MÜHLDORF AM INN – Umstrittene Auslandseinsätze, durch die Altparteien heruntergewirtschaftet, Mangel an Personal und Material mit dem erklärten Ziel z.B. der SPD Ziel die Bundeswehr in einer Armee eines EU-Staats aufzulösen.
Das Mitglied im Verteidigungsausschuß Oberst a.D. Gerold Otten (MdB; AfD) legt in einem Vortrag in Mühldorf am Inn die derzeitigen Defizite der Bundeswehr offen. Alle Zeichen deuten derzeit darauf hin, daß es das politische Ziel der Altparteien ist, mindestens die funktionsfähigen Teile der Bundeswehr in eine EU-Armee zu überführen. Die SPD strebt dies in ihrem Wahlprogramm sogar explizit an. Das Problem hierbei ist jedoch, daß das Bundesverfassungsgericht dem einen Riegel vorgeschoben hat. Eigentlich:
Angesichts der Tatsache, daß die in den Regierungen von Bund und Ländern vertretenen Altparteien kontinuierlich national-deutsche Souveränität von der Kontrolle des Bundestags weg in Richtung Brüssel verlagern, hatte das Bundesverfassungsgericht im Lissabon-Urteil am 30.6.2009 – 2 BvE 2/08 – die Kriterien definiert, die nicht verlagert werden dürfen, weil sonst der deutsche Nationalstaat als Staat aufgelöst würde, was nur mit Hilfe einer Volksabstimmung nach Art. 146 GG möglich wäre.
Der Einsatz der deutschen Streitkräfte ist integrationsfest, also nicht auf die EU übertragbar
Eines dieser Kriterien betrifft die Fähigkeit das staatliche Territorium mit Hilfe einer eigenen Armee verteidigen zu können.
So achte beriets einer der Antragsteller geltend, dass der aus dem Demokratieprinzip folgende Grundsatz der Parlamentsarmee dadurch ausgehöhlt werde, dass der Deutsche Bundestag seine Entscheidungsbefugnisse über den Einsatz der deutschen Streitkräfte für den Bereich europäischer Kriseninterventionen verliere. Nach Art. 42 Abs. 4 EUV-Lissabon würden Beschlüsse über die Einleitung einer Mission, wozu die Mitgliedstaaten nach Art. 42 Abs. 3 EUV-Lissabon eigene Streitkräfte bereitstellen müssten, einstimmig vom Rat erlassen. Ein Hinweis darauf, dass der Beschluss im Einklang mit den verfassungsrechtlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten zu fassen sei, fehle jedoch.
Eine ähnlich ausgeprägte Grenze zieht das Grundgesetz für Entscheidungen über den Einsatz der Bundeswehr. Der Auslandseinsatz der Streitkräfte ist außer im Verteidigungsfall nur in Systemen gegenseitiger kollektiver Sicherheit erlaubt (Art. 24 Abs. 2 GG), wobei der konkrete Einsatz von der Zustimmung des Deutschen Bundestages konstitutiv abhängt (vgl. BVerfGE 90, 286 <381 f.>; 100, 266 <269>; 104, 151 <208>; 108, 34 <43>; 121, 135 <153 f.>; stRspr). Die Bundeswehr ist ein „Parlamentsheer“ (BVerfGE 90, 286 <382>), über dessen Einsatz das Repräsentationsorgan des Volkes zu entscheiden hat (vgl. BVerfGE 90, 286 <383 ff.>). Der Einsatz von Streitkräften ist für individuelle Rechtsgüter der Soldatinnen und Soldaten sowie anderer von militärischen Maßnahmen Betroffener wesentlich und birgt die Gefahr tiefgreifender Verwicklungen in sich.
Auch wenn die Europäische Union zu einem friedenserhaltenden regionalen System gegenseitiger kollektiver Sicherheit im Sinne des Art. 24 Abs. 2 GG ausgebaut würde, ist in diesem Bereich wegen des – der Integrationsermächtigung des Art. 23 Abs. 1 GG insoweit vorgehenden – Friedens- und Demokratiegebots eine Supranationalisierung mit Anwendungsvorrang im Hinblick auf den konkreten Einsatz deutscher Streitkräfte nicht zulässig. Der konstitutive Parlamentsvorbehalt für den Auslandseinsatz der Bundeswehr ist integrationsfest. Damit ist allerdings von Verfassungs wegen keine unübersteigbare Grenze für eine technische Integration eines europäischen Streitkräfteeinsatzes über gemeinsame Führungsstäbe, für die Bildung gemeinsamer Streitkräftedispositive oder für eine Abstimmung und Koordinierung gemeinsamer europäischer Rüstungsbeschaffungen gezogen. Nur die Entscheidung über den jeweiligen konkreten Einsatz hängt von der konstitutiven Zustimmung des Deutschen Bundestages ab (RdNr. 256).
Im diametralen Gegensatz hierzu will die SPD eine derartige, vom Bundesverfassungsgericht ausgeschlossene, Europäische Armee. Ihrem Parteiprogramm ist zu entnehmen:
In einem Strategiepapier plädiert die SPD klar dafür, das Gegenteil von dem zu tun, was das BVerfG als verfassungskonform vorgegeben hatte.
Mit anderen Worten: Die SPD steht in ihrer Sicherheitspolitik außerhalb des Grundgesetzes und in diesem Punkt wohl ein Kandidat für eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz.
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Wie begründet das Bundesverfssungsgericht das Verbot, die deutschen Streitkräfte in einer EU-Armee aufgehen zu lassen?
Der Wortlaut der Begründung findet sich ab Randnummer 382 des oben genannten Urteils und lautet:
Der konstitutive Parlamentsvorbehalt für den Auslandseinsatz der Streitkräfte besteht auch nach einem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon fort. Der Vertrag von Lissabon überträgt der Europäischen Union keine Zuständigkeit, auf die Streitkräfte der Mitgliedstaaten ohne Zustimmung des jeweils betroffenen Mitgliedstaates oder seines Parlaments zurückzugreifen.
(1) Der wehrverfassungsrechtliche Parlamentsvorbehalt des Grundgesetzes greift ein, wenn nach dem jeweiligen Einsatzzusammenhang und den einzelnen rechtlichen und tatsächlichen Umständen die Einbeziehung deutscher Soldaten in bewaffnete Auseinandersetzungen konkret zu erwarten ist. Die auf die Streitkräfte bezogenen Regelungen des Grundgesetzes sind darauf angelegt, die Bundeswehr nicht als Machtpotential allein der Exekutive zu überlassen, sondern sie als „Parlamentsheer“ in die demokratisch rechtsstaatliche Verfassungsordnung einzufügen (vgl. BVerfGE 90, 286 <381 f.>; 121, 135 <153 ff.>).
Der wehrverfassungsrechtliche Parlamentsvorbehalt begründet ein wirksames Mitentscheidungsrecht des Deutschen Bundestages in Angelegenheiten der auswärtigen Gewalt. Ohne parlamentarische Zustimmung ist ein Einsatz bewaffneter Streitkräfte unter dem Grundgesetz grundsätzlich nicht zulässig; nur ausnahmsweise ist die Bundesregierung – bei Gefahr im Verzug – berechtigt, vorläufig den Einsatz bewaffneter Streitkräfte zu beschließen, damit die Wehr- und Bündnisfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland durch den Parlamentsvorbehalt nicht in Frage gestellt werden (vgl. BVerfGE 90, 286 <388 f.>).
Der Wortlaut des Vertrags von Lissabon verpflichtet die Mitgliedstaaten nicht, nationale Streitkräfte für militärische Einsätze der Europäischen Union bereitzustellen. Der Wortlaut und die Entstehungsgeschichte der Art. 42 ff. EUV-Lissabon zeigen deutlich das Bestreben der Mitgliedstaaten, die in dem letzten Wort der Verfassung liegende souveräne Entscheidung über den Einsatz ihrer Streitkräfte beizubehalten. Dieser Auslegung des Vertrags von Lissabon steht Art. 42 Abs. 7 UAbs. 1 Satz 1 EUV-Lissabon nicht entgegen, der erstmals eine kollektive Beistandspflicht der Mitgliedstaaten einführt. Im Fall eines bewaffneten Angriffs auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates „schulden die anderen Mitgliedstaaten ihm alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung, im Einklang mit Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen“.
Es kann offenbleiben, ob in der Literatur zu Recht bereits die rechtliche Bindungswirkung dieser kollektiven Beistandspflicht in Frage gestellt wird (vgl. Dietrich, Die rechtlichen Grundlagen der Verteidigungspolitik der Europäischen Union, ZaöRV 2006, S. 663 <694>; Regelsberger, Von Nizza nach Lissabon – das neue konstitutionelle Angebot für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU, integration 2008, S. 266 <271>; Missiroli, The Impact of the Lisbon Treaty on ESDP, European Parliament, January 2008, S. 15; Schmidt-Radefeldt, Parlamentarische Kontrolle der internationalen Streitkräfteintegration, 2005, S. 186; Thym, Außenverfassungsrecht nach dem Lissaboner Vertrag, in: Pernice, Der Vertrag von Lissabon: Reform der EU ohne Verfassung?, 2008, S. 173 <184 f.>).
Aus Wortlaut und Systematik des Art. 42 EUV-Lissabon wird jedenfalls deutlich, dass die Beistandspflicht der Mitgliedstaaten nicht über die Beistandspflicht nach Art. 5 des Nordatlantikvertrags vom 4. April 1949 (BGBl 1955 II S. 289) hinausgeht. Diese umfasst nicht zwingend den Einsatz militärischer Mittel, sondern gewährt den NATO-Mitgliedstaaten einen Beurteilungsraum hinsichtlich des Inhalts des zu leistenden Beistands (vgl. BVerfGE 68, 1 <93>). Hinzu kommt, dass die kollektive Beistandspflicht den „besonderen Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten“ ausdrücklich unberührt lässt (Art. 42 Abs. 7 UAbs. 1 Satz 2 EUV-Lissabon), eine Aussage, die der Vertrag auch an anderen Stellen enthält (vgl. Art. 42 Abs. 2 UAbs. 2 Satz 1 EUV-Lissabon und die der Schlussakte zum Vertrag von Lissabon beigefügten Erklärungen Nr. 13 und 14 zur Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik). Die Mitgliedstaaten haben dadurch die primärrechtlich abgesicherte Möglichkeit, sich gegenüber der Beistandspflicht auf prinzipielle inhaltliche Vorbehalte zu berufen (vgl. Graf von Kielmansegg, Die Verteidigungspolitik der Europäischen Union, 2005, S. 396 ff.). Der wehrverfassungsrechtliche Parlamentsvorbehalt des Grundgesetzes kann seine Wirksamkeit im Anwendungsbereich dieses Vorbehalts entfalten.
Der wehrverfassungsrechtliche Parlamentsvorbehalt kann auch nicht aufgrund von sekundärrechtlich begründeten Handlungspflichten der Mitgliedstaaten umgangen werden. Der Vertrag von Lissabon ermächtigt den Rat zwar zu Beschlüssen über Missionen, „bei deren Durchführung die Union auf zivile und militärische Mittel zurückgreifen kann“ (Art. 43 Abs. 1 und Abs. 2 EUV-Lissabon). Die Formulierung „zivile und militärische Mittel“ könnte auch konkrete mitgliedstaatliche Streitkräftekontingente einschließen. Das bisherige Verständnis der Mitgliedstaaten im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik spricht allerdings gegen diese Sichtweise. Danach waren militärische Beiträge niemals rechtlich, sondern allenfalls politisch „geschuldet“.
Selbst wenn aber Art. 43 Abs. 2 EUV-Lissabon weit ausgelegt würde, müsste der Rat einen entsprechenden Beschluss einstimmig fassen (vgl. Art. 31 Abs. 1 und Abs. 4, Art. 42 Abs. 4 EUV-Lissabon). Der deutsche Vertreter im Rat wäre in diesem Fall von Verfassungs wegen verpflichtet, jeder Beschlussvorlage die Zustimmung zu verweigern, die den wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalt des Grundgesetzes verletzen oder umgehen würde. Das Erfordernis der Einstimmigkeit im Rat kann in diesem Fall auch nicht durch einen Beschluss des Rates in die qualifizierte Mehrheit übergeleitet werden (vgl. Art. 31 Abs. 2 und Abs. 3 EUV-Lissabon). Beschlüsse „mit militärischen oder verteidigungspolitischen Bezügen“ sind vom Anwendungsbereich der allgemeinen Brückenklausel nach Art. 48 Abs. 7 UAbs. 1 Satz 2 EUV-Lissabon und der speziellen Brückenklausel nach Art. 31 Abs. 4 EUV-Lissabon ausgenommen. Eine mögliche politische Einigung zwischen den Mitgliedstaaten, Streitkräfte im europäischen Bündnis einzusetzen, wäre nicht in der Lage, auf rechtlicher Ebene eine Handlungspflicht zu erzeugen, die den insoweit gegenüber Art. 23 GG spezielleren konstitutiven Parlamentsvorbehalt nach Art. 24 Abs. 2 GG überspielen könnte.
Der Vortrag
Vorgestellt wurde Gerold Otten durch den Kandidaten der AfD im Stimmkreis Altötting-Mühldorf, Dr. med. Klaus Lang.