Sitzungswoche
Die Reden werden erst im Laufe der kommenden Woche voll umfänglich bearbeitet worden sein und werden dann hier nachträglich eingepflegt.
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28. November 2023 (139. Sitzung)
Quelle Bundestag: Die Tagesordnung entspricht auch dann der im Bundestag, wenn die Reihenfolge der Tagesordnungen „durcheinander“ gehen. Teilweise dauert es Wochen bis die Videos zur Verfügung stehen. Sie werden eingefügt, sobald sie vorhanden sind.
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TOP 1 Regierungserklärung zur Haushaltslage
Der Bundestag hat sich am Dienstag, 28. November 2023, im Rahmen einer Regierungserklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit den Folgen des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes zum Nachtragshaushalt 2021 befasst. Die Karlsruher Richterinnen und Richter hatten am 15. November den Nachtragsetat für verfassungswidrig und nichtig erklärt. Das Gericht hatte entschieden, dass das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 mit der Schuldenregel des Grundgesetzes (Artikel 109 Absatz 3) sowie mit den Artikeln 110 Absatz 2 und 115 Absatz 2 des Grundgesetzes unvereinbar und damit nichtig ist (Aktenzeichen: 2 BvF 1 / 22).
Im Nachgang der Entscheidung hatten die Koalitionsfraktionen die abschließende Beratung des Haushaltsentwurfes für 2024 verschoben, um die Auswirkungen des Richterspruchs auf die Etatplanung zu prüfen. Am Montag beschloss die Bundesregierung zudem einen Entwurf für einen Nachtragshaushalt für das laufende Jahr. Damit will die Bundesregierung insbesondere die Finanzierung der Gas- und Strompreisbremse aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds sowie die Wiederaufbauhilfe für die Betroffenen der Flutkatastrophe von 2021 in Reaktion auf das Urteil rechtlich absichern. Dazu ist eine Ausnahme von der Schuldenregel des Grundgesetzes erforderlich, für die die Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP einen Antrag vorgelegt haben. Antrag und Gesetzentwurf sollen am Freitag, 1. Dezember, erstmals beraten werden.
Zudem äußerte Mützenich Kritik am Zeitpunkt der Entscheidung des Verfassungsgerichtes – unmittelbar vor der Bereinigungssitzung zum Haushalt 2024 – sowie teilweise am Inhalt der Entscheidung. Mit Blick auf den Haushalt 2024 warb Mützenich dafür, erneut eine Ausnahme von der Schuldenbremse zu erwirken. „Wenn die Zeiten keine normale Zeiten sind, dann kann es auch keinen normalen Haushalt geben“, so der Sozialdemokrat. Grundsätzlich führte Mützenich an, dass hinter einem Haushalt auch immer politische Antworten stünden: „Wir entscheiden über die Bollwerke einer lebensfähigen sozialen Demokratie.“
Den Abgeordneten lagen zu der Regierungserklärung Entschließungsanträge der AfD-Fraktion (20/9489) und der Fraktion Die Linke (20/9490) vor, die jeweils mit den Stimmen aller übrigen Fraktionen zurückgewiesen wurden. Die AfD forderte darin unter anderem, unverzüglich eine generelle Haushaltssperre zu verfügen für sämtliche Ausgaben, für die es keine Rechtsverpflichtung gibt. Die Linksfraktion forderte unter anderem, ein Zukunftsprogramm aufzulegen. (scr/28.11.2023)
Kanzler: Es geht für uns alle um viel
In seiner Regierungserklärung verteidigte Bundeskanzler Scholz die Entscheidung seiner Regierung für den Nachtragshaushalt 2021. Rechtliche Fragen seien damals noch nicht abschließend geklärt gewesen, man habe eine Einschätzung vorgenommen, die nun verworfen worden sei. „Das Bundesverfassungsgericht hat damit Klarheit geschaffen und das Gericht hat das letzte Wort“, sagte der Kanzler. Scholz führte aus, dass das Urteil eine „neue Realität“ schaffe, und zwar für die Bundesregierung, aber auch für alle Regierungen in den Ländern. Mit Blick auf den vorgeschlagenen Nachtragshaushalt führte Scholz an, warum aus Sicht der Bundesregierung eine Ausnahme von der Schuldenbremse wieder nötig sei.
Mit Blick auf den Haushalt 2024 sagte Scholz, man arbeite „intensiv“ daran, die Beschlüsse für den Etat „so schnell wie möglich zu treffen“. Durch die Verschiebung des Beschlusses gebe es die Zeit, „vorhandene Spielräume auszuloten, Schwerpunkt zu setzen und natürlich auch Ausgaben zu beschränken“, sagte Scholz. Der Bundeskanzler macht deutlich, dass weder bei der Unterstützung der Ukraine, der „Bewältigung der Energiekrise“ noch bei der „Modernisierung des Landes“ nachgelassen werde dürfe. „Es geht für uns alle um viel, es geht um sichere Arbeitsplätze, um eine wettbewerbsfähige Wirtschaft, es geht um ein gutes Leben für die kommenden Generationen und geht um unsere Fähigkeit, auch kommende Krisen zu bewältigen“, sagte Scholz.
AfD fordert Neuwahlen
Für die AfD-Fraktion attackierte die Co-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel (AfD) die Bundesregierung scharf und forderte Neuwahlen. „Keine zwei Jahre Ampel und Deutschland steckt in der Dauerkrise und steht am Rand der Zahlungsunfähigkeit“, so Weidel. Die Bürger hätten von Scholz keine Regierungs-, sondern eine Rücktrittserklärung erwartet. Die Koalition regiere „gegen die Vernunft, gegen die Wirklichkeit, gegen den Willen und das Wohl der Bürger – und sie regiert gegen die Verfassung“, sagte die AfD-Abgeordnete.
Die Krise sei längst eine „umfassende, manifeste Vertrauenskrise geworden“. Die Politik der Regierung „delegitimiert die demokratischen Institutionen in den Augen der redlichen Bürger“. In Richtung Scholz forderte Weidel: „Eröffnen Sie den Weg für Neuwahlen und erlösen Sie dieses Land von der Ampelregierung.“
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29. November 2023 (140. Sitzung)
TOP 2 Regierungsbefragung
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat unterstrichen, dass die deutsche Unterstützung für die Ukraine im Kampf gegen den russischen Aggressor nicht nachlassen wird. In der Regierungsbefragung am Mittwoch, 29. November 2023, sagte Pistorius, in dieser Frage wisse er die überbordende Mehrheit des Bundestages hinter sich. Ein Sieg Putins hätte nach den Worten des Ministers „katastrophale Folgen“ für Deutschland und Europa. „Wir müssen wieder wehrhafter werden“, forderte er, und gemeinsam Führung in der Nato übernehmen, um Sicherheit und Frieden verteidigen zu können. Es sei notwendig, intensiv in die Bundeswehr, in Ausstattung und Ausbildung, zu investieren.
Auf die Frage des AfD-Abgeordneten Martin Sichert nach den Energiekosten der medizinischen Industrie sagte Lauterbach, für die pharmazeutische Forschung seien nicht Energiekosten entscheidend, sondern die Daten.
Dem AfD-Abgeordneten Rüdiger Lucassen sagte Pistorius, man habe durch den Einsatz Einfluss auf die Situation in Mali gehabt, die dortigen Behörden hätten die Zusammenarbeit „auf Augenhöhe“ sehr geschätzt. Der Erfolg des Einsatzes lasse sich nicht in Euro und Cent messen.
Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) fragte Pistorius nach einem Bericht der Bild-Zeitung, wonach es einen Geheimplan gebe, der Ukraine so wenig wie möglich zu liefern, um sie zu Verhandlungen zu drängen. Er habe selten einen abwegigeren Unsinn gelesen, sagte der Minister. Man beliefere die Ukraine mit neuen Systemen der Luftverteidigung und mit gepanzerten Fahrzeugen. (vom/29.11.2023)
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TOP 3 Fragestunde
Im Anschluss an die Regierungsbefragung folgte am Mittwoch, 29. November 2023, die Fragestunde. Getrennt nach Ressorts beantworteten Vertreter der Bundesregierung 45 Minuten lang Fragen (20/9461), die von den Abgeordneten vorab schriftlich eingereicht worden waren.
CDU/CSU-Abgeordnete mit den meisten Fragen
Zwölf der insgesamt 31 Fragen wurden von Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion gestellt. Abgeordnete der AfD-Fraktion waren mit elf und Abgeordnete der Fraktion Die Linke mit acht Fragen vertreten. Von Abgeordneten der SPD-Fraktion, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der FDP-Fraktion sowie von fraktionslosen Abgeordneten wurden keine Fragen gestellt.
Die mit Abstand meisten Fragen, nämlich zehn, richteten sich an das Bundesministerium der Finanzen, gefolgt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz mit sechs Fragen und vom Bundesministerium für Inneres und Heimat mit fünf Fragen. Je zwei Fragen gingen an das Bundesministerium für Gesundheit und an das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen. Je eine Frage sollten das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, das Bundesministerium der Verteidigung, das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, das Bundesministerium für Digitales und Verkehr, das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz und das Bundeskanzleramt beantworten.
Was die Abgeordneten wissen wollten
Der bayerische AfD-Abgeordnete Dr. Rainer Kraft fragte das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, ob die Bundesregierung garantieren kann, dass die Förderoptionen und sozialen Ausgleichsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Gebäudeenergiegesetz weiterhin bestehen bleiben und dass diese zeitgleich mit Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Januar 2024 beantragt und ausbezahlt werden können.
ZP 1 Freihandelsabkommen
Den Beschluss der Delegierten auf dem Parteitag von Bündnis 90/Die Grünen zum Europawahlprogramm am vergangenen Wochenende, das Mercosur-Freihandelsabkommen in der jetzigen Form nicht zu ratifizieren, hat die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag zum Anlass genommen, am Mittwoch, 29. November 2023, eine Aktuelle Stunde unter dem Titel „Wirtschafts-Wende jetzt – Vorfahrt für Freihandel vor Parteipolitik“ zu beantragen.
AfD: Heimische Industrie vor „Gängelungen“ schützen
Dr. Malte Kaufmann (AfD) sagte in Richtung der Unionsfraktion, dass die AfD schon sehr lange fordere, dass das Wohl Deutschlands „im Vordergrund steht und nicht die Klientel- und Ideologiepolitik“. Mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz lege die Regierung „die Axt an die deutsche Wirtschaft“, so Kaufmann: „In der Folge werden noch mehr Unternehmen Deutschland verlassen.“
Man müsse die heimische Industrie unterstützen und nicht durch eine „Vielzahl von Gängelungen wie der CO2-Bepreisung“ schwächen, forderte der AfD-Abgeordnete.
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TOP 4 Unterrichtung der Bundesregierung zur Ökobilanz von Gebäuden
Der Bundestag hat am Mittwoch, 29. November 2023, erstmals eine Unterrichtung der Bundesregierung zur Ökobilanz von Gebäuden beraten. Im Anschluss an die Aussprache im Parlament überwiesen die Abgeordneten den Bericht „über Forschungsergebnisse zu Methodiken zur ökobilanziellen Bewertung von Wohn- und Nichtwohngebäuden“ (20/8830) zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen.
Bericht des Klimaschutz- und des Bauministeriums
Wie es in der Unterrichtung heißt, kommen das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen einem Auftrag des Gebäudeenergiegesetzes nach, dem Bundestag diesen Bericht vorzulegen. Sie schreiben, es bestehe ein grundsätzliches Interesse an der Einführung einer Lebenszyklusanalyse im Bau- und Gebäudebereich. Um die Ziele des Klimaschutzgesetzes zu realisieren, reichten freiwillige Maßnahmen und Förderprogramme nicht aus. Ordnungsrecht und Fördermaßnahmen müssten zusammenwirken, um das Planungs- und Baugeschehen insgesamt zu beeinflussen.
Die Lebenszyklusanalyse unter Nutzung der angewandten Ökobilanzierung wird als geeignetes Instrument gesehen, verbindliche Anforderungen zur Begrenzung der Treibhausgasemissionen zu formulieren und durchzusetzen. Beide Ministerien würden gemeinsam Vorschläge zu Art, Umfang, Ort und Zeitpunkt einer Integration der ökobilanziellen Bewertung in das Ordnungsrecht beraten. Dies treffe auch für einen Absenkpfad in Richtung eines klimaneutralen Gebäudebestands zu.
„Emissionsminderung entschlossen vorantreiben“
Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) geht nach Darstellung der Regierung davon aus, dass ein noch verbleibendes nationales Budget an CO2-Emissionen bereits um 2030 aufgebraucht sein könnte. Maßnahmen zur Emissionsminderung im Gebäudebestand sowie im Lebenszyklus von Einzelgebäuden sollten aus Sicht der Ministerien entschlossen vorangetrieben werden. Ergänzt würden diese nachfrageseitigen Maßnahmen durch entsprechende politische Instrumente zur Dekarbonisierung der Bauwirtschaft auf der Angebotsseite.
Mit der Einbeziehung „grauer“ Anteile in die Ökobilanz von Gebäuden (und in die Systematik von Anforderungen im Ordnungsrecht) könnten weitere Minderungspotenziale erschlossen und die Nachfrage nach Bauprodukten aus nachwachsenden Rohstoffen sowie mit reduzierten Treibhausgasemissionen im Produktlebenszyklus (Low-carbon-Produkte) stimuliert werden, heißt es weiter. Dies erzeuge auch positive Effekte in der Industrie.
„Minderungseffekte werden unmittelbar wirksam“
Mit Nebenanforderungen zur Begrenzung des Erstaufwandes an Treibhausgasemissionen (upfront emissions) könne Einfluss auf Emissionen genommen werden, die aktuell entstehen und sofort zulasten des Restbudgets an Treibhausgasemissionen gehen, welches die Einhaltung der Klimaschutzziele noch erlaubt. Minderungseffekte würden so unmittelbar wirksam.
Wie die Ministerien weiter schreiben, liegt im Ergebnis einer ökobilanziellen Bewertung von Neubauvorhaben ein „quantifiziertes Recyclingpotenzial“ vor, dass zukünftig Hinweise auf die Nutzung des Gebäudebestands als „urbane Mine“ geben könne. Eine ökobilanzielle Bewertung erzeuge Daten, die im Energieausweis angegeben werden müssen. Deutschland stehe mit seinen Nachbarländern in einem engen Austausch. Diese hätten eine ökobilanzielle Bewertung von neu zu errichtenden Gebäuden bereits eingeführt, weitere Länder Nordeuropas stünden kurz davor. (vom/29.11.2023)
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TOP 5 Wissenschaftszeitvertragsgesetz
Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz bildet nach Darstellung der Unionsfraktion seit seinem Inkrafttreten im Jahr 2007 die Rechtsgrundlage für befristete Arbeitsverträge mit wissenschaftlichem und künstlerischem Personal an Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Es sei ein Sonderbefristungsrecht für die Wissenschaft, wonach das wissenschaftliche und künstlerische Personal an Hochschulen und Forschungseinrichtungen zu besonderen Konditionen befristet beschäftigt werden könne.
Die Unionsabgeordneten erkundigen sich in der Großen Anfrage unter anderem danach, ob die Bundesregierung weiterhin die Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes beabsichtigt. Sollte dies der Fall sein, wollen die Abgeordneten ebenfalls erfahren, wann die Novellierung in Kraft treten soll. (vom/cha/29.11.2023)
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TOP 6 Datengrundlage für Maßnahmen zur Kontrolle der Ausbreitung von Sars-CoV-2
Der Bundestag hat am Mittwoch, 29. November 2023, über die Antwort der Bundesregierung (20/9036) auf eine Große Anfrage der AfD-Fraktion (20/6750) zur Datengrundlage für Maßnahmen zur Kontrolle der Ausbreitung von Sars-CoV-2 (Covid-19) beraten.
Antwort der Bundesregierung
Die Bundesregierung schreibt in ihrer Antwort auf die Große Anfrage, Studien kämen zu unterschiedlichen Prävalenzschätzungen bezüglich der Long-Covid-Erkrankungen. Aktuelle Studien ließen vermuten, dass der Anteil Long-Covid-Betroffener bei den mit Sars-CoV-2 infizierten Personen bei etwa 6 bis 15 Prozent liege.
Die Häufigkeit von Long-Covid scheine bei Kindern und Jugendlichen im Vergleich zu Erwachsenen geringer zu sein, heißt es weiter. Neueren epidemiologischen Studien und einer Übersichtsarbeit zufolge werde die Prävalenz bei Kindern und Jugendlichen zwischen einem und vier Prozent geschätzt.
In ihrer Antwort geht die Bundesregierung auf zahlreiche Einzelaspekte ein und verweist auf wissenschaftliche Studien sowie das Krisenmanagement während der Corona-Pandemie. Auswertungen zur Umsetzung der Maßnahmen und deren langfristigen Auswirkungen fänden seit Beginn der Pandemie fortlaufend auf Basis wissenschaftlicher Methoden statt. Da verschiedene Auswertungen noch ausstünden, sei eine abschließende Einordnung nicht möglich. (vom/pk/29.11.2023)
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30. November 2023 (141. Sitzung)
TOP 7 Rückführungsverbesserungsgesetz
Die Migrationspolitik der Ampelkoalition bleibt im Bundestag weiter heftig umstritten. Während Union und AfD am Donnerstag, 30. November 2023, im Parlament bei der ersten Lesung des von der Bundesregierung vorgelegten „Rückführungsverbesserungsgesetzes“ die darin vorgesehenen Maßnahmen zur Erleichterung von Abschiebungen als unzureichend kritisierten, beklagte Die Linke eine massive Verschärfung. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) verteidigte die Vorlage dagegen als das „umfangreichste Gesetz zur Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen von Rückführungen, das eine Bundesregierung jemals vorgelegt“ habe.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Nach dem Gesetzentwurf „zur Verbesserung der Rückführung“ (20/9463) soll die Fortdauer und die Anordnung von Abschiebungshaft künftig unabhängig von etwaigen Asylantragstellungen möglich sein, auch bei Folgeanträgen. Verstöße gegen Einreise- und Aufenthaltsverbote werden laut Vorlage als eigenständiger Haftgrund außerhalb der Fluchtgefahr im Rahmen der Sicherungshaft geregelt; zudem ist ein behördliches Beschwerderecht für den Fall der Ablehnung des Abschiebungshaftantrags vorgesehen. Zugleich sieht der Gesetzentwurf vor, die Höchstdauer des Ausreisegewahrsams von derzeit zehn auf 28 Tage zu verlängern, um effektiver als bisher ein Untertauchen des Abzuschiebenden zu verhindern. Zudem sollen die Behörden auch andere Räumlichkeiten als das Zimmer des abzuschiebenden Ausländers in einer Gemeinschaftsunterkunft betreten können.
Vorgesehen ist ferner, dass Widerspruch und Klage gegen Einreise- und Aufenthaltsverbote keine aufschiebende Wirkung mehr haben. Wohnsitzauflagen und räumliche Beschränkungen sollen ebenfalls künftig von Gesetzes wegen sofort vollziehbar sein. Daneben enthält die Vorlage weitere Maßnahmen zur erleichterten Identitätsfeststellung und zur erleichterten Abschiebung von Straftätern und Gefährdern. Für den Bereich der Organisierten Kriminalität soll ein Ausweisungstatbestand geschaffen werden, der an die Angehörigkeit zu Strukturen der Organisierten Kriminalität anknüpft und unabhängig von einer strafrechtlichen Verurteilung ausgestaltet ist. Erleichtert werden soll zudem die Ausweisung von Schleusern. Darüber hinaus sind unter anderem Maßnahmen zur Entlastung der Ausländerbehörden vorgesehen. So sollen etwa Aufenthaltserlaubnisse für subsidiär Schutzberechtigte künftig mit einer Gültigkeitsdauer von drei Jahren statt mit einer Gültigkeitsdauer von einem Jahr erteilt werden.
Ministerin: Es braucht klare Regeln
Faeser betonte in der Debatte, dass es klare Regeln brauche, damit Deutschland ein „solidarisches Land“ sein könne. Dazu gehöre, dass Menschen ohne Bleiberecht das Land „schnell und zuverlässig“ auch wieder verlassen müssen. Schon jetzt sei die Zahl der Abschiebungen im laufenden Jahr um 27 Prozent höher als im Vorjahreszeitraum. Eigentlich sei es eine Selbstverständlichkeit, dass Ausreisepflichtige Deutschland verlassen müssen, doch gebe es in der Praxis immer wieder Schwierigkeiten, dies umzusetzen. Der Bund müsse einen rechtlichen Rahmen schaffen, der den Ländern einen möglichst effektiven Vollzug der Rückführungen ermöglicht. Daher sei die Bundesregierung bei dem Gesetzentwurf umfassend auf die Vorstellungen der Länder und Kommunen eingegangen.
Die vorgesehenen Maßnahmen seien notwendig, um irreguläre Migration wirksam zu begrenzen, aber auch, um das individuelle Grundrecht auf Asyl zu schützen, fügte die Ressortchefin hinzu. Dieses Recht wolle man bewahren und Menschen, die ein Recht auf Asyl in Deutschland haben, gut in die Gesellschaft integrieren. Dafür solle Asylsuchenden und Geduldeten ein früherer und leichterer Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglicht werden. „Frühestens nach drei und spätestens sechs Monaten in Deutschland soll es nun möglich sein, eine Arbeit aufzunehmen“, sagte die Ministerin. Auch Geduldete sollten künftig im Regelfall eine Beschäftigungserlaubnis bekommen, denn Arbeit sei der entscheidende Faktor für Integration„.
AfD fordert lückenlosen Grenzschutz
Bernd Baumann (AfD) beklagte, Deutschland wirke “wie ein gigantischer Magnet auf bald alle Fremden dieser Erde„. Dagegen enthalte der Gesetzentwurf nur “winzigste Mikroveränderungen„, weil die Regierungskoalition nicht wirklich abschieben wolle. Zu einer echten Asylreform sei sie unfähig. Nur die AfD habe den “wirklichen Willen„ zu Abschiebungen. Auch brauche man einen lückenlosen Grenzschutz mit einer sofortigen Zurückweisung aller illegalen Migranten an den Grenzen.
Benötigt würden zudem Zentren außerhalb Europas, in denen überprüft werde, ob Schutzgründe vorliegen. “Die große Masse der Migranten, bei denen das nicht der Fall ist, kommt dann nicht länger über unsere Grenzen„, sagte Baumann. Für Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge müssten Schutzzonen außerhalb Europas die Lösung sein, möglichst in der Nähe ihrer Heimat.
Genauso sei es richtig, Abschiebungen von Straftätern und Gefährdern zu erleichtern und zugleich die Bekämpfung der Schleuserkriminalität zu verschärfen. Ebenso wichtig wie das Gesetzespaket sei es für eine stärkere Steuerung der Migration, dass die Bundesregierung einen Schwerpunkt auf mehr Migrationsabkommen mit Ländern lege, die momentan die Rücknahme von Menschen verweigern. (sto/30.11.2023)
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TOP 8 Wirtschaftsstandort Deutschland
Die Abgeordneten des Bundestages haben gegen die Einführung einer „Bürokratriebremse“ gestimmt. Mit der Mehrheit von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Die Linke wurde am Donnerstag, 30. November 2023, ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Wirtschaftsstandort Deutschland stärken, Wirtschaft unterstützen – Abbau überflüssiger und belastender Bürokratie“ (20/6408) abgelehnt. Dafür hatten die Union als Antragstellerin und die AfD votiert. Der Entscheidung lag eine Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses (20/9271) zugrunde.
AfD: Unternehmen wandern ins Ausland ab
Leif-Erik Holm (AfD) befand, die Regierung mache das Gegenteil von dem, was nötig wäre: „Sie können es nicht.“ Deutsche Unternehmen würden ins Ausland abwandern, „auch wegen der irren Bürokratie“. Auch Holm bezog sich auf den Normenkontrollrat: „Der sagt, der Erfüllungsaufwand ist um 50 Prozent gestiegen.“
Für die Wirtschaft sei jedoch keinerlei Rettung in Sicht. „Bürger und Unternehmen wollen keine Durchhalteparolen mehr, sie wollen Taten sehen“, sagte Holm und forderte die Unionsfraktion auf, die AfD-Fraktion bei einer Klage gegen den „verfassungswidrigen Haushalt 2023“ zu unterstützen.
Antrag der Unionsfraktion
In dem Antrag fordern die Unionsabgeordneten unter anderem die Einführung einer sogenannten “Bürokratiebremse„ bei der Einstellung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Bundesverwaltung. Diese solle bewirken, dass für jeden neuen Beschäftigten eine gleichwertige Stelle an anderer Stelle gestrichen werden muss.
Darüber hinaus wird ein umfassender “Belastungs-TÜV„ vorgeschlagen, der alle Belastungen für Unternehmen und Beschäftigte durch Gesetze und andere Regelungen auf europäischer und nationaler Ebene auf den Prüfstand stellt und entsprechende Abhilfemaßnahmen ergreift. Konkret geht es den Abgeordneten darum, höhere Kosten, mehr Bürokratie, mehr Compliance und Risikomanagement oder Einschränkungen von Flexibilität zu vermeiden. (vom/emu/30.11.2023)
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TOP 9 Modernisierung des Staatsangehöigkeitsrechts
Der Bundestag hat sich am Donnerstag, 30. November 2023, mit der Erleichterung des Zugangs zur deutschen Staatsangehörigkeit befasst. Die Abgeordneten haben erstmals über den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts (20/9044) beraten. Im Anschluss an die Aussprache wurde die Vorlage zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Inneres und Heimat überwiesen.
Ministerin: Das Gesetz nutz unserem Land
„Wir brauchen das Gesetz, weil es unserem Land nutzt“, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zu Beginn der Debatte. Es mache Deutschland stärker, moderner und international wettbewerbsfähiger. Nach dem schon beschlossenen Fachkräfteeinwanderungsgesetz werde nun der nächste notwendige Schritt gegangen. Das neue Staatsangehörigkeitsrecht gehöre zu einer modernen Einwanderungspolitik, sagte die Ministerin. Gerade bei Hochqualifizierten könne mit dem Pfund einer Einbürgerung gewuchert werden. So täten es Einwanderungsländer wie Kanada und die USA ebenfalls. „Den Wohlstand von morgen schaffen wir nicht mit den Regeln von gestern“, sagte Faeser.
Die Innenministerin ging auch auf die antisemitischen Demonstrationen in Deutschland in den vergangenen Wochen ein. Für die Einbürgerung werde ein Bekenntnis zur demokratischen Grundordnung „ohne Wenn und Aber“ gefordert. „Wer sich antisemitisch betätigt, darf kein Deutscher werden“, machte sie deutlich. Dieses Stoppschild sei schon lange vor dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober im Gesetzentwurf verankert worden. Es gelte auch für alle, die Israel das Existenzrecht absprechen. „Sollte sich im weiteren Verfahren zeigen, dass es im Gesetz dazu Änderungsbedarf gibt, stehe ich dem ausdrücklich offen gegenüber“, sagte Faeser.
AfD: Verschleuderung der Staatsangehörigkeit
Gottfried Curio (AfD) warnte vor einer Verschleuderung der Staatsangehörigkeit. Die Regierung wolle durch deutlich abgeschwächte Bedingungen mehr Ausländer einbürgern. Das Gesetz gebe das klare Signal: „Niemand muss sich mehr integrieren.“ Das illegale Eindringen nach Deutschland über ungesicherte Grenzen werde mit einer „hinterhergeworfenen Staatsbürgerschaft“ noch attraktiver, sagte Curio. Als Lohn erhoffe man sich ein paar Dankeskreuzchen auf dem Wahlzettel. „Die Umverteilungspartei importiert sich extra ihr eigenes Wählerprekariat“, sagte Curio und sprach von einem „kalten Staatsstreich per Umbau der Wählerdemografie“. Es dürfe nicht sein, dass „absterbende Parteien“ den Bürgern das eigene Land unter den Füßen wegziehen.
Der AfD-Abgeordnete sprach sich gegen eine „Zementierung der illegalen Massenzuwanderung“ durch eine künstlich forcierte und sachwidrige Einbürgerung aus. „Weg mit diesem Gesetz“, forderte er.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Mit ihrem ersten Gesetzentwurf (20/9044) will die Bundesregierung den Zugang zur deutschen Staatsangehörigkeit erleichtern und zugleich einen Anreiz zur schnellen Integration schaffen. Vorgesehen ist, bei Einbürgerungen künftig Mehrstaatigkeit generell hinzunehmen. Zugleich soll eine Einbürgerung in der Regel bereits nach einem Aufenthalt von fünf statt bisher acht Jahren möglich sein, bei besonderen Integrationsleistungen auch schon nach drei Jahren.
Auch die für den automatischen Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit eines Kindes ausländischer Eltern durch Geburt im Inland erforderliche Aufenthaltsdauer eines Elternteils in der Bundesrepublik soll von acht auf fünf Jahre verkürzt werden und die bisherige Optionsregelung vollständig entfallen.
Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung
Beim Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes als einer Voraussetzung für eine Einbürgerung soll dem Entwurf zufolge gesetzlich klargestellt werden, dass „antisemitisch, rassistisch oder sonstige menschenverachtend motivierte Handlungen“ mit der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes unvereinbar sind und gegen dessen freiheitliche demokratische Grundordnung verstoßen.
Mit dem Gesetzentwurf soll auch gewährleistet werden, dass die Staatsangehörigkeitsbehörden durch die Staatsanwaltschaften sicher von strafrechtlichen Verurteilungen erfahren, denen antisemitische, rassistische oder sonstige menschenverachtende Beweggründe zugrunde liegen.
Hinderungsgründe für eine Einbürgerung
Ausgeschlossen sein soll eine Einbürgerung auch im Fall einer Mehrehe oder wenn jemand durch sein Verhalten zeigt, dass er die im Grundgesetz festgelegte Gleichberechtigung von Mann und Frau missachtet. Bei der Sicherheitsabfrage ist eine Erweiterung des Kreises der zu beteiligenden Sicherheitsbehörden vorgesehen.
Bei der Anspruchseinbürgerung gilt laut Vorlage mit Ausnahme bestimmter Fälle, dass der Lebensunterhalt für sich selbst und die unterhaltspflichtigen Angehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen der Sozialhilfe (SGB XII) oder Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) bestritten werden muss.
Gastarbeiter und Vertragsarbeitnehmer
Ausnahmen davon sollen für Personen gelten, die in den vergangenen zwei Jahren mindestens 20 Monate in Vollzeit erwerbstätig waren, für Menschen, die mit einer in Vollzeit tätigen Person sowie einem Kind in familiärer Gemeinschaft leben sowie für die sogenannten Gastarbeiter und Vertragsarbeitnehmer, die bis 1974 in die Bundesrepublik beziehungsweise bis 1990 in die ehemalige DDR eingereist sind.
Gast- und Vertragsarbeiter müssen dem Entwurf zufolge zudem keinen Einbürgerungstest absolvieren und lediglich mündliche deutsche Sprachkenntnisse nachweisen.
Stellungnahme des Bundesrates
Der Bundesrat unterbreitet in seiner Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf eine Reihe von Änderungsvorschlägen. So plädiert er unter anderem für eine ausdrückliche Klarstellung, dass auch „geschlechtsspezifische oder gegen die sexuelle Orientierung gerichtete“ Handlungen mit der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes unvereinbar sind.
Dem stimmt die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung zu und empfiehlt, diese Unvereinbarkeit für „antisemitisch, rassistisch, gegen das Geschlecht oder die sexuelle Orientierung gerichtete oder sonstige menschenverachtend motivierte Handlungen“ festzuschreiben. (hau/sto/30.11.2023)
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TOP 10 Erbschaftssteuer
Der Bundestag hat am Donnerstag, 30. November 2023, gegen die Streichung der Erbschaftsteuervergünstigungen bei großen Unternehmenserbschaften gestimmt. In namentlicher Abstimmung votierten 621 Abgeordnete gegen einen Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Erbschaftsteuer – Privilegien bei Milliardenerbschaften streichen“ (20/7295). 31 Abgeordnete haben sich für die Vorlage ausgesprochen und ein Parlamentarier hat sich enthalten. Der Antrag sah die Streichung aller Vergünstigungen für große Unternehmenserbschaften vor, um Milliardäre höher zu belasten.
Ebenfalls abgelehnt wurde ein Antrag der AfD-Fraktion, der völlig entgegengesetzt zum Antrag der Linksfraktion forderte, die Erbschaftssteuer vollständig abzuschaffen (20/6388). Die Initiative fand keine Mehrheit gegen die Stimmen von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP bei Zustimmung durch die Antragsteller. Den Abstimmungen lag jeweils eine Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zur Vorlage der Linksfraktion (20/9562) und der AfD (20/8438) zugrunde.
FDP: Kein Einnahme-, sondern Ausgabenproblem
Für die FDP-Fraktion kritisierte die Abgeordnete Claudia Raffelhüschen höhere Steuern und den Wunsch nach der Generierung höherer Einnahmen. „Wir haben kein Einnahmeproblem, wir haben ein Ausgabenproblem“, sagte Raffelhüschen und erklärte: „Bevor wir die Ausgabenseite nicht konsolidiert haben, brauchen wir über höhere Steuern gar nicht reden.“
Raffelhüschen lehnte aber auch den AfD-Antrag auf eine vollständige Abschaffung ab, gestand jedoch zu, dass die Erbschaftsteuer reformbedürftig sei. Beispielsweise müssten die Steuerfreibeträge an die Inflation angepasst werden. Allerdings würden diese Vorschläge von den Bundesländern bisher abgelehnt.
Union: So inhaltsleer wie dieser Antrag war keiner
Christian Freiherr von Stetten kritisierte als erster Redner der CDU/CSU-Fraktion, dass seine Vorrednerin von der FDP keinen Rückhalt bei den anderen Ampel-Parteien habe. „Es gab mehr Beifall aus den Reihen der CDU/CSU als von Ihren Koalitionspartnern SPD und Grünen.“
Gerichtet an die Linksfraktion sprach er deren bisherigen finanzpolitischen Sprecher Christian Görke an. „Es war ein sehr kollegiales Zusammenarbeiten“, sagte von Stetten, kritisierte aber auch den Antrag der Linksfraktion. Die habe in der Geschichte ihrer Fraktion zahlreiche Anträge vorgelegt. „So inhaltsleer wie dieser Antrag war keiner“, kritisierte von Stetten und legte nach: „Selbst für eine sterbende Fraktion ist das zu wenig.“
SPD: Mehrheit des Vermögens vererbt oder verschenkt
Tim Klüssendorf bedankte sich für die SPD-Fraktion bei der Linksfraktion für deren Antrag. Es sei wichtig, über das Thema Verteilungsungerechtigkeit zu diskutieren. „Zehn Prozent des jährlichen Bruttoinlandsprodukts werden jährlich vererbt oder verschenkt“, sagte der Abgeordnete. Darauf fielen lediglich zwei bis drei Prozent Steuern an.
Davon profitierten aber vor allem wenige. 40 Millionen Menschen in Deutschland, also fast die Hälfte der Bevölkerung, besitze nicht mal drei Prozent des Gesamtvermögens. Klüssendorf sagte auch, dass die Mehrheit des Vermögens mittlerweile vererbt oder verschenkt, und nicht durch Arbeit erwirtschaftet werde. Allerding ist der Antrag der Linksfraktion aus Sicht Klüssendorfs zu weitgehend. Der SPD-Abgeordnete verwies darauf, dass Belastungen beim Übergang von kleinen und mittleren Unternehmen beachtet werden müssten.
AfD: Erbschaftsteuer ist unfaire Doppelbesteuerung
Kay Gottschalk, Abgeordneter der AfD-Fraktion, nannte die Erbschaftsteuer „eine unfaire Doppelbesteuerung“, da sie auf bereits versteuertes Kapital erhoben werde. „Wohlstand und Wachstum schafft man nicht durch Umverteilung“, sagte Gottschalk. Deutschland sei das Land mit den zweithöchsten Steuern und Abgaben. „Sie schaffen Armut!“, warf Gottschalk der Koalition vor. Weitere Steuererhöhungen seien Gift für den Mittelstand. Seit 2008 seien die Freibeträge bei der Erbschaftsteuer nicht erhöht worden.
„Der Mittelstand ist das Rückgrat unserer Wirtschaft“, sagte der AfD-Abgeordnete. Die mittelständischen Unternehmen unterschieden sich dabei deutlich von internationalen Konzernen, die vor allem Steueroptimierung betrieben. Gottschalk weiter: „Wir werden uns mit ganzer Kraft dafür einsetzen, die Erbschaftsteuer abzuschaffen.“
Antrag der AfD
Die AfD-Fraktion fordert eine Abschaffung der Erbschaft- und der Schenkungsteuer. In ihrem Antrag (20/6388) wird die Bundesregierung aufgefordert, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. Die AfD-Fraktion begründet ihren Vorstoß damit, dass es sich bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer um Substanzsteuern handle. Solche Substanzsteuern seien ungerecht, weil sie nicht die Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen berücksichtigen, sondern ausschließlich ein bestimmtes Vermögen besteuern würden.
Bisher sei das Aufkommen aus der Erbschaft- und Schenkungssteuer für die Länder mit 11,1 Milliarden Euro für das Jahr 2021 vernachlässigbar gewesen. Allerdings werde das Aufkommen aus diesen Steuern in Folge höherer Bewertungen von Immobilien durch das Jahressteuergesetz 2022 massiv steigen. Angesichts der stark gestiegenen Immobilienpreise werde es zu signifikanten Erhöhungen der Erbschaftssteuer kommen. In Einzelfällen seien Steigerungen bis zum 21-fachen der heute zu zahlenden Erbschaft- und Schenkungssteuer zu erwarten. (vom/bal/hle/30.11.2023)
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ZP 5 Aktuelle Stunde Industriestamdort Ostdeutschland
Die Fraktion Die Linke will der Förderung der Industrie in Ostdeutschland noch mehr Priorität einräumen und hat außerdem eine bessere Bezahlung ostdeutscher Arbeitskräfte gefordert. In einer Aktuellen Stunde zum Industriestandort Ostdeutschland, die auf ihr Verlangen am Donnerstag, 30. November 2023, auf der Tagesordnung stand, verlangte Sören Pellmann (Die Linke) nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts klare Ansagen der Bundesregierung, was aus den geplanten Hightech-Investitionen in Magdeburg und Dresden werde.
„Wir brauchen eine Garantie, dass keine der geplanten Investitionen in Ostdeutschland abgesagt wird“, verlangte Pellmann. Die Menschen in Ostdeutschland hätten nach über 30 Jahren genug von ungleichen Löhnen und ungleichen Arbeitsbedingungen: „Sie vertrauen nicht mehr auf halbgare Ankündigungen und Versprechen. Das kennen sie seit Jahrzehnten.“ Es müsse ein „Ende der Niedriglohn-Orgie“ geben.
AfD: Habeck betreibt Abwirtschaftspolitik
Der Industriestandort Ostdeutschland sei von der „Abwirtschaftspolitik“ von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) besonders betroffen, so Enrico Komning (AfD). Die durchschnittliche Wirtschaftskraft der ostdeutschen Länder liege mit etwas über 80 Prozent weiter unter dem gesamtdeutschen Durchschnitt. Viele mittelständische Unternehmer seien verzweifelt und wollten aufgeben oder die Produktion ins Ausland verlagern.
Doch Geld werde für „grüne ideologische Luftschlösser verbraten“. Die mit Milliardensubventionen nach Ostdeutschland gelockten Konzerne würden schnell wieder weg seien, wenn die Subventionsquellen versiegen würden. Benötigt würden mittelständische Unternehmen „und keine Subventionsnomaden“.
Ganz wichtig für den Osten sei auch die weitere Unterstützung industrienaher Forschungseinrichtungen. (hle/30.11.2023)
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TOP 11 Veränderung Völkerstrafrechts
Die Bundesregierung will das Völkerstrafgesetzbuch (VStGB) nachschärfen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung (20/9471) hat das Parlament am Donnerstag, 30. November 2023, beraten. Im Anschluss an die rund 45-minütige Aussprache wurde die Vorlage zur weiteren Beratung an den federführenden Rechtsausschuss überwiesen.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Laut Gesetzentwurf der Bundesregierung sollen unter anderem weitere Tatbestände der sexualisierten Gewalt im Normentext genannt werden. Dazu gehören der Vorlage zufolge unter anderem die Tatbestandsalternativen des „sexuellen Übergriffes“, der „sexuellen Sklaverei“, des „Gefangenhalten eines unter Zwang geschwängerten Menschen“ sowie des „erzwungenen Schwangerschaftsabbruchs“. Mit der Anpassung will die Bundesregierung laut Entwurf auch auf bereits vorgenommene Änderungen im Strafgesetzbuch reagieren.
Die erweiterten Tatbestandsalternativen sollen sowohl beim Tatbestand des Verbrechen gegen die Menschlichkeit (Paragraf 7 VStGB) als auch beim Tatbestand des Kriegsverbrechens gegen Personen (Paragraf 8 VStGB) zum Tragen kommen. Zudem soll laut Entwurf „die sexuelle Orientierung als unzulässiger Grund für die Verfolgung einer identifizierbaren Gruppe oder Gemeinschaft durch Entziehung oder wesentliche Einschränkung grundlegender Menschenrechte aufgenommen werden“.
Wie die Bundesregierung zur Begründung anführt, habe „in den vergangenen Jahren [..] das Völkerstrafrecht sowohl auf internationaler als auch auf nationaler Ebene zunehmend an Bedeutung gewonnen“. „Vor allem der massive Einsatz sexualisierter Gewalt hat zu einem gesteigerten Bewusstsein für die Lückenhaftigkeit des bestehenden deutschen Völkerstrafrechts geführt“, heißt es weiter.
Anpassung an Römisches Statut
Ferner ist laut Entwurf vorgesehen, den Normentext an das zwischenzeitlich geänderte Römische Statut anzupassen. So soll der Tatbestand des Einsatzes verbotener Mittel der Kriegsführung (Paragraf 12 VStGB) um die Tatbestandsalternativen „der Verwendung von Waffen, deren Splitter mit Röntgenstrahlen nicht erkennbar sind, und der Verwendung von dauerhaft blindmachenden Laserwaffen erweitert werden“, wie es in dem Entwurf heißt.
Gestärkt werden sollen durch den Entwurf auch die Rechte von Opfern. Ihnen soll durch eine Änderung in der Strafprozessordnung ermöglicht werden, künftig auch bei Völkerstraftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch als Nebenklägerin beziehungsweise als Nebenkläger aufzutreten. Das war laut Entwurf bisher nur bei Taten nach dem Strafgesetzbuch möglich.
Aufzeichnung für wissenschaftliche Zwecke
Zur „Verbesserung der Breitenwirkung völkerstrafrechtlicher Prozesse und Urteile“ ist zudem geplant, dass Verfahren in Völkerstrafrechtssachen künftig „für wissenschaftlich und historische Zwecke“ aufgezeichnet werden dürfen.
Im Strafgesetzbuch soll das „Verschwindenlassen von Personen“ als neuer Tatbestand als Paragraf 234b eingebracht werden. Für Taten dieser Art ist grundsätzlich eine Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr vorgesehen. (scr/30.11.2023)
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TOP 12 Einsetzung einer Kommission zur Überprüfung der sicherheitsrelevanten Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und China
Der Bundestag hat am Donnerstag, 30. November 2023, erstmals einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Einsetzung einer Kommission zur Überprüfung der sicherheitsrelevanten Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und China“ (20/9323) beraten. Im Anschluss an die rund 45-minütige Aussprache wurde der Antrag zur weiteren Beratung an den Wirtschaftsausschuss überwiesen.
Antrag der Unionsfraktion
Die Kommission soll nach dem Willen der Unionsfraktion prüfen, „wie angesichts eines sich ändernden handels- und geopolitischen Umfelds und trotz eines globalen Wettbewerbs die Sicherheit und Verlässlichkeit unserer Wertschöpfungsketten, unserer Energie- und Rohstoffimporte im Rahmen der nationalen und europäischen Sicherheit verbessert werden können“.
Dafür solle die Kommission unter anderem Wertschöpfungsketten untersuchen, hier vor allem jene bei Energie- und Rohstoffimporten, und dabei Abhängigkeiten und Vulnerabilitäten prüfen. Außerdem sollen bestehende Investitionen und Investitionsmöglichkeiten von chinesischen Investoren in die kritische Infrastruktur Deutschlands untersucht werden.
Weiterhin solle das Gremium, das nach Willen der CDU/CSU-Fraktion aus 19 Mitgliedern bestehen soll, die ökonomischen und rechtlichen Möglichkeiten zur Umsetzung einer Strategie des sogenannten De-Riskings prüfen, also des Abbaus von problematischen Abhängigkeiten sowohl im Bereich bestimmter Importgüter als auch in Bezug auf die Exponiertheit von einzelnen Export- beziehungsweise Absatzmärkten. (vom/emu/30.11.2023)
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TOP 13 Arbeitsschutz in der Landwirtschaft
Mit breiter Mehrheit hat der Bundestag am Donnerstag, 30. November 2023, den Gesetzentwurf der Bundesregierung zu dem Übereinkommen Nr. 184 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 21. Juni 2001 über den Arbeitsschutz in der Landwirtschaft (20/8655) angenommen. Zugestimmt hatten die Fraktionen von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Die Linke. Die AfD enthielt sich bei der Abstimmung, zu der der Ausschuss für Arbeit und Soziales eine Beschlussempfehlung (20/9389) vorgelegt hatte.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Das Übereinkommen ist das erste internationale Instrument, das umfassende Mindeststandards in Bezug auf die Sicherheit und den Gesundheitsschutz für Arbeitnehmer in der Landwirtschaft enthält. Es trifft vor allem Regelungen zum Schutz von Zeit- und Saisonarbeitskräften, hinsichtlich junger Arbeitnehmer im Kontext mit gefährlicher Arbeit in der Landwirtschaft sowie zu besonderen Bedürfnissen von Arbeitnehmerinnen in Bezug auf den Mutterschutz.
Darüber hinaus enthält es Regelungen zur Arbeitszeit und hinsichtlich der Einrichtung eines Systems der sozialen Sicherheit für den Fall von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie Mindestanforderungen an Unterkünfte.
„Im Rahmen der Ratifikation sind Ergänzungen der innerstaatlichen gesetzlichen Vorschriften nicht erforderlich“, schreibt die Bundesregierung. Das Gesetz schaffe aber die Voraussetzungen für die Ratifikation des Übereinkommens durch die Bundesrepublik. (vom/che/ste/30.11.2023)
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Antrag AfD TOP 18 Nahrungsmittelselbstversorgung in Deutschland und Europa
Mit den Stimmen aller jeweils übrigen Fraktionen hat der Bundestag am Donnerstag, 30. November 2023, Anträge von CDU/CSU und AfD zur Landwirtschafts- und Ernährungspolitik abgelehnt.
Die Union verlangte, die „Nahrungsmittelversorgung sicherzustellen“ und den „Selbstversorgungsgrad in Deutschland und Europa zu erhalten“ (20/5215). Die AfD wollte mit ihrer Initiative „bedarfsgerechten Pflanzenschutz nach guter fachlicher Praxis gewährleisten“ (20/9321). Zu den Abstimmungen lagen Beschlussempfehlungen des Landwirtschaftsausschusses vor (20/9259, 20/9560).
Ein weiterer Antrag der CDU/CSU, der auf die Verlängerung der Zulassung des Wirkstoffs Glyphosat auch auf nationaler Ebene drängt (20/9494), wurde in den federführenden Landwirtschaftsausschuss überwiesen.
Abgelehnter Antrag der Union
Um die Versorgung mit Nahrungsmitteln in Deutschland auch weiterhin sicherzustellen, forderte die CDU/CSU-Fraktion die Bundesregierung auf, sich dafür einzusetzen, dass der Green Deal der Europäischen Union „neu gedacht wird“. Die Ziele des Green Deals müssten weiterhin erreicht werden, aber im landwirtschaftlichen Bereich müssten die Fragen der Ernährungs- und Versorgungssicherheit sowie der Resilienz der Ernährungssysteme bei der Zielerreichung deutlich in den Vordergrund gerückt werden, so die Fraktion.
Um den Selbstversorgungsgrad in Deutschland und Europa zu erhalten, sollte sich die Bundesregierung dafür stark machen, dass es beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln nicht zu einem generellen Verbot in den sogenannten sensiblen Gebieten komme, wie es die EU-Kommission in ihrem ursprünglichen Vorschlag über die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln vorsehe, schrieben die Abgeordneten. Darüber hinaus müsse sich die Regierung dafür stark machen, dass der Anwendungsbereich der EU-Industrieemissionsrichtlinie im Bereich der landwirtschaftlichen Tierhaltung nicht ausgeweitet wird.
Selbstversorgungsgrad im Schnitt bei 80 Prozent
Der geplante Umbau der Nutztierhaltung sollte auf Grundlage der Empfehlungen des Kompetenznetzwerkes Nutztierhaltung (Borchert-Kommission) „unverzüglich“ angegangen und eine langfristige Finanzierung sichergestellt werden.
Im Durchschnitt der vergangenen Jahre habe der Selbstversorgungsgrad bei Nahrungsmitteln in Deutschland bei rund 80 Prozent gelegen, wobei hier sehr hohe Unterschiede zu verzeichnen seien. So habe im Jahr 2020 der Bedarf an Obst lediglich zu 20 Prozent aus heimischer Erzeugung gedeckt werden können, der Selbstversorgungsgrad bei Kartoffeln habe dagegen 145 Prozent betragen.
„Hoher Selbstversorgungsgrad kein Naturgesetz“
„Der hohe Selbstversorgungsgrad bei landwirtschaftlichen Produkten in Deutschland und Europa ist kein Naturgesetz“, hieß es im Antrag. Aufgrund des trockenen Sommers 2022 liege nach Schätzungen der EU-Kommission die EU-Getreideernte um fast acht Prozent unter dem Vorjahresergebnis und unter dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre.
Im Süden Europas seien bereits deutlich rückläufige Niederschlagsmengen, niedrigere Grundwasserstände und geringere Ernteerträge als vor wenigen Jahrzehnten verzeichnet worden. Dabei sei der Mittelmeerraum für die Versorgungssicherheit in Europa, etwa bei Obst und Gemüse, von zentraler Bedeutung. Mittlerweile gebe es auch erste Anzeichen, dass es in Bereichen, in denen Deutschland stets eine ausreichende landwirtschaftliche Erzeugung hatte, bald zu Mangelsituationen kommen könnte. So drohe unter anderem bei Schweine- und Rindfleisch der Selbstversorgungsgrad auf unter 100 Prozent zu sinken.
Unionsantrag zur Glyphosat-Verlängerung
Die CDU/CSU-Fraktion fordert in ihrem neuen Antrag, die EU-Entscheidung, den Pflanzenschutzmittelwirkstoff Glyphosat bis 2033 zuzulassen, auch auf nationaler Ebene umzusetzen. „Die Bundesregierung muss die deutsche Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung so anpassen, dass der Einsatz von Glyphosat nach der Zulassungsverlängerung auf der EU-Ebene auch weiterhin in Deutschland unter Berücksichtigung der bereits bestehenden hohen arten- und naturschutzrechtlichen Regelungen möglich ist“, schreiben die Abgeordneten in der Vorlage. Die Europäische Union hatte die Zulassung des Unkrautvernichters Glyphosat im November 2023 verlängert. Mittlerweile hat die EU-Kommission die Zulassung von Glyphosat auch erneuert, mit der entsprechenden Verordnung ist eine Nutzung für weitere zehn Jahre möglich.
Unter den EU-Staaten gab es zuvor weder eine ausreichende Mehrheit für noch gegen einen weiteren Einsatz des Mittels. Daraufhin konnte die EU-Kommission im Alleingang eine Entscheidung treffen. Streit gibt es unter anderem darüber, ob Glyphosat krebserregend sein könnte. Zudem stehen Gefahren für die Umwelt im Raum. Eine aufwendige Untersuchung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) hatte jüngst keine inakzeptablen Gefahren gesehen, aber auf Datenlücken in mehreren Bereichen hingewiesen.
Abgelehnter Antrag der AfD
Die AfD-Fraktion forderte die Bundesregierung in ihrem Antrag dazu auf, sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass der Entwurf der EU-Kommission für eine neue Verordnung zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln („Sustainable Use Regulation, SUR“) ersatzlos gestrichen wird.
Zudem müsse das ab dem 1. Januar 2024 in Deutschland geltende Anwendungsverbot des Unkrautvernichters Glyphosat aufgehoben werden, da die EU das Mittel für zehn weitere Jahre zugelassen habe. Darüber hinaus sah der AfD-Antrag vor, sicherzustellen, dass in 80 Prozent aller relevanten Anwendungsgebiete mindestens drei Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffgruppen zur Verfügung stehen sollen. Außerdem wurde eine „Ausweitung der Förderung für moderne Landtechnik“ gefordert, mit der der Verbrauch von Pflanzenschutzmitteln reduziert werden könne. (vom/nki/ste/30.11.2023)
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TOP 15 Nationales Reformprogramm
Der Bundestag hat am Donnerstag, 30. November 2023, erstmals das „Nationale Reformprogramm 2023“ beraten, das die Bundesregierung als Unterrichtung (20/6200) vorgelegt hat. Im Anschluss an die Aussprache wurde die Vorlage zur weiteren Beratung an den federführenden Wirtschaftsausschuss überwiesen.
Nationales Reformprogramm 2023
Die Bundesregierung berichtet in ihrem Reformprogramm von „Maßnahmen, die der Bewältigung wesentlicher gesamtwirtschaftlicher und sozialer Herausforderungen dienen“. Grundlage dafür seien die länderspezifischen Empfehlungen des Rates der Europäischen Union vom 12. Juli 2022 und der „Länderbericht Deutschland 2022“ der EU-Kommission vom 23. Mai 2022.
Neben den Maßnahmen zur Bewältigung wesentlicher gesamtwirtschaftlicher und sozialer Herausforderungen berichtet die Regierung über das „makroökonomische Ungleichgewichteverfahren“ inklusive der Entwicklung des deutschen Leistungsbilanzüberschusses.
Darüber hinaus wird über Fortschritte bei der Umsetzung des Deutschen Aufbau- und Resilienzplans, der Europäischen Säule Sozialer Rechte und die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen informiert. Die Ergänzungen des Nationalen Reformprogramms zum Jahreswirtschaftsbericht 2023 der Bundesregierung beziehen sich erstens auf die Verringerung der Abhängigkeit Deutschlands bei fossiler Energie durch die Beschleunigung der Energiewende, zweitens auf die Modernisierung der digitalen Infrastruktur in Deutschland und drittens auf aktuelle Entwicklungen in der Finanz- und Steuerpolitik. (vom/emu/30.11.2023)
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TOP 16 Aussetzung Schuldenbremse
In Reaktion auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Nachtragshaushalt 2021 forderte die Fraktion Die Linke, die Schuldenbremse für die Jahre 2023 und 2024 auszusetzen. Ein entsprechender Antrag (20/9491) fand am Donnerstag, 30. November 2023, gegen die Stimmen aller übrigen Fraktionen jedoch keine Mehrheit im Bundestag.
Zur Begründung führte die Linksfraktion an, dass in diesem und im nächsten Jahr weiterhin eine Notlage im Sinne des Grundgesetzes bestehe. „Die Unsicherheit über die weitere Entwicklung der Energiepreise (und damit der Inflation) als Folge der Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten und weiterer damit verbundener Kosten (wie zum Beispiel die Finanzierung von Hilfe für Geflüchtete) stellen eine außergewöhnliche Notsituation dar, die eine Reaktion des Staates erfordert“, hieß es dazu. (scr/ste/30.11.2023)
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ZP 8 Änderung des Agrar- und Fischereifonds-Informationen-Gesetzes
Der Bundestag hat am Donnerstag, 30. November 2023, einstimmig den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Agrar- und Fischereifonds-Informationen-Gesetzes und des Tierarzneimittelgesetzes (20/9002) gebilligt. Das Gesetz sieht unter anderem vor, eine detailliertere Übersicht über die Zahlungen aus der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) und der Gemeinsamen Fischereipolitik (GEP) der Europäischen Union zu veröffentlichen.
Zur Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft vor (20/9395).
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Mehr Transparenz, an welche Empfänger und für welche Projekte Geld aus den Töpfen der GAP und der GEP gezahlt werden, ist das Ziel des beschlossenen Gesetzes. In Zukunft soll auch angegeben werden, ob der Empfänger einer Unternehmensgruppe angehört, in welchem Fall auch der Mutterkonzern genannt werden soll. Zudem soll genannt werden, für welche Projekte und in welchem Zeitraum das Geld ausgegeben wurde.
Bisher veröffentlicht die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) einmal pro Jahr Empfänger von GAP-Zahlungen. Um fortlaufend einen Überblick zu bekommen, ist nun vorgesehen, dass das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft für die Veröffentlichung der Informationen im Internet den Aufbau und den Inhalt einer Website zur Verfügung stellt. Dabei sollen „die Informationen in einem offenen, maschinenlesbaren Format“ bereitgestellt werden.
Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts
Das Gesetz enthält zudem eine Änderung des Tierarzneimittelgesetzes, wonach auf EU-Ebene eine systematische Trennung zwischen Human- und Tierarzneimittelrecht vollzogen werden soll. Das geltende Tierarzneimittelgesetz (TAMG) „ist an den Ausspruch des Bundesverfassungsgerichts sowie die systematische Neuordnung des Tierarzneimittelrechts auf europäischer Ebene, insbesondere durch die Verordnung (EU) 2019/6, anzupassen“, hieß es in dem Entwurf. Das Bundesverfassungsgericht hatte erklärt, Teile des TAMG seien mit dem Grundgesetz unvereinbar.
Danach sei eine Vorschrift „nichtig“, mit der die Anwendung nicht verschreibungspflichtiger und zugleich registrierter homöopathischer Humanarzneimittel bei Tieren, die nicht der Gewinnung von Lebensmitteln dienen, unter einen Tierarztvorbehalt gestellt wird.
Ferner erfahre Paragraf 62 Absatz 2 des TAMG eine „systematische Neustrukturierung“. Demnach werde unter anderem das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, für Tierarzneimittel und veterinärmedizintechnische Produkte die Entwicklung und Herstellung, die Prüfung, die Lagerung und Verpackung, den Erwerb und die Bevorratung sowie die Bereitstellung auf dem Markt „zu beschränken und die hierfür erforderlichen Maßnahmen vorzuschreiben“, heißt es in dem Gesetz.(vom/nki/ste/30.11.2023)
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ZP 8 Elementarschadenversicherung
Der Bundestag hat sich am Donnerstag, 30. November 2023, mit einem Antrag der CDU/CSU, der die „Elementarschadenversicherung fit für die Zukunft machen“ will (20/8732), befasst. Der Antrag wurde im Anschluss an die halbstündige Debatte in den federführenden Rechtsausschuss überwiesen.
Antrag der Union
Die Union fordert unter anderem eine versicherungsvertragsrechtliche Sicherstellung, „dass im Neugeschäft die Wohngebäudeversicherung nur noch mit einer Elementarschadenabsicherung angeboten wird, die nach Belehrung über die Konsequenzen abgewählt werden kann“.
Außerdem sollten sämtliche Wohngebäudeversicherungen im Bestandsgeschäft zu einem Stichtag um eine Elementarschadenversicherung erweitert werden, heißt es. Innerhalb einer gewissen Frist und nach Belehrung über die Konsequenzen müsse diese abgewählt werden können. (ste/30.11.2023)
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Antrag AfD TOP 20 Abschaffung der CO2-Bepreisung, EU-Gebäuderichtlinie
Der Bundestag hat am Donnerstag, 30. November 2023, erstmals über einen Antrag der AfD-Fraktion (20/9505) beraten, der die „Abschaffung der CO2-Bepreisung“ fordert. Im Anschluss an die Aussprache wurde die Vorlage zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Klimaschutz und Energie überwiesen.
Hingegen abgelehnt wurde ein Antrag der Fraktion mit dem Titel „Keine weitere Wohnkostenbelastung – EU Gebäuderichtlinie stoppen“ (20/9305). In namentlicher Abstimmung votierten 550 Abgeordnete gegen den Antrag, 63 stimmten dafür. Zur Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen vor (20/9559).
Neuer Antrag der AfD
Die AfD-Fraktion fordert in ihrem ersten Antrag, die CO2-Bepreisung abzuschaffen, statt sie zum 1. Januar 2024 zu erhöhen. Die Abgeordneten fordern die Bundesregierung dazu auf, das Brennstoffemissionshandelsgesetz und das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz (BEHG, TEHG) „schnellstmöglich vollständig und ersatzlos zu streichen sowie die Umsetzung aller entsprechenden EU-Verordnungen und Richtlinien sowie damit verbundene Regulierungen wie den CO2-Grenzausgleich sofort zu beenden.“
In dem Antrag heißt es, CO2-Bepreisungen und entsprechende Grenzausgleichsmechanismen verlagerten durch hiesige Verteuerung die Nachfrage beziehungsweise die Produktion vor allem in die aufstrebenden Schwellenländer, sodass der CO2-Ausstoß weltweit insgesamt nicht sinke.
Durch die geplante CO2-Preiserhöhung auf 40 Euro pro Tonne im Jahr 2024 und auf 50 Euro pro Tonne im Jahr 2025 entstehen laut Rechnung der AfD-Fraktion Kosten bei Erdgas in Höhe von einem Cent/kWh, bei Heizöl/Diesel in Höhe von insgesamt fast 14 Cent/Liter, bei Benzin in Höhe von insgesamt etwa 13 Cent/Liter oder bei Strom aus Kohleverfeuerung in Höhe von insgesamt mindestens sechs Cent/kWh (bei etwa 80 Euro/Tonne EU-Zertifikatspreis, wenn voll wirksam). „Die zusätzlich aufgebürdete CO2-Bepreisung verschärft die Energiekostensituation in erheblichem Maße und täuscht so eine Wettbewerbsfähigkeit der sogenannten erneuerbaren Energien gegenüber fossilen Energieformen nur vor“, schreiben die Abgeordneten.
Abgelehnter Antrag der AfD
Die AfD-Fraktion forderte in ihrem abgelehnten Antrag die Bundesregierung auf, die EU-Gebäuderichtlinie (Energy performance of buildings Directive, EPBD ) zu stoppen und die EU-Klimaagenda „Fit for 55“ einzustellen. In der EU-Richtlinie geht es im Wesentlichen um eine verpflichtende Einhaltung von Energieeffizienzklassen für Gebäude, um die Einführung von Energieeffizienz-Mindeststandards (MEPS), die Pflicht von Solaranlagen auf Gebäuden sowie eine Definition von Nullemissionsstandards für Gebäude (Zero-Emission-Building).
Wie die EU-Mitgliedstaaten diese Richtlinie umsetzen, bleibe ihnen in weiten Teilen überlassen. Dabei könnten sie zum Beispiel unterschiedliche Grenzwerte festlegen oder unterschiedliche Strafen bei Zuwiderhandlungen. (vom/nki/emu/ste/30.11.2023)
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TOP 19 Versorgung von Menschen in psychischen Krisen
Der Bundestag hat am Donnerstag, 30. November 2023, erstmals einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Versorgung von Menschen in psychischen Krisen und mit psychischen Erkrankungen stärken“ (20/8860) beraten. Im Anschluss an die Aussprache wurde die Vorlage zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Gesundheit überwiesen.
Antrag der Unionsfraktion
Die Unionsfraktion fordert in ihrem Antrag eine bessere Versorgung von Menschen in psychischen Krisen und mit psychischen Erkrankungen. Frühzeitige Diagnostik und Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen seien zentral, um die Gesundheit der Patienten wiederherzustellen oder ihre Beschwerden zu lindern sowie Verschlechterungen des Gesundheitszustandes und Chronifizierungen zu verhindern, heißt es darin.
Es gehe darum, stationäre Behandlungsfälle und höhere Gesundheitskosten sowie negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt zu verringern. Lange Wartezeiten bei Psychotherapeuten und Fachärzten stünden diesen Zielen jedoch entgegen.
„Bedarfsplanung in der Psychotherapie weiterentwickeln“
Die Abgeordneten fordern unter anderem, einen gesetzlichen Auftrag an den Gemeinsamen Bundesausschuss zu richten mit dem Ziel, die Bedarfsplanung in der Psychotherapie weiterzuentwickeln. Zudem müsse die Versorgung für schwer psychisch kranke Versicherte mit komplexem psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf gestärkt werden.
Ferner müsse die psychische Krisen- und Notfallversorgung mit einheitlichen Standards weiter auf- und ausgebaut werden. Vor allem für Kinder und junge Menschen sollten zudem niedrigschwellige und flächendeckende Zugänge zu Beratungs- und Hilfsangeboten ausgebaut werden, schreiben die Abgeordneten. (vom/pk/30.11.2023)
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31. November 2023 (142. Sitzung)
TOP 21 Natragshaushaltsgesetz
Die Bundesregierung hat den Entwurf für ein Nachtragshaushaltsgesetz 2023 (20/9500) vorgelegt. Damit reagiert die Bundesregierung auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 15. November 2023 zum Nachtragshaushalt 2021. Konkret will die Bundesregierung schwerpunktmäßig die Finanzierung des Wirtschafts- und Stabilisierungsfonds sowie des Sondervermögens „Aufbauhilfe 2021“ sicherstellen. Die bisherige Finanzierungsmodalität war durch das Urteil in Frage gestellt worden. Um die Finanzierung zu sichern, ist eine Ausnahme von der Schuldenregel des Grundgesetzes nötig. Die Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP haben dazu einen entsprechenden Antrag (20/9501) vorgelegt. Beide Vorlagen wurden am Freitag, 1. Dezember 2023, erstmalig im Bundestag beraten. Nach der Debatte überwiesen die Abgeordneten den Regierungsentwurf und den Antrag der Koalitionsfraktionen zur weiteren Beratung in den Haushaltsausschuss.
Minister will Rechtssicherheit schaffen
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) betonte, mit dem Nachtragsentwurf passe die Bundesregierung den Haushalt an die höchstrichterlichen Vorgaben an. „Wir haben Rechtsklarheit erhalten, jetzt schaffen wir Rechtssicherheit“, sagte Lindner. Die Zahlungen aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds und die Aufbauhilfe für die von der Flutkatastrophe 2021 betroffenen Regionen würden neu abgesichert.
Faktisch ändere sich mit dem Nachtragshaushalt nur die Zuordnung der Defizite, unter dem Strich nehme der Bund sogar weniger Kredite auf als geplant. Lindner ging auch auf die Haushaltsplanung 2024 ein. Noch mehr Schulden bei steigenden Zinsen seien nicht der richtige Weg. Man habe in der Finanzpolitik die Trendwende erreicht, die Schuldenquote sinke. „Die Richtung stimmt, wir wollen sie fortsetzen“, so Lindner.
AfD: Notsituation liegt nicht vor
Peter Boehringer (AfD) stellte für seine Fraktion vor: „Der Haushaltsentwurf bleibt und ist verfassungswidrig.“ Eine Notsituation liege nicht vor, eine rückwirkende Heilung sei nicht möglich.
Zudem werde die Schuldenaufnahme im Klima- und Transformationsfonds und in anderen Sondervermögen außen vor gelassen. Die Verschuldung für 2023 sei tatsächlich dreimal so hoch wie zulässig, führte der haushaltspolitische Sprecher der AfD-Fraktion aus. Die Union kritisierte Boehringer dafür, dass sie gegen den Nachtrag nicht klagen wolle.
Grüne werben für Reform der Schuldenbremse
Für die Grünen stellte Sven-Christian Kindler (Bündnis 90/Die Grünen) fest, dass die Verabschiedung des für nichtig erklärten Zweiten Nachtragshaushalts 2021 ein Fehler gewesen sei. „Da gibt es nichts zu beschönigen“, sagte der haushaltspolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Mit dem Nachtragshaushalt reagiere die Bundesregierung auf die Rechtsprechung und lösche etwa die 60 Milliarden Euro aus dem Wirtschaftsplan des Klima- und Transformationsfonds.
Kindler warb für eine Reform der Schuldenbremse und der Mobilisierung finanzieller Mittel: „Wenn wir jetzt nicht in die Zukunft unserer Wirtschaft investieren, drohen durch die Krisen der letzten Jahre schwere, anhaltende Langzeitschäden. Das werden wir nicht zulassen“, so Kindler.
Ausgaben von 461,21 Milliarden Euro vorgesehen
Laut Nachtragshaushaltsentwurf sind für 2023 nunmehr Ausgaben in Höhe von 461,21 Milliarden Euro vorgesehen. Bisher lag das Soll bei 476,29 Milliarden Euro. Gestrichen werden im Etat unter anderem die Ausgaben für das „verzinsliche Darlehen für den Aufbau eines Kapitalstocks zur Stabilisierung der Beitragssatzentwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung“ in Höhe von zehn Milliarden Euro. Die Einnahmen – ohne Kredite und Entnahme aus der Rücklage – fallen mit 389,74 Milliarden Euro um 178,7 Millionen Euro geringer aus als bisher geplant. Das liegt unter anderem an geringer ausfallenden Steuereinnahmen.
Die bisher vorgesehene Entnahme aus der Rücklage wird von 40,51 Milliarden Euro auf 43,81 Milliarden Euro erhöht. Deutlich geringer fällt nunmehr die geplante Nettokreditaufnahme im Kernhaushalt aus. Sie soll 27,41 Milliarden Euro betragen. Das sind 18,2 Milliarden Euro weniger als bisher geplant. Sie liegt über der nach der Schuldenregel zulässigen Höhe. Diese ist im Entwurf mit 25,81 Milliarden Euro angegeben. Die Überschreitung entspricht der Zuweisung aus dem Haushalt an das Sondervermögen „Aufbauhilfe 2021“.
Hinzu tritt die geplante Kreditaufnahme im Wirtschafts- und Stabilisierungsfonds (WSF) in Höhe von 43,20 Milliarden Euro. Aus dem WSF werden unter anderem die Strom- und Gaspreisbremse finanziert. Bisher war als Finanzierung vorgesehen, auf in 2022 an den WSF übertragene und verbuchte Kreditermächtigungen zurückzugreifen. Nunmehr soll der WSF in die Lage versetzt werden, in 2023 eigene Kredite aufzunehmen. Sie sind auf die Schuldenregel anzurechnen. Den Wirtschaftsplan des WSF, der dem Einzelplan 60 als Anhang beigefügt ist, ist im Entwurf entsprechend aktualisiert worden.
Notlage im Sinne der Schuldenregel
Damit liegt laut Entwurf die für die Schuldenregel relevante Kreditaufnahme bei 70,61 Milliarden Euro und damit 44,8 Milliarden Euro über der zulässigen Kreditaufnahme. Vorgesehen ist daher, die erhöhte Kreditaufnahme mit einer Notlage im Sinne der Schuldenregel zu ermöglichen. Die Bundesregierung führt in den Entwurf ausführlich auf, warum aus ihrer Sicht weiterhin eine Notlage im Sinne des Artikels 115 Grundgesetz festzustellen ist und verweist im Kern auf die fortwirkenden Folgen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine auf die Energiemärkte im Jahr 2023 sowie auf die anhaltenden Folgen der Flutkatastrophe in Westdeutschland im Sommer 2021. Diese Begründung führen auch die Koalitionsfraktionen in ihrem Antrag für einen „Beschluss des Deutschen Bundestages gemäß Artikel 115 Absatz 2 Satz 6 und 7 des Grundgesetzes“ an.
Ebenfalls angepasst wurde in dem Entwurf der Wirtschaftsplan für den Klima- und Transformationsfonds. Die Rücklagen des Sondervermögens werden um 60 Milliarden Euro reduziert. Das entspricht dem Betrag, der mit dem für verfassungswidrig und nicht erklärten Nachtragshaushalt 2021 übertragenen Mittel in Form von Kreditermächtigungen. (scr/01.12.2023)
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TOP 22 Klimaneutraler Verbrennungsmotor
Der Bundestag hat am Freitag, 1. Dezember 2023, erstmals einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Der Bundesminister für Digitales und Verkehr muss sein Versprechen einlösen – Kein Verbot des klimaneutralen Verbrennungsmotors“ (20/9322) beraten. Im Anschluss an die rund 80-minütige Aussprache wurde der Antrag zur weiteren Beratung an den federführenden Verkehrsausschuss überwiesen.
Die Unionsfraktion fordert die Bundesregierung in ihrem Antrag unter anderem auf, sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass bis Juni 2024 ein verbindliches Regelwerk geschaffen wird, das die Neuzulassung von ausschließlich mit klimafreundlichen Kraftstoffen betriebenen Fahrzeugen auch über das Jahr 2035 hinaus zulässt und diese somit vom Neuzulassungsverbot für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor ausnimmt. Auch sollen klimafreundliche Kraftstoffe im Rahmen der CO₂-Flottengrenzwerte angerechnet werden können, sodass Neufahrzeuge (Pkw, Nutzfahrzeuge und Lkw) mit Verbrennungsmotoren zukünftig etwa mit E-Fuels CO₂-neutral genutzt werden können.
AfD: Autoindustrie steht am Abgrund
Dr. Dirk Spaniel (AfD) sieht die Autoindustrie in Deutschland am Abgrund stehen, wenn selbst VW sich dazu bekenne, nicht mehr wettbewerbsfähig zu sein. Zurückzuführen sei dies auf das Versagen der Bundesregierung. „Ihre Politik der Subvention von Elektromobilität kommt offensichtlich bei den Herstellern nicht an“, sagte er. Die Menschen kauften in Deutschland keine E-Autos, weil diese „als Erstfahrzeug unpraktikabel und nicht nutzbar sind“.
Die AfD, so Spaniel, habe sich schon vor fünf Jahren dafür stark gemacht, dass E-Fuels auf die CO2-Flottengrenzwerte angerechnet werden. Der damalige Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) habe sich jedoch auf der europäischen Ebene nicht dafür eingesetzt.
„Alternativen zur Elektromobilität anerkennen“
Ferner tritt die Fraktion für einen technologieoffenen Ansatz mit gleichen Wettbewerbsbedingungen für alle klimafreundlichen Antriebssystemen ein. Klimafreundliche Alternativen zur batteriebetriebenen Elektromobilität, etwa Wasserstoffverbrenner und klimafreundliche Kraftstoffe, sollten nach dem Willen der Abgeordneten gleichermaßen anerkannt werden.
Die Regierung solle eine Strategie zur Förderung eines Kraftstoff-Markthochlaufs erarbeiten und für Rechtssicherheit, nachvollziehbare Investitionsbedingungen und faire Regulierungen sorgen. Schließlich solle die Umstellung von fossilen Kraftstoffen hin zu klimafreundlichen Kraftstoffen deutlich beschleunigt werden, verlangt die Fraktion. (hau/vom/ste/01.12.2023)
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TOP 24 Weltklimakonferenz
Anlässlich der 28. Klimakonferenz der Vereinten Nationen (United Nations Framework Convention on Climate Change, COP 28), die seit dem 30. November noch bis zum 12. Dezember 2023 in Dubai stattfindet, haben die Abgeordneten des Deutschen Bundestages am Freitag, 1. Dezember 2023, in einer Vereinbarten Debatte über die Klimaaußenpolitik beraten.
Baerbock rechtfertigt deutsche Delegationsgröße
Es gehe in diesen Tagen nicht nur um die Klimapolitik, sondern auch um Wirtschafts- und Geopolitik, eröffnete Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) die Aussprache. „Denn natürlich müssen wir zwei Wochen präsent sein, wenn es um Klimaschutz, um Landwirtschaft, um Artenschutz, um Geopolitik, um wirtschaftliche Interessen geht“, rechtfertigte Baerbock die Größe der nach Dubai reisenden deutschen Delegation. Daher sei es wichtig, dass nicht nur die Außenministerin vor Ort sei, sondern auch die Entwicklungsministerin, die Umweltministerin, der Landwirtschaftsminister sowie der Bundeskanzler und der Wirtschaftsminister.
Mit Blick auf die Inhalte der COP 28 sehe sie drei konkrete Ziele: Verdreifachung der erneuerbaren Energien bis 2030, Verdoppelung der Energieeffizienz und die Festschreibung des gemeinsamen Ausstiegs aus den fossilen Energien.
AfD: Klimakonferenz ist Umweltverschmutzungsorgie
Der AfD-Abgeordnete Karsten Hilse kritisierte die große Anzahl an Kongressteilnehmern von 94.000 Vertretern von Regierungen, Nichtregierungsorganisationen und aus der Klimaindustrie und bezeichnete die Klimakonferenz als eine „Umweltverschmutzungsorgie“.
Die Menschen kämen nicht, um das Klima zu retten, sondern vielmehr aufgrund des Geldes, das der Westen zahle. Die Billionen Dollar an direkten und indirekten Zahlungen seien für ein „undefiniertes Ziel“ vorgesehen, „da die konkrete Ausgangstemperatur nicht benannt wird, von der aus die 1,5 Grad nicht überschritten werden sollen. Das ist vollkommen absurd oder eher vollkommen verrückt“.
Dafür brauche es Diplomatie und keine Rüstungskonzerne. „Reden statt hetzen, Industrieumbau statt Aufrüstung, humanitäre Hilfe statt Waffenlieferungen – dafür kämpft Die Linke“, so der Abgeordnete. (mtt/05.12.2023)
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Antrag AfD TOP 24 Bekämpfung der Haushaltsuntreue
Der Bundestag hat am Freitag, 1. Dezember 2023, erstmals über den Gesetzentwurf der AfD-Fraktion zur Bekämpfung der Haushaltsuntreue und zur Sicherung der ordnungsgemäßen Verwendung öffentlicher Mittel (20/9394) beraten. Im Anschluss an die rund 45-minütige Aussprache wurde der Entwurf zur weiteren Beratung in den federführenden Rechtsausschuss überwiesen.
Gesetzentwurf der AfD
Unter anderem will die AfD-Fraktion im Strafgesetzbuch eine neue Strafvorschrift einführen, nach der ein Amtsträger, „der die Ausgabe öffentlicher Mittel bewilligt oder vornimmt und dabei wesentlich haushaltsrechtliche Vorschriften missachtet“, mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bestraft werden soll.
Laut Begründung will die Fraktion damit eine aus ihrer Sicht bestehende Strafbarkeitslücke schließen, die sich aus einem Urteil des Bundesgerichtshofes von 1997 ergeben habe. Bis dahin sei „die Zweckentfremdung von Haushaltsmitteln, die zwar für öffentliche Zwecke ausgegeben wurden, aber die im Haushaltsplan dafür nicht vorgesehen waren, grundsätzlich als Untreue“ zu bestrafen gewesen.
Nach der sogenannten Bugwellenentscheidung sei der Anwendungsbereich des Paragrafen 266 des Strafgesetzbuches „in derartigen Fällen auf klare oder zu vermutende Fälle von Korruption, also von Zweckentfremdung zum Nutzen einzelner Privatleute, eingeschränkt“, heißt es weiter. (vom/scr/01.12.2023)
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TOP 27 Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung
Der Bundestag hat am Freitag, 1. Dezember 2023, für einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zu den Änderungen vom 18. Mai 2023 des Übereinkommens vom 29. Mai 1990 zur Errichtung der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (20/9091) gestimmt. In namentlicher Abstimmung votierten 509 Abgeordnete für die Ausweitung des Tätigkeitsbereichs der Entwicklungsbank, 61 Parlamentarier stimmten dagegen und 22 haben sich enthalten. Der Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (20/9566) zugrunde.
Ebenfalls abschließend beraten und abgelehnt haben die Abgeordneten einen Antrag der CDU/CSU mit dem Titel „Global Gateway der Europäischen Union zu einem Erfolg machen“ (20/4882). Die Vorlage fand bei Zustimmung durch die Unionsfraktion keine Mehrheit gegen die Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, AfD und Die Linke. Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hatte zur Abstimmung eine Beschlussempfehlung (20/6099) vorgelegt.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Mit dem Gesetzentwurf soll der Beschluss des Gouverneursrats der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) vom 18. Mai 2023, den geografischen Tätigkeitsbereich der Bank künftig auf Subsahara-Afrika und den Irak auszuweiten, ratifiziert werden. Deutschland will den entsprechenden Beschluss des EBWE-Gouverneursrats vom 18. Mai 2023 ratifizieren.
Der Entwurf stehe im Einklang mit den Leitgedanken der Bundesregierung zur nachhaltigen Entwicklung im Sinne der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie, die der Umsetzung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen diene, schreibt die Bundesregierung. Die Erweiterung des EBWE-Tätigkeitsbereichs auf Subsahara-Afrika und den Irak geschehe „unbeschadet der weiterhin prioritären Unterstützung der Ukraine“.
Antrag der Union
Die Unionsfraktion setzte sich für eine enge Verzahnung der Initiative Global Gateway der Europäischen Kommission und der Partnerschaft für globale Infrastruktur und Investitionen der G7-Staaten ein. Vor dem Hintergrund der zunehmenden globalen systemischen Konkurrenz sollten die Initiativen strategisch und zielgerichtet genutzt werden, „um Partnerländern die Vorteile einer engeren Kooperation mit liberalen Demokratien aufzuzeigen“, schrieben die Abgeordneten in ihrem Antrag.
Wie sie darin ausführten, solle im Rahmen von Global Gateway der EU zwischen 2021 und 2027 Investitionen in Höhe von bis zu 300 Milliarden Euro für Infrastrukturinvestitionen in Entwicklungsländern mobilisiert werden. Im Rahmen der G7-Partnerschaft für globale Infrastruktur und Investitionen solle zusätzlich eine Summe in etwa gleicher Höhe mobilisiert werden, der besondere Schwerpunkt solle dabei auf nachhaltiger, inklusiver, klimaresistenter und hochwertiger Infrastruktur in Schwellen- und Entwicklungsländern liegen.
Die Abgeordneten forderten die Bundesregierung unter anderem auf, „Infrastruktur und Investitionen nicht nur verbal zu unterstützen, sondern baldmöglichst die Finanzierung konkreter Projekte in diese Initiative einzubringen“ und zudem im Rahmen von Global Gateway neue Handelsabkommen mit anderen Wirtschaftsräumen zu forcieren, die zügig ausgehandelt und ratifiziert werden können. Eine Forderung bezog sich auf den Ausbau von Energiepartnerschaften: „Die technologische Basis für diversifizierte internationale Energiepartnerschaften gilt es zu identifizieren und durch konkrete Technologievorhaben zu unterstützen, etwa mittels Technologien für Solarparks in sonnenreichen Regionen und Umwandlung des Stroms in Ammoniak, Methanol oder eFuels sowie auch die Technologie für entsprechende Infrastrukturen zum Transport nach Deutschland (primär Schiffe).“ (vom/ahe/bal/01.12.2023)
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TOP 26 Antrag AfD Handlungsfähigkeit der Strafverfolgungsbehörden
Der Bundestag hat am Freitag, 1. Dezember 2023, erstmals über einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Handlungsfähigkeit der Strafverfolgungsbehörden sichern – Entscheidung des Bundesinnenministeriums bezüglich der polizeilichen Analyse-Software ,Bundes-VeRA’ revidieren“ (20/9495) debattiert. „VeRA“ steht dabei für „verfahrensübergreifende Recherche- und Analyseplattform“. Darüber hinaus lag ein Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Polizeiliche Analyse-Software Bundes-VeRA unverzüglich einführen – Bewährte Software zur Bekämpfung von Clankriminalität nutzen“ (20/9509) vor. Im Anschluss an die Aussprache wurden beide Anträge zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss für Inneres und Heimat überwiesen.
Antrag der CDU/CSU
In ihren Antrag (20/9495) fordert die Union die Bundesregierung auf, dem Bundeskriminalamt (BKA) und der Bundespolizei „zur effektiven Bekämpfung schwerer Kriminalität“ schnellstmöglich die Nutzung der verfahrensübergreifenden Recherche- und Analyseplattform „Bundes-VeRA“ zu genehmigen. Auch soll die Bundesregierung der Vorlage zufolge mit einem Abruf der bereits fertig entwickelten Software „VeRA“ die Voraussetzungen zu schaffen, damit auch die Länder „ohne erhebliche Mehrkosten dazu in der Lage sind, die polizeiliche Analysesoftware ,VeRA‘ für ihre Landespolizeien abzurufen“. Zudem wird die Bundesregierung in dem Antrag unter anderem aufgefordert, im Zuge der Einführung der „Bundes-VeRA“ zu prüfen, inwiefern eine Gesetzesänderung für den Einsatz der Software zur Strafverfolgung vonnöten ist, und gegebenenfalls eine entsprechende Gesetzesänderung auf den Weg zu bringen.
Wie die Fraktion schreibt, einigten sich die Innenminister des Bundes und der Länder im November 2016 auf die sogenannte „Saarbrücker Agenda“ zur Modernisierung und Vereinheitlichung der polizeilichen IT-Architektur. Ein Ziel dieser Modernisierung bestehe darin, dass polizeiliche Informationen zukünftig leichter als bisher zwischen den Polizeibehörden des Bundes und der Länder ausgetauscht werden können. Ein verbesserter polizeilicher Informationsaustausch habe auch im Mittelpunkt der Bemühungen des BMI gestanden, eine „verfahrensübergreifende Recherche- und Analyseplattform“ (VeRA) des US-Softwareherstellers Palantir Technologies auf Bundesebene einzuführen. 2022 führte die bayerische Polizei laut Vorlage im Rahmen eines Bund-Länder-Vorhabens federführend eine europaweite Ausschreibung für das Analyseprogramm durch, bei der sich mit der Palantir-Software nur ein einziges geeignetes Produkt finden ließ. „Polizeien von Bund und Ländern könnten nun ebenfalls ohne zusätzliche Vergabeverfahren auf die Software zurückgreifen“, heißt es in dem Antrag ferner. Obwohl das BMI das Projekt eines gemeinsamen polizeilichen Analyseprogramms zuvor ausdrücklich unterstützt habe, habe Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) im Juli 2023 entschieden, dem BKA und der Bundespolizei die Einführung der Analyseplattform „Bundes-VeRA“ zu untersagen.
In ihrer Antwort (20/8390) auf eine frühere Kleine Anfrage erklärte die Bundesregierung den Angaben zufolge, dass anstelle des Analyse-Tools „Bundes-VeRA“ nun ein polizeiliches Analysetool „in eigener digitaler Kompetenz“ entwickelt werden solle. Experten gingen davon aus, dass das BKA und die Bundespolizei während dieser Zeit über kein geeignetes Analysewerkzeug verfügen werden, schreiben die Abgeordneten der Union. Darüber hinaus seien die Länder durch die Entscheidung der Hausleitung des BMI „mit deutlich höheren Kosten konfrontiert, falls sie sich auf Landesebene eigenständig für einen Abruf der Analysesoftware entscheiden sollten“.
Antrag der AfD
In ihrem Antrag fordert die AfD-Fraktion die Bundesregierung auf, unter Berücksichtigung eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom Februar dieses Jahres einen Gesetzentwurf vorzulegen, „der die Einführung der Bundes-VeRA unter Nutzung der Palantir-Software ermöglicht“. Auch soll die Bundesregierung nach dem Willen der Fraktion „den Sicherheitsbehörden des Bundes, dem Bundeskriminalamt, der Bundespolizei und dem Zollkriminalamt unverzüglich die Sicherheits-Software des US-Herstellers Palantir“ zur Verfügung zu stellen.
Wie die Fraktion ausführt, einigte sich die Innenministerkonferenz 2016 auf die „Schaffung einer gemeinsamen, modernen, einheitlichen Informationsarchitektur“, die das Bundesministerium des Innern und für Heimat mit dem Programm Polizei 2020 umsetzen wollte. Die Verfügbarkeit polizeilicher Informationen sollte laut Vorlage mit einem verfahrensübergreifenden Recherche- und Analysesystem (VeRA) verbessert werden. Hierzu habe das bayerische Landeskriminalamt eine europaweite Ausschreibung initiiert und das US-Softwareunternehmen Palantir den Zuschlag erhalten. 2022 habe Bayern einen Rahmenvertrag mit Palantir abgeschlossen, dem auch die übrigen Bundesländer sowie der Bund ohne ein neues Vergabeverfahren beitreten könnten.
Die Software des US-Herstellers habe sich insbesondere in den Bereichen Terrorismusabwehr, Clankriminalität und Kinderpornografie bewährt, heißt es in dem Antrag weiter. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) habe indes die Einführung der verfahrensübergreifenden Recherche- und Analyseplattform mittels der Palantir-Software „auf Bundesebene verhindert“. Das Bundesverfassungsgericht habe in seinem Urteil vom 16. Februar 2023 bestehende gesetzliche Regelungen der Länder Hessen und Hamburg zur Nutzung von Palantir zwar für verfassungswidrig erklärt, eine solche Nutzung jedoch nicht grundsätzlich untersagt (Aktenzeichen: 1 BvR 1547 / 19 und 1 BvR 2634 / 20). Die wesentlichen Erwägungen des Senats zeigten auf, „wie eine verfassungskonforme Nutzbarmachung der Palantir-Software möglich ist“. (sto/vom/01.12.2023)
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TOP 25 Europäischer Forschungsraum
Der Bundestag hat am Freitag, 1. Dezember 2023, erstmals über den „Nationalen Aktionsplan der Bundesregierung für den Europäischen Forschungsraum“ (20/9393) diskutiert. Im Anschluss an die Aussprache wurde die Unterrichtung (20/9393) zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung überwiesen. Mit dem Nationalen Aktionsplan für den Europäischen Forschungsraum gestaltet die Bundesregierung nach eigener Darstellung die europäische Forschungs- und Innovationspolitik mit, um Deutschland und Europa weiterhin eine weltweite Spitzenposition in Forschung und Innovation zu sichern und Innovationskraft, Exzellenz und technologische Souveränität zu steigern.
Verbesserung der europäischen Zusammenarbeit
Es gehe darum, die Rahmenbedingungen für die europäische Zusammenarbeit in Forschung und Innovation zu verbessern, weil nur eine Bündelung der Kräfte in Europa zu Antworten auf die „großen gesellschaftlichen Herausforderungen“ führe.
Mit dem Nationalen Aktionsplan für den Europäischen Forschungsraum setze sich die Bundesregierung für ein innovatives Europa ein, in dem Forscherinnen und Forscher die Transformationsprozesse für ein digitales und nachhaltiges Europa gestalten. Ebenso setze sie sich für eine exzellente Forschung in Europa ein, in dem sich die Forschenden „offen und grenzüberschreitend“ vernetzen. Der Einsatz gelte ferner einem freien Europa, den Forschenden ein „starkes Fundament“ biete, um wertebasiert und sicher mit Partnern weltweit zusammenzuarbeiten.
Maßnahmen in sechs Handlungsfeldern
Der Aktionsplan übersetzt nach Aussage der Regierung diese Leitlinien in sechs Handlungsfelder, die mit konkreten Maßnahmen zur Umsetzung des Europäischen Forschungsraumes in Deutschland unterlegt seien. Als Handlungsfelder werden genannt die wirtschaftliche und gesellschaftliche Transformation, die europaweite Anwendung von Wissen, moderne Rahmenbedingungen für eine offene und exzellente Forschungszusammenarbeit, der Abbau von Hürden der europäischen Zusammenarbeit, die stärkere Teilhabe im Forschungs- und Innovationssystem und die wertebasierte und sichere globale Zusammenarbeit.
Die Regierung erinnert daran, dass der Europäische Forschungsraum im Jahr 2000, geschaffen worden sei, um einen Binnenmarkt für Forschung und Innovation zu etablieren und Freizügigkeit für Forschende in ganz Europa zu gewährleisten. Im „engen Miteinander der europäischen Partner“ trügen die Mitgliedstaaten seither mit nationalem Engagement zum Erreichen der gemeinsamen europäischen Ziele bei. Mit dem „Pakt für Forschung und Innovation in Europa“ hätten sich die EU-Mitgliedstaaten Ende 2021 auf ambitionierte Ziele in der Neuausrichtung des Europäischen Forschungsraums geeinigt. (vom/01.12.2023)
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