MÜNCHEN – Der bayerische Verfassungsgerichtshof hat es als Recht empfunden, daß ein zu integrierender, der z.B. durch demonstrative Regelverstöße beharrlich zum Ausdruck bringt, daß er z.B. die Gleichberechtigung von Mann und Frau ablehnt, verpflichtet werden kann, sich einem Grundkurs über die freiheitlich demokratische Grundordnung zu unterziehen.
Dies erstaunt so sehr, daß es sich lohnt einmal den Originaltext dieses Urteils genauer zu untersuchen:
Artikel 13 des bayerischen Integrationsgesetzes:
Durch Artikel 13 des bayerischen Integrationsgesetzes wird versucht Personen, die die Grundlagen des Zusammenlebens in Mitteleuropa nicht akzeptieren, mit Hilfe einer Unterrichtung über diese Regeln dazu zu bewegen, diese Regeln zumindest zu kennen. Diese Vorschrift lautet:
beharrlich zum Ausdruck bringt, dass er
- die freiheitliche demokratische Grundordnung, insbesondere
- die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem
- das Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung und
- die Gleichberechtigung von Mann und Frau
- bei Ablehnung des staatlichen Gewaltmonopols,
- des Verhältnisses von Religion und Staat,
- der gewaltlosen Erziehung von Kindern und
- des Schutzes von Minderjährigen oder
- der Beachtung des deutschen Straf-, Ehe- und Familienrechts.
3Die strafrechtliche Verantwortlichkeit bleibt unberührt.
- durch wiederholte schwerwiegende Regelverstöße oder sonst
- durch ein offenkundig rechtswidriges Verhalten erkennen lässt,
dass ihm die Rechts- und Werteordnung in ihren Grundsätzen unbekannt oder gleichgültig ist.
SPD und Grüne wollen Art. 13 des BayIntG nicht
Um Artikel 13 des BayIntG zu Fall zu bringen, argumentierten SPD und Grüne, daß Artikel 13 unklar und damit mehrdeutig sei:
Die nach Art. 13 mögliche Verpflichtung zur Teilnahme an einem Grundkurs über die Werte der freiheitlichen demokratischen Grundordnung greife unzulässigerweise in die Meinungsfreiheit ein, da weder die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm noch Inhalt und Umfang des Grundkurses im Gesetz hinreichend bestimmt seien.
Mit anderen Worten: SPD und Grüne meinen, daß jemand, der das Gesetz liest, nicht wüßte, was damit gemeint sei,wenn festgelegt wird:
Es erstaunt, daß SPD und Grüne als Grund, um das Gesetz zu Fall zu bringen, angeben, daß jemand nicht wüßte, was unter „Gleichberechtigung von Mann und Frau“ zu verstehen sei. Da stellt sich doch die Frage, wie dann SPD und Grüne Gleichberechtigung von Mann und Frau überhaupt einfordern können, wenn sie es auf der anderen Seite Personen zugestehen, sich mit der Ausrede aus der Situation zu stehlen „ich weiß nicht, was das ist, Gleichberechtigung von Mann und Frau„.
Das Gericht urteilte:
Im Tenor faßte das Gericht zusammen:
Das Gericht begründete diese Auffassung auf Seite 11 des Urteils wie folgt:
g) Art. 13 BayIntG („Achtung der Rechts- und Werteordnung“), wonach die Sicherheitsbehörden befugt sind, bußgeldbewehrte Verpflichtungen zur Teilnahme an einem Grundkurs über die Werte der freiheitlichen demokratischen Grundordnung auszusprechen, verstößt gegen das Grundrecht der Meinungsfreiheit (Art. 110 Abs. 1 Satz 1 BV).
Denn danach kann zur Kursteilnahme jeder verpflichtet werden, der durch sein Verhalten die Ablehnung bestimmter Regeln, Prinzipien und Werte „zum Ausdruck bringt“ (Art. 13 Abs. 1 BayIntG) oder „erkennen lässt“, dass ihm diese unbekannt oder gleichgültig sind (Art. 13 Abs. 2 BayIntG).Die Anordnungsbefugnis der Behörde setzt hiernach eine – von einem normativen Leitbild abweichende – persönliche Grundeinstellung voraus, die bereits nach außen kommuniziert worden ist. Wer durch öffentliche Äußerungen oder demonstrative Handlungen seine Gegnerschaft, seine Ignoranz oder sein Desinteresse gegenüber der in Art. 13 Abs. 1 und 2 BayIntG beschriebenen Rechts- und Werteordnung bekundet, läuft Gefahr, wegen dieser negativen Haltung einen Grundkurs über die Werte der freiheitlichen demokratischen Grundordnung absolvieren zu müssen.
Die Unklarheit erkennt das BayVerfG erstens wie folgt:
Unklar ist vor allem, ob mit dem Begriff des „Regelverstoßes“ nur
Neben dieser „Unklarheit“ erkennt das AByVErfG zweitens auch noch eine „Unverhältnismäßigkeit“:
Die Verpflichtung zur Kursteilnahme
- zielt nicht vorrangig auf die Vermeidung eines befürchteten (erneuten) Fehlverhaltens,
- sondern auf einen generellen Gesinnungswandel hin zu einer positiveren Haltung gegenüber den Werten der freiheitlichen demokratischen Grundordnung.
Die beabsichtigte geistige Einflussnahme greift, auch wenn sie letztlich nur appellativen Charakter trägt, in innerpsychische Vorgänge der Meinungsbildung ein, die für das individuelle Selbstverständnis besonders bedeutsam sind.
Mit anderen Worten: Das BayVerfG schützt den zu integrierenden Verfassungsfeind vor einer Umerziehung hin zu einem verfassungstreuen Glied der Gesellschaft mit dem Argument, daß der Staat sonst in die Meinungsbildung des zu Integrierenden eingreife. Eine irgendwie schwer nachvollziehbare Argumentation.
Darüber hinaus sieht das BayVErfG drittens auch noch einen fakischen Eingriff in die Meinungsbildung eines zu Integrierenden, der das mitteleuropäische Wertekoordinatensystem ablhrent:
Darüber hinaus liegt in der Vorschrift ein gewichtiger faktischer Eingriff in das Recht, seine Meinung frei äußern zu können.
Denn schon das Wissen um die Existenz einer sicherheitsrechtlichen Befugnisnorm, die an die Bekundung bestimmter Meinungsinhalte anknüpft, kann den einzelnen Grundrechtsträger hindern, seine Ansichten zu den betreffenden Themen unbefangen preiszugeben.
Mit anderen Worten: Wenn jemand die Auffassung hat, daß „Mann und Frau nicht gleichberechtigt sind“ und er weiß, daß das Aussprechend dieser Auffassung strafbewehrt ist, dann wird er diese Auffassung nicht mehr äußern, sondern für sich behalten. doch es geht noch weiter:
Die bloß allgemeine Befürchtung, eine von einzelnen Personen durch Worte oder Taten zum Ausdruck gebrachte Missachtung der geltenden Rechts- und Werteordnung oder einzelner ihrer Elemente könne irgendwann einmal in verfassungsfeindlichen oder allgemein rechtsstaatswidrigen Aktivitäten ihren Niederschlag finden, rechtfertigt keine derart schwerwiegenden Eingriffe in das Grundrecht der Meinungsfreiheit.
Über diese Auffassung dürften sich insbesondere andere Personen freuen, die die Grundordnung dieses Staates ablehnen, wie z.B. so genannte „Reichsbürger“. In deren Gedankenwelt übertagen, hieße das:
Die bloß allgemeine Befürchtung, eine von einzelnen Personen – wie z.B. Reichsbürgern – durch Worte oder Taten zum Ausdruck gebrachte Missachtung der geltenden Rechts- und Werteordnung oder einzelner ihrer Elemente könne irgendwann einmal in verfassungsfeindlichen oder allgemein rechtsstaatswidrigen Aktivitäten ihren Niederschlag finden, rechtfertigt keine derart schwerwiegenden Eingriffe in das Grundrecht der Meinungsfreiheit, wie diesen Reichsbürger z.B. zu einem Grundkurs über deren Werte zu verpflichten.
Es soll wohl so bezeichnete „Reichsbürger“ geben, die schon ganz andere Eingriffe in ihre Grundrechte haben über sich ergehen lassen müssen, als zu einem zu einem Grundkurs über Werte geschickt zu werden. statt Reichsbürger kann man auch andere Gruppierungen heranziehen, dei den Staat ablehnen, wie z.B. Kommunisten, Islamisten etc.
Wie soll man überhaupt noch in die Grundrechte solcher Leute eingreifen können, wenn man sie nicht einmal zu einer Belehrung schicken darf?
Wie diese Auffassung mit dem Gebot aus Art. 3 Absatz 3 des Grundgesetzes
in Einklang gebracht werden soll, ist nur schwer-, oder gar nicht erkennbar.
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