machtungleichgewicht zwischen Regierung und Parlament einerseits und der Stimmbürgerschaft andererseits zugunsten der Bürger. Es sei empirisch gut belegt, dass die Bürger mehr Mitwirkungsrechte einfordern. Mit Blick auf die Bundesländer und die Kommunen, aber auch auf andere Staaten sei es daher unabdingbar, so die AfD, Regelungen zu schaffen, die die Durchführung von Volksabstimmungen ermöglichen. Ein Staat ohne solche direktdemokratischen Elemente sei eine „amputierte Demokratie“. Daher empfiehlt die Fraktion, Volksabstimmungen auf Bundesebene zu institutionalisieren. (wid/vom/26.02.2021)
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TOP 21 Corona Steuerhilfegesetz
Der Bundestag hat am Freitag, 26. Februar 2021, den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD „zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise“ (drittes Corona-Steuerhilfegesetz, 19/26544) in der vom Finanzausschuss geänderten Fassung (19/26970) beschlossen. Neben den Koalitionsfraktionen stimmten auch AfD und FDP für das Gesetz, während sich die Linksfraktion und Bündnis 90/Die Grünen enthielten. Zur Debatte lag auch ein Bericht des Haushaltsausschusses gemäß Paragraf 96 der Geschäftsordnung des Bundestages zur Finanzierbarkeit (19/26974) vor.
Oppositionsinitiativen abgelehnt
Keine Mehrheit fanden Entschließungsanträge der Opposition. Die AfD-Fraktion hatte unter anderem weitere steuerrechtliche Änderungen (19/26975) verlangt. Dagegen stimmten alle übrigen Fraktionen. Die FDP war für Anpassungen bei der steuerlichen Verlustverrechnung (19/26976) eingetreten und wurde darin nur von der AfD unterstützt. Bei ihrem zweiten Entschließungsantrag (19/26977) für Anpassungen bei der Lohnsummenregelung stimmte ebenfalls die AfD mit der FDP dafür, während sich die Grünen enthielten und die übrigen Fraktionen dagegen stimmten. Für den Entschließungsantrag der Grünen (19/26978) für Änderungen beim steuerlichen Verlustrücktrag stimmten nur die Antragsteller. FDP und Linksfraktion enthielten sich, die übrigen Fraktionen stimmten dagegen.
Außerdem lehnten die Abgeordneten zwei Anträge der FDP-Fraktion ab, die eine Steuererleichterung für Eltern in der Corona-Krise gefordert hatte (19/26882) und die Covid-19-Impfstoffe von der Umsatzsteuer befreien wollte (19/26883). Dem ersten Antrag stimmten neben der FDP auch die AfD und die Linksfraktion zu, während die Koalitionsfraktionen und die Grünen ihn ablehnten. Den zweiten FDP-Antrag lehnten die Koalitionsfraktionen und die Linksfraktion ab, während die AfD und die Grünen sich enthielten.
Ermäßigter Mehrwertsteuersatz auf Speisen bis Ende 2022
Familien, Gaststätten sowie verlustmachende Gewerbe sollen nach dem Willen von Union und SPD von den Steuerentlastungen profitieren. Familien erhalten 2021 erneut, wie schon 2020, einen einmaligen Kinderbonus von 150 Euro für jedes kindergeldberechtigte Kind. Für Gaststätten wurde der bereits geltende ermäßigte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent auf Speisen über den 30. Juni 2021 hinaus bis Ende 2022 verlängert. Auf Getränke bleibt es beim regulären Steuersatz von 19 Prozent.
Für Unternehmen und Selbstständige schließlich wurde der mögliche steuerliche Verlustrücktrag auf zehn Millionen Euro angehoben, bei Zusammenveranlagung auf 20 Millionen Euro. Dies gilt für die Jahre 2020 und 2021, aber auch beim vorläufigen Verlustrücktrag für 2020. Der Finanzausschuss hatte den Koalitionsentwurf am 24. Februar dahingehend geändert, dass auch der vorläufige Verlustrücktrag für 2021 bei der Steuerfestsetzung für 2020 berücksichtigt wird. Ebenso wird die Möglichkeit eröffnet, die Stundung auch für die Nachzahlung bei der Steuerfestsetzung 2020 zu beantragen. (pst/hau/ab/26.02.2021)
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Antrag AfD TOP 21 Sozialschutz-Paket III
Der Bundestag hat am Freitag, 26. Februar 2021, das von den Koalitionsfraktionen vorgelegte Sozialschutz-Paket III beschlossen. Dem Gesetzentwurf „zur Regelung einer Einmalzahlung der Grundsicherungssysteme an erwachsene Leistungsberechtigte und zur Verlängerung des erleichterten Zugangs zu sozialer Sicherung und zur Änderung des Sozialdienstleister-Einsatzgesetzes aus Anlass der Covid-19-Pandemie“ (19/26542) stimmten CDU/CSU und SPD in der vom Ausschuss für Arbeit und Soziales geänderten Fassung (19/26967) zu, die Oppositionsfraktionen enthielten sich. Zur Debatte lag auch ein Bericht des Haushaltsausschusses gemäß Paragraf 96 der Geschäftsordnung des Bundestages über die Finanzierbarkeit des Pakets vor (19/26973).
Zuvor hatte der Bundestag in zweiter Lesung drei Änderungsanträge zum Gesetzentwurf abgelehnt. Dem Änderungsantrag der Linken (19/26983), der die Einmalzahlung aus Anlass der Covid-19-Pandemie für Menschen in den Grundsicherungssystemen in eine monatliche Zuzahlung in Höhe von 100 Euro umwandeln wollte, stimmten auch die Grünen zu, während die übrigen Fraktionen ihn ablehnten. Dem ersten Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/26984) stimmten auch FDP und Linksfraktion zu, während die Koalitionsfraktionen und die AfD ihn ablehnten. Darin hatte die Fraktion eine temporäre Anhebung der Regelsätze gefordert. Dem zweiten Änderungsantrag der Grünen (19/26985) stimmte auch die Linksfraktion zu, während ihn die übrigen Fraktionen ablehnten. Die Grünen wollten damit das Arbeitslosengeld für diejenigen einmalig um drei Monate verlängern, deren Anspruch zwischen dem 1. Mai und dem 31. Dezember 2021 endet.
Mit den Stimmen aller übrigen Fraktionen lehnte der Bundestag darüber hinaus einen Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Unterstützung für Solo-Selbstständige – Hilfe, die ankommt“ (19/26901) ab. Den Antrag der Linken mit dem Titel „Sonderregelungen zum Arbeitslosengeld und zum vereinfachten Zugang zur Grundsicherung verlängern und verbessern“ (19/25068) lehnten die übrigen Fraktionen mit Ausnahme der Grünen ab, die sich enthielten. Dazu lag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales (19/26300) vor.
Abgelehnter Antrag der AfD
Die AfD forderte die Bundesregierung in ihrem abgelehnten Antrag (19/26901) dazu auf, einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der während der fortlaufenden Pandemie eine rasche und unbürokratische Hilfe für Solo-Selbstständige in Form eines monatlichen Einkommensersatzes von maximal 1.100 Euro, zahlbar jeweils am Monatsanfang ermöglicht.
Die Höhe dieser Soforthilfe sollte auf dem durchschnittlichen Monatsnettoumsatz vor der Krise abzüglich einer Kostenpauschale von 15 Prozent basieren. Der zur Berechnung des Vorkriseneinkommens herangezogene Jahresnettoumsatz 2019 sollte rasch und unbürokratisch durch Vorlage von Umsatzsteuervoranmeldungen oder Umsatzsteuer-Jahressteuererklärungen glaubhaft gemacht werden können und die Soforthilfe soll nur hilfsbedürftigen Solo-Selbstständigen zugute kommen. (che/hau/26.02.2021)
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TOP 22 pandemiebedingte Wirtschaftshilfen
Massive Kritik der Oppositionsfraktionen an den Corona-Maßnahmen der Bundesregierung, gegen die sich CDU/CSU und SPD verteidigten, hat am Freitag, 26. Februar 2021, die Debatte über pandemiebedingte Wirtschaftshilfen bestimmt.
Der Bundestag lehnte nach einstündiger Debatte einen Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Pandemiebedingte Wirtschaftshilfen für Unternehmen an ein Verbot betriebsbedingter Kündigungen koppeln“ (19/25255), einen Antrag der FDP-Fraktion „Wertschätzung für Selbstständige – Sofort verlässliche und unbürokratische Corona-Hilfen schaffen“ (19/25241) und einen Antrag der AfD für eine Krisenüberbrückung für Schausteller, ihre Zulieferer und Hersteller und die Ermöglichung von Veranstaltungen mit entsprechendem Hygienekonzept (19/23711) abgelehnt. Beim Antrag der Linken und beim Antrag der FDP enthielten sich jeweils die Grünen, während die übrigen Fraktionen außer den Antragstellern dagegen votierten. Den AfD-Antrag lehnten alle übrigen Fraktionen ab. Zur Abstimmung lagen Beschlussempfehlungen des Wirtschaftsausschusses (19/26079, 19/24509) vor.
AfD: Eine Rieseninsolvenzwelle droht
Steffen Kotré (AfD) zeigte Unverständnis, dass der pauschale Lockdown noch andauere. Es drohe eine Rieseninsolvenzwelle. Zum Nutzen des Lockdowns gebe es keine wissenschaftlich belegte Studie. Er hielt der Regierung vor, Desinformation und Hysterie zu betreiben, aber keine Aufklärung.
Das Virus sei auf dem Rückzug, die Pandemie habe den Höhepunkt überschritten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wolle die bürgerlichen Freiheitsrechte nicht wieder herstellen. Das sei Willkür. Der Lockdown müsse endlich aufgehoben werden.
Abgelehnter Antrag der AfD
Die AfD-Fraktion forderte die Bundesregierung auf, die Soforthilfe für Schausteller nicht rückwirkend vom Personalstand am Stichtag 31. März 2020 abhängig zu machen, sondern zum Nachteilsausgleich am Jahresmittel der vergangenen drei Jahre. Weiter plädierten die Abgeordneten in ihrem Antrag (19/23711) dafür, auf eine Betriebskostenerstattung auf der Basis des dreijährigen Mittels zu setzen und eine Investitionshilfe aufzulegen, die sich am dreijährigen Investitionsmittel des jeweiligen Schaustellers orientiert und für die Dauer der Unmöglichkeit zur Berufsausübung gilt.
Die AfD wollte außerdem erreichen, dass Veranstaltungen wieder stattfinden dürfen, wenn behördlich abgestimmte Hygienekonzepte vorliegen. Nur wenn Corona-Infektionsraten beziehungsweise Sterberaten wieder steigen, sollte man zu Verboten und Einschränkungen zurückkehren.
(Video Kotre wird nachgereicht sobald verfügbar)
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TOP 23 Faire Verbraucherverträge
Die Verbraucherschutzpolitik stand im Mittelpunkt einer Bundestagsdebatte am Freitag, 26. Februar 2021. Den Abgeordneten lag dazu der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf „für faire Verbraucherverträge“ (19/26915) vor. Im Verlauf der halbstündigen Debatte wurde auch ein Antrag der FDP-Fraktion mit dem Titel „Vorabwiderrufsbelehrung einführen − Effektiver Verbraucherschutz durch Kurzinformationen“ (19/26630) beraten. Beide Vorlagen wurden im Anschluss an den federführenden Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz überwiesen.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Der Regierungsentwurf sieht vor, die Wirksamkeit einer Vereinbarung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) über eine bindende Vertragslaufzeit von über einem Jahr bis zu zwei Jahren an zusätzliche Bedingungen zu knüpfen. Eine solche Vertragslaufzeitvereinbarung von über einem Jahr solle zukünftig nur wirksam sein, wenn dem Verbraucher auch ein Angebot über die gleiche Leistung mit einer Laufzeit von einem Jahr und zu einem Preis gemacht wird, „welcher den Preis für den Vertrag mit der längeren Laufzeit nicht um mehr als 25 Prozent im Monatsdurchschnitt übersteigt“, heißt es in der Vorlage.
Mit Blick auf automatische Vertragsverlängerungen will die Regierung regeln, dass Verträge nur dann automatisch über drei Monate bis zu einem Jahr verlängert werden, wenn das Unternehmen den Kunden rechtzeitig auf seine Kündigungsmöglichkeit hinweist. Diese Regelungen zu Vertragslaufzeit und Verlängerungen sollen durch eine verkürzte Kündigungsfrist von einem Monat ergänzt werden.
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ZP 19 Perspektive für Grenzkontrollen
Der Bundestag hat am Freitag, 26. Februar 2021, eine halbe Stunde lang über eine Forderung der FDP zu Kontrollen an den Grenzen debattiert. Die Liberalen hatten dazu einen Antrag mit dem Titel „Keine langfristigen Grenzkontrollen – Verlässliche Perspektive schaffen“ (19/26885) eingebracht, der im Anschluss zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss für Inneres und Heimat überwiesen wurde.
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TOP 25 Aufarbeitung der deutschen Kolonialherrschaft
Der Bundestag hat am Freitag, 26. Februar 2021, nach halbstündiger Aussprache Anträge der Oppositionsfraktionen zur Aufarbeitung der deutschen Kolonialherrschaft abgelehnt. Zu den Anträgen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit dem Titel „Zur kulturpolitischen Aufarbeitung unseres kolonialen Erbes“ (19/7735), der FDP-Fraktion mit dem Titel „Kulturpolitische Aufarbeitung des Sammlungsgutes aus kolonialen Kontexten“ (19/8545) und der Linksfraktion mit dem Titel „Koloniales Unrecht in Deutschland umfassend aufarbeiten – Nachkommen einbeziehen“ (19/8961) lagen Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Kultur und Medien vor (19/21345 Buchstabe b bis d).
Den Antrag der Grünen unterstützte auch die Linksfraktion, die übrigen Fraktionen lehnten ihn ab. Beim Antrag der FDP enthielten sich Linksfraktion und Grüne, während die Koalitionsfraktionen und die AfD dagegen stimmten. Beim Antrag der Linken enthielten sich die Grünen, während die Koalitionsfraktionen, die AfD und die FDP dagegen votierten.
Vier weitere Oppositionsanträge abgelehnt
Den Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Restitution von Sammlungsgut aus kolonialem Kontext stoppen“ (19/19914) lehnten alle übrigen Fraktionen ab. Beim Antrag der Fraktion Die Linke zur Restitution von Kulturgut aus kolonialen Kontexten (19/9340) enthielten sich die Grünen, während die übrigen Fraktionen mit Ausnahme der Antragsteller dagegen stimmten. Zu beiden Anträgen hatte der Ausschuss für Kultur und Medien Beschlussempfehlungen vorgelegt (19/26936 Buchstabe a und b).
Zu einem weiteren Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Umfassende Aufarbeitung des deutschen Kolonialismus und kolonialrassistischer Nachwirkungen gegenüber Black, Indigenous, People of Color“ (19/20546) gab es ebenfalls eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Kultur und Medien (19/22912). Die Grünen enthielten sich, die übrigen Fraktionen außer den Antragstellern lehnten ihn ab.
Ein Antrag der Grünen zur Anerkennung, Aufarbeitung der eigenen Verantwortung kolonialen Unrechts (19/24381) wurde auch von der Linken unterstützt, während sich die FDP enthielt. Die Koalitionsfraktionen lehnten ihn auf Empfehlung des Auswärtigen Ausschusses (19/26962) ab.
Abgelehnter Antrag der AfD
Die Bundesregierung sollte sich nach den Vorstellungen der AfD-Fraktion (19/19914) vor dem Hintergrund der Verjährung aller Herausgabeansprüche in unmissverständlicher Art und Weise für die Bewahrung von Sammlungsgut aus kolonialem Kontext in deutschen Museen und Sammlungen einsetzen. Restitutionen von Sammlungsgut aus kolonialem Kontext sollten nur in begründeten Einzelfällen erfolgen dürfen, wenn beispielsweise „das entsprechende Artefakt von hoher symbolischer Bedeutung für das Herkunftsland ist und von diesem nachweislich als Raubgut klassifiziert werden kann“.
Des Weiteren wurde von der Regierung verlangt, sich dafür einzusetzen, dass eine nicht durch geltendes Recht gedeckte Rückgabe von Sammlungsgut zum Zwecke der Unterstützung außenpolitischer Ziele, „aber auch als Zeichen vermeintlicher Wiedergutmachung“, unterbunden wird.