Sitzungswoche
Die Reden werden erst im Laufe der kommenden Woche voll umfänglich bearbeitet worden sein und werden dann hier nachträglich eingepflegt
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27. September 2023 (124. Sitzung)
Quelle Bundestag: Die Tagesordnung entspricht auch dann der im Bundestag, wenn die Reihenfolge der Tagesordnungen „durcheinander“ gehen.
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TOP 1 Befragung Bundesregierung (Bundesfinanzminister und Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung)
Nach Aussage von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ist die fiskalische Trendwende trotz Rekordinvestitionen gelungen. In der Regierungsbefragung des Bundestages am Mittwoch, 27. September 2023, sagte Lindner, es wäre „ökonomisch unverantwortbar“, wenn der Staat die Inflation dadurch anheizen würde, dass er jetzt noch schuldenfinanzierte Ausgabenprogramme auf den Weg bringt. Die Schuldenbremse des Grundgesetzes werde eingehalten und ein Staatsdefizit von unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts werde bereits in diesem Jahr erreicht, und zwar unter Berücksichtigung des Kernhaushalts sowie aller Sondervermögen.
„Wirtschaftliche Entwicklung unbefriedigend“
Die wirtschaftliche Entwicklung bezeichnete der Minister aufgrund konjunktureller Belastungsfaktoren und struktureller Defizite der Wettbewerbsfähigkeit als unbefriedigend. Die Regierung gehe das Problem an, und zwar mit dem Wachstumschancengesetz zur Stärkung von Forschungsförderung, Investitionen und Eigenkapitalbasis sowie dem Zukunftsfinanzierungsgesetz zur Verbesserung des Kapitalmarktzugangs junger und innovativer Unternehmen und der Mitarbeiterbeteiligung zur Bindung von Talenten in diesem Wirtschaftsbereich.
Das Bundesfinanzministerium werde Innenministerin Faeser bei den geplanten stationären Kontrollen im grenznahen Raum zur Bekämpfung der Schlepperkriminalität unterstützen, kündigte Lindner an. Bis zu 500 Vollzugsbeamte des Zolls würden zur Verfügung gestellt, um die Durchsetzung dieser stationären Kontrollen sicherzustellen. Nach 2015 habe Deutschland streckenweise die „Kontrolle über den Zugang zu diesem Land“ verloren, ein Zustand, der Lindner zufolge nicht fortgesetzt werden darf.
Schulze: Drei Hebel für eine lebenswerte Zukunft
In der Regierungsbefragung erinnerte überdies die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Svenja Schulze (SPD), daran, dass sich die Weltgemeinschaft 2015 eine gemeinsame Vision gegeben habe, Hunger und Armut bis 2030 zu beenden. Von der Erreichung der damals formulierten 17 Nachhaltigkeitsziele sei die Weltgemeinschaft jedoch noch weit entfernt. Erforderlich sei nun eine „Aufholjagd“: Nur mit vereinten internationalen Kräften könne eine lebenswerte Zukunft für alle wirklich erreicht werden.
Das Gipfeltreffen der Vereinten Nationen in New York habe gezeigt, so die Ministerin, dass der politische Wille mit klaren politischen Maßnahmen verbunden werden müsse. Dazu nannte sie drei Hebel: Zum einen gehe es um Geschlechtergerechtigkeit, um Frauen stärker in die Erreichung dieser Ziele mit einzubeziehen. Zweitens müssten soziale Ungleichheit bekämpft und Menschen in Beschäftigung und soziale Absicherung gebracht werden. Und drittens werde mehr Geld benötigt.
Die Abschlusserklärung des Gipfels habe eine Reform der internationalen Finanzarchitektur, vor allem der multilateralen Entwicklungsbanken, gefordert. Alle Finanzströme müssten an den 17 Nachhaltigkeitszielen ausgerichtet werden. Knapp vier Billionen US-Dollar fehlten aktuell noch, betonte Schulze. Um diese Lücke zu schließen, müsse auch die Privatwirtschaft mehr Geld in nachhaltige Projekte investieren. Die Weltbank müsse zu einer echten Transformationsbank werden, damit mehr Geld für Armutsbekämpfung, Klimaschutz und Geschlechtergerechtigkeit eingesetzt werden könne.
Entfernungspauschale und Umsatzsteuerbetrug
Auf die Frage des AfD-Abgeordneten Kay Gottschalk, ob Lindner bereit wäre, die Pendler durch eine Erhöhung der Entfernungspauschale zu entlasten, sagte der Minister, dazu gebe es keine Pläne. Er riet im Übrigen dazu, nicht nur das Steuerrecht zu sehen, sondern auch die Tarifentwicklung bei Löhnen und Gehältern. Auch von der steuerfreien Inflationsprämie hätten schon viele profitiert.
Tim Klüssendorf (SPD) sprach die Bekämpfung von Umsatzsteuerbetrug an. Eine wichtige Voraussetzung dafür sah Lindner in der Einführung der elektronischen Rechnungslegung. Dazu werde die Regierung bald einen konkreten Fahrplan vorlegen. Sie wolle Steuern nicht erhöhen, sondern das Steuerrecht durchsetzen, betonte der Minister.
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TOP 2 Fragestunde
Im Anschluss an die Regierungsbefragung folgte am Mittwoch, 27. September 2023, die Fragestunde. Getrennt nach Ressorts beantworteten Vertreter der Bundesregierung 45 Minuten lang Fragen (20/8448), die von den Abgeordneten vorab schriftlich eingereicht worden waren.
CDU/CSU-Abgeordnete mit den meisten Fragen
Ein Drittel der insgesamt 48 Fragen, nämlich 16, wurden von Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion gestellt. Abgeordnete der AfD-Fraktion und der Fraktion Die Linke waren mit jeweils 15 Fragen vertreten. Hinzu kamen zwei Fragen der Abgeordneten Canan Bayram (Bündnis 90/Die Grünen). Von SPD- und FDP-Abgeordneten sowie von fraktionslosen Abgeordneten wurden keine Fragen gestellt.
Zwölf der 48 Fragen richteten sich an das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen. Sieben Fragen gingen an das Bundesministerium des Innern und für Heimat, je fünf Fragen an das Auswärtige Amt und an das Bundesministerium der Justiz. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr sollte vier Fragen beantworten. Mit jeweils drei Fragen mussten sich das Bundesministerium für Gesundheit, das Bundeskanzleramt und das Bundesministerium der Verteidigung auseinandersetzen. Das Bundesministerium der Finanzen wurde mit zwei Fragen in Anspruch genommen, während sich je eine Frage an das Bundesministerium für Bildung und Forschung, an das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, an das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und an das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz richtete.
Was die Abgeordneten wissen wollten
Der hessische AfD-Abgeordnete Jan Ralf Nolte fragte das Bundesministerium der Verteidigung, anhand welcher Verhältnismäßigkeitsgrundsätze der Militärische Abschirmdienst (MAD) entscheidet, ob ein Soldat abgehört oder anderweitig nachrichtendienstlich überwacht wird. Nolte wollte ebenso wissen, wie lange ein Soldat ohne neue Erkenntnisse abgehört oder anderweitig nachrichtendienstlich überwacht werden darf.
Zusatzfragen sind möglich
Jeder Abgeordnete kann vorab bis zu zwei Fragen an die Bundesregierung einreichen. Nach der regelmäßig durch einen Parlamentarischen Staatssekretär oder einen Bundesminister erfolgenden Beantwortung können der Fragesteller, aber auch andere Abgeordnete des Deutschen Bundestages Zusatzfragen stellen und so die Bundesregierung zu weiteren Stellungnahmen zwingen.
Reicht die Zeit nicht aus, werden noch nicht aufgerufene Fragen von der Regierung schriftlich beantwortet. Ebenso kann vorab bereits um schriftliche Beantwortung gebeten werden. (vom/27.09.2023)
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ZP1 Aktuelle Stunde „Für unser Handwerk“
Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages haben sich am Mittwoch, 27. September 2023, mit der Lage im Handwerk befasst. Die Parlamentarier berieten in einer Aktuellen Stunde auf Verlangen der Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP über das Thema „Gemeinsam für unser Handwerk“.
Staatssekretär: Kernstück der deutschen Wirtschaft
Michael Kellner (Bündnis 90/Die Grünen), Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, sagte in der Aktuellen Stunde, das Handwerk sei das „Kernstück der deutschen Wirtschaft“. Er wünsche sich deshalb, „dass Handwerksabschlüsse in Zukunft genauso gewertet werden wie Studienabschlüsse“.
Um das zu erreichen, müssten in der Berufsberatung alle Wege in den Blick genommen und nicht nur ein Studium empfohlen werden. Um eine hohe Qualität der Ausbildung in den über 130 Handwerksberufen zu garantieren, werde die Bundesregierung „auch in schwierigen Zeiten eine auskömmliche Finanzierung bereitstellen“, sagte Kellner. Er bedankte sich zudem besonders bei jenen Betrieben, die Geflüchtete ausbilden: „Sie setzen damit ein wichtiges Zeichen für Integration und gegen Fremdenfeindlichkeit.“
AfD kritisiert „Überakademisierung“ und Bürokratie
Bernd Schattner (AfD) sagte, das Handwerk, das den „Kern des Mittelstands“ bilde, sei so stark belastet wie nie zuvor. Er korrigierte Walters Zitat, das richtig heißen müsse: „Handwerk hat goldenen Boden, sprach der Weber, da schien ihm die Sonne in den leeren Brotbeutel.“ „Überakademisierung“ und Bürokratie lähme die Betriebe, so Schattner. Wer sich heute selbstständig machen wolle, müsse eine Bürokraft in Vollzeit einstellen, die sich nur mit Bürokratie beschäftige. Im vergangenen Jahr hätten 3270 Handwerksbetriebe Insolvenz angemeldet, das seien zwölf Prozent mehr als im Jahr zuvor, sagte der AfD-Abgeordnete. „Die Regierung hat das Vertrauen des Handwerks längst verspielt“, schloss Schattner seine Rede.
Die Regierung habe sich deshalb dafür eingesetzt, dass künftig eine Ausbildungsduldung zu einer Aufenthaltsgenehmigung für Ausländerinnen und Ausländer werden könne. „Das macht Sinn, vor allem für das Handwerk, so Audretsch, da dort bald 400.000 Arbeitskräfte fehlen werden. “Die Arbeitsverbote müssen fallen„, sagte der Grüne: “Es macht keinen Sinn, dass Menschen hier sind, die nicht arbeiten dürfen und gleichzeitig im Handwerk Leute fehlen.„ (emu/27.09.2023)
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TOP 3 Bunddeswehreinsatz im Irak
Der Bundestag hat am Mittwoch, 27. September 2023, erstmals einen Antrag der Bundesregierung (20/8341) beraten zur Fortsetzung des Einsatzes bewaffneter deutscher Streitkräfte im Irak, um Stabilisierung zu sichern, das Wiedererstarken des Islamischen Staats (IS) zu verhindern und Versöhnung im Irak zu fördern. Den Antrag überwiesen die Abgeordneten nach der Aussprache zur weiteren Beratung an den federführenden Auswärtigen Ausschuss.
Antrag der Bundesregierung
Vorgesehen ist, wie bisher bis zu 500 Bundeswehrsoldaten zu entsenden, die die regulären irakischen Streit- und Sicherheitskräfte ausbilden und beraten und unter anderem Aufgaben wie Lufttransport, See- und Luftraumüberwachung sowie Aufklärung und Lagebilderstellung übernehmen.
Der IS bleibe weiterhin territorial eingehegt, nutze aber die teils unklare Sicherheitsverantwortung in den umstrittenen Gebieten zwischen Zentralirak und der Region Kurdistan-Irak, um sich Rückzugsräume zu sichern, schreibt die Bundesregierung. Seit Anfang 2023 sei eine Verringerung der Anschlagszahlen zu beobachten; zudem hätten die irakischen Sicherheitskräfte ihr Vorgehen gegen verbleibende IS-Strukturen intensiviert. Dennoch setze die Terrororganisation den Kampf mit asymmetrischen Mitteln und Methoden fort und sei weiterhin fähig und willens, Anschläge im Irak, in Syrien und Europa sowie darüber hinaus zu verüben.
Beitrag im Rahmen des Nato-Engagements
Der deutsche Beitrag zum Fähigkeitsaufbau der regulären irakischen Streit- und Sicherheitskräfte sowie dazugehörige Unterstützungsleistungen werden den Angaben zufolge sowohl im Rahmen des Nato-Engagements im Irak als auch im Rahmen der internationalen Anti-IS-Koalition (Operation Inherent Resolve, OIR) erbracht.
Völkerrechtliche Grundlage für den Fähigkeitsaufbau irakischer Streit- und Sicherheitskräfte ist die Zustimmung der irakischen Regierung, die darüber hinausgehenden Beiträge dienen der Unterstützung des Iraks, der internationalen Anti-IS-Koalition und der regionalen Partner in ihrem Kampf gegen IS im Rahmen der einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen sowie auf Grundlage des Artikels 51 der Charta der Vereinten Nationen, schreibt die Bundesregierung. Die einsatzbedingten Zusatzausgaben beziffert sie für den Zeitraum des Mandats vom 1. November 2023 bis 31. Oktober 2024 auf voraussichtlich knapp 92 Millionen Euro. (vom/ahe/27.09.2023)
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TOP 4 Besserstellungsverbot für gemeinnützige Forschungseinrichtungen
Der Bundestag hat am Mittwoch, 27. September 2023, erstmals einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Flexibilisierung des Besserstellungsverbotes für gemeinnützige Forschungseinrichtungen ermöglichen“ (20/7589) beraten. Der Antrag wurde im Anschluss an die Aussprache zur weiteren Beratung in den federführenden Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung überwiesen.
Antrag der CDU/CSU
Die CDU/CSU-Fraktion fordert in ihrem Antrag die Bundesregierung auf, die nicht vom Bund geförderten gemeinnützigen Forschungseinrichtungen vom sogenannten Besserstellungsverbot freizustellen. Das Besserstellungsverbot besagt, dass ein Zuwendungsempfänger, der seine Ausgaben überwiegend Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln bestreitet, seine Beschäftigten nicht besserstellen darf als vergleichbare Bundesbedienstete.
Dafür müsse die Bundesregierung das Wissenschaftsfreiheitsgesetz so erweitern, dass gemeinnützige Forschungseinrichtungen, die vom Bund nicht institutionell gefördert werden, zukünftig mit einbezogen werden. So könne die „massive Benachteiligung“ der gemeinnützigen Forschungseinrichtungen im Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte unterbunden werden.
Im Wissenschaftsfreiheitsgesetz wurde eine Ausnahme vom Besserstellungsverbot geschaffen, um wissenschaftliche Spitzenkräfte mit marktgerechten Gehältern beschäftigen zu können. Bisher umfasst das Gesetz jedoch nicht die gemeinnützigen Forschungseinrichtungen, die nicht institutionell vom Bund gefördert werden, heißt es in dem Antrag. (vom/cha/27.09.2023)
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TOP 5 Zwischenbericht der Start-up-Strategie der Bundesregierung
Der Bundestag hat am Mittwoch, 27. September 2023, den Ersten Fortschrittsbericht zur Umsetzung der Start-up-Strategie der Bundesregierung (20/8450) beraten. Mit der Strategie sollen die Rahmenbedingungen für Start-ups in Deutschland verbessert werden. Nach der Aussprache im Plenum überwiesen die Abgeordneten die Vorlage zur weiteren Beratung in den federführenden Wirtschaftsausschuss.
Fortschrittsbericht
Mehr als 40 Prozent der 130 Maßnahmen der Start-up-Strategie, die die Bundesregierung im Juli 2022 beschlossen hat, sind bereits umgesetzt worden. Das geht aus der Unterrichtung hervor. Zu den bereits umgesetzten Projekten zählen laut der Unterrichtung der DeepTech & Climate Fonds, der in das Wachstum von Unternehmen mit Zukunftstechnologien investiert. Hingekommen sei zudem der Wachstumsfonds Deutschland, der privates Kapital institutioneller Investoren aus Deutschland und Europa für die Start-up-Finanzierung mobilisieren soll. Genannt wird weiterhin das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das Start-ups bei der Talentgewinnung helfen soll.
Mehr Frauen soll mit dem Programm Exist Women beim Gründen geholfen werden und so „mehr Diversität in der Gründungslandschaft“ kommen. Und mit dem Wettbewerb „Startup Factories“ sollen an deutschen Hochschulen „international sichtbare Start-up-Schmieden“ entstehen. Genannt wird zudem das Zukunftsfinanzierungsgesetz, das die sogenannte Dry-Income-Problematik lösen und Mitarbeiterkapitalbeteiligungen bei Start-ups attraktiver machen soll. (emu/vom/27.09.2023)
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Antrag AfD TOP 6 Tätigkeit des Petitionsausschusses
Der Bundestag hat am Mittwoch, 27. September 2023, erstmals einen Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Bürgerstunde im Bundestag für Petitionen mit 100.000 Mitzeichnern einführen“ (20/8529) beraten. Der Antrag wurde nach der Aussprache zur weiteren Beratung in den federführenden Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung überwiesen.
Antrag der AfD
Die AfD-Fraktion will im Bundestag das Format einer „Bürgerstunde“ einführen. Sie soll immer dann stattfinden, sobald der Petitionsausschuss dem Bundestag eine
Beschlussempfehlung über eine Petition mit einem Quorum von 100.000 Mitzeichnungen vorlegt oder wenn eine Fraktion eine Bürgerstunde für eine Petition mit einem Quorum von 100.000 Mitzeichnungen verlangt.
Der Antrag zielt darauf, die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages entsprechend zu ergänzen. In der Bürgerstunde sollen Abgeordnete und Fraktionen zum Gegenstand der Petition Stellung nehmen.
„Gegenprogramm zu den Bürgerräten“
Die AfD-Fraktion begründet ihre Initiative damit, dass Petitionen derzeit im Plenum faktisch nicht beraten würden. Allein aufgrund einer Übereinkunft der Obleute des Petitionsausschusses stelle ein Berichterstatter eine Petition binnen drei Minuten im Plenum vor, wenn sich alle Fraktionen einig seien, diese Petition der Bundesregierung zur Erwägung oder zur Berücksichtigung zu überweisen.
Für die Fraktion ist dies zu wenig. Aus ihrer Sicht würden durch Einführung der Bürgerstunde öffentliche Petitionen „angemessen“ im Plenum behandelt. Die Bürgerstunde wäre für sie „ein richtiger Schritt zum Ausbau der direkten Demokratie auf Bundesebene“ und ein „Gegenprogramm“ zu den „um sich greifenden Bürgerräten“.
„Eine einzige Unterschrift genügt“
Der Vorteil von Petitionen gegenüber anderen Formen der Bürgerbeteiligung wie Bürgerräten sei, dass sich hier nicht nur wenige „Auserwählte“ beteiligen dürften, heißt es in dem Antrag. Bei den Petitionen könne jeder mitmachen, zudem seien die Hürden niedriger, weil eine einzige Unterschrift genüge, um Gehör zu finden, argumentiert die Fraktion.
Die Bürgerstunde soll nach dem Willen der Abgeordneten im Anschluss an die Fragestunde aufgerufen werden und höchstens 60 Minuten dauern. Nehmen Mitglieder der Bundesregierung, des Bundesrates oder ihrer Beauftragten mehr Redezeit als eine halbe Stunde in Anspruch, so soll sich die Dauer der Aussprache um 30 Minuten verlängern. (vom/27.09.2023)
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28. September 2023 (125. Sitzung)
TOP 7 Chinastrategie der Bundesregierung
Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) hat vor einer wachsenden Gefahr von Konflikten mit China gewarnt. „China verändert sich als Partner, als Wettbewerber und zunehmend als systemischer Rivale“, sagte Baerbock am Donnerstag, 28. September 2023, im Bundestag in der Debatte über die China-Strategie der Bundesregierung (20/7770). Mit der Strategie gebe die Bundesregierung den Beziehungen zur Volksrepublik erstmals einen festen Rahmen, sagte Baerbock. „Wir wollen überall dort kooperieren, wo das möglich ist – aber auf Grundlage fairer Regeln.“
Die als Unterrichtung vorliegende Strategie wurde im Anschluss an die Debatte zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen, die Federführung übernimmt der Auswärtige Ausschuss. Wie es in dem Papier heißt, will die Bundesregierung die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen mit China „fairer, nachhaltiger und reziproker“ gestalten, in der Volksrepublik sieht sie einen „Partner, Wettbewerber und systemischen Rivalen“. „China ist Deutschlands größter einzelner Handelspartner, wobei Abhängigkeiten Chinas von Europa stetig abnehmen, während Deutschlands Abhängigkeiten von China in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen haben.“
Die systemische Rivalität zeige sich darin, dass Deutschland und China in wichtigen Bereichen unterschiedliche Vorstellungen über die Prinzipien der internationalen Ordnung hätten. Mit Sorge betrachte die Bundesregierung Bestrebungen Chinas, die internationale Ordnung entlang der Interessen seines Einparteiensystems zu beeinflussen und dabei auch Grundfesten der regelbasierten Ordnung, wie etwa die Stellung der Menschenrechte, zu relativieren. Chinas Entscheidung, das Verhältnis zu Russland auszubauen, sei für Deutschland von unmittelbarer sicherheitspolitischer Bedeutung. Im Indo-Pazifik beanspruche die Volksrepublik immer offensiver eine regionale Vormachtstellung und stelle dabei völkerrechtliche Grundsätze infrage.
Systemische Rivalität mit China bedeute nicht, dass keine Zusammenarbeit möglich sei. „Im Gegenteil: Die Bundesregierung sucht die Zusammenarbeit, zu fairen Bedingungen.“ Eine Minderung von Risiken (De-Risking) sei dringend geboten, „eine Entkopplung unserer Volkswirtschaften (De-Coupling) lehnen wir hingegen ab“. (ahe/28.09.2023)
AfD warnt vor neuer Abgrenzung
Petr Bystron (AfD) sprach von einer Kehrtwende: Das Papier breche mit der Kontinuität der deutschen Außenpolitik der Nachkriegszeit, es gehe nicht um Weiterentwicklung der Beziehungen mit dem wichtigsten Handelspartner, sondern um neue Abgrenzung.
„Sie bauen eine neue chinesische Mauer, statt die Seidenstraße weiter auszubauen.“ Die Bundesregierung folge damit blind den Vereinigten Staaten, denen China zu mächtig geworden sei.
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ZP 2 Maßnahmen für bezahlbares Bauen und Wohnen
Der Bundestag hat am Donnerstag, 28. September 2023, erstmals über einen Antrag der Unionsfraktion mit dem Titel „Deutschland aus der Baukrise führen – Jetzt wirksame Maßnahmen für bezahlbares Bauen und Wohnen ergreifen“ (20/8523) diskutiert. Die Vorlage wurde nach der Debatte zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Bauwesen und Wohnen überwiesen.
14-Punkte-Plan der Bundesregierung
Bundesministerin Klara Geywitz (SPD) und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatten Anfang der Woche gemeinsam einen 14-Punkte-Plan vorgestellt, mit dem der lahmende Wohnungsbau angeschoben werden soll. Zusammen präsentierten sie das Hilfspaket der Bundesregierung. Die Pläne sehen unter anderem bessere Abschreibungsmöglichkeiten vor. Neu errichtete Wohngebäude sollen durch eine degressive AfA in Höhe von jährlich sechs Prozent abgeschrieben werden. Die Hilfe soll für Wohngebäude gelten, mit deren Herstellung nach dem 30. September 2023 und vor dem 1. Oktober 2029begonnen wird, für die Baukosten gibt es keine Obergrenzen.
Zudem wird wegen der hohen Zinsen und der deutlich gestiegenen Baukosten auf die Verankerung von EH40 als verbindlicher gesetzlicher Neubaustandard bis 2025 verzichtet. Den Energiesparstandard EH40 hatte die Ampel im Koalitionsvertrag vereinbart. In den Jahren 2022 bis 2027 will die Bundesregierung insgesamt 18,15 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau bereitstellen. Jeder Euro des Bundes wird aktuell durch 1,50 Euro der Länder kofinanziert. Bei Fortführung dieser Komplementärfinanzierung stünden bis 2027 rund 45 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung. Damit mehr Familien als bisher Wohneigentum erwerben, soll der Kreis der Anspruchsberechtigten für zinsvergünstigte Baukredite erweitert werden. Entsprechende Angebote der Förderbank KfW wurden bisher rund 300 Anträge genehmigt. Die Kredithöchstbeträge werden nun um 30.000 Euro erhöht. Außerdem wird die Grenze des zu versteuernden Einkommens, bis zu dem ein zinsvergünstigtes Darlehen beantragt werden kann, von 60.000 Euro im Jahr auf 90.000 Euro im Jahr angehoben. Jungen Familien soll bei der Übernahme von sanierungsbedürftigen Häusern geholfen werden. Dazu soll es 2024 und 2025 ein KfW-Förderprogramm geben. Der zusätzliche Finanzierungsbedarf soll aus dem Klima- und Transformationsfonds der Regierung kommen.
Um mehr Wohnraum zu schaffen, ist angedacht, leerstehende Gewerbeimmobilien zu Wohnungen umzurüsten. Das Potenzial wird auf bis zu 235.000 neue Wohneinheiten geschätzt. Das entsprechende KfW-Förderprogramm soll 2024 und 2025 mit insgesamt 480 Millionen Euro ausgestattet werden. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) wird über 2024 hinaus für weiter fünf Jahre eigene Grundstücke für öffentliche Aufgaben oder den sozialen Wohnungsbau bereitstellen. Damit Planungsverfahren schneller abgeschlossen werden, will die Bundesregierung mit den 16 Ländern noch in diesem Jahr einen „Pakt für Planungs- und Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung“ beschließen. Darüber hinaus soll ab 2024 die neue Wohngemeinnützigkeit starten, um dauerhafte Sozialbindungen im Neubau und im Bestand zu schaffen. Der Bund soll dazu Investitionen bezuschussen und Steueranreize bieten. In der Bau- und Wohnungswirtschaft gibt es jedoch Zweifel an den Plänen der Bundesregierung. Der Spitzenverband der deutschen Wohnungswirtschaft (GdW) und der Eigentümerverband Haus & Grund sprechen von „einer verfehlten Wohnungspolitik der Ampel“.
AfD kritisiert zu hohe Klimastandards
Roger Beckamp (AfD) verwies auf das seiner Meinung nach „schädliche Zusammentreffen“ der Faktoren bezahlbarer Wohnraum und steigende Nachfrage. Beides habe Gründe und sei aufgrund von Fehlentscheidungen der aktuellen Regierung und deren Vorgänger entstanden.
Beckamp kritisierte zu hohe Klimastandards und „die Einreisepolitik der Regierung“. Regierung und Union würden lediglich von „Baukrise sprechen“, andere Faktoren blieben ausgeblendet.
Antrag der CDU/CSU
Die CDU/CSU-Fraktion sieht „Deutschland in einer Wohnungsbaukrise“ und fordert wirksame Maßnahmen für bezahlbares Bauen und Wohnen zu ergreifen. Die Lage der Baubranche nennt die Union „dramatisch“. Die Baugenehmigungszahlen brächen flächendeckend ein, die Auftragsbücher der Unternehmen liefen leer und Projekte würden reihenweise storniert. In der Branche gebe es bereits Kurzarbeit und Entlassungen, erste Betriebe meldeten Insolvenz an. Die dramatische Lage der Bauwirtschaft wirke sich unmittelbar auf den Wohnungsmarkt aus und führe dort „zu steigenden Mieten und gesellschaftlichen Spannungen“, schreiben die Abgeordneten. Leidtragende seien viele hunderttausende Menschen, die auf der Suche nach einer bezahlbaren Wohnung seien, heißt es in dem Antrag.
Ein weiteres Problem sieht die CDU/CSU-Fraktion darin, dass die Ampel-Regierung das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) nicht mit den notwendigen Zuständigkeiten ausgestattet habe, um bezahlbares Bauen und Wohnen wirklich voranzubringen. So liege nur die Neubauförderung in den Händen des BMWSB, während für die Sanierungsförderung das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) zuständig sei. Zudem würden zahlreiche Förderprogramme von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) administriert, die wiederum in der Zuständigkeit des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) liege.
Sonderabschreibung für den sozialen Wohnungsbau
Die Abgeordneten fordern die Bundesregierung unter anderem im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel auf, im Bereich steuerlicher Maßnahmen eine Sonderabschreibung für den sozialen Wohnungsbau einzuführen, wonach Unternehmen Mietbegrenzungen garantieren. Außerdem verlangt die Unionsfraktion die steuerliche Förderung und einen auf vier Jahre befristeten fünfprozentigen Abzug für Eigentümer, die selbstgenutztes Wohneigentum neu bauen. Den Ländern soll die Möglichkeit gegeben werden, bei der Grunderwerbsteuer einen Freibetrag von 250.000 Euro pro Erwachsenem und 150.000 Euro pro Kind für den Ersterwerb von selbstgenutztem Wohneigentum einzuführen. Für Familien mit geringen und mittleren Einkommen sollen beim erstmaligen Erwerb von selbstgenutzten Immobilien staatlich abgesicherte Mietkaufmodelle entwickelt werden.
Darüber hinaus müsse es massive Kostensenkungen geben. Dazu sei ein Belastungsmoratorium auszurufen: Neue Regeln müssten auf verteuernde Auswirkungen des Bauens überprüft werden, bis Ende 2027 dürften keine neuen Vorschriften erlassen werden, die das Bauen unnötig verteuern oder verlangsamen. Die kürzlich beschlossene Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes (Heizungsgesetz) sei zurückzunehmen und schnellstmöglich ein verbindliches Förderkonzept vorzulegen, das die rechtlichen Verpflichtungen nach dem Gebäudeenergiegesetz sozial flankiere und wirtschaftliche Überforderungen vermeide.
Die Vereinheitlichung der Landesbauordnungen sei voranzutreiben, um damit die Kostensenkungspotentiale des seriellen und modularen Bauens etwa mit Typengenehmigungen zu erschließen. Schließlich sollen beim Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen alle Zuständigkeiten konzentriert werden, „die notwendig sind, um die Themen Bauen, Wohnen und Sanieren wirkungsvoll voranzubringen“, schreiben die CDU/CSU-Abgeordneten in ihrem Antrag. (nki/28.09.2023)
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TOP 9 Nationale Datenstrategie der Bundesregierung
Der Bundestag hat am Donnerstag, 28. September 2023, erstmals über die Weiterentwicklung der nationalen Datenstrategie der Bundesregierung mit dem Titel „Fortschritt durch Datennutzung – Strategie für mehr und bessere Daten für neue, effektive und zukunftsweisende Datennutzung“ (20/8260) beraten. Im Anschluss an die Aussprache wurde die Unterrichtung zur weiteren Beratung in den federführenden Ausschuss für Digitales überwiesen.
Ministerium: Boden bereiten für Aufholjagd
Staatssekretärin Daniela Kluckert (FDP) vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr betonte in der Debatte, dass die Strategie auf mehr Fortschritt durch bessere Daten abziele. Sie bereite den Boden für die Aufholjagd beim Thema Daten, bei der die Mitarbeit aller nötig sei. Lang habe sich die Bundesrepublik schwer damit getan, Daten bereitzustellen und sicher zu teilen. Mit Blick auf den Staat, aber auch auf Unternehmen, Wissenschaft und Zivilgesellschaft sagte Kluckert: „Die Datenqualität ist von entscheidender Bedeutung.“
Das Nutzen und Teilen von Daten müsse der Normalfall werden, Bedenken dabei dürften nur greifen, wenn diese begründet seien, erklärte Kluckert den Kulturwandel der Strategie. Teil der Weiterentwicklung seien auch offene Schnittstellen und Standards. Datengetrieben Innovationen und Schutzrechte müssten dabei zusammengebracht und das Vertrauen von Bürgern und Unternehmen für den Austausch von Daten gestärkt werden, „statt auf diesen zu sitzen“, so Kluckert. Unterstützung bekam sie von FDP-Fraktionskollegen Volker Redder, der betonte, dass die meisten Datensammlungen mithilfe von Steuergeldern entstanden seien. Es sei nur „fair und gerecht“, diese als neue Möglichkeiten der Wertschöpfung den Bürgern und der Wirtschaft zur Verfügung zu stellen.
CDU/CSU: Die Strategie kommt zu spät
Für die Unionsfraktion kritisierte Nadine Schön (CDU/CSU), dass die Strategie zu spät komme und keine konkreten Maßnahmen enthalte. Sie verwies auf die Datenstrategie der Vorgängerregierung von CDU/CSU und SPD, die diesbezüglich vorgelegt habe. Die Überschrift der Strategie der Ampel biete zwar einen positiven Zugang zum Thema Daten, allerdings sei die Frage, ob auch die Maßnahmen diesen „optimistischen Geist“ tragen.
Der Zugang zu Daten in allen Bereichen sei essenziell sagte Schön in Bezug auf Forscher, die oftmals Daten aus dem Ausland nutzen müssten oder die direkt ins Ausland gingen, um forschen zu können. Mit Blick auf das für 2024 angekündigte Forschungsdatengesetz sagte sie: „Deutschlandtempo ist das nicht.“
Innenministerium: Mehr Datennutzung wagen
Auch Staatsekretär Johann Saathoff (SPD) vom Innenministerium betonte, es brauche eine optimistischere Haltung. Man müsse „mehr Datennutzung wagen“, sagte er in Anspielung auf die Worte Willy Brandts. Eine Kultur des Teilens von Daten, nicht der Datensparsamkeit sei wichtig, denn „gute Daten führen zu guten Entscheidungen“, so Saathoff.
Der Zugang zu Daten sei auch eine Gerechtigkeits- und Machtfrage und eine Frage der Daseinsvorsorge, denn offene Daten böten neue Möglichkeiten für bessere Bildung und soziale Teilhabe. Neben der intelligenten Datennutzung sei auch mehr Datenkompetenz in der Verwaltung und bei den Bürgern entscheidend.
AfD begrüßt Rechtsanspruch auf Open Data
Es sei bemerkenswert, dass die Bundesregierung in Bezug auf die Digitalisierung nur einmal von der Stärkung der Souveränität Deutschlands und Europas spreche, sagte Steffen Janich für die AfD-Fraktion. Das solle die Bundesregierung zum Maßstab all ihres politischen Handelns machen – Souveränität sei notwendiger denn je, betonte Janich.
Seine Fraktion begrüße die Erweiterung des Zugangs und den Rechtsanspruch auf Open Data. Mit Blick auf die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) plädiere er für eine Überarbeitung zugunsten von Bürgernähe und Transparenz.
Grüne: EU-Data Act soll Leitlinie für Datenpolitik sein
Tobias B. Bacherle (Bündnis 90/Die Grünen) verwies darauf, dass die Europäische Union mit dem Data Act bereits eine sehr gute Linie vorgebe, bei der Selbstbestimmung und Datensouveränität im Mittelpunkt stehen. „Das sollte auch die Leitlinie für unsere Datenpolitik sein“, plädierte er.
Datenbasierte Innovationen könnten nicht nur zu guter Künstlicher Intelligenz (KI) führen, sie könnten auch faktenbasierte Entscheidungen erleichtern und damit den Fortschritt für alle, sagte Bacherle weiter. Entscheidend sei eine gute Datenqualität mit einheitlich aufbereiteten Daten, sodass zum Beispiel Verzerrungen erkannt werden könnten, um gegensteuern zu können.
Linke: Priorisierung, Konkretion und Festlegungen fehlen
Deutliche Kritik kam von der Linksfraktion: Anke Domscheit-Berg (Die Linke) sagte, die Datenstrategie sei noch schlechter als die der Großen Koalition: Es fehle an Priorisierung, Konkretion und Festlegungen bei der Zuständigkeit. „Der Bundesrechnungshof würde sich ein zweites Mal die Haare raufen“, so die Digitalpolitikerin.
Auch dazu, wie teuer die Vorhaben werden und welches Monitoring stattfinde fehlten Angaben. „Der Zeitplan ist ein schlechter Witz“, wurde sie mit Blick auf das für 2024 angekündigte Transparenzgesetz und das Recht auf Open Data noch deutlicher. Zudem vermisse sie in der Strategie ein KI-Register.
Effektivere Datennutzung als Ziel
Daten sollen künftig effektiver genutzt werden können. Damit diese in größerem Umfang und besserer Qualität zur Verfügung stehen, will die Bundesregierung ihre Datenstrategie von 2021 weiterentwickeln zu einer „effektiven und zukunftsfähigen Datennutzung“. Viele Daten blieben bislang ungenutzt, seien von unzureichender Qualität, nicht zugänglich, nicht auffindbar, nicht interoperabel oder aufgrund fehlender Lizenzbestimmungen nicht nachnutzbar, heißt es in dem 17-seitigen Dokument. Dabei seien Daten zentral für die digitale und ökologische Transformation.
Verbessert werden sollen vor allem die Innovations-, Transformations- und Wettbewerbsfähigkeit von Wirtschaft, Wissenschaft, öffentlicher Hand und Gesellschaft, schreibt die Bundesregierung. Dies bedeute auch, Kenntnisse über die Bedeutung, Nutzung und Zugänglichkeit von Daten in der Bevölkerung zu steigern. Das Vertrauen in Bezug auf die Nutzung von Daten müsse weiter gestärkt werden. Ziel müsse es sein, dass Bürgerinnen und Bürger „einfach entscheiden können, wem sie welche personenbezogenen Daten zu welchen Zwecken zur Verfügung stellen“, schreibt die Regierung weiter.
Roadmap bis Ende 2024
Definiert wird in der Strategie unter anderem eine Roadmap mit Bundesgesetzgebung, begleitender EU-Gesetzgebung sowie Strukturen und Datenräumen bis Ende 2024. Danach soll im dritten Quartal 2023 neben der Datenstrategie auch ein Gesundheitsdatennutzungsgesetz vorgelegt werden. Für das vierte Quartal 2023 ist eine Änderung im Bundesdatenschutzgesetz angedacht, und auch das Beschäftigtendatengesetz ist dort aufgeführt. Für 2024 sind in der Roadmap das Mobilitätsdatengesetz, das Forschungsdatengesetz, der Rechtsanspruch auf Open Data und das Bundestransparenzgesetz als Vorhaben verzeichnet.
Den Rahmen der Strategie bildeten das europäische und nationale Recht sowie die im Jahr 2022 vorgelegte Digitalstrategie der Bundesregierung, die die relevanten Vorhaben der einzelnen Ressorts enthalte. (lbr/28.09.2023)
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Antrag AfD: TOP 10 Bewältigung der Massenmigration
Mit großer Mehrheit hat der Bundestag einen Antrag der AfD-Fraktion (20/6485) auf einen „Elf-Punkte-Plan zum Schutz der Grenzen und vor unregulierter Massenmigration“ zurückgewiesen. Mit 603 gegen 75 Stimmen lehnte das Parlament die Vorlage am Donnerstag, 28. September 2023, in namentlicher Abstimmung bei einer Enthaltungen ab. Dazu hatte der Innenausschuss eine Beschlussempfehlung (20/6785) vorgelegt.
Erster Antrag der AfD
Darin forderte die Fraktion die Bundesregierung auf, zur Verhinderung illegaler Grenzübertritte nach Deutschland „sofortige temporäre stationäre Grenzkontrollen zur durchgehenden Sicherung der Landgrenzen“ einzuführen und „Gewahrsamszentren unmittelbar an den Grenzen zur Sicherung sofortiger aufenthaltsbeendender Maßnahmen im Falle von unzulässigen Schutzanträgen einzurichten“. Ebenso sollte die Bundesregierung der Vorlage zufolge die Einrichtung eines Programms prüfen, durch das in Deutschland ankommende Asylbewerber zur Prüfung ihrer Asylanträge in ein Drittland überstellt werden können.
Ferner wurde die Bundesregierung in dem Antrag aufgefordert, ein „strenges Sachleistungsprinzip für Asylbewerber“ umzusetzen sowie die Rückführung von vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländern „in Verbindung mit der zeitnahen Prüfung der Förderungsmöglichkeit des Ausbaus von Abschiebehaftplätzen“ zu forcieren. Darüber hinaus forderte die Fraktion von der Bundesregierung, eine Erweiterung des Paragrafen 71 des Aufenthaltsgesetzes um eine Zuständigkeit für aufenthaltsbeendende Maßnahmen für aufgegriffene Personen im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei im Inland anzustrengen.
Des Weiteren machte sich die Fraktion unter anderem dafür stark, die Bekämpfung illegaler Migration und den Schutz deutscher Grenzen „unter die Federführung des Bundeskanzleramtes zu stellen, um diese Angelegenheit dauerhaft als Chefsache zu behandeln“. Auch pochte sie darauf, dass der Innenausschuss des Bundestages von der Bundesregierung „zeitnah, dauerhaft, schriftlich und vor allem proaktiv“ über lagerelevante Ereignisse zum Migrationsgeschehen an deutschen Grenzen oder mit einem Bezug zu Deutschland informiert wird.
Zweiter Antrag der AfD
Erstmals debattierte das Parlament in der Aussprache zudem über einen weiteren AfD-Antrag (20/8156), die „Befugnisse der Bundespolizei bei Abschiebungen zur Bewältigung der Massenmigration“ zu stärken. Der Antrag wurde im Anschluss an die Aussprache zur weiteren Beratung in den federführenden Ausschuss für Inneres und Heimat überwiesen. Darin wird die Bundesregierung zugleich aufgefordert, eine zukünftige Gesetzesvorlage für ein neu einzuführendes Bundespolizeigesetz „in thematisch und gegebenenfalls auch zeitlich getrennte Gesetzespakete aufzuteilen, um damit auch die Chance einer Akzeptanz im Bundesrat zu erhöhen“.
In diesem Kontext soll die Bundesregierung nach dem Willen der Fraktion im Rahmen eines Gesetzentwurfs die Befugnis vorsehen, vollziehbar ausreisepflichtige Drittstaatsangehörige in gesetzlich definierten Fällen besonderer Bedeutung abschieben zu dürfen, wenn diese im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei wie etwa an Bahnhöfen oder Flughäfen aufgegriffen werden. „Fälle besonderer Bedeutung“ sollen dabei laut Vorlage insbesondere dadurch gekennzeichnet sein, dass der entsprechende Drittstaatsangehörige „als Gefährder, Relevante Person oder Intensiv- oder Mehrfachstraftäter behördlich bekannt ist oder sonst strafauffällig geworden ist“.
Zudem spricht sich die Fraktion dafür aus, im Rahmen des Gesetzentwurfs den örtlichen Einsatzbereich für grenzpolizeiliche Aufgaben „über die derzeit gesetzlich festgelegten 30 Kilometer ins Landesinnere hinaus auf mindestens 50 Kilometer“ zu erweitern und den seeseitigen Fahndungskorridor der Bundespolizei über die im Bundespolizeigesetz festgelegte 50-Kilometer-Grenze hinaus auf mindestens 80 Kilometer.
AfD: Kontrollverzicht zum Schaden des Landes
In der Debatte warf Martin Hess (AfD) der Koalitionsregierung eine „desaströse“ Migrationspolitik vor. Dabei erlebe man keinen Kontrollverlust, sondern einen Kontrollverzicht zum Schaden des Landes. Derweil seien die Belastungsgrenzen der Kommunen bei der Aufnahme von Migranten bei weitem überschritten.
Die SPD verkünde zwar, sie wolle die Migration begrenzen, sei aber gegen eine Obergrenze. Gebraucht werde die „Festung Europa“ zur Sicherung der Außengrenzen.
Dazu zählten etwa eine Entlastung durch mehr sichere Herkunftsländer und Migrationsabkommen mit anderen Staaten. Notwendig sei, irreguläre Migration zu reduzieren und mehr reguläre Migration zu erleichtern. Dies habe die Ampel eingeleitet. (sto/28.09.2023)
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TOP 13 Antrag zur Reform des UN-Sicherheitsrates
Die Koalitionsfraktionen setzen sich für eine Reform des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen ein. Ein entsprechender Antrag (20/8536) wurde am Donnerstag, 28. September 2023, mit der Mehrheit der Stimmen von SPD, Bündnis 90/die Grünen und FDP im Bundestag gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen angenommen. Darin fordern die Abgeordneten die Bundesregierung auf, die Organisation (engl.: UN für United Nations) „als wichtigste Institution der internationalen Ordnung weiterhin politisch, finanziell und personell zu unterstützen und dabei eine Reform des VN-Sicherheitsrates weiterhin zum erklärten Ziel zu machen, um eine gerechtere Repräsentanz aller Weltregionen insbesondere Afrikas und Lateinamerikas zu erreichen“.
Keine Mehrheit fand hingegen ein Antrag mit dem Titel „50 Jahre deutsche Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen feiern und Reformen einbringen“ (20/8524), den die CDU/CSU-Fraktion eingebracht hatte. Gegen die Vorlage stimmten alle übrigen Fraktionen des Hauses.
Antrag der Koalition
Die Bundesregierung soll sich laut Koalitionsantrag auch für eine Stärkung und Aufwertung der VN-Generalversammlung „als wichtigstes repräsentatives Organ innerhalb der VN als zentralem Ort für Aushandlung, Umsetzung und Weiterentwicklung international anerkannter Normen, Standards und Vereinbarungen auf Grundlage der VN-Charta“ einsetzen.
Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine bündle die Herausforderungen, mit denen sich unsere multilaterale Weltordnung konfrontiert sehe, wie unter einem Brennglas, schreiben die Abgeordneten: „Die Blockade im VN-Sicherheitsrat in der Frage der Formulierung einer Reaktion auf den russischen Überfall und das erfolgreiche Ausweichen auf die VN-Generalversammlung als entscheidungsfähigeres und repräsentativeres Gremium unterstreicht nicht nur die Überfälligkeit tiefgreifender Reformen, sondern auch die dringende Notwendigkeit, innerhalb der Staatengemeinschaft Brücken zu schlagen, breite Allianzen für die Akzeptanz des Völkerrechts und die multilaterale Zusammenarbeit zu schaffen und Partnerschaften auf Augenhöhe zu fördern“.
Das Instrumentalisieren von Vetos für nationale Interessen schwäche die Vereinten Nationen und höhle ihre Gremien schrittweise aus. Es stelle Völkerrecht und die Universalität und Unteilbarkeit der Menschenrechte in Frage – und es werde benutzt, um eigene Menschenrechtsverletzungen zu legitimieren. „Das zeigt sich in Versuchen Chinas, jenseits multilateraler Prinzipien existierende Politiken und Programme der Vereinten Nationen nach eigenen Vorstellungen umzugestalten.“
Antrag der Union
Die CDU/CSU-Fraktion forderte die Bundesregierung in ihrem Antrag auf, stärker auf Reformen innerhalb der VN zu drängen und „wieder eine Führungsrolle“ innerhalb der Organisation zu übernehmen. So sollte die Bundesregierung auf die Wiedergewinnung der Arbeitsfähigkeit des VN-Sicherheitsrats drängen, indem Diskussionen um Reformvorschläge wie dem französisch-mexikanischen für eine Neugestaltung der Vetorechte der fünf ständigen Mitglieder aktiv gefördert werden.
Außerdem sollte eine Reform des Menschenrechtsrats dafür sorgen, dass das Gremium „Menschenrechtsverbrechern keine Falschdarstellung ihrer Taten mehr erlaubt, sondern Menschenrechtsverbrechen klar als solche benennt und verurteilt“. Schließlich sollte die Bundesregierung Versuche vor allem aus Russland und China abwehren, „die VN zu einer werteneutralen Organisation umzuformen, für die Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit nur Optionen in einer größeren Auswahl sein sollen“.
Eine weitere Forderung der Union zielte auf eine Kampagne zum Jubiläum der deutschen Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen. Dabei sollten bundesweit und insbesondere auch in ländlichen Regionen der Mehrwert der deutschen Mitgliedschaft hervorgehoben und an weiterbildenden Schulen mit einem nationalen Programm die „Model United Nations“ gefördert werden. (vom/ahe/ste/28.09.2023)
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Antrag AfD: TOP 18 Medientransparenzgesetz
Der Bundestag hat am Donnerstag, 28. September 2023, erstmals über einen Gesetzentwurf zur Änderung des Parteiengesetzes und weiterer Gesetze „zur Verhinderung von Falschmeldungen und Transparenz der Medienmacht von Parteien“ (20/8531) beraten, den die AfD-Fraktion vorgelegt hat. Im Anschluss an die Aussprache wurde der Entwurf dieses „Medientransparenzgesetzes“ zur weiteren Beratung in die Ausschüsse überwiesen werden. Die Federführung liegt beim Innenausschuss.
Gesetzentwurf der AfD
Nach Auffassung der Fraktion gibt es bei der Beteiligung von Parteien an Medienunternehmen ein „Transparenzproblem“. Bisher müssten Parteien ihren Rechenschaftsberichten nur die „Hauptprodukte“ solcher Medienunternehmen nennen. Mit einer Änderung am Parteiengesetz will die Fraktion nun erreichen, dass alle Produkte genannt werden müssen.
Ferner möchte die Fraktion eine Änderung im Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb ändern, um auch in Medienprodukten Transparenzhinweise zu ermöglichen. Demnach sollen „Leser von Medienerzeugnissen darüber aufgeklärt werden müssen, falls die Inhalte von Medienunternehmen stammen, an denen eine politische Partei unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist. Die notwendige Transparenz kann beispielsweise in der Form hergestellt werden, dass neben dem betreffenden Artikel ein Hinweis erscheint: ‚redaktionell aufbereitet von XYZ – ein Unternehmen mit Beteiligung der ABC-Partei’“, führt die Fraktion aus. Auch eine Änderung im Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen schlägt die AfD-Fraktion vor. (scr/ste/28.09.2023)
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29. September 2023 (126. Sitzung)
TOP 23 nationale Strategie für soziale Innovationen
Der Bundestag hat am Freitag, 29. September 2023, erstmals über die nationale Strategie der Bundesregierung für soziale Innovationen und gemeinwohlorientierte Unternehmen (20/8372) beraten. Nach der Aussprache überwiesen die Abgeordneten die Unterrichtung zur weiteren Beratung in den Wirtschaftsausschuss.
Nationale Strategie der Bundesregierung
Unter sozialen Innovationen versteht die Bundesregierung vor allem neue soziale Praktiken und Organisationsmodelle, die zu tragfähigen und nachhaltigen Lösungen für die Herausforderungen der Gesellschaft beitragen. Dazu zählten beispielsweise neue Pflegekonzepte, neue Anwendungsoptionen von technischen Geräten, neue Netzwerke oder neue Mobilitätskonzepte. Gemeinwohlorientierte Unternehmen sind laut Strategie solche, für die das soziale oder ökologische, gemeinwohlorientierte Ziel Sinn und Zweck ihrer Geschäftstätigkeit darstellt. Dies äußere sich oft in einem hohen Maß an sozialer Innovation, deren Gewinne größtenteils wieder investiert werden, um dieses Ziel zu erreichen. Deren Organisationsstruktur oder Eigentumsverhältnisse widerspiegelten dieses Ziel, da sie auf Prinzipien der Mitbestimmung oder Mitarbeiterbeteiligung basierten oder auf soziale Gerechtigkeit ausgerichtet seien. Der Fokus der Strategie richte sich auf die Gründung und das Wachstum kleiner und mittlerer gemeinwohlorientierter Unternehmen. Dazu könnten Unternehmen jeglicher Organisations- und Rechtsformen gehören.
Die Strategie benennt elf Handlungsfelder: Rahmenbedingungen optimieren und strukturelle Hindernisse beseitigen; sozial-innovative und gemeinwohlorientierte Gründungskultur und Unterstützungsstrukturen stärken; Vernetzung, Kollaboration und Transfer voranbringen; öffentliche Beschaffung als Hebel nutzen; Förderinstrumente bedarfsgerecht entwickeln und ausbauen; Wachstum und Wirkung durch optimierte Finanzierungsangebote vorantreiben; Forschung zu sozialen Innovationen und gemeinwohlorientierten Unternehmen ausbauen; Kompetenzentwicklung für soziale Innovationen und gemeinwohlorientiertes Wirtschaften vorantreiben; Wirkungsorientierung und Wirkungsmessung als Standard etablieren; Sichtbarkeit und Anerkennung erhöhen; den europäischen und internationalen Schulterschluss suchen.
In ihrem „Ausblick“ schreibt die Bundesregierung: „Um soziale Innovationen und gemeinwohlorientierte Unternehmen gezielt zu stärken und um die Regierungsaktivitäten besser mit denen der Zivilgesellschaft, der Wissenschaft, der Wirtschaft sowie des Kapitalmarktes zu verbinden, wird die Bundesregierung Möglichkeiten und Strukturen für den sektorübergreifenden Austausch und zum gemeinsamen Handeln schaffen. Hierbei wird sie die relevanten Stakeholder einbinden, Kompetenzen bündeln und deren Expertise zur Umsetzung und Weiterentwicklung der Strategie nutzen.“ (vom/29.09.2023)
AfD warnt vor einen bevormundenden Staat
Malte Kaufmann (AfD) sagte, bislang habe sich jede Strategie, die die Bundesregierung vorgelegt habe, als „Desaster für Deutschland entpuppt“. In dem Papier komme das Wort „sozial“ 200 Mal vor, das Wort „Marktwirtschaft“ hingegen nur zwei Mal.
„Das ganze Land soll mit der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung transformiert werden, hin zum Ökosozialismus und zur Planwirtschaft“, so Kaufmann. Die Menschen in Deutschland würden nicht den bevormundenden Staat wollen, „der in die Familien und Unternehmen hineindirigiert.“
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Antrag AfD: TOP 24 Clankriminalität bekämpfen
Einen heftigen Schlagabtausch über die richtige Strategie gegen die Organisierte Kriminalität und deren Unteraspekt der sogenannten Clankriminalität lieferten sich am Freitag, 29. September 2023, die Abgeordneten in einer einstündigen Debatte. Grundlage war ein entsprechender Antrag (20/8526) der CDU/CSU-Fraktion, den das Parlament im Anschluss zur weiteren Beratung an den federführenden Innenausschuss überwies. Darin fordert die Union eine Null-Toleranz-Politik in Fällen von Clankriminalität.
In der Debatte reagierten alle anderen Fraktionen des Bundestages mit harscher Kritik auf den Antrag der Unionsfraktion – und dies nicht, weil sie keinen Handlungsbedarf sehen. Die AfD warf der Unionsfraktion „Doppelzüngigkeit“ und Ideenraub vor; die Ampel-Fraktionen wiesen den Vorwurf der Tatenlosigkeit scharf von sich und listeten auf, was sie in den vergangenen zwei Jahren angestoßen haben; Die Linke kritisierte, dass der Antrag ein Anbiedern der Union an den rechten politischen Rand sei und es um einen Überbietungswettbewerb mit der AfD gehe.
Antrag der Union
„Der Ausbreitung der OK und insbesondere der Clankriminalität ist nur durch maximalen Kontroll- und Verfolgungsdruck mit einer Null-Toleranz-Strategie zu begegnen. Dies erfordert auf allen Ebenen konsequente Reaktionen und Maßnahmen des Rechtsstaats. Ziel muss es auch sein, den Mechanismus zu durchbrechen, mit dem die Missachtung von Recht und Gesetz von einer Generation auf die nächste innerhalb der Clanfamilie weitergegeben wird“, schreibt die Unionsfraktion. Sie kritisiert unter anderem, dass es innerhalb der Bundesregierung bis heute keine Definition von Clankriminalität gebe und die konkrete Ausgestaltung der „Allianz gegen Clankriminalität“ weiter offen bleibe.
Die Abgeordneten fordern die Bundesregierung unter anderem auf, die Beschaffung und den Einsatz der für alle Länder und den Bund abrufbaren „Verfahrensübergreifenden Recherche- und Analyseplattform (VeRA)“ unverzüglich sicherzustellen. Die Regierung soll außerdem einen Gesetzentwurf vorlegen, der den Sicherheitsbehörden erlaubt, kryptierte Täterkommunikation im Bereich der Clankriminalität zu überwachen. Ab 2024 soll einmal jährlich ein Bundeslagebild Clankriminalität vorgelegt werden.
Zudem soll „verfassungskonform und rechtssicher“ geregelt werden, dass bei Vermögen unklarer Herkunft außerhalb eines strafprozessualen Anfangsverdachts Ermittlungen durchgeführt werden können und bei der Einziehung von Vermögen unklarer Herkunft künftig eine vollständige Beweislastumkehr gilt. Auch soll die Regierung einen Gesetzentwurf vorlegen, der regelt, dass Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit, die an Clankriminalität oder OK nachweisbar festgestellt mitgewirkt haben, die deutsche Staatsangehörigkeit aberkannt werden kann.
Bundesrat: Innenministerin lässt die Länder im Stich
Schützenhilfe holte sich die Union aus den Bundesländern. Hessens Justizminister Prof. Dr. Roman Poseck (CDU) verteidigte den Antrag und warf Bundesinnenministerin Nancy Faeser vor, die Länder im Stich zu lassen. Diese blockiere die Analyseplattform VeRa, weil sie offensichtlich ein eigenes Portal wolle. Das aufzubauen aber werde Jahre dauern, so Poseck.
Union: Koalition verheddert sich in unwichtigen Fragen
Für die Unionsfraktion sprang Moritz Oppelt (CDU/CSU) dem Minister bei: Die Koalition verheddere sich in Streitigkeiten, sie müsse den Ländern endlich die nötigen Mittel an die Hand geben, forderte er. Er kritisierte, dass sich die Ampel lieber mit der Frage beschäftige, wie man möglichst diskriminierungsfrei über Clankriminalität sprechen könne.
AfD: Union reagiert nur auf Umfragewerte der AfD
Auch wenn es inhaltlich viele Übereinstimmungen zu AfD-Anträgen gibt, griff deren Redner Dr. Martin Baumann (AfD) die Union scharf an: Diese handele nicht aus Überzeugung, sondern reagiere auf Umfragewerte der AfD und würde sich im Zweifel wieder dem „linksgrünen Mainstream“ anschließen.
Linke: Keine sachliche, sondern rechtspopulistische Debatte
Für Die Linke sagte Martina Renner: „Inhaltlich ist doch alles klar. Organisierte Kriminalität muss bekämpft werden, weil sie den Rechtsstaat schädigt und Milliardenschäden verursacht.“ Die CDU diskutiere aber nicht mehr sachlich, sondern auf eine rechtspopulistische Art und Weise.
SPD: Das ist billiger Hessen-Wahlkampf
Sebastian Fiedler (SPD) sprach von „billigem Hessen-Wahlkampf“ und attestierte der Union, die Definition von Clankriminalität nicht verstanden zu haben. Auch laufe die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern viel besser, als von der Union dargestellt.
Grüne: Es gibt in Deutschland keine Sippenhaft
Marcel Emmerich (Bündnis 90/Die Grünen) betonte: „Es gibt in Deutschland keine Sippenhaft und es darf auch keine geben.“ Genau dies strebe die Union aber an. Er warf der Union vor, das Thema Prävention völlig außen vor zu lassen, aber Integration und Prävention seien entscheidende Schlüssel beim Kampf gegen die sogenannte Clankriminalität.
FDP: Wir bügeln die Fehler der Vergangenheit längst aus
Manuel Höferlin (FDP) bekräftigte, die Ampel-Regierung sei intensiv dabei, die Fehler der Vergangenheit auszubügeln. Die Gesetzesinitiative des Bundesfinanzministeriums, um Geldströme besser nachvollziehen zu können, sei nur ein Beispiel, sagte er. (che/29.09.2023)
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TOP 24 Feststellung Wirtschaftsplan ERP-Sondervermögen
Der Bundestag hat am Freitag, 29. September 2023, erstmals über den Gesetzentwurf der Bundesregierung über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Jahr 2024 (20/8289) beraten. Nach der Aussprache überwiesen die Abgeordneten die Vorlage zur weiteren Beratung in den federführenden Wirtschaftsausschuss.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Aus dem ERP-Sondervermögen, das auf den Marshallplan zum Wiederaufbau in der Nachkriegszeit zurückgeht (European Recovery Program), sollen Mittel in Höhe von rund 1,09 Milliarden Euro für die Förderung von Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, vor allem des Mittelstandes, und für Angehörige freier Berufe bereitgestellt werden, zum Beispiel in Form von zinsgünstigen Darlehen und Beteiligungskapital. Hierfür ist ein Volumen von insgesamt rund elf Milliarden Euro vorgesehen.
Der Wirtschaftsplan sieht unter anderem Finanzierungshilfen zur Unterstützung von Unternehmensgründungen und -übernahmen sowie zur Förderung der Leistungssteigerung mittelständischer Unternehmen und für Exporte der gewerblichen Wirtschaft vor. Hierfür sind für das Jahr 2024 rund 64,5 Millionen Euro vorgesehen (2023: 60,2 Millionen Euro). Für Zusagen bis zum 31. Dezember 2023 werden Förderkosten in Höhe von etwa 219,3 Millionen Euro eingeplant (2023: 136,1 Millionen Euro).
Kleinere Posten sind unter anderem die Förderung von Maßnahmen im Rahmen des Deutschen Programms für transatlantische Begegnung (3,6 Millionen Euro) und die „Gewährung von Stipendien an Studentinnen und Studenten und junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie langfristige Förderung von Informationsreisen von deutsch/jüdisch-amerikanischen Jugendlichen und von Multiplikatoren nach Deutschland“ (3,6 Millionen Euro). Die Kredite aus dem ERP-Sondervermögen werden von der staatlichen KfW-Bankengruppe vergeben. (vom/emu/29.09.2023)
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TOP 27 Ausbildungsoffensive für mehr Lehrkräfte und Erzieherinnen und Erzieher
Der Bundestag hat am Freitag, 29. September 2023, zwei Anträge der Fraktion Die Linke mit den Titeln „Bildung am Limit – Ausbildungsoffensive für mehr Lehrkräfte und Erzieherinnen und Erzieher“ (20/678) und „100 Milliarden Euro Sondervermögen für Bildung“ (20/5821) abgelehnt. Gegen die Vorlage votierten alle übrigen Fraktionen. Zur Abstimmung hatten der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung und der Haushaltsausschuss jeweils Beschlussempfehlungen vorgelegt (20/6113, 20/6774).
Erster Antrag der Linken
In ihrem ersten Antrag (20/678) verlangte die Fraktion den Start einer Ausbildungsoffensive für mehr Lehrkräfte sowie Erzieherinnen und Erzieher. Der zunehmende Fachkräftemangel an Schulen und in Kindertagesstätten drohe „in einer Bildungs- und Betreuungskatastrophe zu münden“. Während die Kultusministerkonferenz von 13.380 fehlenden Lehrkräften bis 2030 ausgehe, spreche der Bildungswissenschaftler Klaus Klemm von einer Fachkräftelücke von 81.000 Lehrerinnen und Lehrern im Jahr 2030. Noch größer ist laut Fraktion der Mangel bei den Erzieherinnen und Erziehern. Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung von August 2021 prognostiziere rund 230.000 fehlende Fachkräfte.
Die Bundesregierung wurde unter anderem aufgefordert, in Absprache mit den Ländern ein Programm zur Finanzierung zusätzlicher Lehramtsstudienplätze sowie ein Sonderprogramm für die Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern auf den Weg zu bringen. Außerdem verlangen die Abgeordneten eine Änderung des Grundgesetzes, durch die „das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern in der Bildung aufgehoben wird“.
Zweiter Antrag der Linken
In ihrem zweiten Antrag forderte die Linksfraktion ein mit 100 Milliarden Euro ausgestattetes Sondervermögen für Bildung. Sie begründet die Forderung unter anderem mit dem „immensen Sanierungsstau in der Bildung“. Dieser habe seine Ursache in der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern, wonach der Bund nicht in den Schul- und Hochschulbau investieren dürfe.
Die Finanzierung der Bildung müsse daher endlich als Gemeinschaftsaufgabe verstanden und als solche im Grundgesetz verankert werden, forderte die Fraktion über die Einrichtung eines Sondervermögens hinaus. „Wer 100 Milliarden Euro Sondervermögen für die Bundeswehr aufgelegt hat, muss sich angesichts des Zustandes des Bildungssystems fragen lassen, warum nicht gleichermaßen 100 Milliarden Euro Sondervermögen für Bildung bereitgestellt werden“, heißt es weiter. (vom/des/scr/29.09.2023)