232. und fortfolgende Bundestagssitzungen ab 9. Juni 2021, die Beiträge der AfD-Abgeordneten

Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=yuoOPZoJm_0

Sitzungswoche

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TOP 3 80. Jahrestag des Überfalls auf die Sowjetunion

Die Fraktionen des Bundestages und die Bundesregierung haben im Rahmen einer vereinbarten Debatte am Mittwoch, 9. Juni 2021, an den Überfall des nationalsozialistischen Deutschlands auf die Sowjetunion vor 80 Jahren am 22. Juni 1941 erinnert und der Opfer des Krieges gedacht. Außenminister Heiko Maas (SPD) und die Vertreter aller Fraktionen verurteilten den Überfall als den Beginn eines „Vernichtungskrieges“, dem mehr als 27 Millionen Menschen in der Sowjetunion zum Opfer gefallen seien. Die Debatte offenbarte allerdings auch Unterschiede in der Bewertung der aktuellen deutschen Politik gegenüber Russland.

Minister: Für Völkerrecht und Menschenrechte eintreten

Mit dem Überfall auf die Sowjetunion habe das „mörderischste Kapitel“ des Vernichtungskrieges im Osten Europas begonnen, der mit dem Überfall auf Polen zwei Jahre zuvor im September 1939 seinen Anfang genommen habe, führte Außenminister Maas aus. Erklärtes Kriegsziel sei die „Versklavung und Auslöschung ganzer Staaten und Völker“ gewesen. „Voll Trauer und Scham verneigen wir uns vor den mehr als 30 Millionen Menschen, die allein in Mittel- und Osteuropa zwischen 1939 und 1945 ihr Leben lassen mussten“, sagte Maas.

Es grenze an ein Wunder, dass diese Länder den Deutschen die Hand zur Versöhnung gereicht hätten. Für diese Aussöhnung dürfe es „nie einen Schlussstrich geben“. Zum bewussten Umgang mit der deutschen Vergangenheit gehöre, dass historisch bedingt andere Verständnis von Begriffen wie Souveränität und Nation bei den Nachbarn in Mittel- und Osteuropa zu respektieren. Zu diesem bewussten Umgang gehöre aber auch, für das Völkerrecht und die Menschenrechte einzutreten.

Deshalb habe sich die Europäische Union dazu entschlossen, auf die „eklatanten Verletzungen“ des Völkerrechts durch die Regierungen von Belarus und Russland zu reagieren, betonte Maas unter Verweis auf die Annexion der Krim durch Russland. Es gebe keine Politik ohne Geschichte. Deutschland müsse deshalb seine Kraft für den Frieden und die Freiheit auf dem ganzen europäischen Kontinent einzusetzen.

AfD wirbt für Nachsicht und Toleranz gegenüber Russland

Der AfD-Fraktionsvorsitzende Dr. Alexander Gauland verurteilte den „Vernichtungskrieg im Osten“. Dieser habe den preußischen Militärtraditionen der Wehrmacht fundamental widersprochen. Dies habe die Wehrmacht auf alle Zeiten „beschmutzt“. Einziger Lichtblick sei es gewesen, dass Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg die Verbrechen im Osten zum Anlass für das Attentat auf Hitler genommen habe.

Gauland wies zudem die Kritik westlicher Historiker am Hitler-Stalin-Pakt zurück. Stalin habe eine realpolitische und richtige Entscheidung für das eigene Überleben getroffen, die für Polen katastrophale Folgen haben sollte. Gauland warb mit Verweis auf die tiefe Schuld der Deutschen gegenüber der Sowjetunion für „Nachsicht und Toleranz“ gegenüber Russland, „auch wenn wir nicht alles an seinem Verhalten billigen können“. Moralische Überheblichkeit sei „fehl am Platz“, fügte Gauland an.

 

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TOP 2 Befragung der Bundesregierung (Außenministerium)

Der andauernde Konflikt um die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2, weitere Sanktionen gegen Belarus und das geplante Aussöhnungsabkommen mit Namibia – nur drei Themen, zu denen Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) in der Regierungsbefragung des Bundestages am Mittwoch, 9. Juni 2021, Rede und Antwort stand. In seinem Statement hatte Maas die Abgeordneten zunächst über die Schwerpunktthemen der in den kommenden Tagen stattfindenden Gipfeltreffen, den G7-Gipfel in Cornwall, den Nato-Gipfel in Brüssel sowie den EU-Gipfel, informiert.

Gipfeltreffen der G7- und Nato-Mitgliedstaaten

Beim G7-Gipfel am Wochenende stehe neben dem Thema Klimaschutz insbesondere die Bewältigung der Pandemiefolgen im Mittelpunkt – „mit dem klaren Bekenntnis zu einer globalen Impfstoffversorgung“, sagte der Außenminister. Beim Nato-Gipfel am 14. Juni gehe es vor allem darum, das Verteidigungsbündnis zukunftsfest zu machen und es im gemäß des „Nato 2030-Prozesses“ an ein verändertes Sicherheitsumfeld anzupassen, so der Außenminister.

Dass der US-amerikanische Präsidenten Joe Biden im Rahmen seiner ersten Auslandsreise nach Europa kommen und an allen Gipfeltreffen teilnehmen werde, deutete der Außenminister als „starkes Zeichen für die transatlantische Erneuerung“. „Darauf haben wir lange gewartet“, betonte Maas.

AfD fragt nach Gas-Ausfällen in der Ukraine

Diese Darstellung zog Armin-Paulus Hampel (AfD) infrage. Der amerikanische Außenminister Tony Blinken habe in seinen Äußerungen nach den Gesprächen in Washington über Nord Stream 2 wohl eher seine – diplomatisch verpackte – Geringschätzung deutlich gemacht, meinte der Abgeordnete. Von Maas wollte er zudem wissen, ob Deutschland auf Drängen der USA zugesagt habe, die Ukraine für mögliche finanzielle Ausfälle aufgrund geringerer Gastransfers durch ukrainische Pipelines zu entschädigen.

Maas bestätigte das nicht. Auf Nachfrage erklärte der Außenminister jedoch, die Bundesregierung bemühe sich, die Auswirkungen von Nord Stream 2 auf die Ukraine zu mildern. So setze sie sich zum Beispiel dafür ein, dass der bestehende, aber befristete Gas-Transit-Vertrag zwischen der Ukraine und Russland entfristet werde.

 

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TOP 5 Fragestunde

n der Fragestunde haben Vertreter der Bundesregierung am Mittwoch, 9. Juni 2021, Fragen beantwortet, die Abgeordnete vorab schriftlich gestellt hatten (19/30284).

Grüne mit den meisten Fragen

Von den insgesamt 80 eingegangenen Fragen hatten Abgeordnete der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen 29 gestellt, gefolgt von Abgeordneten der Fraktion Die Linke mit 24 Fragen. 13 Fragen kamen von Abgeordneten der FDP-Fraktion, zwölf von Abgeordneten der AfD-Fraktion. Die SPD-Abgeordnete Ulli Nissen stellte zwei Fragen.

13 Fragen richteten sich an das Auswärtige Amt, zwölf an das Bundesministerium für Gesundheit, neun an das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, jeweils acht an das Bundesministerium der Finanzen und an das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur. Das Bundeskanzleramt sollte sieben Fragen beantworten, das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie fünf Fragen. Jeweils vier Fragen gingen an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und an das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. Mit drei Fragen wurde das Bundesministerium für Bildung und Forschung konfrontiert. Jeweils zwei Fragen gingen an das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, an das Bundesministerium für Verteidigung und an das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. An das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft wurde eine Frage gestellt.

Was die Abgeordneten wissen wollten

Die hessische SPD-Abgeordnete Ulli Nissen erkundigte sich beim Innenministerium, ob schon erste Erkenntnisse zum Pilotprojekt des Ministeriums zur Online-Beantragung des Wohngeldes vorliegen. Sie wollte wissen, ob die Pandemie den Prozess beschleunigt, dass bis Ende 2022 alle Verwaltungsdienstleistungen auch digital angeboten werden sollen – insbesondere beim Wohngeld.

Der baden-württembergische AfD-Abgeordnete Dr.-Ing. Dirk Spaniel fragte das Verkehrsministerium, welchen Anteil des Güterverkehrs durch die Deutsche Bahn AG die Bundesregierung im Jahre 2026 beziehungsweise 2031 angesichts des Plans erwartet, mehr Güterverkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Er wollte auch wissen, ob die Regierung die dafür eingesetzten Investitionen von 34 Millionen Euro jährlich, ab 2024 von 49 Millionen Euro jährlich, als verhältnismäßig ansieht

 

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ZP 1 Aktuelle Stunde – Presseberichte über vermeintlich minderwertige Masken

Die Opposition hat eine von der Linken verlangte Aktuelle Stunde zum Thema „Presseberichte über vermeintlich minderwertige Masken für benachteiligte Menschen und erneuten Maskenskandal um Gesundheitsminister Jens Spahn“ zu einer Generalabrechnung mit der Bundesregierung und dem Bundesgesundheitsminister genutzt. Redner der Linken, Grünen, FDP und AfD zählten in der Debatte am Mittwoch, 9. Juni 2021, zahlreiche aus ihrer Sicht fehlerhafte Entscheidungen und Abläufe in der Corona-Krise auf, die hätten vermieden werden können und müssen.

„Angeblich geplante Auslieferung minderwertiger Schutzmasken“

Die SPD forderte von der Union Aufklärung über die angeblich geplante Auslieferung minderwertiger Schutzmasken an Menschen mit Behinderung, Obdachlose oder Hartz-IV-Empfänger. Die CDU/CSU sprach von aus der Luft gegriffenen Vorwürfen, die offenbar dem Wahlkampf geschuldet seien und zur Verunsicherung der Bevölkerung führen könnten.

Anlass für die Debatte war ein Bericht im „Spiegel“, demzufolge die Bundesregierung zu Beginn der Corona-Krise 2020 Schutzmasken in China gekauft hat, die nicht den hohen Teststandards entsprachen. Teils sei auf bestimmte Prüfungen verzichtet worden. Das Gesundheitsressort habe solche Masken auch für vulnerable Gruppen vorsehen wollen.

Offenbar unterschiedliche Auffassungen der Ministerien

Offenbar gab es zwischen dem SPD-geführten Arbeits- und Sozialministerium (BMAS) und dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) unterschiedliche Auffassungen über Prüfverfahren und Prüfstandards. Die SPD-Spitze hatte Spahn nach dem „Spiegel“-Bericht den Rücktritt nahegelegt.

Spahn wies nach der Veröffentlichung die Vorwürfe der SPD zurück. Die Sicherheit von Schutzmasken habe in seinem Ministerium absolute Priorität. Laut einem „Faktenblatt“ des BMG waren damals CE-zertifizierte Schutzmasken, die in Europa üblich sind, nicht verfügbar. Es sei daraufhin ein besonderer Prüfmaßstab für Infektionsschutzmasken aus China entwickelt worden, der unter dem Begriff CPI bekannt sei. Der CPI-Prüfmaßstab des BMG sei hinsichtlich der wesentlichen Anforderungen an Masken vom Typ FFP deckungsgleich mit dem vereinfachten Prüfgrundsatz CPA des BMAS. Alle Schutzmasken, die den CPI-Prüfmaßstab erfüllten, gewährleisteten einen effektiven Infektionsschutz.

Linke: Mehrere fragwürdige Aktionen

In der Aktuellen Stunde äußerten sich die betroffenen Minister Spahn und Hubertus Heil (SPD) nicht, sie verfolgten die teils heftig geführte und von zahlreichen Zwischenrufen geprägte Debatte von der Regierungsbank aus.

AfD: Der Fisch stinkt vom Kopf her

Der AfD-Abgeordnete Stefan Keuter wies darauf hin, dass seine Fraktion die Masken-Beschaffung schon länger kritisch verfolge und dazu auch selbst recherchiere. Viele Anfragen der Fraktion seien jedoch unbeantwortet geblieben. Teilweise habe es dubiose Verträge gegeben, die in „Wild-West-Manier“ geschlossen worden seien.

Offenbar hätten auch persönliche Bekanntschaften eine Rolle gespielt, etwa beim sogenannten Open-House-Verfahren. Keuter mutmaßte: „Der Fisch stinkt vom Kopf her.“ Die AfD will in der nächsten Legislaturperiode einen Untersuchungsausschuss durchsetzen.

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TOP 6 Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses

Den Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages für das Jahr 2020 (19/29900) hat der Bundestag am Mittwoch, 9. Juni 2021, erstmals beraten. Der Ausschussvorsitzende Marian Wendt (CDU/CSU) stellte eingangs den Bericht vor.

3,7 Millionen registrierte Nutzer im Petitionsportal

Dem Bericht zufolge hat sich die Gesamtzahl der Petitionen im Vergleich zum Vorjahr um 785 erhöht. Bei 252 Werktagen, so heißt es darin, ergebe sich ein täglicher Durchschnitt von etwa 57 Zuschriften. 6.358 und damit etwa 44 Prozent davon seien auf elektronischem Wege, also als Web-Formular über www.bundestag.de eingegangen. „Mit mittlerweile 3,7 Millionen registrierten Nutzern ist das Petitionsportal des Ausschusses nach wie vor das mit Abstand erfolgreichste Internetangebot des Deutschen Bundestages“, schreibt der Petitionsausschuss.

Es biete die Möglichkeit, dem Ausschuss Petitionen mit oder ohne Bitte um Veröffentlichung auf einfachem elektronischem Weg zu übermitteln sowie veröffentlichte Petitionen online zu unterstützen und zu diskutieren. Im Berichtszeitraum haben sich der Vorlage zufolge 547.283 Nutzer auf dem Portal des Petitionsausschusses neu registriert (2019: 851.025), um eine Petition einzureichen, im Petitionsforum zu diskutieren oder bestimmte Petitionen durch eine Mitzeichnung zu unterstützen. Zu den 890 im Internet veröffentlichten Petitionen im Jahr 2020 seien etwas mehr als 950.000 elektronische Mitzeichnungen registriert worden.

Einzelpetitionen zu Sorgen und Nöten der Bürger

Neben den grundsätzlichen Anliegen, die über das Internet oder per Post an den Ausschuss herangetragen wurden, habe sich der Petitionsausschuss ebenso mit großem Engagement den Sorgen und Nöten der Bürger gewidmet, die den Ausschuss im Einzelfall um Unterstützung baten. „Die Bearbeitung solcher persönlichen Anliegen machte für den Ausschuss mit rund 57 Prozent auch im Jahr 2020 wieder mehr als die Hälfte seiner Arbeit aus“, schreiben die Abgeordneten.

Laut dem Tätigkeitsbericht fanden im Jahr 2020 26 Sitzungen des Petitionsausschusses statt. In den Sitzungen seien insgesamt 727 Petitionen zur Einzelberatung aufgerufen worden. Fünfmal habe der Ausschuss im vergangenen Jahr öffentlich getagt und dabei 14 Eingaben beraten. Der Vorlage zufolge ging es unter anderem um den Stopp der humanitären Krise in Hongkong, das Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, die CO2-Kennzeichnung von Lebensmitteln und die Corona-Soforthilfen für Selbständige. (hau/09.06.2021)
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Antrag AfD TOP 7 Lehren aus dem 6. Armuts- und Reichtumsbericht

Ein Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Lehren aus dem 6. Armuts- und Reichtumsbericht ziehen“ (19/30403), ein Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Schutz vor Armut und Ausgrenzung garantieren – Konsequenzen aus dem Armuts- und Reichtumsbericht“ (19/30388) und ein Antrag der Grünen, der ein „Zukunftsprogramm gegen Armut“ fordert (19/30394), waren am Mittwoch, 9. Juni 2021, erstmals Gegenstand einer halbstündigen Aussprache. Im Anschluss überwies der Bundestag alle drei Anträge zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss für Arbeit und Soziales.

Antrag der AfD

Die AfD fordert in ihrem Antrag (19/30403) die Bundesregierung dazu auf, ihren Armuts- und Reichtumsbericht dem Bundestag künftig in der Mitte einer jeweiligen Legislaturperiode vorzulegen. Dies sei trotz anders lautender Beschlusslage in dieser Wahlperiode nicht geschehen.

Darüber hinaus fordert die Fraktion eine Reihe von Maßnahmen zur „Bewahrung“ der sozialen Gerechtigkeit in Deutschland. Unter anderem soll durch die Einführung einer verbindlichen Steuer- und Abgabenbremse im Grundgesetz die maximale Summe der Belastung auf einen bestimmten Prozentsatz im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt festgeschrieben werden. Steuern und Abgaben, heißt es, sollten in Zukunft nicht mehr beliebig erhöht werden können.

Antrag der Linken

Die Linke fordert in ihrem Antrag (19/30388), bei der Erarbeitung der kommenden Armuts- und Reichtumsberichte armutsbetroffene Menschen künftig „ausführlich“ zu beteiligen. Außerdem solle bei der Erstellung ein besonderer Fokus auf verdeckte Armut und die langfristigen Folgen der Corona-Pandemie gelegt werden, heißt es in dem Antrag.

Die Regierung solle darüber hinaus einen Gesetzentwurf vorlegen, „der geeignete Maßnahmen zur Verhinderung von Armut und Ungleichheit beinhaltet“. So solle etwa, um zusätzliche soziale Härten der Pandemie auszugleichen, ein Corona-Zuschlag auf Grundsicherungsleistungen eingeführt werden, „der die im Zusammenhang mit der Pandemie entstanden Mehrbedarfe und Einkommensverluste ausgleicht“, heißt es beispielhaft.

Sechster Armuts- und Reichtumsbericht

Knapp 30 Jahre nach der Wiedervereinigung gibt es immer noch deutliche Unterschiede in der Einkommensverteilung bei Ost- und Westdeutschen. Das geht aus dem sechsten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung hervor (19/29815). Die Einkommen betrugen demnach im Jahr 2016 im Mittel 19.489 Euro in Ostdeutschland und 23.395 Euro in Westdeutschland. Damit erhöhte sich der Abstand der Nettoäquivalenzeinkommen zwischen Ost und West von 2.480 Euro im Jahr 2006 auf zuletzt 3.906 Euro im Jahr 2016.

Wie aus dem Bericht weiter hervorgeht, geht das niedrigere Einkommensniveau in Ostdeutschland mit einer höheren Armutsrisikoquote einher. Diese lag dort im Jahr 2016 bei knapp 23 Prozent und im Westen bei knapp 15 Prozent. Gegenüber 2006 ist das ein deutlicher Anstieg von vier Prozent in Ostdeutschland und rund zwei Prozent in Westdeutschland. Die gesamtdeutsche Armutsrisikoquote lag bei 16,6 Prozent.

„Vermögen ungleicher verteilt als Einkommen“

Der Bericht stellt fest, dass das Vermögen deutlich ungleicher verteilt ist als das Einkommen. Hier hat der Gini-Koeffizient etwa 0,71 (Nettovermögen der Haushalte) beziehungsweise 0,78 (individuelle Nettovermögen) betragen. Der Gini-Koeffizient gibt den Grad der Gleich- oder Ungleichverteilung zwischen den Werten 0 (vollständige Gleichverteilung) und 1 (eine Person besitzt alles, alle anderen nichts) an.

Haushalte in der oberen Hälfte der Verteilung besaßen demnach etwa 97,5 Prozent, Personen in der oberen Hälfte der Verteilung etwa 99,5 Prozent des Gesamtvermögens. Die zehn Prozent der Bevölkerung mit den geringsten Vermögen hatten ein negatives Vermögen, also mehr Schulden als Vermögensbestände, weitere Teile der Bevölkerung hatten kein Vermögen, aber auch keine Schulden. (che/ste/09.06.2021)

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TOP 8 Stiftung Orte der deutschen Demokratiegeschichte

Der Bundestag hat am Mittwoch, 9. Juni 2021, den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Errichtung einer „Stiftung Orte der deutschen Demokratiegeschichte“ (19/2864819/29634) in der vom Ausschuss für Kultur und Medien geänderten Fassung (19/30342) angenommen. Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich, die übrigen Fraktionen stimmten dafür. Zuvor hatte das Parlament in zweiter Lesung einen Änderungsantrag der FDP-Fraktion ab (19/30383) abgelehnt, in dem unter anderem gefordert worden war, die Orte der friedlichen Revolution in Ostdeutschland noch stärker zu berücksichtigen. AfD und Linksfraktion enthielten sich, die Koalition und die Grünen lehnten ihn ab.

Einstimmig zur Kenntnis genommen wurde auf Empfehlung des Kultur- und Medienausschusses (19/30342) die Unterrichtung der Bundesregierung zu dem „Rahmenkonzept zur Weiterentwicklung der Orte deutscher Demokratiegeschichte“ (19/28535).

Gesetzentwurf der Bundesregierung

Mit dem Gesetz soll eine „Stiftung Orte der deutschen Demokratiegeschichte“ errichtet werden. Deren Aufgabe wird es sein „der Erinnerung an die wechselvolle Geschichte der Demokratie in Deutschland Sichtbarkeit zu verleihen, Verständnis für Ursachen und Wirkungen zu wecken, das Wertefundament der freiheitlichen demokratischen Grundordnung anschaulich und breitenwirksam zu vermitteln und den Wert eines demokratisch verfassten Gemeinwesens noch stärker im Bewusstsein der Bevölkerung zu verankern“.

Durch dieses Errichtungsgesetz wird eine bundesunmittelbare, rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts mit Sitz in Frankfurt am Main geschaffen, die dem Anliegen einer verstärkten Befassung mit den Themen Demokratie und insbesondere ihrer Geschichte in Deutschland die notwendige Aufmerksamkeit ebenso wie Breitenwirkung verschafft. Dadurch soll der demokratische Zusammenhalt gestärkt werden. Die Errichtung einer solchen Stiftung gewährleiste eine inhaltliche Autonomie, die für eine überparteilich arbeitende Stiftung notwendig sei. Damit würden selbstständige und unabhängige Entscheidungsstrukturen geschaffen, schreibt die Bundesregierung.

Rahmenkonzept der Bundesregierung

Für die demokratische Entwicklung seien zahlreiche Orte in ganz Deutschland bedeutsam, heißt es im Rahmenkonzept zur Weiterentwicklung der Orte deutscher Demokratiegeschichte, das die Bundesregierung als Unterrichtung vorgelegt hat (19/28535). Um ihre historische Rolle deutlich zu machen, würden viele bereits vom Bund gefördert. Künftig jedoch solle eine Bundesstiftung mit Sitz in Frankfurt am Main dieses Engagement koordinieren und bündeln – und so besser sichtbar machen.

Im Fokus stehen laut Konzept Projekte auch kleinerer Orte in Deutschland, die demokratiegeschichtlich bedeutsam sind. Durch Veranstaltungen, Kooperationen und den Aufbau von Netzwerken sollen „Impulse für eine aktive Beteiligung am demokratischen Miteinander gegeben werden“, schreibt die Bundesregierung in ihrer Unterrichtung. (sas/hau/09.06.2021)

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TOP 9 Höchstalter der Reserve abschaffen

Der Bundestag hat am Mittwoch, 9. Juni 2021, einen Antrag der FDP-Fraktion mit dem Titel „Höchstalter der Reserve abschaffen“ (19/29087) berät der Bundestag am Mittwoch, 9. Juni 2021, erstmals debattiert und im Anschluss zur weiteren Beratung an den federführenden Verteidigungsausschuss überwiesen.

Antrag der FDP

Die Liberalen verlangen, die Altersbegrenzung für Reservisten der Bundeswehr aufzuheben und fordern die Bundesregierung auf, einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Änderung des Reservistengesetzes und des Soldatengesetzes vorzulegen. Die Abgeordneten verweisen darauf, dass sich viele Menschen auch im höheren Alter freiwillig engagieren wollten.

Insbesondere in Krisenzeiten würden sich viele Reservisten freiwillig für den Dienst in der Truppe melden. Allerdings könnten beispielsweise Lungenfachärzte, die während der Corona-Pandemie dringend gebraucht würden, wegen Überschreitung der Altersgrenze keinen Reservedienst leisten. (aw/hau/09.07.2021)

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TOP 10 Höchstalter der Reserve abschaffen

Der Bundestag hat am Mittwoch, 9. Juni 2021, den Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Weiterentwicklung des Ausländerzentralregisters (AZR)“ (19/28170) in der vom Innenausschuss geänderten Fassung (19/29820) angenommen. Zur Abstimmung lag auch ein Bericht des Haushaltsausschusses gemäß Paragraf 96 der Geschäftsordnung des Bundestages (19/29835) vor, wonach der Entwurf mit der Haushaltslage des Bundes vereinbar ist.

Gesetzentwurf der Bundesregierung

Das Ausländerzentralregister soll zum führenden und zentralen Ausländerdateisystem für alle ausländerrechtlichen Fachverfahren weiterentwickelt werden, teilt die Regierung mit. AZR-relevante Daten wrden künftig nur einmal erhoben, im AZR gespeichert und können auch von dort in die Fachverfahren übernommen werden können. Um das AZR als zentrales Ausländerdateisystem nutzen zu können, wird die Möglichkeit einer zentralen Dokumentenablage geschaffen, unter anderem für Dokumente, die von Ausländern bereits im Original vorgelegt wurden und regelmäßig auch von anderen Behörden im Volltext kurzfristig benötigt werden, wie Ausweis- und Identifikationsdokumente.

Bei ausländischen Ausweisdokumenten besteht künftig die Möglichkeit, auch die Ergebnisse der Echtheitsprüfung zu speichern. Eine zentrale Ablage und Dokumentation der Validität erlaubt es somit anderen Behörden, dort vorgelegte Ausweisdokumente mit den gespeicherten abzugleichen und auf eigene Echtheitsüberprüfungen zu verzichten, heißt es.

Änderungen im Innenausschuss

Der Innenausschuss hatte den Regierungsentwurf dahingehend geändert, dass die Möglichkeit geschaffen wurde, das Dokument „Vorabzustimmung der Bundesagentur für Arbeit“ für die Fachkräftezuwanderung im AZR zu speichern, um eine weitere Beschleunigung des Fachkräfteverfahrens zu erreichen. Die Vorschrift, dass die Daten zukünftig ausschließlich im AZR gespeichert werden sollen, tritt zwei Jahre später in Kraft, um den Ländern mehr Zeit für die technische Umsetzung (Datenbereinigung/Datenmigration) zu geben.

Die Übermittlungsverpflichtung bei Einleitung von Straf- und Bußgeldverfahren besteht nur, wenn dies den Untersuchungszweck nicht gefährdet. Die Übermittlungsverpflichtung bei Einleitung von Strafverfahren auf Verbrechen wird nicht beschränkt. Zudem wurden weitere Regelungen zur Stärkung des Datenschutzes aufgenommen. (vom/hau/09.06.2021)

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9. Juni 2021 (233. Sitzung)

TOP 12 Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie, Klimaschutz

In einer eineinhalbstündigen Debatte hat der Bundestag am Donnerstag, 10. Juni 2021, kontrovers über die Klimaschutzpolitik der Bundesregierung diskutiert. Im Zentrum der Diskussion stand der Entwurf zur Novellierung des Klimaschutzgesetzes (19/30230), mit dem die Bundesregierung auf einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts reagiert. Der Entwurf sieht vor, den Treibhausgasausstoß bis 2030 um 65 Prozent und bis 2040 um 88 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 zu verringern. Im Jahr 2045 soll Deutschland klimaneutral sein.

Ebenfalls zur Debatte standen die Weiterentwicklung 2021 der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie (19/27530) sowie eine ganze Reihe von Oppositionsanträgen zu umwelt- und klimapolitischen Themen, die im Anschluss an die Debatte abgelehnt wurden.

AfD: Nachhaltigkeitsziele werden konterkariert

Für die AfD-Fraktion attackierte Dr. Rainer Kraft die Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsstrategie. Diese doktere an den Symptomen herum und sei von Widersprüchen geprägt. So nehme die Bundesregierung das Abholzen von Wäldern in Kauf, um Windkrafträder zu errichten. Auch Agrarflächen würden für Anlagen der erneuerbaren Energien geopfert, wodurch das Nachhaltigkeitsziel der Bekämpfung des weltweiten Hungers verfehlt werde.

Damit konterkariere die Politik der Bundesregierung die Nachhaltigkeitsziele. Zudem verfolge vor allem die SPD die Absicht, alle Bürger, die fleißig und erfolgreich seien, mit Steuern und Abgaben zu belasten, sodass am Ende nur „ökosozialistischer Einheitsbrei“ bleibe.

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TOP 13 Integrationsprobleme durch kulturelle Prägungen

Vier Anträge der AfD-Fraktion zur Integrationspolitik hat der Bundestag am Donnerstag, 10. Juni 2021, beraten. Einen Antrag mit dem Titel „Integrationsprobleme durch kulturelle Prägungen endlich wahrnehmen – Neues Forschungsfeld beim Forschungszentrum des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge einrichten“ (19/30416) überwiesen die Abgeordneten im Anschluss an die einstündige Debatte an den federführenden Innenausschuss.

Abgelehnt mit den Stimmen aller Fraktionen außer der AfD wurde hingegen erstens ein Antrag der Fraktion mit dem Titel „Islamische Radikalisierung frühzeitig erkennen – Studie zur politisch-religiösen Einstellung der Muslime in Deutschland erneuern“ (19/29778), zweitens ein Antrag mit dem Titel „Dem radikalen Islam den Boden entziehen – Maßnahmenpaket gegen Islamisten und islamistische Verbände“ (19/23956) und drittens ein Antrag mit dem Titel „Mehr Transparenz bei der Analyse und öffentlichen Darstellung von Kriminalität im Kontext von Migration zur verbesserten Evaluierung der Sicherheits-, Integrations- und Migrationspolitik“ (19/23952). Zu allen drei Anträgen gab es Beschlussempfehlungen des Innenausschusses (19/3044419/2657819/24699).

Erster abgelehnter Antrag der AfD

In ihrem ersten abgelehnten Antrag forderte die Fraktion die Bundesregierung auf, eine aktualisierte wissenschaftliche Studie zur politischen Einstellung der Muslime in Deutschland nach Vorbild der 2007 von der Universität Hamburg erstellten Untersuchung „Muslime in Deutschland“ erstellen zu lassen. Auch sollte die Bundesregierung diese aktualisierte Studie nach dem Willen der Fraktion wie diejenige von 2007 durch das Bundesinnenministerium (BMI) zeitnah veröffentlichen.

In der Begründung schrieb die Fraktion, dass das BMI im Jahr 2004 eine Studie zu Fragen von Integration und Integrationsbarrieren in Auftrag gegeben habe, die im Juli 2007 unter dem Titel „Muslime in Deutschland – Integration, Integrationsbarrieren, Religion sowie Einstellungen zu Demokratie, Rechtsstaat und politisch-religiös motivierter Gewalt – Ergebnisse von Befragungen im Rahmen einer multizentrischen Studie in städtischen Lebensräumen“ fertiggestellt worden sei. Zur Gewinnung eines umfassenden Bildes der politisch-religiösen Einstellung der Muslime seien vier Befragungen durchgeführt worden; Herzstück sei eine standardisierte Befragung einer repräsentativen Stichprobe der erwachsenen muslimischen Wohnbevölkerung im Alter ab 18 Jahren gewesen.

Zweiter abgelehnter Antrag der AfD

Die AfD-Fraktion drang in ihrem zweiten abgelehnten Antrag (19/23956) auf ein „Maßnahmenpaket gegen Islamisten und islamistische Verbände“. Die Fraktion forderte von der Bundesregierung einen Gesetzentwurf, der „geeignete Maßnahmen zur Unterbindung der Finanzierung von radikal-islamischen Moscheevereinen durch ausländische Staaten und Organisationen vorsieht“ und die dauerhafte Ausweisung ausländischer Geistlicher erleichtert, die etwa in Predigten zur Bekämpfung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung aufrufen.

Darüber hinaus plädierte die Fraktion für bundeseinheitliche gesetzliche Regelungen, wonach islamische Geistliche Predigten und Vorträge in deutscher Sprache zu halten haben. Ferner sollten ihrem Antrag zufolge alle als islamistisch einzuschätzenden Vereine intensiv überprüft „und bei Vorliegen der im Grundgesetz genannten Voraussetzungen die entsprechenden Verbote“ ausgesprochen werden.

Zudem sollte die Bundesregierung laut Vorlage „im Rahmen der Extremismus-Prävention des Bundes, insbesondere durch die Bundeszentrale für Politische Bildung und das Programm ,Demokratie leben‘, den Kampf gegen den radikalen Islamismus verstärken und dazu finanzielle Mittel zur Verfügung zur Verfügung stellen, die dem Ausmaß der von ihm ausgehenden Gefahr tatsächlich entsprechen“. Des Weiteren wurde die Bundesregierung in dem Antrag aufgefordert, flächendeckend Aussteigerprogramme insbesondere für junge Menschen und Frauen bereitzustellen, „die sich aus Strukturen des radikalen Islamismus lösen möchten“.

Dritter abgelehnter Antrag der AfD

In ihrem dritten abgelehnten Antrag forderte die Fraktion die Bundesregierung auf, in Zusammenarbeit mit den Ländern verbesserte Erfassungs- und Berichtsstandards „insbesondere auch im Hinblick auf eine transparente öffentliche Berichterstattung zu relevanten Erkenntnissen wie der Staatsangehörigkeit und gegebenenfalls konkreten Herkunftsländerbezügen von Tatverdächtigen“ festzulegen.

Ihrer Vorlage (19/23952) zufolge sollte der Anteil in Deutschland ansässiger Nichtdeutscher und die Gruppe nichtdeutscher Tatverdächtiger grundsätzlich zur Ermittlung einer eigenen „Tatverdächtigenbelastungszahl“ in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) in Beziehung gesetzt werden. Auch sollten die zuständigen Polizei- und Sicherheitsbehörden nach dem Willen der Fraktion unter Beachtung verfassungsrechtlicher wie datenschutzrechtlicher Rahmenvorgaben deutsche Tatverdächtige nach gegebenenfalls vorhandenen Herkunftsländerbezügen befragen und diese notfalls ermitteln. Daneben sollten künftig alle Pressemeldungen der Polizei zu deutschen Tatverdächtigen bundesweit einheitlich standardisierte Angaben zu etwaig festgestellten Herkunftsländerbezügen beinhalten.

Neuer Antrag der AfD

Mit ihrem neuen Antrag (19/30416) will die Fraktion innerhalb des Forschungszentrums des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge ein viertes Forschungsfeld zum Thema „Integrationsprobleme aufgrund von kulturellen Prägungen“ eröffnen lassen.

Eine der Forschungsfragen solle lauten: „Welche tiefgreifend sozialisierten Differenzen in Verhaltenskulturen und Wertehaltungen können dazu beitragen, den weit voneinander abweichenden ökonomischen und gesellschaftlichen Integrationserfolg bzw. -misserfolg unterschiedlicher Zuwanderergruppen in Deutschland und anderen Ländern der westlichen Welt zu erklären?“ (hau/sto/ste/10.06.2021)