168. und fortfolgende Bundestagssitzungen ab 15. Mai 2024, die Beiträge der AfD-Abgeordneten

Sitzungswoche

Die Reden werden erst im Laufe der kommenden Woche voll umfänglich bearbeitet worden sein und werden dann hier nachträglich eingepflegt.

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15. Mai 2024 (168. Sitzung)

Quelle Bundestag: Die Tagesordnung entspricht auch dann der im Bundestag, wenn die Reihenfolge der Tagesordnungen „durcheinander“ gehen. Teilweise dauert es Wochen bis die Videos zur Verfügung stehen. Sie werden eingefügt, sobald sie vorhanden sind.

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TOP 1 Regierungsbefragung

Bundesarbeits- und sozialminister Hubertus Heil (SPD) hat die Erwartung der Bundesregierung bekräftigt, dass der Mindestlohn in Deutschland im nächsten kräftig ansteigt. Die Sozialpartner in der Mindestlohnkommission seien gehalten, einvernehmlich zu einer Entscheidung zu kommen, sagte Heil am Mittwoch, 15. Mai 2024, in der Befragung der Bundesregierung. Bei der vorherigen, aus seiner Sicht dürftigen Anhebung habe sich die Arbeitgeberseite in der Kommission gegen die Arbeitnehmerseite durchgesetzt. Ein wichtiges ökonomisches Argument für eine deutliche Anhebung sei die Steigerung der Kaufkraft.

Gereon Bollmann (AfD) fragte, welche Äußerungen auf Plattformen der sozialen Medien künftig verfolgungswürdig seien, wo die Strafbarkeitsgrenze liege. Die Ministerin hob hervor, dass es ein Glück sei, in Deutschland in einem Rechtsstaat zu leben, in dem die Meinungsfreiheit sichergestellt sei. Hass und Hetze, systematische Einschüchterung und die Verbreitung von Angst seien davon nicht abgedeckt. Sie verwies auf den Digital Services Act der EU mit entsprechenden Aufsichtskompetenzen der EU-Kommission und betonte, es gebe eine Verantwortung der Plattformbetreiber. (vom/15.05.2024)

 

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ZP 1 Aktuelle Stunde: Kernkraft-Aus – Vorgänge um BM Habeck und BMn Lemke

Die Abgeordneten des Bundestages haben sich am Mittwoch, 15. Mai 2024, nach der Fragestunde mit der Kernenergie befasst. Das Parlament debattierte auf Verlangen der Fraktion der CDU/CSU in einer Aktuellen Stunde über das Thema „Kernkraft-Aus – Vorgänge um Bundesminister Habeck und Bundesministerin Lemke transparent aufklären“.

Sie verstehe nicht, so Verlinden, wie die Unionsfraktion aus diesem Verfahren einen angeblichen Skandal konstruieren wolle. „Damit nähren Sie Zweifel an unseren demokratischen Institutionen und das finde ich unverantwortlich“, sagte die Grünenabgeordnete. (emu/15.05.2024)

Union: Es war, ist und bleibt falsch

Jens Spahn (CDU/CSU) sagte in der Aktuellen Stunde, dass es gut sei, dass die Grünenfraktion das Thema nun endlich ernst nehme. „Sie haben behauptet, die nukleare Sicherheit sei nicht gewährleistet. Heute wissen wir, dass alle Aussagen falsch waren“, so Spahn. „Es war, ist und bleibt falsch, die Atomkraftwerke mitten in der Energiekrise abzuschalten.“ Damit habe die Ampelregierung dem Land schweren Schaden zugefügt.

Wirtschaftsminister Dr. Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) habe den Bürgerinnen und Bürgern eine ergebnisoffene Prüfung eines möglichen Weiterbetriebs versprochen, doch die habe es nicht gegeben, befand der Christdemokrat. Wenn es diese wirklich gegeben habe, fragte Spahn, „warum legen Sie dann nicht einfach alles offen, dann wird es doch offenkundig“. Seine Fraktion werde alles dafür tun, um diese für Deutschland schwerwiegende Entscheidung aufzuklären, so Spahn abschließend.

AfD fordert Rücktritt von Habeck

Karsten Hilse (AfD) meinte, es sei „getrickst, gelogen und betrogen“ worden von den „grünen Kommunisten“ im Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Doch diese Trickserei sei nicht von den Fachleuten begangen worden, sondern von den „Ideologen, die vom verblendeten Minister ins Amt gehievt wurden“, so Hilse. Die deutsche Wirtschaft werde von diesen „systematisch zerstört“, „aus Hass auf unser Land“, befand der Abgeordnete.

Dem Minister sei es offensichtlich egal, wohin die deutschen Unternehmen vertrieben würden, wenn sie hierzulande keine Geschäftsgrundlage mehr hätten. Dies sei Sabotage und grenze an Verrat, so Hilse. An Wirtschaftsminister Habeck gewandt sagte er: „Machen Sie uns nicht glauben, dass Sie nichts wussten. Sie sollten zurücktreten.“

Habeck: Ampel hat Trendwende eingeleitet

Dr. Robert Habeck (Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Bündnis 90/Die Grünen) sagte in seiner Rede, dass sich ein Jahr nach dem Atomausstieg die Unkenrufe und Befürchtungen nicht bewahrheitet hätten. Der Atomstrom sei nicht durch Kohle ersetzt worden, es habe keine Preissteigerung, die Energieversorgung sei „Vierundzwanzig-Sieben“ gesichert und eine der sichersten weltweit.

Die Probleme, um die sich die Ampelregierung bei Amtsantritt habe kümmern müssen, seien die Hinterlassenschaften der CDU-geführten Regierung. „Sobald die neue Regierung ins Amt kam, haben wir eine Trendwende eingeleitet. Noch vor Kriegsbeginn haben wir mit den Betreibern der Atomkraftwerke gesprochen.“ Dazu sei ein Protokoll veröffentlicht worden, dass die Aussage der Betreiber wiedergebe, dass die Brennelemente bis zum Ende des Jahres 2022 zu Ende gefahren sein würden. Man habe nur auf Grundlage der damals vorliegenden Fakten entscheiden können, so Habeck. „Was ich Ihnen hier erzähle ist nicht neu. Die Ausgangssituation war die, eine Gaskrise abzuwenden.“

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ZP 2 Kampf gegen islamistische Organisationen

Die Abgeordneten des Bundestages haben sich am Mittwoch, 15. Mai 2024, in einer Debatte mit islamistischen Organisationen befasst. Der Aussprache lagen zwei Anträge zugrunde, die die AfD vorgelegt hatte. Die Initiativen mit den Titeln „Verbot des Vereins ‚Muslim Interaktiv‘“ (20/11372) und „Kampf in Deutschland gegen islamistische Organisationen jetzt zeitnah mit Hilfe weiterer Maßnahmen und Verbote konsequent fortführen“ ( 20/11373) wurden im Anschluss der Beratung an den Ausschuss für Inneres und Heimat überwiesen.

Erster Antrag der AfD

In ihrem ersten Antrag (20/11372) fordert die Fraktion die Bundesregierung auf, ein Verbotsverfahren gegen den Verein „Muslim Interaktiv“ wegen Verletzung der verfassungsmäßigen Ordnung einzuleiten und bei Vorliegen der Voraussetzungen dieses Verbot zu erlassen und umzusetzen. Der Bundestag solle über das Ergebnis dieser Prüfung und die erlassenen Maßnahmen informiert werden. Auch solle die Regierung prüfen, inwieweit Vereinsverbote gegen weitere Organisationen erlassen werden können, die der „Hizb ut-Tahrir“-Bewegung angehören.

Zur Begründung heißt es, der Verein sei eine extremistische, radikal-islamische Organisation, deren Wirken sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung richtet. Dies sei unter anderem bei einer von „Muslim Interaktiv“ veranstalteten Demonstration Ende April in Hamburg deutlich geworden, an der weit über 1.000 islamistische Demonstranten teilgenommen hätten und bei der die Errichtung eines Kalifats und die Einführung der Scharia in Deutschland gefordert worden sei. In der Herrschaftsform des Kalifats gebe es weder eine Gewaltenteilung noch sei eine Trennung von Staat und Religion vorgesehen.

Zweiter Antrag der AfD

In ihrem zweiten Antrag (20/11373) fordert die Fraktion die Bundesregierung unter anderem auf, dem Bundestag ein aktuelles Lagebild zu Art und Umfang der derzeitigen verfassungs- wie sicherheitsrelevanten Tätigkeiten islamistischer Organisationen und Terrororganisationen in Deutschland vorzulegen. Dabei gehe es auch um Aktivitäten von Mitgliedern der Taliban. Weitere Verbote islamistischer und antisemitisch ausgerichteter Organisationen sollten nach Auffassung der AfD zeitnah umgesetzt werden, was neben der Auflösung des jeweiligen Vereins auch die Beschlagnahme seines Vermögens und die Schließung seiner Bildungsstätten beinhalte.

Die Fraktion nennt konkret die Muslimbruderschaft in Deutschland und ihre Ableger, was auch Exekutivmaßnahmen gegen die Deutsche Muslimische Gemeinschaft (DMG), ehemals Islamische Gemeinschaft in Deutschland (IGD), und nachgeordnete Organisationen erfordere. Genannt werden auch das Islamische Zentrum Hamburg (IZH), das nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden zunehmend zum strategischen Außenposten der Regierung in Teheran in Europa geworden sei, und die „Volksfront für die Befreiung Palästinas“.

„Betätigungsverbot für Taliban prüfen“

Darüber hinaus solle die Regierung die rechtlichen Handlungsspielräume für ein Betätigungsverbot für Vertreter der Taliban in Deutschland prüfen, da die Taliban immer wieder in der Etablierung ihres Gottesstaates die Scharia als ihr Rechtssystem betonten und derartige Botschaften in Deutschland das friedliche Zusammenleben von Deutschen und Ausländern sowie die innere Sicherheit und Ordnung in Deutschland erheblich beeinträchtigen könnten.

Ebenso sollten die Länder aufgefordert werden, Moscheen und weitere Einrichtungen zu schließen, wenn in ihnen islamistisches Gedankengut gepredigt und dabei gegen die verfassungsmäßige Ordnung verstoßen werde, strafbare antisemitische Parolen verkündet würden oder wenn diese über finanzielle Zuwendungen Gruppierungen unterstützen, die sich durch die Ausübung von Gewalt gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten. (eis/vom/15.05.2024)

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TOP 3 Änderung des Bundesdatenschutzgestezes

Der Bundestag hat am Mittwoch, 15. Mai 2024, in erster Lesung über die Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes beraten. Nach der Debatte überwiesen die Abgeordneten den Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes“ (20/10859) an die Ausschüsse. Bei den weiteren Beratungen übernimmt der Ausschuss für Inneres und Heimat die Federführung.

Gesetzentwurf der Bundesregierung

Mit dem Gesetzentwurf will die Bundesregierung Vereinbarungen des Koalitionsvertrags von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP aufgreifen sowie Ergebnisse einer Evaluierung des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) umsetzen. Mit einem Paragrafen 16a soll danach die Datenschutzkonferenz (DSK), wie im Koalitionsvertrag vereinbart, im BDSG institutionalisiert werden.

Der im Koalitionsvertrag vorgesehenen „besseren Durchsetzung und Kohärenz des Datenschutzes“ sollen daneben weitere Paragrafen dienen. Positive Wirkung hat den Angaben zufolge dabei insbesondere, dass Unternehmen und Forschungseinrichtungen mit länderübergreifenden Vorhaben ermöglicht wird, einer einzigen Landesdatenschutzaufsichtsbehörde zu unterstehen.

Werde diese Möglichkeit genutzt, „haben die Verantwortlichen statt mehrerer Aufsichtsbehörden nur eine einzige Aufsichtsbehörde als Ansprechpartner für ihr gemeinsames Datenverarbeitungsvorhaben“. Damit könne Rechtsunsicherheit beim Auftreten unterschiedlicher Rechtsauffassungen der für ein länderübergreifendes Vorhaben zuständigen Aufsichtsbehörden ausgeschlossen werden.

Nur bei Datenverarbeitung mit Inlandsbezug anwendbar

Weitere in dem Gesetzentwurf enthaltenen Regelungen tragen laut Vorlage Ergebnissen der erwähnten Gesetzesevaluierung Rechnung. Dazu gehört der Bundesregierung zufolge eine Klarstellung, um eindeutig auszudrücken, dass das BDSG nur anwendbar ist, wenn die Datenverarbeitung einen Inlandsbezug aufweist.

Auch müsse unter anderem die Regelung zur Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume mit Blick auf nichtöffentliche Stellen überarbeitet werden. (hau/sto/15.05.2024)

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TOP 4 Prävention zur Verhinderung der Pflegebedürftigkeit

Die Unionsfraktion fordert eine Stärkung der Prävention in der Pflege. Den dazu vorgelegten Antrag mit dem Titel „Pflegebedürftigkeit frühestmöglich verhindern – Gesundheitsförderung und Prävention in der Pflege stärken“ (20/11152) hat der Bundestag am Mittwoch, 15. Mai 2024, erstmals beraten. Im Anschluss an die Debatte überwiesen die Abgeordneten die Vorlage an die Ausschüsse. Der Gesundheitsausschuss wird bei den weiteren Beratungen federführend sein.

Antrag der CDU/CSU

Nach Ansicht der Unionsfraktion muss die Gesundheitsförderung und Prävention in der Pflege gestärkt werden. Auch wenn die Annahme nicht zutreffe, dass das Älterwerden per se Ursache für Pflegebedürftigkeit sei, führe die weitere Alterung der Gesellschaft unweigerlich dazu, dass der Mehrbedarf für die pflegerische Versorgung enorm steigen werde, heißt es in dem Antrag.

Laut den Ergebnissen der Pflegevorausberechnung des Statistischen Bundesamtes werde die Zahl der pflegebedürftigen Menschen von rund fünf Millionen Ende 2021 auf etwa 6,8 Millionen im Jahr 2055 ansteigen. Erkrankungen wie Diabetes, Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Demenz führten zu einem erhöhten Pflegerisiko.

„Herausforderung für das Gesundheitswesen“

Die alterstypische Multimorbidität vieler Menschen werde zu einer weiteren Herausforderung für das Gesundheitswesen, schreibt die Fraktion. Zu wenig Bewegung, ungesunde Ernährung oder Stress seien oft begünstigende Faktoren für die Volkskrankheiten. Ebenso korreliere das Pflegerisiko mit dem Kriterium sozialer Ungleichheit.

Vor dem Hintergrund der zunehmenden Personalengpässe in der Pflege und der dargestellten Prognosen sei davon auszugehen, dass sich die angespannte Situation in der Pflege weiter zuspitzen werde. Prävention und präventive Pflege könnten einen wichtigen Beitrag leisten, um die Pflegebedürftigkeit von Menschen zu verzögern oder zu verhindern, heißt es im Antrag.

Präventionskonzept für die Pflegebedürftigkeit

Der Forderungskatalog der Fraktion umfasst 16 Punkte, darunter ein Präventionskonzept für die Pflegebedürftigkeit, das alle Lebensbereiche und Regionen sowie die Gesundheitsförderung von der Geburt an über Schule, Studium und Berufsleben umfasst.

Auch sollte nach Ansicht der Fraktion geprüft werden, inwiefern pflegepräventive Hausbesuche in geeigneten Fällen breiter umgesetzt werden können, um das Leben zu Hause für Senioren möglichst lange zu gewährleisten. Dem Grundsatz „ambulant vor stationär“ müsse leistungsrechtlich stärker Rechnung getragen werden. Innovative Wohnformen wie ambulant betreute Pflege-Wohngemeinschaften sollten laut Antrag besser gefördert werden. (hau/pk/15.05.2024)

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TOP 5 Grenzüberschreitende Ausbildung

Der Bundestag hat am Mittwoch, 15. Mai 2024, erstmals über das Abkommen zur deutsch-französischen Berufsausbildung beraten. Nach der Aussprache überwiesen die Abgeordneten den Gesetzentwurf der Bundesregierung „zu dem Abkommen vom 21. Juli 2023 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Französischen Republik über die grenzüberschreitende Berufsausbildung“ (20/10818) an die Ausschüsse. Bei den weiteren Beratungen übernimmt der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung die Federführung.

Gesetzentwurf der Bundesregierung 

Die Bundesregierung will die deutsch-französische Ausbildung stärken. Laut Regierungsentwurf baut das Abkommen auf zwei Rahmenvereinbarungen aus den Jahren 2013 und 2014 auf, wonach Auszubildende den praktischen Teil ihrer Ausbildung in einem Betrieb im Partnerland absolvieren können, während die theoretische Ausbildung und die Prüfung im Heimatland stattfinden.

Ziel des Abkommens sei es, dass „die grenzüberschreitenden Parameter für eine duale Berufsausbildung weiter standardisiert sowie transparenter gestaltet werden, um so der deutsch-französischen Zusammenarbeit in der beruflichen Bildung neuen Schub zu geben“, heißt es in der Vorlage. Diese „besondere Form des Lernens“ ermögliche den Erwerb einer Doppelkultur, fördere die beruflichen Chancen und eröffne den Unternehmen in der Grenzregion attraktive Rekrutierungsperspektiven.

„Vertragsgesetz notwendig“

Der Bundesregierung zufolge sichert das Abkommen den rechtlichen Rahmen bei den verschiedenen Konstellationen einer grenzüberschreitenden Berufsausbildung. Ein Vertragsgesetz sei notwendig, da sich das Abkommen auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehe, heißt es zur Begründung.

Nach Artikel 59 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes bedürfen Verträge, welche die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, der Zustimmung oder der Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften in der Form eines Bundesgesetzes. (hau/irs/15.05.2024)

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16. Mai 2024 (169. Sitzung)

TOP 7 75 Jahre Europarat

Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) hat 75 Jahre nach der Gründung des Europarats zur Verteidigung der Werte der ersten großen europäischen Nachkriegsorganisation aufgerufen. Die Existenz des Europarates sei „ein Grund zur Freude, ein Grund zu tiefer Dankbarkeit und ein Grund, der uns verpflichtet“, sagte die Grünen-Politikerin im Bundestag in einer Vereinbarten Debatte zum 75. Jahrestag der Organisation am Donnerstag, 16. Mai 2024.

Der Europarat wurde am 5. Mai 1949 von zehn Staaten als erste europäische Organisation nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet. Ziel war es, Frieden, Demokratie und Stabilität in Europa wiederherzustellen. Heute gehören 46 Staaten zu den Mitgliedern des Europarates, darunter die 27 EU-Mitgliedstaaten. Alle europäischen Flächenstaaten sind im Europarat vertreten – außer Kosovo, Belarus sowie Russland, das am 16. März 2022 ausgeschlossen wurde. Deutschland trat dem Gremium am 14. Juli 1950 zunächst als assoziiertes Mitglied bei und wurde im Mai 1951 vollberechtigtes Mitglied.

Ministerin: Europäischer Gerichtshof war eine Revolution

Deutschland sei „in Europa und durch Europa als Demokratie erwachsen geworden“. Man stehe heute auf einem starken Fundament gemeinsamer Regeln und Werte mit Institutionen wie dem Europarat, „die uns dazu bringen, uns selbst als Demokratien immer wieder zu überprüfen“. Dazu gehöre der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), vor dem fast 700 Millionen Menschen ihre Rechte gegen ihren Staat einklagen könnten.

Die Einrichtung dieses Gerichtshofes 1959 sei eine „Revolution“ gewesen, denn darin spiegele sich ein neues Verständnis im Verhältnis von Staat und Individuum wider: „Die Überzeugung, dass jeder Mensch die gleichen Rechte hat, egal welches Geschlecht, egal welcher Herkunft oder welcher Religion, und dass ein Staat zur Rechenschaft gezogen werden kann“, sagte Baerbock. „Das ist die Kraft, die in den Instrumenten des Europarats liegt.“

CDU/CSU: Europarat als Vorraum für EU-Mitgliedschaft

Dr. Johann David Wadephul (CDU/CSU) würdigte den „Vertrauensvorschuss“, den die Gründungsmitglieder Deutschland bei der Aufnahme 1950 gewährt hätten – als ein Land, „das so viel Schuld, zwei Weltkriege und einen Massenmord an den Jüdinnen und Juden Europas auf sich geladen“ hatte.

Heute sei der Europarat auch ein Vorraum für eine Mitgliedschaft in der EU, in dem Länder an Rechtsstaatlichkeit und parlamentarische Demokratie herangeführt würden. „Hier müssen wir auch immer klar sein“, sagte Wadephul mit Blick auf EU-Beitrittskandidat Georgien. Dessen soeben beschlossenes Gesetz zum Umgang mit Nichtregierungsorganisationen „verbaut Georgien nicht nur den Weg in die Europäische Union, es widerspricht auch allen Werten des Europarates“.

SPD: Europarat ist Vorbild weltweit

Auch Frank Schwabe (SPD) wurde deutlich in diesem Punkt: Wenn man Mitglied sein wolle des Europarates und eines Tages auch der EU, dann müsse man sich and die Grundideen dieser Institutionen halten. Damit sei jedenfalls nicht vereinbar, die Arbeit von Menschenrechtsorganisationen einzuschränken: „Lasst das, kommt zurück auf den europäischen Weg!“ Der Europarat sei im Übrigen die „tollste, größte und beste Menschenrechtsorganisation und Organisation für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Europa“ und Vorbild weltweit, sagte Schwabe.

„Und deshalb müssen wir diese Institution in Ehren halten und pflegen, so gut wir es können.“ 676 Millionen Menschen könnten sich durch den Europarat mit dem EGMR an eine höhere Instanz wenden als die letzte juristische Instanz auf nationaler Ebene: „Das ist doch etwas Unglaubliches“. Schwabe warb dafür, dass noch fast 200 weitere Millionen Menschen in Europa hinzukommen, als nächster Schritt etwa durch den Beitritt Kosovos zum Europarat.

AfD beanstandet Unabhängigkeit des Gerichtshofs

Nicole Höchst (AfD) lenkte den Blick auf einen Bericht des European Center for Law and Justice, der Grund zu massiver Beanstandung der Unabhängigkeit des europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gebe. Hier sei „weiß Gott nicht alles Gold, was glänzt“. So reichten Nichtregierungsorganisationen durch die Lebensläufe einiger Richter in den Gerichtshof hinein.

Höchst nannte in diesem Zusammenhang die Open Society Foundations von George Soros: „Ich empfehle dringend jedem Parlamentarier, aber auch jedem Bürger, nachzuvollziehen, wer wem wofür wie viel Geld mit welchem Ziel gibt.“ Die AfD fordere Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ohne „mehr oder wenige subtile Einflussnahme von Mitgliedern der Hochfinanz“.

FDP: EGMR ist ein Kronjuwel für den Rechtsstaat

Michael Georg Link (FDP) widersprach: „Wir wählen diese Richter in der Parlamentarischen Versammlung selbst, und es liegt an uns, dort genau hinzuschauen.“ Der EGMR sei ein „Kronjuwel für den Rechtsstaat in Europa“. Link lenkte den Blick zudem auf die Konvention zum Umgang mit Künstlicher Intelligenz im Verhältnis zu Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaat, die der Europarat in Abstimmung mit einer Reihe von demokratischen Partnerländern und der EU gerade auf den Weg bringen wolle.

„Das ist ein ganz entscheidendes Stück Regulierung von Demokratien in einer Zeit, in der autoritäre Staaten und Diktaturen versuchen genau diese Dinge wie KI gegen uns einzusetzen.“ Normsetzung im 21. Jahrhundert gehe nur gemeinsam unter Demokratien, sagte Link. „Genau das macht der Europarat.“

Bundestag hebt Immunität von Petr Bystron auf

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas unterbrach die Beratung zum Europarat kurzzeitig, um einen weiteren Punkt auf die Tagesordnung zu setzen: die Abstimmung über eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung zum Antrag auf Genehmigung zum Vollzug gerichtlicher Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse gegen den AfD-Abgeordneten Petr Bystron (20/11396).

Bei Enthaltung der AfD nahm das Parlament die Empfehlung des Ausschusses an und erteilte damit die Genehmigung gemäß Schreiben des Bundesministeriums der Justiz vom 10. Mai 2024 – II B 1 – 1044 / 1E (0) – 21 9 / 2024 – und vom 15. Mai 2024 – II B 1 – 1044 / 1E (293) – 21 7 / 2024. (ahe/irs/16.05.2024)

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TOP 8 75 Jahre Grundgesetz

Der Bundestag hat sich am Donnerstag, 16. Mai 2024, in einer Plenardebatte mit dem Thema „75 Jahre Grundgesetz“ befasst. Grundlage waren zwei Vorlagen der CDU/CSU-Fraktion. Einen Antrag mit dem Titel „Verfassung und Patriotismus als verbindendes Band stärken – Tag des Grundgesetzes am 23. Mai als Gedenktag aufwerten“ (20/6903) wies das Parlament auf Grundlage einer Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Heimat (20/11417) ab.

Einen weiteren Antrag der Unionsfraktion mit dem Titel „75 Jahre Grundgesetz – Unsere parlamentarische Demokratie bewahren und sicher für die Zukunft aufstellen“ (20/11377) überwiesen die Abgeordneten zur federführenden Beratung an den Rechtsausschuss.

Union sieht demokratische Grundordnung unter Druck

Andrea Lindholz (CDU/CSU) machte deutlich, dass sich das Grundgesetz als tragfähiges und strapazierbares Fundament der Gesellschaft bewährt habe. „Es ist unsere gemeinsame deutsche Erfolgsgeschichte“, sagte sie. Gleichwohl stehe die freiheitliche demokratische Grundordnung unter Druck. So sei es erschreckend, mit der AfD eine Partei im Bundestag zu haben, die als rechtsextremistischer Verdachtsfall vom Verfassungsschutz beobachtet werde. Deren Vertreter bewahrten „weder den Rechtsstaat noch das Grundgesetz“. Erschütternd sei es auch, dass Politiker und Wahlhelfer beim Aufhängen von Wahlplakaten niedergeschlagen werden.

Inakzeptabel nannte es die CSU-Abgeordnete, wenn sich Menschen auf der Straße antisemitisch äußerten. Alarmierend sei es, dass ein Teil der hier lebenden Bevölkerung die Werte der freiheitliche demokratische Grundordnung nicht als die ihren akzeptiert, und ein Kalifat in Deutschland fordert. „Dem müssen wir uns als Parlament und als Gesellschaft entgegenstellen und ihm mit allen rechtsstaatlichen Möglichkeiten begegnen“, forderte Lindholz.

SPD: Grundgesetz kann sich wehren

Dirk Wiese (SPD) nannte das Grundgesetz zu Beginn seiner Rede „75 Jahre jung“. Was im Grundgesetz stehe, habe an Aktualität und Wichtigkeit nichts verloren, betonte er. „Was in diesem kleinen Buch steht, regelt alles, was für ein respektvolles Miteinander und für ein Zusammenleben der Menschen im Land notwendig ist.“

Angesichts der Tatsache, dass es immer mehr Menschen in Deutschland gebe, die die Demokratie und den Rechtsstaat in Frage stellen, müsse deutlich gemacht werden, „dass dieses Grundgesetz sich auch wehren kann, dass es Abwehrkräfte hat“, sagte Wiese. Wer in Deutschland ein Kalifat oder einen Führerstaat fordere oder von einem Königreich fasle, wollte die ihm von der Verfassung eingeräumten Rechte nutzen, „um diese Verfassung zu stürzen“.

AfD will mehr Volksabstimmungen

Stephan Brandner (AfD) warf den „Altparteien“ vor, den Grundrechteteil im Grundgesetz zunehmend als störend zu empfinden. Beleg dafür seien unter anderem die Corona-Einschränkungen. „Wir von der AfD halten das Grundgesetz für existenziell für diese Demokratie. Wir sind die Demokraten“, sagte er. Die anderen Parteien wollten die oppositionelle AfD vernichten, so Brandner. Geheimdienste, Verfassungsschutz und Militärischer Abschirmdienst würden auf seine Partei „gehetzt“. Dies offenbare den erbärmlichen Zustand der Demokratie in Deutschland heute.

Brandner sprach sich des Weiteren für mehr direktdemokratische Elemente in der Politik aus. „Wir brauchen mehr Volksabstimmungen, eine echte Gewaltenteilung und eine freie, selbstbewusste und unabhängige Justiz“, sagte er.

Grüne: Grundgesetz ist unser politischer Kompass 

„Das Grundgesetz ist das Fundament unserer Gesellschaft, unser politischer Kompass“, sagte Schahina Gambir (Bündnis 90/Die Grünen). Akzeptanz und Achtung des Grundgesetzes seien in Deutschland sehr hoch. Gleichzeitig sinke aber das Vertrauen in politische Institutionen. „Zum Jubiläum des Grundgesetzes müssen wir uns daher die Frage stellen, wie wir die Stabilität unserer Verfassungsordnung bewahren können“, sagte Gambir. Patriotismus, so die Grünen-Abgeordnete weiter, sei aber kein geeignetes Bindeglied zur Schaffung von Zusammenhalt in der Gesellschaft.

Verfassungen mit nationaler Symbolik zu überladen, berge das Risiko einer Instrumentalisierung durch autoritär populistische Kräfte in sich. Stattdessen werde eine „lebendige und resiliente Verfassungskultur“ benötigt.

FDP: Wenige, aber stark einklagbare Grundrechte

Linda Teuteberg (FDP) erinnerte daran, dass die Mütter und Väter des Grundgesetzes ganz bewusst die Menschenwürde nach vorn gesetzt hätten. Dabei müsse man sich bewusst machen, „dass nicht alles, was einem nicht gefällt, gleich eine Verletzung der Menschenwürde ist“, sagte Teuteberg. Ganz bewusst verzichte das Grundgesetz auch auf eine Inflation von Staatszielbestimmungen und sozialen Grundrechten. Stattdessen bestimme die Verfassung „wenige, aber dafür stark einklagbare Grundrechte“.

Die FDP-Abgeordnete sagte weiter, in den letzten Jahren sei die Freiheit „unter Verdacht geraten“. Die Rede sei von der Aktualisierung des klassischen Freiheitsbegriffes und der Definition einer neuen echten Freiheit. „Das ist gefährlich“, warnte Teuteberg.

Linke: Grundgesetz gegen seine Feinde verteidigen

Das Grundgesetz müsse gegen seine Feinde verteidigt werden, betonte Clara Bürger (Gruppe Die Linke). Mit Blick auf die AfD sagte sie weiter: „Es sind die Feinde der Demokratie, hier rechts außen, die das wichtigste Prinzip der Demokratie nicht nur in Frage stellen, sondern gezielte Angriffe auf unsere Demokratie betreiben.“

BSW sieht freie Meinungsäußerung in Gefahr

Dr. Sahra Wagenknecht (Gruppe BSW) stellte infrage, ob es denn eine liberale Demokratie sei, „wenn eine Mehrheit inzwischen Sorge hat, ihre Meinung frei zu äußern und der Mehrheitswille bei Migration, Rente oder bei Energie für die Regierung offenbar völlig belanglos ist“.

75 Jahre Grundgesetz sei weniger ein Tag für Feiern in elitären Kreisen, befand sie. „Es sollte uns eine Mahnung sein, den Respekt vor der Meinungsvielfalt und dem Sozialstaats- und Friedensgebot unserer Verfassung wieder Rechnung zu tragen“, sagte Wagenknecht.

Abgelehnter Antrag der Union

Die CDU/CSU-Fraktion will „Verfassung und Patriotismus als verbindendes Band stärken“ und den „Tag des Grundgesetzes am 23. Mai als Gedenktag aufwerten“. In ihrem aus dem Mai 2023 stammenden Antrag (20/6903) forderte die Fraktion die Bundesregierung auf, den „Tag des Grundgesetzes“ ab dem 23. Mai 2024 als jährlichen nationalen Gedenktag zu begehen. In dessen Rahmen soll der Bundeskanzler dem Antrag zufolge künftig jährlich eine „Rede zur Lage der Nation“ halten.

Auch sollte die Bundesregierung nach dem Willen der Unionsfraktion ein „Bundesprogramm Patriotismus“ entwickeln, das sicherstellt, dass der „Tag der Deutschen Einheit“ am 3. Oktober „von deutlich mehr Bürgern als ein verbindender nationaler Erlebnismoment und nicht schlicht nur als ,freier Tag‘ erlebt wird“.

Ebenso sollte das geforderte Bundesprogramm laut Vorlage sicherstellen, dass die „ganzjährige Sichtbarkeit nationaler Symbole  – insbesondere der Bundesflagge – im öffentlichen Raum erhöht wird“ sowie die Nationalhymne häufiger bei öffentlichen Anlässen gesungen und „weiter als fester Bestandteil des deutschen Liedguts gepflegt wird“.

Öffentliche Gelöbnisse und Appelle der Bundeswehr 

Daneben sollte die Bundeswehr laut Vorlage vermehrt Gelöbnisse und Appelle aus besonderen Anlässen im öffentlichen Raum abhalten. Zugleich wollte die Fraktion mit dem gewünschten Bundesprogramm sichergestellt sehen, „dass der Reichstag in Zusammenarbeit mit dem Bundestag als parlamentarisches Zentrum patriotischer Selbstvergewisserung gestärkt wird“.

Ferner drang sie in dem Antrag darauf, „dass insbesondere in Ostdeutschland der zum Teil fehlende Bezug zur eigenen Nation, der unmittelbar nach der Wiedervereinigung ein viel stärkeres gesamtdeutsches Zusammengehörigkeitsgefühl hätte begründen können, als eine Schwachstelle der Wiedervereinigung aufgearbeitet wird, aus der sich nunmehr ein besonderer Einsatz für patriotische Fragen in Ostdeutschland ergeben muss“.

„Identifikation mit dem deutschen Staat stärken“

Zudem sprachen sich die Abgeordneten dafür aus, dass auch hierzulande lebende Ausländer von den „verbindenden und einladenden Potenzialen des Patriotismus angesprochen werden und ihre Identifikation mit dem deutschen Staat gestärkt wird“.

Darüber hinaus plädierte die Fraktion unter anderem dafür, dass „ein erfolgreiches Werben für wünschenswerten Patriotismus nicht durch ein undifferenziertes Kämpfen gegen einen – fraglos unerwünschten – Nationalismus im Keim erstickt wird“.

Zweiter Antrag der Union

In ihrem zweiten, neuen Antrag (20/11377) fordert die Unionsfraktion Präsidium und Ältestenrat des Bundestages auf,  Vorschläge für eine verbesserte öffentliche Wahrnehmbarkeit des Parlaments vorzulegen und die Informations- und Bildungsangebote des Bundestages auszuweiten, um mehr jungen Menschen die Vorzüge der parlamentarischen Demokratie zu vermitteln. Auch erwartet die Fraktion Vorschläge für die bessere Vereinbarkeit von Familie und Mandat vorzulegen, um Familienmüttern und -vätern die Mitwirkung im Parlament zu erleichtern.

Die Fraktion regt darüber hinaus Reformen des Verfassungs-, Gesetzes- und Geschäftsordnungsrechts an. Dazu zählt eine geschäftsordnungsrechtliche Reform des Fragewesens mit dem Ziel, dass mündliche Fragen in der Regel im Zusammenhang von Fachausschusssitzungen behandelt werden, um damit mehr Raum für grundlegende Debatten im Plenum des Bundestages zu gewinnen und mehr mündliche Fragen in jeder Sitzungswoche behandeln zu können.

Auch sollten punktuelle staatsorganisationsrechtliche Ergänzungen getroffen werden, um die Funktionsfähigkeit des Parlaments und anderer Verfassungsorgane in Notsituationen auch jenseits des Verteidigungsfalls sicherzustellen. Die verfassungsrechtliche Rolle der Fraktionen will die Fraktion stärken. Das Fünf-Prozent-Quorum als Voraussetzung für die parlamentarische Mitwirkung etwa durch Anträge und in der Ausschussarbeit solle hervorgehoben werden. In Angelegenheiten der Europäischen Union und der föderalen Koordinierung will die Fraktion die Rolle des Bundestages stärken, vor allem durch ein effektiveres Berichts- und Unterrichtungswesen und dessen rechtliche Normierung im Kontext von Konferenzen der Regierungschefs der Länder und des Bundes. (hau/sto/vom/16.05.2024)

https://www.youtube.com/watch?v=yrNrdER8xRU

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TOP 9 Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes

Die 29. BAföG-Novelle stand am Donnerstag, 16. Mai 2024, auf der Tagesordnung des Bundestages. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes“ (20/11313) wurde gemeinsam mit Anträgen der CDU/CSU-Fraktion (20/11375), der AfD-Fraktion (20/11376) und der Gruppe Die Linke (20/10744) an die Ausschüsse überwiesen. Bei den weiteren Beratungen übernimmt der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung die Federführung.

Ministerin: Bildung für alle, Zugang für alle

Die Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) nannte das BAföG eine „große Errungenschaft dieses Landes“ und eine Förderung, die das Versprechen „Bildung für alle, Zugang für alle“ untermauere.

Stark-Watzinger betonte in ihrer Rede im Plenum, dass zur Freiheit in Deutschland auch die Freiheit des Lernens zähle. Die Bundesbildungsministerin erinnerte daran, dass die nun geplante Gesetzesänderung bereits das dritte „Upgrade“ des BAföG in einer Legislatur sei.

CDU/CSU: Inflation frisst die Erhöhung

„Die Ernüchterung ist wahnsinnig groß“, sagte Nadine Schön (CDU/CSU). Die Abgeordnete kritisierte, dass die BAföG-Bedarfssätze zwar im Jahr 2022 erhöht wurden, die Erhöhung jedoch aufgrund der enormen Inflation mittlerweile hinfällig sei. Der aktuelle Gesetzentwurf der Bundesregierung gebe keine Antwort auf die gestiegenen Lebenshaltungskosten der Studenten. Somit lasse die Regierung „leistungswillige junge Menschen in Ausbildung und Studium im Regen stehen“.

Schön befand: „Aus dieser großen BAföG-Reform ist ein Reförmchen geworden“. Die Abgeordnete forderte, dass die BAföG-Sätze regelmäßig bedarfsgerecht ansteigen müssten.

AfD: Erhöhungen fallen „sehr, sehr mager“ aus

Auch DrGötz Frömming (AfD) nannte die 29. Gesetzesänderung „sehr, sehr mager“. Während es für die Abgeordneten des Deutschen Bundestages in knapp sechs Wochen die größte Lohnerhöhung seit 30 Jahren geben werde und die Abgeordneten dann 635 Euro mehr im Monat bekämen, könnten BAföG-Empfänger von solchen Zahlen nur träumen.

Der Abgeordnete kritisierte, dass keine Erhöhungen der BAföG-Bedarfssätze in der geplanten Reform vorgesehen sind. Zudem fragte Frömming, warum der Grundbetrag des Bürgergeldes, über dem des BAföG liege – schließlich würden Studenten nicht weniger als andere heizen, essen und trinken.

SPD lobt finanzielle Unabhängigkeit und Flexibilität

Dr. Lina Seitzl (SPD) hingegen zeigte sich stolz, dass die Bundesregierung bereits das dritte Änderungsgesetz zum BAföG in der aktuellen Legislatur vorgelegt habe. So seien mit den bisherigen Anpassungen nicht nur die Altersgrenze und die Freibeträge angehoben, sondern auch Altschuldnerinnen und Altschuldner entlastet worden. Auch ein Nothilfemechanismus sei im BAföG verankert worden.

In dem aktuellen Gesetzentwurf gehe es nun darum, den Menschen während der Ausbildung noch mehr finanzielle Unabhängigkeit und Flexibilität zu ermöglichen. Zur geplanten Studienstarthilfe in Höhe von eintausend Euro sagte Seitzl: „Das ist nicht nichts, das ist richtig viel Geld.“

FDP: Flexibilitätssemester mindert psychischen Druck

Auch Ria Schröder (FDP) lobte die geplanten Anpassungen des BAföG. So werde mit dem Flexibilitätssemester den Studierenden aller Fachrichtungen der psychische Druck genommen, sich um die Finanzen während des Studiums zu sorgen.

 Vielmehr könnten sich junge Menschen dann besser auf ihr Studium fokussieren. Denn schließlich, so befand Schröder: „Mit finanziellen Sorgen, da lernt es sich schlecht.“ Die Abgeordnete lobte, dass die 29. BAföG-Reform in der haushälterisch herausfordernden Lage die richtigen Schwerpunkte gesetzt habe.

Grüne: BAföG erreicht Bedürftige nicht

„Wenn Studierende zwischen warmem Zimmer und warmer Mahlzeit abwägen müssen, dann haben wir ein Problem“, sagte Laura Kraft (Bündnis 90/Die Grünen). Die Abgeordnete kritisierte, dass das BAföG nicht mehr diejenigen erreiche, die es brauchten.

Außerdem müsse das BAföG so verbessert werden, dass es zur aktuellen Lebensrealität der Studierenden passe. Bezüglich der geplanten 29.BAföG-Reform hob die Abgeordnete positiv hervor, dass zukünftig mehr Studierende die Förderung erhalten könnten. Den Antrag der Union nannte Kraft „durchweg dünn“.

Gruppe Die Linke kritisiert „mickrige“ Reform

Nicole Gohlke (Gruppe Die Linke) kritisierte die Ampelregierung für die geplante BAföG-Reform. Diese sei so „mickrig“, dass sogar die Kolleginnen und Kollegen im Haushaltsausschuss und der Bundesrat Nachbesserungen forderten. Die Reform schaffe es nicht, dass das BAföG „gegen Armut schützt, dass es die Existenz sichert und dass es ein Studium absichert“. Das sei enttäuschend, befand Gohlke.

Sie forderte eine Anpassung der BAföG-Sätze und Wohnkosten. Problematisch sei, dass das BAföG nur einen Bruchteil der Studierenden erreiche. Gleiches würde auf die geplante Studienstarthilfe zutreffen. So seien laut Gohlke nur rund drei Prozent der Studienanfängerinnen und Studienanfänger berechtigt, die Studienstarthilfe zu erhalten.

Gesetzentwurf der Bundesregierung 

Die Gesetzesnovelle zielt laut Bundesregierung auf Verwaltungsvereinfachungen durch „angemessene Pauschalierungen“ ab. Künftig soll auf Anrechnungsregelungen verzichtet werden. Es sollen außerdem die Freibeträge vom Einkommen der Eltern und Ehe- oder Lebenspartner der Geförderten sowie der Freibeträge bei der Darlehensrückzahlung um fünf Prozent angehoben werden. Dies ermögliche es Studierenden zukünftig, einem Minijob mit einem Einkommen von 556 Euro pro Monat nachzugehen, ohne dass dieser auf die BAföG-Bezüge angerechnet wird.

Zudem sollen die Zuschüsse für die Pflege- und Krankenversicherung erhöht werden, um „dem Durchschnittswert des kassenindividuellen Zusatzbeitrages für 2024 Rechnung zu tragen“. Eine BAföG-Satzerhöhung ist in der Novelle nicht vorgesehen.

Studienstarthilfe von 1.000 Euro

Ferner soll das Kindergeld künftig nicht mehr als Elternunterhalt vom BAföG abgezogen werden, wenn ein Vorleistungsantrag vorliegt. Die Bundesregierung will darüber hinaus eine Studienstarthilfe von 1.000 Euro einführen.

Den einmaligen Zuschuss sollen Studierende unter 25 Jahren aus einkommensschwachen Haushalten mit Sozialleistungsbezug bekommen, um sich für den Studienstart beispielsweise mit einem Laptop oder Lehr- und Lernmaterialien auszustatten.

Flexibilitätssemester und Fachwechsel

Mit dem Änderungsgesetz will die Bundesregierung zudem ein sogenanntes Flexibilitätssemester einführen. Ein solches Semester soll es Studierenden ermöglichen, „ohne Angabe von Gründen über die Förderungshöchstdauer hinaus für ein Semester gefördert zu werden“. Auch sollen Studierende ein Semester länger Zeit bekommen, um aus „wichtigem Grund“ die Fachrichtung zu wechseln.

Liegt ein wichtiger Grund vor, können Studierende zukünftig bis zum Beginn des fünften Semesters das Fach wechseln. Ohne Angabe von Gründen soll ein Fachwechsel bis zum vierten Semester möglich sein. Bisher war ein Wechsel der Fachrichtung nur bis zu Beginn des dritten Semesters möglich. Wie es in dem Gesetzentwurf weiter heißt, soll die monatliche Rückzahlungsrate ab dem kommenden Wintersemester um 20 Euro von 130 Euro auf 150 Euro steigen.

Stellungnahme des Bundesrates

In seiner Stellungnahme zu dem nicht zustimmungspflichtigen Gesetzentwurf kritisiert der Bundesrat, dass die vom Haushaltsausschuss des Bundestages für das BAföG zur Verfügung stehenden 150 Millionen Euro nicht komplett verwendet werden. „Mit einem ausgeschöpften Finanzrahmen hätte die Studienstarthilfe auf alle Studienanfänger, die BAföG-Leistungen beziehen, ausgeweitet werden können“, schreibt die Länderkammer. Aus ihrer Sicht muss das BAföG die steigenden Lebenshaltungskosten durch zum Beispiel steigende Mieten und die Inflation berücksichtigen.

Das BAföG müsse „existenzsichernd und bedarfsdeckend“ sein und sollte daher aus Sicht des Bundesrates mindestens auf Bürgergeld-Niveau angehoben werden. Auch sei die Erhöhung des Freibetrages um knapp fünf Prozent zu gering. Die Einführung eines Flexibilitätssemesters sei zwar begrüßenswert, aber nicht ausreichend und produziere „unnötigen Verwaltungsaufwand“. Der Bundesrat fordert stattdessen, die gesamte Förderungsdauer um zwei Semester anzuheben.

Gegenäußerung der Bundesregierung

Die Bundesregierung weist die Kritik des Bundesrates zurück, dass für 2024 geringere Kosten als 150 Millionen Euro vorgesehen seien. So würde eine Erweiterung des Kreises der Berechtigten der geplanten Studienstarthilfe und die Anhebung der Bedarfssätze zu deutlich höheren Mehrkosten in den kommenden Jahren führen.

Auch für die Erhöhung der BAföG-Beträge auf Bürgergeld-Niveau stehen laut Bundesregierung keine ausreichenden Mittel zur Verfügung. Eine Anhebung der Förderdauer um zwei Semester lehnt die Bundesregierung ebenfalls ab.

Antrag der CDU/CSU

Die Unionsfraktion setzt sich in ihrem Antrag mit dem Titel „Das BAföG auf die Höhe der Zeit bringen“ (20/11375) dafür ein, die Höhe der BAföG-Regelsätze angesichts steigender Lebenshaltungskosten und der hohen Inflation anzupassen. „Die letzte Erhöhung der Bedarfssätze inklusive des Wohnkostenzuschusses fand vor zwei Jahren statt“, kritisieren die Abgeordneten. Die Bundesregierung wird dazu aufgefordert, eine unabhängige Kommission einzusetzen, die regelmäßig die Höhe der BAföG-Sätze überprüfen und dem Bundestag Vorschläge zur Anpassung des BAföG liefern soll.

Außerdem solle ein Wohnkostenzuschlag eingeführt werden, der sich „aus einem Grundbetrag und einem ortsbezogenen Zuschlag, der sich an der Ortsvergleichsmiete orientiert, zusammensetzt“. Darüber hinaus fordern die Unionsabgeordneten, das BAföG-Antragsverfahren zu digitalisieren und bürokratische Hürden abzubauen. So könnten beispielsweise KI-basierte Anwendungen dabei helfen, die Unterlagen vorab auf ihre Vollständigkeit zu überprüfen. Bisher seien die Wartezeiten in den BAföG-Ämtern zu lang, kritisieren die Antragsteller. Die Abgeordneten fordern: Ziel müsse am Ende die vollständige Digitalisierung des Antrags- und Bearbeitungsverfahrens sein.

Antrag der AfD

Die AfD-Fraktion fordert in ihrem Antrag mit dem Titel „Kernprobleme des BAföG angehen – Antragsverfahren vereinfachen, Zuschuss vom Darlehen entkoppeln, Beiträge erhöhen und Dynamisierung gesetzlich verankern“ (20/11376) unter anderem, die Altersgrenze von 45 auf 30 Jahre zurückzuverlegen. Die Anhebung der Bedarfssätze und Freibeträge solle die Inflation berücksichtigen und eine automatische Dynamisierung der Beträge entsprechend der Inflation gesetzlich verankert werden. Den Vermögensfreibetrag für die Auszubildenden will sie auf 8.500 Euro reduzieren.

Anheben will sie dafür den Kinderbetreuungszuschlag von 160 Euro auf 200 Euro. Die Förderungshöchstdauer für ein Hochschulstudium solle in der Regel zehn Semester zuzüglich zweier Prüfungssemester, Studienaufenthalte in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und im übrigen Ausland betragen. Das BAföG für Studenten will die Fraktion als Zuschuss und unverzinsliches Darlehen gewähren, solange die Ausbildungsleistungen den Anforderungen eines ernsthaften Bemühens um Ausbildungserfolg und -abschluss genügen.

Der Zuschuss soll monatlich bis zu 600 Euro betragen. Bei Anspruch auf den Zuschuss solle dem Auszubildenden auf Antrag zusätzlich ein unverzinsliches Darlehen bis zu 600 Euro monatlich gewährt werden. Die Zuschüsse sollen vom Bund getragen, das Darlehen von der Deutschen Ausgleichsbank ausgereicht werden. Fünf Jahre nach Förderende sollen die Darlehensschulden zur Rückzahlung fällig werden.

Antrag der Linken

Die Gruppe Die Linke fordert die Bundesregierung in ihrem Antrag (20/10744) auf, das BAföG „unverzüglich existenzsichernd und krisenfest“ zu gestalten. In ihrer Vorlage kritisieren die Antragsteller, die von der Bundesregierung geplanten Änderungen reichten „zur Herstellung von Chancengleichheit im Sinne einer Unabhängigkeit von den materiellen Verhältnissen der Herkunftsfamilie“ nicht aus. Die Antragsteller verlangen deshalb eine Reihe von Maßnahmen, um das BAföG „bedarfsdeckend und als Instrument, das sich an soziokulturellen Lebensrealitäten von Studierenden orientiert, zu gestalten“.

Darunter befindet sich zum Beispiel die Forderung, die Ausbildungsförderung nach dem BAföG als rückzahlungsfreien Vollzuschuss zu gewährleisten sowie die Fördersätze „in Höhe der tatsächlichen Kosten für Lebensunterhalt zu gestalten“ und die Altersgrenzen abzuschaffen. Darüber hinaus sprechen sich die Antragsteller dafür aus, Leistungen nach dem BAföG grundsätzlich auch Personen mit einer Duldung, einer Aufenthaltsgestattung oder einer Aufenthaltserlaubnis ohne Wartezeiten zu gewähren. (cha/irs/hau/16.05.2024)

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Z4 WHO Pandemievertrag

Der Bundestag hat am Donnerstag, 16. Mai 2024, in namentlicher Abstimmung einen Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Ablehnung des WHO-Pandemievertrags sowie der überarbeiteten Internationalen Gesundheitsvorschriften“ (20/10391) abgelehnt. 581 Abgeordnete lehnten den Antrag ab, 71 stimmten ihm zu, es gab eine Enthaltung. Zur Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses vor (20/11196 Buchstabe b).

Keine Mehrheit fand ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Für transparente Verhandlungen über das WHO-Pandemieabkommen – Gegen Fehlinformationen und Verschwörungstheorien“ (20/9737). Auf Grundlage einer Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses (20/11196 Buchstabe a) wies das Parlament die Vorlage gegen das Votum der Antragsteller bei Enthaltung der Gruppe Die Linke zurück. Gegenstand der Anträge waren die laufenden Beratungen zum geplanten Pandemievertrag der Weltgesundheitsorganisation (WHO).

Arbeit der WHO unterschiedlich bewertet

In der Aussprache ging insbesondere die AfD wieder kritisch auf die Arbeit der WHO ein. Andere Redner würdigten hingegen die Rolle der WHO in globalen Gesundheitskrisen und hoben die Notwendigkeit hervor, nach den Erfahrungen in der Corona-Pandemie besser und international abgestimmt auf mögliche neue gesundheitliche Notlagen reagieren zu können.

Die AfD-Fraktion sah den Pandemievertrag und die Überarbeitung der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) der WHO kritisch und forderte deren Ablehnung. Die Initiativen der WHO zielten darauf ab, ihren Einfluss durch Kompetenz- und Mittelstärkung erheblich zu erweitern, heißt es in dem Antrag (20/10391).

Im Antrag der CDU/CSU-Fraktion (20/9737) wurde die Bundesregierung aufgefordert, in den Verhandlungen über das Pandemieabkommen konsequent für den Präventionsansatz einzutreten. Die WHO müsse durch das Abkommen handlungsfähiger werden, wobei ihre Befugnisse klar abgegrenzt und die zentrale Rolle der Mitgliedstaaten und die Rechte der Bürger gewahrt sein sollten, schreiben die Abgeordneten in dem Antrag.

SPD: Keine dauerhafte Entwarnung

Dr. Franziska Kersten (SPD) machte in der Debatte deutlich, dass mit dem Ende der Corona-Pandemie keine dauerhafte Entwarnung gegeben werden könne. Sie erinnerte an die jüngsten Berichte über die Vogelgrippe mit vermehrten Infektionen unter anderem in den USA. Als die Corona-Pandemie begann, habe es schon seit 2005 einen nationalen Pandemieplan gegeben, der jedoch „in der Schublade“ geblieben sei. In der Folge sei improvisiert worden. Dabei habe sich gezeigt, dass die „gemeinsame Kommunikation und die schnelle, direkte Absprache“ zentral seien. Kersten warnte: „Auf die nächste Pandemie zu warten, wäre völlig verantwortungslos.“

Sie schlug vor, dauerhaft eine Expertengruppe für Pandemieprävention zu etablieren nach dem Vorbild der Ständigen Impfkommission (STIKO). Um ein weltweites Problem zu lösen, reichten nationale Initiativen nicht aus. „Was wir wirklich brauchen, sind mehr internationale Zusammenarbeit und Koordination.“ Dabei gehe es nicht um Informationskontrolle oder Überwachung, sagte sie in Anspielung auf die AfD. Deren Antrag wertete sie als „unpassend, Ängste schürend und gegenstandslos“.

CDU/CSU: Wir wollen den Erfolg der Verhandlungen

Auch Hermann Gröhe (CDU/CSU) ging mit der AfD hart ins Gericht und hielt der Partei Unwahrheiten und Stimmungsmache vor. Er betonte, dass die Union die WHO und das Pandemieabkommen nicht infrage stelle. Derzeit liefen die „schweren Verhandlungen“ noch, das Ergebnis sei ungewiss. Es könne auch zu Arbeitsaufträgen kommen. Gröhe sagte: „Wir wollen den Erfolg dieser Verhandlungen.“ Er fügte hinzu, wer Stimmung gegen die WHO mache, habe nichts verstanden. „Globale Gesundheitsgefahren bekämpft man nicht mit Abschottungsphantasien.“ Probleme würden auch nicht dadurch gelöst, dass man sie leugne.

In Anspielung auf die verbreiteten Infektionen, die von Tieren auf Menschen übergehen, sagte Gröhe: „Wir brauchen einen stärkeren Blick für den Zusammenhang von Umwelt und Gesundheit.“ Er erinnerte an die großen internationalen Erfolge im Kampf gegen Seuchen wie Pocken oder Polio. Gesundheitsschutz bringe Sicherheit und Freiheit. Völliger Unsinn und zudem gefährlich sei daher das Geraune von der Gesundheitsdiktatur.

Grüne: Pandemievertrag wichtig für die ganze Welt

Johannes Wagner (Bündnis 90/Die Grünen) mutmaßte, die teilweise drastischen Verlautbarungen der AfD hingen vermutlich mit den jüngsten Skandalen um die Partei zusammen. Die AfD sei offensichtlich verängstigt und verunsichert, daher greife sie nun auf Pandemie-Themen zurück. Vermeintlich dunkle Mächte und Eliten würden aus der Mottenkiste geholt. Den meisten Menschen sei allerdings klar, dass es sich um „lächerliche Propaganda“ handele.

Der geplante Pandemievertrag sei „wichtig für Deutschland und für die ganze Welt“. Pandemien würden immer wahrscheinlicher und richteten immensen Schaden an, menschlich wie wirtschaftlich. Ein Virus mache nicht an Landesgrenzen halt. Daher müssten sich die Staaten auf mögliche neue Krisen besser vorbereiten, sagte Wagner.

AfD: Informationskontrolle und Überwachung

Die AfD-Fraktion blieb in der Debatte bei ihrer Haltung und zeichnete das Bild einer WHO, die von reichen Menschen und mächtigen Staaten gesteuert sei. Martin Sichert (AfD) argumentierte, die WHO werde zu 80 Prozent aus Spenden finanziert, der größte Spender sei Bill Gates, der auch Einfluss auf die Entscheidungen nehme. Nicht nur der Einfluss von Lobbyisten sei ein Problem, auch zu China, das der Welt Corona gebracht habe, lasse die WHO eine besondere Nähe erkennen. Für die WHO möge China ein Vorbild sein, er wehre sich aber dagegen, „dass Maos geistige Enkel über die deutsche Politik bestimmen“.

Sichert mutmaßte: „Ein wesentlicher Bestandteil der geplanten WHO-Abkommen sind Informationskontrolle und Überwachung.“ Dem stünden die Grundrechte entgegen. Er forderte: „Wer Meinungsfreiheit liebt, muss gegen den Pandemievertrag stimmen.“ Es gehe beim Pandemievertag darum, „dass Souveränität abgegeben, Meinungsfreiheit beschnitten und der gläserne Bürger etabliert“ würden. Das sei „ein Sturmangriff auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung“. Jede Übertragung von Macht auf internationale Organisationen sei demokratiefeindlich, weil sie das eigene Volk entmachte.

FDP: Kein Eingriff in Souveränität der Einzelstaaten

Nach Ansicht von Prof. Dr. Andrew Ullmann (FDP) werden die Verhandlungen für das Pandemieabkommen transparent geführt. Alle Ergebnisse seien auf der WHO-Homepage nachlesbar. Die Vorstellung der AfD, die WHO wolle die Weltherrschaft übernehmen, stamme auf Phantasialand. Die WHO greife explizit nicht in die Souveränität von Einzelstaaten ein.  Eine internationale Antwort auf Gesundheitskrisen sei notwendig, betonte der FDP-Politiker. Der Multilateralismus sei wichtig für eine bessere Gesundheitsversorgung. Mit dem Abkommen beginne ein neues Kapitel.

Ullmann mahnte, die Gesellschaft vergesse und verdränge bestimmte Wahrheiten gerne. Es verwies auf die Vogelgrippe, die schon als Warnung verstanden werden könne. „Wir müssen uns der Gefahr einer neuen Pandemie bewusst sein und alles tun, um besser vorbereitet zu sein.“

Antrag der CDU/CSU

Die CDU/CSU-Fraktion forderte die Bundesregierung in ihrem Antrag (20/9737) auf, in den Verhandlungen über ein Pandemieabkommen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) konsequent für den Präventionsansatz, der umfassenden Vorbeugung von Pandemien, einzutreten. Die WHO müsse durch das Abkommen handlungsfähiger werden, wobei ihre Befugnisse klar abgegrenzt und die zentrale Rolle der Mitgliedstaaten und die Rechte der Bürger gewahrt sein sollen.

Darüber hinaus müsse sichergestellt werden, dass die Umsetzung des Abkommens in Übereinstimmung mit den nationalen Gesundheitspolitiken der Mitgliedstaaten erfolgt und einzelstaatliche Souveränitätsrechte bestehen bleiben.

„One-Health-Ansatz verankern“

Die Bundesregierung wurde unter anderem aufgefordert, auf eine enge Abstimmung zwischen dem Globalen Pandemieabkommen und den Internationalen Gesundheitsvorschriften zu dringen und sich dafür einzusetzen, den sogenannten One-Health-Ansatz zu verankern, da nur die zusammenhängende Betrachtung der Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt einen nachhaltigen und ganzheitlichen Gesundheitsbegriff darstelle.

Außerdem sollte aktiv gegen die negativen Auswirkungen von gesundheitsbezogenen Fehlinformationen und Hassreden, besonders in sozialen Medien, vorgegangen und das Vertrauen in die öffentlichen Gesundheitssysteme und -behörden gefördert werden.

Antrag der AfD

Die AfD-Fraktion forderte in ihrem Antrag (20/10391) die Ablehnung des geplanten Pandemievertrags und der überarbeiteten Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) der WHO. Die beiden Initiativen der WHO zielten darauf ab, ihren Einfluss durch Kompetenz- und Mittelstärkung erheblich zu erweitern, heißt es zur Begründung. Über beide Initiativen sollte auf der 77. Weltgesundheitsversammlung im Mai 2024 abgestimmt werden, so die Fraktion.

Die Abgeordneten forderten außerdem, dem Bundestag bis zum 1. Juni 2025 in Zusammenarbeit mit internationalen Partnern einen Untersuchungsbericht zur Rolle der WHO während der Corona-Krise vorzulegen. Ferner sollte sich die Bundesregierung bei der Weltgesundheitsversammlung für die Entwicklung und Umsetzung eines Finanzierungsmodells für die WHO einsetzen, das Unabhängigkeit und Neutralität der WHO wiederherstelle und die Durchsetzung von Partikularinteressen sowie eine ausschließlich industrie-, staaten- oder stiftungszentrierte Politik unterbinde. (pk/ahe/16.05.2024)

 

 

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ZP 7 Aktuelle Stunde: Gewalt gegen Ehrenamt, Politik und Einsatzkräfte

Nach Übergriffen und gewalttätigen Attacken im Europawahlkampf hat sich der Bundestag am Donnerstag, 16. Mai 2024, im Rahmen einer Aktuelle Stunde mit dem Thema befasst. Die Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP hatten diese unter dem Titel „Bedrohung unserer Demokratie – Gewalt gegen Ehrenamt, Politik und Einsatzkräfte“ beantragt. Fraktionsübergreifend verurteilten die Abgeordneten Angriffe auf Politiker, Ehrenamtliche und Einsatzkräfte.

SPD: Ehrenamtlich Engagierte dürfen keine Angst haben

Für die SPD-Fraktion verwies Lars Klingbeil auf den Angriff auf den Europaabgeordneten Matthias Ecke in Dresden. „Matthias Ecke ist kein Einzelfall, er ist der traurige Höhepunkt einer Entwicklung, die sich über viele Jahre angedeutet hat“, sagte der Sozialdemokrat. Niemand, der sich in diesem Land ehrenamtlich engagiert, dürfe Angst haben, forderte Klingbeil. Daran müsse die Politik konsequent arbeiten.

So müsse geprüft werden, ob im Strafrecht Änderungen angezeigt sind. Zudem müsse das Recht konsequent angewendet werden. „Wer die Demokratie angreift, muss sofort bestraft werden“, sagte der Abgeordnete.

CDU/CSU: Schnellere Verfahren gegen Gewalttäter

Für die CDU/CSU-Fraktion betonte Alexander Throm: „In der Demokratie streiten wir mit Worten und nicht mit Fäusten.“ Für Gewalt gegen Politiker gebe es keine Rechtfertigung, sagte der Christdemokrat. Kritik übte Throm an der Politik der Bundesregierung, die zu einer Spaltung der Gesellschaft führe.

Der Abgeordnete sagte, es brauche kein neues Strafrecht, sondern es müsse mehr dafür getan werden, „die Gewalt in unserem Land zu senken“. Zudem forderte er schnellere Verfahren gegen Gewalttäter.

Ministerin: Wir verurteilen Gewalt ausnahmslos

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) berichtete die Zahlen zu Angriffen auf Parteirepräsentanten. „Wir verurteilen die Gewalt insgesamt und ausnahmslos“, sagte die Ministerin.

Paus forderte, ehrenamtlich Engagierte besser zu schützen. Zudem warb sie für das Demokratiefördergesetz, das sich im parlamentarischen Verfahren befindet.

AfD: Meiste Gewaltdelikte gegen AfD-Mitglieder

Für die AfD-Fraktion verurteilte Tino Chrupalla die Gewalttaten der letzten Zeit. „Die Angriffe auf Mitglieder und Sympathisanten aller Parteien haben furchtbare Ausmaße angenommen“, sagte der Fraktionsvorsitzende. Es seien die Mitglieder seiner Partei, gegen die mit Abstand die meisten Gewaltdelikte verübt worden seien, fügte Chrupalla hinzu.

Der Abgeordnete verwies unter anderem auf die Corona-Pandemie und machte die Maßnahmen der Bundesregierung für die Spaltung in der Gesellschaft verantwortlich.

FDP:  Enthemmung der Sprache entgegenwirken

Für die FDP-Fraktion warnte Manuel Höferlin davor, dass sich die deutsche Demokratie auf dem Weg in eine Krise befände. Es gebe eine sinkende Bereitschaft des Zuhörens und des Akzeptierens von Kompromissen, sagte der Liberale. Dabei sei der Kompromiss schon immer „der Treibstoff unseres Landes“ gewesen.

Der Abgeordnete mahnte, dass „am Ende der Ton die Musik“ mache und kritisierte in diesem Zusammenhang die AfD. Der Enthemmung der Sprache müsse entgegengetreten werden, sagte Höferlin.

Grüne: Es braucht mehr Schutz

Für die Fraktion Bündnis 90D/Die Grünen betonte Katrin Göring-Eckardt: „Kein Mensch darf jemals in unserem Land Angst haben müssen, sich zu engagieren, politisch zu sein und die Meinung zu sagen.“ Die Demokratie im Land sei nicht möglich ohne die, die anpackten und den Laden am Laufen hielten, sagte die Abgeordnete.

Sie verstehe, wenn sich Ehrenamtliche nun fragten, ob sie sich das noch antun wollten. Diese Frage sei aber „eine Gefahr für das Fundament unsrer Demokratie“, mahnte Göring-Eckardt. Keine Stadt, kein Dorf dürfe „politikfreier und schon gar nicht demokratiefreier Raum“ werden. Deswegen brauche es mehr Schutz, sagte die Abgeordnete. (scr/16.05.2024)

https://www.youtube.com/watch?v=qh5xfDuCsT8

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ZP 8 EU-Richtlinie Windenergie auf See und Stromnetze

Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Erneuerbaren-Richtlinie in den Bereichen Windenergie auf See und Stromnetze und zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes (20/11226) vorgelegt, den der Bundestag am Donnerstag, 16. Mai 2024, erstmals beraten und im Anschluss zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss für Klimaschutz und Energie überwiesen hat.

Gesetzentwurf der Bundesregierung

Die EU-Richtlinie 2023 / 2413 zur Änderung der EU-Richtlinie 2018 / 2001 sieht vor, dass der Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen der Union auf mindestens 42,5 Prozent bis zum Jahr 2030 gesteigert wird. Um dieses Ziel zu erreichen, sind in der Richtlinie Maßnahmen vorgesehen, um die Genehmigungsverfahren für Projekte im Bereich erneuerbarer Energien deutlich zu beschleunigen.

Dazu sind von Mitgliedstaaten Beschleunigungsgebiete für erneuerbare Energien auszuweisen, in denen Vorhaben in einem vereinfachten und beschleunigten Verfahren genehmigt werden. Auch außerhalb von Beschleunigungsgebieten werden die Genehmigungsverfahren angepasst. Zudem können Mitgliedstaaten Infrastrukturgebiete ausweisen, um auch hier zu vereinfachten und beschleunigten Verfahren zu gelangen.

Dazu führt die Bundesregierung im Gesetzentwurf aus: „Die Änderungen fügen sich in die Gesamtlinie Deutschlands ein, seine gesamte Klima-, Energie- und Wirtschaftspolitik auf den 1,5-Grad-Klimaschutz-Pfad auszurichten, zu dem sich Deutschland und die Europäische Union im Rahmen des Übereinkommens von Paris verpflichtet haben. Die Stromversorgung soll im Jahr 2030 zu mindestens 80 Prozent auf erneuerbaren Energien beruhen. Für die Erreichung dieses Ziels sind massive Anstrengungen beim Ausbau der erneuerbaren Energien sowie beim Ausbau der Stromnetze erforderlich.“

Anlagen zur Wasserstofferzeugung auf See

Darüber hinaus macht die EU-Richtlinie 2010 / 750 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) Vorgaben zu Errichtung und Betrieb von Anlagen zur Erzeugung von Wasserstoff. Zudem soll die Errichtung von Anlagen zur Wasserstofferzeugung auf See im überragenden öffentlichen Interesse liegen.

Ferner soll die EU-Verordnung 2023 / 1804 über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe den Aufbau von Ladeinfrastruktur in der gesamten EU beschleunigen und vereinheitlichen.

Windenergie auf See und Stromnetze

Der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf setzt die planungs- und genehmigungsrechtlichen Bestimmungen der EU-Richtlinie 2018 / 2001 in den Bereichen Windenergie auf See sowie Stromnetze um. Daneben werden Regelungen der EU- Richtlinie 2010/75 über Industrieemissionen, soweit noch nicht durch bestehende Vorschriften abgedeckt, umgesetzt. Es werden Änderungen im Gesetz zur Entwicklung und Förderung der Windenergie auf See (Windenergie-auf-See-Gesetz, WindSeeG), im Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (Energiewirtschaftsgesetz) sowie im Netzausbaubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetz (NABEG) vorgenommen. Darüber hinaus werden Änderungen am s Bundesbedarfsplangesetz BBPlG vorgenommen.

Der Normenkontrollrat erhebt keine Einwände, er bewertet die Darstellung der Regelungsfolgen als nachvollziehbar und methodengerecht. (mis/16.05.2024)

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TOP 12 Bericht Menschenrechtspolitik durch die Bundesregierung 

Der Bundestag hat am Donnerstag, 16. Mai 2024, über den 15. Bericht der Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik (20/4865) debattiert. Dazu hatte der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe eine Beschlussempfehlung (20/11219) vorgelegt.

Entschließung verabschiedet

Mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP verabschiedete der Bundestag eine Entschließung zu dem Bericht. Die Unionsfraktion und die AfD-Fraktion stimmten dagegen. Mit der Entschließung wurde die Bundesregierung aufgefordert, weiterhin der Unteilbarkeit, Universalität, Gleichrangigkeit und Interdependenz aller Menschenrechte – der bürgerlichen und politischen sowie der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte – Rechnung zu tragen.

Angesichts der „systematischen Untergrabung menschenrechtlicher Standards und multipler Menschenrechtsverletzungen weltweit“ soll sie weiterhin multilaterale Institutionen, die sich dem Schutz der Menschenrechte verschrieben haben, Menschenrechtsorganisationen, Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger sowie Institutionen der regionalen und internationalen Gerichtsbarkeit stärken und ausreichend politisch, finanziell und personell unterstützen.

Schließlich verlangt der Bundestag, dass die Regierung weiterhin ihren Informationsauftrag im Bereich der Menschenrechtspolitik und der Demokratieförderung durch entsprechende Bildungsformate wahrnimmt. Diese Forderungen stehen unter dem Vorbehalt der „haushälterischen Vorgaben“.

Unterrichtung durch die Bundesregierung

Im Vorwort zum Menschenrechtsbericht der Bundesregierung erinnert Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) an Kriege, Terror und Verletzungen der Menschenrechte in vielen Ländern der Erde im Jahr 2022 und verweist insbesondere auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und die damit verbundenen Gräueltaten.

Bei Morden und Vergewaltigungen dürfe es keine Straflosigkeit geben, erklärt die Ministerin mit Blick auf den russischen Angriff auf die Ukraine. Straflosigkeit verhindere Gerechtigkeit. Daher setze sich die Bundesregierung für die Aufklärung und Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen ein.

Menschenrechte mit Füßen getreten

Auch an anderen Orten der Welt würden Menschenrechte mit Füßen getreten, erklärt Baerbock weiter und nennt den Iran, wo Männer und Frauen unter Angst um ihr Leben für das Recht einstünden, selbst über ihr Leben zu bestimmen. Sie erwähnt auch Afghanistan, wo das Taliban-Regime den Frauen und Mädchen jede Freiheit und Würde raube.

In dem Bericht geht es zum einen um den Aktionsplan Menschenrechte der Bundesregierung 2023 – 2024 sowie um die Menschenrechte in Deutschland. Thematisiert werden des Weiteren Menschenrechte in der deutschen Außen- und Entwicklungspolitik sowie die Menschenrechte weltweit. (hau/pk/16.05.2024)

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TOP 13 Senkung der Steuerbelastung

Der Bundestag hat am Donnerstag, 16. Mai 2024, einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Arbeitende Mitte stärken – Steuerbelastung senken“ (20/8861) abgelehnt. Er folgte damit einer Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (20/11061). Gegen den Antrag stimmten die Koalitionsfraktionen SP’D, Bündnis 90/Die Grünen und FDP, dafür votierten die CDU/CSU und die Gruppe Die Linke. Die AfD-Fraktion enthielt sich. Die Beratung des Antrags war am 25. April von der Tagesordnung abgesetzt worden.

Antrag der Unionsfraktion

Die Unionsfraktion forderte in ihrem Antrag, den steuerlichen Grundfreibetrag und den Kinderfreibetrag für das sächliche Existenzminimum um zwölf Prozent anzuheben, das Kindergeld für 2024 entsprechend zu erhöhen und die bis 2022 bestehende Stufung für kinderreiche Familien ab dem dritten und vierten Kind wiedereinzuführen.

Nachdem das Bürgergeld zum 1. Januar 2024 um rund zwölf Prozent erhöht wurde, sei es wichtig, so die Fraktion, nun auch ein deutliches Signal für Leistung zu setzen. Arbeit müsse sich lohnen, Beschäftigung attraktiver sein als der Bezug von Sozialleistungen. Die Fraktion zeigt sich überrascht, dass das Bundesfinanzministerium den Grundfreibetrag um nur acht Prozent und den Kinderfreibetrag um knapp zehn Prozent anheben wolle, obwohl nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts das sozialhilferechtlich definierte Existenzminimum die Untergrenze für das einkommensteuerliche Existenzminimum bilde und nicht unterschritten werden dürfe. (hau/vom/16.05.2024)

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TOP 14 Nationales Reformprogramm 2024

Der Bundestag hat am Donnerstag, 16. Mai 2024, die Unterrichtung der Bundesregierung zum Nationalen Reformprogramm 2024 (20/10825) beraten und im Anschluss zur weiteren Beratung an den federführenden Wirtschaftsausschuss überwiesen.

Unterrichtung durch die Bundesregierung 

Voraussichtlich zum letzten Mal hat die Bundesregierung das Nationale Reformprogramm vorgelegt. Das Nationale Reformprogramm (NRP) 2024 sei in einer Phase der Neuausrichtung der europäischen wirtschaftspolitischen Koordinierung verfasst worden, heißt es in der Unterrichtung.

Der Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament hätten jedoch am 10. Februar 2024 eine Einigung zur Reform des Stabilitäts- und Wachstumspaktes erzielt, aus dem eine neue Berichtsplicht hervorgeht. Künftig sollen die Mitgliedsstaaten in sogenannten Mittelfristigen Fiskal-Strukturellen Plänen (FSP) sowie jährlichen Fortschrittsberichten ihre Finanz-, Wirtschafts- und Reformpolitik darlegen.

Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen

Die Mitgliedstaaten der EU sind verpflichtet, Maßnahmen zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung und zur Vermeidung oder Korrektur von Ungleichgewichten dazulegen. Diese Programme enthalten auch konkrete Pläne zur Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen (LSE) der EU.

Da die Bundesregierung im Jahreswirtschaftsbericht 2024 die Maßnahmen zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung darlegt, liegt der Fokus des NRP insbesondere auf diesen Empfehlungen, die Deutschland in den Jahren 2023 und 2024 umsetzen soll.

Entlastungen im Energiebereich zurückfahren

So sollen die geltenden Sofort-Entlastungsmaßnahmen im Energiebereich zurückgefahren und die dadurch erzielten Einsparungen in den Jahren 2023 und 2024 so früh wie möglich zum Abbau des öffentlichen Defizits genutzt werden. Außerdem soll der Aufbau- und Resilienzplan unter anderem durch Gewährleistung ausreichender Ressourcen erheblich beschleunigt werden – ebenso wie die Digitalisierung der Verwaltungsleistungen auf allen Ebenen. Eine weitere Empfehlung zielt darauf ab, dass sich Deutschland noch stärker um eine weitere Verringerung seiner Gesamtabhängigkeit von fossilen Brennstoffen bemüht.

Abstimmungen über Immunitätsangelegenheiten

Die sitzungsleitende Bundestagspräsidentin Petra Pau (Gruppe Die Linke) unterbrach die Aussprache für die Abstimmung über zwei Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung in Immunitätsangelegenheiten. Ohne Aussprache stimmte der Bundestag gegen die Stimmen der AfD-Fraktion der Beschlussempfehlung (20/11397) zu, wodurch die Genehmigung zur Durchführung eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens gegen den AfD-Bundestagsabgeordneten Hannes Gnauck gemäß eines Schreibens des Bundesministeriums der Verteidigung vom 22. April 2024 erteilt wird.

Mit der Zustimmung zur zweiten Beschlussempfehlung (20/11461) bei Enthaltung der AfD-Fraktion erteilte der Bundestag die Genehmigung zum Vollzug gerichtlicher Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse sowie weiterer Ermittlungsmaßnahmen gegen den AfD-Bundestagsabgeordneten Petr Bystron gemäß eines Schreibens des Bundesministeriums der Justiz vom 16. Mai 2024. (hau/emu/vom/16.05.2024)

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TOP 26

 

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TOP 19 Gesetzliche Rentenversicherung

Der Bundestag hat am Donnerstag, 16. Mai 2024, einen Antrag der Gruppe Die Linke mit dem Titel „Gesetzliche Rente stärken – Beitragseinnahmen der gesetzlichen Rentenversicherung jetzt erhöhen, statt auf Aktienrente zu setzen“ (20/10477) abgelehnt. Für den Antrag stimmte neben den Antragstellern auch die Gruppe BSW, während alle Fraktionen den Antrag ablehnten. Zur Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales vor (20/11260).

Antrag der Linken

Die Gruppe Die Linke forderte, Beitragseinnahmen der gesetzlichen Rentenversicherung zu erhöhen statt auf eine Aktienrente zu setzen. Die gesetzliche Rente müsse gestärkt werden, schreiben die Abgeordneten. Die langfristigen Vorausberechnungen der Bundesregierung zeigten, dass eine wie im Koalitionsvertrag verabredete dauerhafte Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent ohne gesetzliche Eingriffe nicht erreicht werden kann und das Rentenniveau ansonsten bis zum Jahr 2036 auf 44,9 Prozent absinken werden würde..

Die Gruppe verlangte unter anderem, das Rentenniveau (Sicherungsniveau vor Steuern) in einem Schritt sofort um zehn Prozent auf 53 Prozent anzuheben. Der Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung sollte entsprechend erhöht werden. Außerdem sollte geprüft werden, ob die Arbeitgeber überparitätisch (zum Beispiel zu 60 oder 55 Prozent) an der Beitragslast beteiligt werden können. Die Linke verlangte grundsätzlich, die gesetzliche Rentenversicherung schrittweise zu einer Erwerbstätigenversicherung umzubauen. (hau/che/16.05.2924)

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TOP 29 Änderung des Hochbaustratistikgesetzes

Der Bundestag hat am Donnerstag, 16. Mai 2024, erstmals die von der Bundesregierung geplante Novellierung des Hochbaustatistikgesetzes am Donnerstag, 16. Mai 2024, beraten. Der Gesetzentwurf zur Änderung des Hochbaustatistikgesetzes (20/11315) wurde im Anschluss zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen überwiesen.

Gesetzentwurf der Bundesregierung 

Die Erhebungen der Statistik der Bautätigkeit stellen laut Bundesregierung unentbehrliche Informationen für Politik, Stadtplanung, Wirtschaft und Wissenschaft und Klimaschutz bereit. Die Ergebnisse fänden vor allem in der Konjunktur- und Wohnungspolitik, in der Wohnungs- und Bauwirtschaft sowie in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung Anwendung.

Um diese Datengrundlage und somit die Möglichkeiten zur politischen Steuerung zu verbessern, sei eine Änderung des Hochbaustatistikgesetzes geplant. Künftig sollen den Angaben zufolge damit auch unterjährig Daten zur Verfügung stehen, außerdem würden neue Merkmale ergänzt. Durch die Nutzung digitaler Verfahren sinkt laut Regierung der Erfüllungsaufwand für die Bauherren.

Monatliche Erhebung von Baubeginn und Fertigstellungen

Vorgesehen ist, Baubeginne und Baufertigstellungen monatlich zu erheben und vierteljährlich aufzubereiten und zu veröffentlichen. Erhoben werden soll auch der Anteil des sozialen Wohnungsbaus. Beim Statistischen Bundesamt soll ein Auswertungssystem aufgebaut werden.

Aktuell lägen die Baufertigstellungen nur jährlich vor und würden erst im Mai des Folgejahres veröffentlicht, heißt es zur Begründung. Lediglich die Baugenehmigungen lägen bislang unterjährig vor. Diese würden allerdings teilweise nicht kurzfristig erfasst und besäßen daher nur beschränkte Aussagekraft über die tatsächliche Bautätigkeit. Die neuen unterjährigen Erhebungen von Baubeginn, Baufertigstellung und Baugenehmigung ermöglichen laut Bundesregierung eine kurzfristigere Beobachtung des Baugeschehens. Zum sozialen Wohnungsbau seien bislang keine Daten in der amtlichen Statistik enthalten. Durch das neue Auswertungssystem würden kurzfristigere und aussagekräftigere Sonderauswertungen möglich.

Bundesrat äußert Bedenken 

In seiner Stellungnahme äußert der Bundesrat erhebliche Bedenken gegen die Umsetzbarkeit der Maßnahmen. Der Gesetzentwurf setze eine Volldigitalisierung der Hochbaustatistikmeldungen voraus, „die jedoch in keiner Weise gegeben ist“. Die in dem Entwurf enthaltene Annahme, der digitale Bauantrag werde bis Ende 2024 flächendeckend verfügbar sein, sei nicht zutreffend. Dadurch entstehe fälschlicherweise der Eindruck, es werde Bürokratie abgebaut. Stattdessen führten gerade die vorgesehenen zusätzlichen Statistikmerkmale sowie die Ausweitung der Bautätigkeitsstatistik auf die Baubeginne zu erheblichem Zusatzaufwand. Die Bauaufsichtsbehörden hätten die Verantwortung für Daten zu übernehmen, die originär nicht zur Erfüllung der bauaufsichtlichen Tätigkeiten zu erheben seien, zum Zeitpunkt des Baugenehmigungsverfahrens nicht vorlägen und auch zu keinem späteren Zeitpunkt bei den Bauaufsichtsbehörden bekannt werden würden. „Dementsprechend können die Bauaufsichtsbehörden diese Daten nicht verantworten, wie zum Beispiel die Art der sozialen Wohnraumförderung oder den Bauüberhang“, heißt es in der Stellungnahme der Länder.

In ihrer Gegenäußerung erklärt die Bundesregierung, sie nehme die Sorgen der Länder in Bezug auf die Umsetzbarkeit ihres Gesetzentwurfs ernst. Etwaiger Änderungsbedarf werde geprüft. (hau/hle/16.05.2024)

 

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TOP 15 Aufbau einer Drohnenarmee

Der Bundestag hat am Donnerstag, 16. Mai 2024, mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP sowie der Gruppe Die Linke einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Aufbau einer Drohnenarmee“ (20/11379) abgelehnt. Die AfD-Fraktion enthielt sich.

Antrag der CDU/CSU

Die Unionsfraktion forderte die Bundesregierung unter anderem auf, eine neue Truppengattung „Unbemannte Systeme und Drohnenabwehr“ in der Bundeswehr einzuführen und daran anschließend eine auf die Belange von Luftwaffe, Landstreitkräften und Marine abgestimmte dimensionsübergreifende „Drohnenarmee“ unter Berücksichtigung der strategischen und taktischen Wirkungen aufzubauen. Diese sollte sich im Personalumfang und Struktur an den Erfahrungen der ukrainischen Streitkräfte orientieren, jederzeit über ausreichend Drohnen für Aufklärung und Wirkung sowie über Spezialisten für die Abwehr von Drohnen und Drohnenschwärmen verfügen.

Darüber hinaus wollte die Fraktion jede kämpfende militärische Teileinheit ab Zugstärke organisch zur Drohnenbekämpfung befähigen und die unterstützenden Kräfte entsprechend ausstatten. Die Grundausbildung in der Bundeswehr wollte die Fraktion so ändern, dass jede Soldatin und jeder Soldaten auch die Fähigkeiten zum Umgang, zur Abwehr und zum Kampf mit Drohnen erlernt. Vor allem mit der deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie sollten nach dem Willen der Union garantierte Abnahmen von Drohnen vereinbart werden, wobei gleichzeitig ein Grundstock an für Drohnen benötigte Grundhardware und Ersatzteile anzulegen sei.
Zur Begründung hieß es unter anderem, der Aufbau einer Drohnenarmee und die Entwicklung von Fähigkeiten zur Bekämpfung von Drohnen und dem Schutz vor Drohnen seien ein erster wichtiger Schritt für eine kriegstüchtige Bundeswehr und für den Schutz ziviler und militärischer kritischer Infrastruktur gegen Sabotage und Terroranschläge. (eis/16.05.2024)

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TOP 16 zum Schutz Minderjähriger bei Auslandsehen

Der Bundestag hat am Donnerstag, 16. Mai 2023, erstmals einen Gesetzentwurf Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP „zum Schutz Minderjähriger bei Auslandsehen“ (20/11367) erörtert und im Anschluss zur federführenden Beratung an den Rechtsausschuss überwiesen.

Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen

Wie die Koalitionsfraktionen schreiben, hat das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 1. Februar 2023  (Aktenzeichen: 1 BvL 7 / 18) die Regelung des Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderehen vom 17. Juli 2017 über die inländische Unwirksamkeit einer im Ausland wirksam geschlossenen Ehe mit einer Person, die bei der Eheschließung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt. Das Gericht habe den Gesetzgeber verpflichtet, bis zum 30. Juni 2024 eine Neuregelung zu treffen.

Der Gesetzentwurf stehe im Kontext der gefährdeten rechtzeitigen Erreichung der Ziele der Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 25. September 2015 „Transformation unserer Welt: die UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“, heißt es weiter. Er trage dazu bei, das Nachhaltigkeitsziel 5 der Geschlechtergleichstellung zu erreichen.

Dem Gesetzentwurf zufolge soll es dabei bleiben, dass eine Ehe unter Beteiligung einer Person, die bei der Eheschließung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, nach deutschem Recht unwirksam ist. Diese Rechtsfolge soll jedoch um Unterhaltsansprüche zum Schutz der minderjährigen Person und die Möglichkeit einer erneuten Eheschließung, ohne ein Ehefähigkeitszeugnis beibringen zu müssen, ergänzt werden. Diese erneute Eheschließung würde aufgrund ihres „bestätigenden Charakters“ grundsätzlich Rückwirkung auf den Tag der unwirksamen Eheschließung entfalten. (irs/vom/16.05.2024)

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TOP 24 Cannabisgesetz, Straßenverkehrsgesetz

Nur wenige Wochen nach der Verabschiedung des Konsumcannabisgesetzes wollen die Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP die Regelung nachjustieren. Der Gesetzentwurf „zur Änderung des Konsumcannabisgesetzes und des Medizinal-Cannabisgesetzes“ (20/11366) wurde im Bundestag am Donnerstag, 16. Mai 2024, in erster Lesung beraten und im Anschluss zur federführenden Beratung an den Gesundheitsausschuss überwiesen.

An den Verkehrsausschuss wurde der ebenfalls zur Beratung anstehende Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen „zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und weiterer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften“ (20/11370) überwiesen, mit dem ein Cannabis-Grenzwert im Straßenverkehr festgeschrieben werden soll.

Änderung des Konsumcannabisgesetzes

Hintergrund der Nachjustierung ist die Protokollerklärung, die die Bundesregierung im Rahmen der Sitzung des Bundesrates am 22. März 2024 zum Cannabis-Gesetz abgegeben hat. Die Veränderungen sollen den Bedenken und Wünschen der Länder Rechnung tragen, heißt es. So soll die im Konsumcannabisgesetz vorgesehene Evaluation erweitert und die Kontrolle von Anbauvereinigungen durch die Länder flexibilisiert werden.

Außerdem sollen die Länder Handlungsspielraum beim Umgang mit Großanbauflächen erhalten. Darüber hinaus ist die Entwicklung eines Weiterbildungsangebotes durch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung für Suchtpräventionsfachkräfte der Länder und Kommunen vorgesehen.

Änderung des Straßenverkehrsgesetzes

Durch die Änderung des Straßenverkehrsgesetzes soll ein THC-Grenzwert (Tetrahydrocannabinol) im Straßenverkehr sowie ein Alkoholverbot für Cannabiskonsumenten eingeführt werden.

Der Grenzwert soll der Neuregelung zu folge künftig bei 3,5 Nanogramm pro Milliliter liegen. Bei erstmaliger Überschreitung droht eine Strafzahlung von 500 Euro sowie ein einmonatiges Fahrverbot.

Der Gesetzentwurf dient laut Koalition im Wesentlichen der Umsetzung der Empfehlungen der interdisziplinären und unabhängigen Expertenarbeitsgruppe zur Ermittlung eines gesetzlichen Grenzwerts des Cannabis-Wirkstoffs THC im Straßenverkehr vom März dieses Jahres. Neben dem Straßenverkehrsgesetz sollen auch die Fahrerlaubnis-Verordnung und die Bußgeldkatalog-Verordnung geändert werden. (hau/vom/16.05.2024)

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ZP11 Digitalisierung der Zwangsvollstreckung

Als letzten Tagesordnungspunkt am Donnerstag, 16. Mai 2024, hat der Bundesstag den Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur weiteren Digitalisierung der Zwangsvollstreckung“ (20/11310) erstmals debattiert und im Anschluss zur federführenden Beratung an den Rechtsausschuss überwiesen.

Gesetzentwurf der Bundesregierung

Laut Gesetzentwurf soll die Anzahl der Aufträge und Anträge in hybrider Form bei den Vollstreckungsorganen reduziert werden. Durch Änderungen in der Zivilprozessordnung (Paragrafen 754a und 829a) soll es umfangreicher als bisher erlaubt werden, anstatt der vollstreckbaren Ausfertigung und anderer Schriftstücke in Papierform elektronische Kopien davon an das Vollstreckungsorgan zu übermitteln. Weitere Neuregelungen beziehen sich etwa auf den elektronischen Rechtsverkehr mit dem Gerichtsvollzieher.

In seiner Stellungnahme zu dem nicht zustimmungspflichtigen Gesetzentwurf schlägt der Bundesrat vor, eine im Gerichtskostengesetz enthaltene Regelung zu Vorauszahlungspflicht der Gerichtsgebühren in Zwangsvollstreckungsverfahren zu streichen. Dadurch solle die Digitalisierung der Zwangsvollstreckung gefördert werden. Die Bundesregierung zeigt sich in ihrer Gegenäußerung grundsätzlich offen für den Vorschlag, will die Streichung aber zunächst zurückstellen. (scr/eis/16.05.2024)

 

 

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17. Mai 2024 (171. Sitzung)

ZP12 Bürokratieentlastungsgesetz

Einigkeit beim Ziel, Bürokratie abzubauen, aber Uneinigkeit über das richtige Maß und den richtigen Weg hat sich gezeigt, als der Bundestag einen Gesetzentwurf der Bundesregierung (20/11306) zur „Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, der Wirtschaft sowie der Verwaltung von Bürokratie“ am Freitag, 17. Mai 2024, erstmals beriet. Dieses Vierte Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) soll Wirtschaft und Gesellschaft nach Regierungsangaben jährlich um 944 Millionen Euro entlasten. Der Gesetzentwurf wurde im Anschluss zur weiteren Beratung an den federführenden Rechtsausschuss überwiesen.

Minister: Weniger Zettel, mehr Wirtschaft

Vor einem „Bürokratie-Burnout“ der deutschen Wirtschaft warnte Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann (FDP) bei der Einbringung des Gesetzentwurfs. Mehr und mehr Ressourcen würden von produktiven Tätigkeiten abgezogen. Die Bundesregierung wirke dem mit mehreren Maßnahmen entgegen, darunter das BEG IV. „Weniger Zettel, mehr Wirtschaft“ nannte Buschmann als Ziel und führte als Beispiel an, dass nach dem neuen Gesetz 90 Millionen weniger Meldezettel in Hotels ausgefüllt werden müssten.

Der Justizminister kündigte weitere Schritte an. So werde der Gesundheitsminister in seinem Bereich Bürokratie abbauen, der Wirtschaftsminister werde in Kürze Erleichterungen für das Vergaberecht vorschlagen, und die ganze Bundesregierung setze sich gemeinsam mit Frankreich für Bürokratieabbau auf EU-Ebene ein. Denn 57 Prozent des bürokratischen Erfüllungsaufwandes in Deutschland stamme aus der Umsetzung von europäischen Richtlinien.

CDU/CSU: Ampel schuld an mehr Bürokratie

Prof. Dr, Günter Krings (CDU/CSU) entgegnete, Elemente des BEG IV gingen in die richtige Richtung, mehr Positives könne er dazu aber nicht sagen. Die Bürokratie sei in der Zeit der amtierenden Regierung schlimmer geworden, der Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft nach Aussage des Normenkontrollrats so hoch wie nie, beklagte Krings.

Sein Fraktionskollege Dr. Martin Plum ergänzte, der jährliche Bürokratieaufwand für die Wirtschaft von 65 Milliarden Euro würde durch das BEG nur um rund 300 Millionen oder ein halbes Prozent gesenkt. Währenddessen habe die Bundesregierung Ende März einen Referentenentwurf vorgelegt, der Unternehmen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichten solle und sie mit neuen Bürokratiekosten von 1,4 Milliarden Euro im Jahr belaste.

Der CSU-Abgeordnete Dr. Volker Ullrich verwies darauf, dass Vorschriften und Dokumentationspflichten in der Regel „aus vielen guten Gründen“ entstanden seien, um Risiken zu minimieren. Vielleicht sei es aber besser, nicht Risiken „um jeden Preis“ zu minimieren, sondern „den Menschen wieder mehr Verantwortung und Eigenständigkeit zuzutrauen“.

FDP: Daueraufgabe Bekämpfung der Bürokratie

Dem hielt Dr. Thorsten Lieb (FDP) entgegen, dass die Summe von 65 Milliarden auch schon vor zehn Jahren im Bericht des Normenkontrollrats gestanden habe und damals die CDU die Regierung geführt habe. Lieb wies wie auch andere Rednerinnen und Redner der Koalitionsfraktionen darauf hin, dass das BEG nur eines in einer Reihe von Maßnahmen zum Bürokratieabbau sei, die schon erfolgt oder noch geplant seinen.

Tatsächlich ist das BEG Teil eines bei der Kabinettsklausur in Meseberg im August 2023 vereinbarten größeren Maßnahmenpakets, zu dem auch das im März verabschiedete Wachstumschancengesetz gehört. „Die Bekämpfung der Bürokratie-Hydra ist und bleibt eine Daueraufgabe der Politik“, sagte Lieb.

AfD: Erbe des Altparteien-Staats

Drastisch fiel die Kritik von Stefan Brandner (AfD) aus, der auch frühere Bundesregierungen mit einbezog. Bürokratie und nicht etwa Arbeitskräftemangel oder Energiepreise sei mit Abstand das größte Wirtschaftshemmnis, das sei „das Erbe des Altparteien-Staats Deutschland“.

Brandners Fraktionskollege Enrico Komning bezeichnete „Kontrollieren, Auskundschaften, Vorschreiben, Verbieten und bei Ungehorsam Gängeln“ als „Kern heutigen Regierungshandelns“. Allein das Gebäudeenergiegesetz bedeute einen einmaligen Erfüllungsaufwand von 127 Millionen Euro für die Bürger und 12,5 Milliarden Euro für die Unternehmen.

Linke: Wohlfühlgesetz

Als ein „Wohlfühlgesetz, das niemandem wehtut“, bezeichnete Sören Pellmann (Gruppe Die Linke) den vorliegenden Entwurf. Allein im Baubereich gebe es 3.500 Normen und knapp 20.000 Vorschriften.

„So kann man weder die furchtbare Wohnungsnot noch die Klimakatastrophe abwenden“, warnte Pellmann.

Grüne: Erfolge beim Bürokratieabbau

Auf bereits erfolgten Bürokratieabbau verwies Dr. Ingrid Nestle (Bündnis 90/Die Grünen) am Beispiel der Energieversorgung. Die Koalition habe den Ausbau der erneuerbaren Energien schon „ganz entscheidend beschleunigt, und den Ausbau der Netze noch mehr“, lobte Nestle.

Besonders hob sie den von Wirtschaftsminister Habeck eingeführten Praxistest hervor, bei dem gemeinsam mit betroffenen Verbänden 57 konkrete Vorschläge aus der Praxis entwickelt worden seien, von denen 41 in Gesetzen und Verordnungen umgesetzt werden konnten. „Wir haben einmal mehr gezeigt: Bürokratieabbau ist möglich“, betonte Nestle.

SPD: Werden noch eine Schippe drauflegen

Redner von Koalitions- wie Oppositionsfraktionen kündigten an, in den parlamentarischen Beratungen noch „eine Schippe draufzulegen“, wie Dirk Wiese (SPD) formulierte. Sonja Eichwede (SPD) verteidigte das Vorgehen in kleinen Schritten. Richtig sei, Regelungen zu streichen, die ihren Zweck nicht mehr erfüllen. Andererseits sei es beispielsweise wichtig, Regelungen mit Schutzfunktion für Arbeitnehmer beizubehalten.

Wiese verwies darauf, dass neben der Bundesregierung und der EU auch Landesregierungen und kommunale Körperschaften für Bürokratiebelastungen von Wirtschaft und Bürger verantwortlich seien.

Gesetzentwurf der Bundesregierung

In der Vorlage ist unter anderem vorgesehen, Formerfordernisse im Zivilrecht abzusenken, Aufbewahrungspflichten für Buchungsbelege im Handels- und Steuerrecht zu verkürzen sowie für deutsche Staatsangehörige die Hotelmeldepflicht abzuschaffen. Ferner soll laut Entwurf eine zentrale Datenbank der Steuerberaterinnen und Steuerberater für Vollmachten im Bereich der sozialen Sicherung eingeführt werden.

Die Bundesregierung führt zur Begründung aus, dass „in Zeiten multipler Krisen, stockender Konjunktur und angespannter Haushaltslagen […] die Beseitigung überflüssiger Bürokratie besonders dringend“ sei. Das BEG IV stellt sie im Entwurf in einen Zusammenhang mit weiteren Maßnahmen zum Bürokratieabbau, etwa dem bereits verabschiedeten Wachstumschancengesetz.

Stellungnahme des Bundesrates

Der Bundesrat begrüßt in seiner Stellungnahme den Gesetzentwurf grundsätzlich. Der Entwurf gehe aber nicht weit genug und werden den Entlastungsbedarfen der Wirtschaft nicht gerecht. Ferner fordert die Länderkammer die Bundesregierung auf „bereits getroffene Beschlüsse, wie beispielsweise jene im Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung, rasch umzusetzen“. Der Bundesrat unterbreitet in seiner Stellungnahme etliche Änderungsvorschläge zum Gesetzentwurf, etwa um weitere Schriftformerfordernisse abzubauen. Der Gesetzentwurf ist laut Entwurf im Bundesrat zustimmungspflichtig.

In ihrer Gegenäußerung kündigt die Bundesregierung die Prüfung einzelner Vorschläge der Länderkammer an, andere lehnt sie ab, einige will sie direkt übernehmen. Das trifft in modifizierter Form unter anderem auf den Vorschlag des Bundesrates zu, die Textform in arbeitsvertraglichen Bereichen zu stärken. „Nach Übereinkunft der Bundesregierung und der Regierungsfraktionen ist beabsichtigt, dass der Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen in Textform möglich sein soll, sofern das Dokument für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zugänglich ist, gespeichert und ausgedruckt werden kann und der Arbeitgeber einen Übermittlungs- oder Empfangsnachweis erhält“, schreibt die Bundesregierung dazu.

Stellungnahme des Normenkontrollrats

Der Nationale Normenkontrollrat bewertet das Vorhaben in seiner Stellungnahme ebenfalls positiv. Mit der avisierten Entlastung für Bürgerinnen und Bürger, Wirtschaft und Verwaltung sei das Gesetz ein „wesentlicher Beitrag zum Bürokratieabbau“.

Das Gremium verweist allerdings auf weitere Vorschläge aus der Praxis. In ihnen sieht der Rat „noch erhebliche Potenziale für Entlastungen und empfiehlt, diese in diesem Vorhaben oder in weiteren Bürokratieabbaugesetzen zu berücksichtigen“. (pst/scr/eis/17.05.2024)

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ZP13 Bekämpfung des politischen Islam

Wer eine weitere Staatsangehörigkeit besitzt, soll die deutsche Staatsangehörigkeit verlieren, wenn er öffentlich zur Abschaffung der freiheitlich demokratischen Grundordnung aufruft, beispielsweise im Wege der Forderung eines islamistischen Gottesstaates. Das fordert die CDU/CSU-Fraktion in einem Antrag mit dem Titel „Den politischen Islam als Gefahr für unsere freiheitliche Demokratie jetzt wirksam bekämpfen“ (20/11393), der am Freitag, 17. Mai 2024, erstmals im Bundestag beraten wurde.

Ein von der Bundesregierung angeforderter Gesetzentwurf soll nach den Vorstellungen der Unionsabgeordneten gleichzeitig regeln, dass im Falle der öffentlichen Forderung nach einem islamistischen Gottesstaat eine zwingende Regelausweisung eingeführt wird, die Erteilung eines Aufenthaltstitels zu versagen ist und Leistungsansprüche im Asylbewerberleistungsgesetz und im Sozialrecht erlöschen. Im Anschluss an die Aussprache wurde die Vorlage zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss für Inneres und Heimat überwiesen.

Union warnt vor Ausbreitung des politischen Islams 

Alexander Throm (CDU/CSU) warnte vor einer „massiven Ausbreitung des politischen Islams“ in Deutschland. Tausende gingen auf die Straße und forderten ein Kalifat, „eine neue Ordnung unter Islam und Scharia“. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) aber sei auf Tauchstation gegangen. „Frau Faeser ist im Kampf gegen den Islamismus schlichtweg ein Totalausfall“, befand er. Der Unionsabgeordnete forderte, einen Aktionsplan Politischer Islamismus, vergleichbar zum Aktionsplan Rechtsextremismus, aufzustellen. Der politische Islam dürfe nicht länger unterschätzt werden.

Es müsse strafbar sein, öffentlich einen islamistischen Gottesstaat zu fordern, so Throm weiter. Bei Nichtdeutschen müsse dies zur Regelausweisung führen, „ohne Wenn und Aber“. Wer Islamist sei, „kann auch in einen islamistischen Gottesstaat abgeschoben werden“.

SPD: Beschränkungen für Versammlungen sind möglich

Daniel Baldy (SPD) machte deutlich, dass sich die SPD der Forderung nach einem Kalifat immer entschieden entgegenstellen werde. Festzustellen sei aber auch, dass die meisten der in Deutschland lebenden Muslime ein Kalifat ablehnten und froh seien, in einem Land zu leben, „wo die Demokratie herrscht“.

Was aber die Strafbarkeit des Aufrufes zur Abschaffung der freiheitlich demokratischen Grundordnung angeht, so stünden dem Vorhaben Urteile des Bundesverfassungsgerichts im Wege, „die wir achten“. Tatenlos hinnehmen müsse man aber die Aufrufe zur Kalifatserrichtung dennoch nicht, sagte Baldy. Es könnten sehr wohl Beschränkungen für Versammlungen zur Sicherstellung der öffentlichen Ordnung vorgegeben werden, „wie das auch bei der letzten Demo in Hamburg geschehen ist“.

AfD: CDU ist das eigentliche Problem

Dr. Bernd Baumann (AfD) räumte ein, dass die Richtung des Unionsantrags stimme. Allerdings habe die Union in den Jahren ihrer Regierung „nichts von dem umgesetzt, was sie heute fordert“. Die CDU sei also nicht die Lösung für Deutschland. „Die CDU ist das eigentliche Problem“, sagte der AfD-Abgeordnete. Während sie im Bundestag Anträge gegen den Islamismus stelle, mache sie in den sieben Bundesländern, in denen sie regiere, das Gegenteil. „Die jetzige Migrationspolitik der CDU in den Ländern unterscheidet sich in nichts von Rot-Grün.“

Mit Regierungspartner wie der SPD oder den Grünen, werde sie ihre heutigen Forderungen auch in Zukunft nicht umsetzen können, sage Baumann. Dabei gebe es längst breite bürgerlich-konservative Mehrheiten in Deutschland.

Grüne: Kein Platz für ein Kalifat in Deutschland

Lamya Kaddar (Bündnis 90/Die Grünen) attestierte der Unionfraktion, im Antrag den gleichen kommunikativen Fehler in der Ansprache der Muslime zu machen wie im Grundsatzprogramm der CDU. Die Zugehörigkeit der Muslime zu Deutschland werde an Bedingungen geknüpft, „anders als bei Mitgliedern anderer Religionsgemeinschaften“. Dem Antrag nach sei die kulturelle Vielfalt erst dann ein Gewinn für die Gesellschaft, wenn sich Muslime friedlich und auf dem Boden des Grundgesetzes verhalten. Darin schwinge das Vorurteil mit, dass alle Muslime zunächst einmal unfriedlich seien und nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stünden.

Die „schwierige Haltung der Union zum Islam“ zeigt sich laut Kaddar unter anderem auch in der inflationären Nutzung der Wortbildung „politischer Islam“. Dies sei inzwischen ein „Kunstbegriff für Islamhasser“ geworden. Die Grünen-Abgeordnete betonte zugleich, dass es in Deutschland keinen Platz für ein Kalifat gebe.

FDP: Antrag zielt nicht auf nachhaltige Lösungen

Mit dem Antrag, so sagte Sandra Bubendorfer-Licht (FDP), ziele die Union auf schnellen Applaus vor der Europawahl statt auf nachhaltige Lösungen für Deutschland. Auch Bubendorfer-Licht forderte, nicht alle Muslime in einen Topf zu werfen. Was die geforderte Abschiebung von Islamisten nach geltendem Recht angeht, so sei die FDP sofort dabei. Es stelle sich ihr aber die Frage, warum dies die CDU-Innenminister in den Ländern nicht längst tun.

Das Vorhaben, Islamisten mit doppelter Staatsbürgerschaft die deutsche Staatsbürgerschaft entziehen zu wollen, sei zwar „gut gebrüllt“. Mit der Verfassung sei das aber nicht so leicht vereinbar, wie von der Union behauptet, sagte die FDP-Abgeordnete. Wer einen Kalifatstaat fordert, müsse mit allem bestraft werden, „was der Rechtsrahmen hergibt“. In einem Rechtstaat gelte aber das Recht auf freie Meinungsäußerung, sagte Bubendorfer-Licht.

Antrag der Union

Aktuell werde Deutschland mit Entwicklungen konfrontiert, „auf die unser Rechtsstaat schnellstmöglich eine deutliche Antwort finden muss“, schreibt die Unionsfraktion. In den vergangenen Wochen sei es zu Zusammenkünften und Aufzügen gekommen, bei denen die Abschaffung unserer freiheitlichen Demokratie zugunsten eines islamischen Kalifats und der Einführung der Scharia gefordert worden sei. Die Aufzüge haben aus Sicht der CDU/CSU-Fraktion im Vergleich zur Vergangenheit ein neues Ausmaß und eine neue Schärfe angenommen.

Vereine und Organisationen, die in Deutschland ein islamistisches System errichten möchten, müssten daher systematisch verboten und deren Betätigung unterbunden werden, heißt es in dem Antrag. Gefordert wird zugleich, das Islamische Zentrum Hamburg umgehend zu schließen und damit eine interfraktionelle Entschließung des Bundestages (20/8736) „endlich umzusetzen“. Außerdem müsse die Bundesregierung unverzüglich einen interministeriellen Aktionsplan erarbeiten und schnellstmöglich geeignete Maßnahmen ergreifen, „um der Radikalisierung vor allem von Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden im digitalen Bereich entgegenzuwirken“. (hau/17.05.2024)

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Antrag AfD TOP 10 Aufschwung für Deutschland

Aufschwung für Deutschland – Starke Wirtschaft und soziale Verantwortung“ lautet der Titel eines von der AfD-Fraktion vorgelegten Antrags (20/11378), der am Freitag, 17. Mai 2024, im Bundestag erstmals beraten wurde. Im Anschluss an die Aussprache wurde der Antrag an die Ausschüsse überwiesen.

Antrag der AfD

Die AfD fordert die Bundesregierung in ihrem Antrag unter anderem Antrag auf, finanziellen Spielraum für Entlastungen und Investitionen zu schaffen und dafür massive Einsparungen bei der sogenannten Transformation, der Migrationspolitik und den damit verbundenen Sozialleistungen sowie der Entwicklungshilfe und bei Verwaltung und Personal vorzunehmen. Die Schuldenbremse müsse eingehalten, Schulden müssten abgebaut werden, um Handlungsfreiheit für die Zukunft zu gewinnen. „Intransparente Schattenhaushalte“ und  Sondervermögen will die Fraktion auflösen.

Die Regierung müsse für kostengünstige und sichere Energie sorgen und das Energieangebot erhöhen, dafür den Rückbau der Kernkraftwerke stoppen und diese wieder ans Netz bringen. Die Nutzung der Kohlekraftwerke will die Fraktion so lange verlängern, wie sie benötigt werden. Die Gasleitung Nordstream 2 müsse wieder in Betrieb genommen, die letzte verbliebene Röhre für den Gasimport genutzt werden. Die staatlichen Abgaben auf Energie seien deutlich zu reduzieren und die Energiesteuer auf Sprit, Gas und Öl sowie die Stromsteuer auf ein Minimum zu senken.

Die nationale CO2-Abgabe und die CO2-Bepreisung auf EU-Ebene will die Fraktion abschaffen, den Ausbau der erneuerbaren Energien und den Netzausbau beenden und damit die Netzentgelte reduzieren. Steuern und Abgaben seien spürbar zu senken, das Steuersystem zu vereinfachen und der Solidaritätszuschlag abzuschaffen. Für die Gastronomie will die Fraktion den reduzierten Mehrwertsteuersatz wieder einführen und die Erhöhung der Lkw-Maut rückgängig machen. (hau/vom/17.05.2024)

 

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ZP 16 Antrag AfD Aktuelle Stunde: Aufklärung möglicher Zahlungen an CDU und SPD aus dem Umfeld mutmaßlicher Schleuser

Die Abgeordneten des Bundestages haben sich am Freitag, 17. Mai 2024, mit dem Thema „Aufklärung möglicher Zahlungen an CDU und SPD aus dem Umfeld mutmaßlicher Schleuser“ befasst. Von einem „Abgrund an Korruption“ sprach Stefan Keuter (AfD) angesichts von Parteispenden an CDU und SPD durch einen der Hauptverdächtigen in der Affäre um eine mutmaßliche Schleuserbande. Bei einer von seiner Fraktion beantragten Aktuellen Stunde forderte er eine lückenlose Aufklärung – auch durch einen Untersuchungsausschuss.

Peggy Schierenbeck (SPD) warf der AfD vor, dieses „ohne Frage wichtige Thema“ zu nutzen, um Hass und Hetze zu betreiben. Stephan Thomae (FDP) verwies darauf, dass in dem Fall die Ermittlungsverfahren schon laufen würden und kritisierte die AfD dafür, permanent den Bogen zu überspannen. Marcel Emmerich (Bündnis 90/Die Grünen) forderte maximale Transparenz bei der Aufklärung der Vorfälle. Klar sei aber auch, die AfD stehe „in einer Reihe mit solchen korrupten kriminellen Leuten“. Redner der Unionsfraktion gingen auf die geäußerten Vorwürfe nicht ein, sondern stellten die jüngsten juristischen Niederlagen und Korruptionsvorwürfe gegen die AfD in den Mittelpunkt.

AfD: Aufenthaltstitel für reiche Chinesen 

Laut Stefan Keuter sei der Chef der entdeckten Schleuserbande CDU-Mitglied. Er habe der Partei 52.000 Euro gespendet – jeweils in Tranchen unter 10.000 Euro, womit sie nicht anzeigepflichtig gewesen seien.

Die Schleuserbande habe hunderten reichen Chinesen Aufenthaltstitel, Meldeadressen, Scheinfirmen, Scheingehaltsabrechnungen und auch deutsche Staatsbürgerschaften besorgt. „Es muss nun aufgeklärt werden, inwieweit die Spender Einfluss nehmen wollten auf CDU-geführte Kreisverwaltungen, um Aufenthaltstitel für ihre Klientel zu ergaunern“, sagte Keuter.

SPD: Die strafrechtliche Verfolgung läuft

Der Rechtsstaat funktioniere, sagte Peggy Schierenbeck. Parteienfinanzierung sei ein sensibles Thema, so die SPD-Abgeordnete. Die strafrechtliche Verfolgung laufe aber auch ohne die Aktuelle Stunde schon.

Schierenbeck betonte des Weiteren die erzielten Erfolge der Ampelregierung bei der Bekämpfung der Schleuserkriminalität. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) habe „wirksame Maßnahmen und Gesetzesinitiativen“ gegen die Schleusung von Menschen auf den Weg gebracht, wogegen in den 16 Jahren zuvor mit einem Unions-Innenminister dort wenig passiert sei.

Union: Woche der Nackenschläge für die AfD

Alexander Throm (CDU/CSU) sagte, er nutze die Aktuelle Stunde gern, um die „Woche der Schmerzen und Nackenschläge“ für die AfD zu verlängern. Am Montag habe das Oberlandesgericht Münster bestätigt, das die Partei ein rechtsextremer Verdachtsfall sei. Am Tag danach habe es das Urteil „gegen ihren Oberanführer Höcke“ wegen der „Verwendung der Sprache von Nazis“ gegeben.

Gestern habe es Hausdurchsuchungen beim AfD-Abgeordneten Petr Bystron gegeben, dem Spionage und Bestechlichkeit vorgeworfen werden. Außerdem sei die Immunität des AfD-Abgeordneten Hannes Gnauck aufgehoben worden.

Grüne: Der Rechtsstaat ist wehrhaft

Der Rechtsstaat sei auch gegenüber Schleuserbanden wehrhaft, machte Marcel Emmerich deutlich. Die Schleuserbanden gingen hochprofessionell vor – die Behörden seien jedoch wachsam und schritten ein, sagte der Grünenabgeordnete. Die im Raum stehenden Vorwürfe und Verbindungen in die Politik würden zentrale und relevante Fragen aufwerfen.

Parteispenden in Höhe von mehr als 50.000 Euro an die CDU erforderten Aufklärung, betonte er. „Hier braucht es maximale Transparenz.“ Gegen die organisierte Schleuserkriminalität müsse entschlossen vorgegangen werden, sagte Emmerich. Die von der Schleusung betroffenen müssten dabei konsequent geschützt werden. Zugleich dürften Hilfsorganisationen nicht kriminalisiert werden.

FDP: AfD überspannt permanent den Bogen

Die Vorkommnisse müssten untersucht werden, sagte Stephan Thomae und verwies auf das laufende Ermittlungsverfahren. „Daraus aber zu machen, dass NRW-Innenminister Herbert Reul und die CDU mit Schleusernetzwerken unter einer Decke stecken würden, ist infam“, urteilte der FDP-Abgeordnete in Richtung AfD.

Um zu dieser Einschätzung zu kommen, müsse man kein Fan der CDU sein, sagte er. Der AfD warf Thomae vor, permanent den Bogen zu überspannen. Sie habe kein Gespür für die Linie, bis zu der demokratischer Meinungswettstreit reiche „und ab der es einfach zu viel ist“. Deshalb sei die AfD „eine Gefahr für die Demokratie“, sagte er. (hau/17.05.2024)