Sitzungswoche
Die Reden werden erst im Laufe der kommenden Woche voll umfänglich bearbeitet worden sein und werden dann hier nachträglich eingepflegt.
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10. April 2024 (162. Sitzung)
Quelle Bundestag: Die Tagesordnung entspricht auch dann der im Bundestag, wenn die Reihenfolge der Tagesordnungen „durcheinander“ gehen. Teilweise dauert es Wochen bis die Videos zur Verfügung stehen. Sie werden eingefügt, sobald sie vorhanden sind.
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TOP 1 Regierungsbefragung
Von einer sicherheitspolitisch „absoluten Ausnahmesituation“ hat Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) am Mittwoch, 10. April 2024, im Bundestag gesprochen. In der Regierungsbefragung stellte sie klar, dass äußere und innere Sicherheit untrennbar seien. Baerbock dankte dem Innen- und dem Verteidigungsministerium, dass Sicherheit in den Haushaltsverhandlungen so definiert wird.
„Osteuropas Sicherheit ist unsere Sicherheit“
Putin mache durch seine Angriffe auf die ukrainische Infrastruktur „mehr als deutlich“, dass er mit seinen imperialen Ansprüchen noch nicht am Ende ist. Wenn Putins imperialer Feldzug nicht zu stoppen sei, dann stehe vor der Haustür Polens sowie der baltischen und nordeuropäischen Staaten. Die deutsche Unterstützung der Ukraine sei auch eine Unterstützung der osteuropäischen Nachbarn: „Osteuropas Sicherheit ist unsere Sicherheit.“
Zur Situation im Gaza-Streifen sagte die Ministerin, Pendeldiplomatie sei wichtiger denn je. Hinter verschlossenen Türen verhandele sie mit Amerikanern, Briten, Jordaniern und Ägyptern, um mehr humanitäre Hilfe nach Gaza zu bringen und die Hamas dazu zu bewegen, ihre Waffen niederzulegen.
Wissing: Investitionen in Straßen und Schienen
Neben der Außenministerin stellte sich auf der Bundesminister für Digitales und Verkehr, Dr. Volker Wissing (FDP), den Fragen der Abgeordneten. Gut ausgebaute Straßen und Brücken seien erforderlich, um etwa Rotorblätter von Windkraftanlagen transportieren zu können. Menschen müssten auf der Straße zu ihren Arbeitsplätzen gelangen, hinzu komme viel Güterverkehr.
Parallel werde aber auch in die Schiene investiert. Das Bahnnetz werde erneuert, ein leistungsfähiges Kernnetz werde geschaffen. Die Schiene werde auch gebraucht, um Verkehr verlagern zu können. Die Digitalisierung sei in Deutschland in Fahrt gekommen, man habe inzwischen ein hervorragendes Mobilfunknetz, und beim Glasfaserausbau sei man mit großem Tempo unterwegs. Auch bei der Künstlichen Intelligenz habe man deutliche Fortschritte gemacht.
Sicherheitsinvestitionen und Energieimporte
Dr. Rainer Rothfuß (AfD) sagte, der Uranhandel zwischen Russland und den USA befinde sich auf einem Allzeithoch. Er wollte von der Ministerin wissen, wie sie dafür kämpfe, dass diese „Doppelmoral“ endet und deutsche Versorgungsinteressen zum Tragen kommen. Baerbock sagte, Deutschland sei aus dem Import von fossilen Energien aus Russland ausgestiegen. Sie sei dankbar, dass man nicht von solchen Importen abhängig sei, weil Russland die Energie als hybrides Kriegsmittel einsetze.
Cannabis-Grenzwert und Franken-Sachsen-Magistrale
An den Bundesverkehrsminister richtete der CDU-Abgeordnete Florian Müller die Frage, weshalb eine von Wissing berufene Expertenrunde eine Verdreifachung des THC-Grenzwerts für Cannabis im Straßenverkehr vorgeschlagen habe, nachdem die vorige Grenzwertkommission empfohlen hatte, den Grenzwert nicht zu erhöhen. Der Minister sagte, die Grenzwertkommission habe sich nicht auf einen Wert einigen können. Der Bundestag habe ihn beauftragt, eine Expertenrunde einzusetzen, die einen Vorschlag gemacht habe. Diesen habe er dem Bundestag mitgeteilt, und es obliege nun dem Parlament, wie man damit umgeht.
Elektromobilität und Ladepunkte
Den Einbruch bei den Zulassungszahlen von E-Autos thematisierte auch Dr.-Ing. Dirk Spaniel (AfD). Das Ziel sei doch, bis 2030 15 Millionen dieser Fahrzeuge auf die Straße zu bringen. Wissing betonte, er verfolge einen technologieneutralen Ansatz für klimafreundliche Angebote. Die Verbraucher sollten selbst über ihr Verkehrsmittel entscheiden, die Regierung schreibe keine Quote für Antriebsarten vor. Deutschland habe hier eine führende Rolle in Europa. (vom/10.04.2024)
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TOP 2 Fragestunde
Im Anschluss an die Regierungsbefragung folgte am Mittwoch, 10. April 2024, die Fragestunde. Getrennt nach Ressorts beantworteten Vertreter der Bundesregierung 45 Minuten lang Fragen (20/10925), die von den Abgeordneten vorab schriftlich eingereicht worden waren.
CDU/CSU-Abgeordnete mit den meisten Fragen
24 der insgesamt 55 Fragen wurden von Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion gestellt. Fraktionslose Abgeordnete der Gruppe Die Linke waren mit 18 Fragen vertreten, Abgeordnete der AfD-Fraktion mit acht Fragen. Drei Fragen kamen von fraktionslosen Abgeordneten der Gruppe BSW und zwei Fragen von der Abgeordneten Canan Bayram (Bündnis 90/Die Grünen). Von SPD- und FDP-Abgeordneten wurden keine Fragen gestellt.
Die mit Abstand meisten Fragen, nämlich 15, richteten sich an das Bundesministerium der Verteidigung, gefolgt vom Auswärtigen Amt mit neun Fragen und dem Bundesministerium für Gesundheit mit sechs Fragen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und das Bundesministerium für Inneres und Heimat sollten jeweils fünf Fragen beantworten. Vier Fragen gingen an das Bundesministerium der Finanzen, drei Fragen an das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Zu je zwei Fragen sollten sich das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, das Bundesministerium für Digitales und Verkehr und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales äußern. Mit je einer Frage waren das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und das Bundesministerium der Justiz vertreten.
Was die Abgeordneten wissen wollen
Beispielsweise erkundigte sich die nordrhein-westfälische CDU-Abgeordnete Serap Güler beim Bundesministerium der Verteidigung, welche Optionen einer Wehr- oder Dienstpflicht die Bundesregierung als für Deutschland grundsätzlich sinnvoll und umsetzbar ansieht. Güler fragte, ob die Bundesregierung diese Optionen im Verteidigungsministerium prüfen lässt, nachdem ein Fokus der Gespräche von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius Anfang März in Schweden, Norwegen und Finnland das Thema Wehr- oder Dienstpflicht gewesen sei.
Der fraktionslose brandenburgische Abgeordnete Christian Görke (Gruppe Die Linke) wollte vom Bundesfinanzministerium erfahren, um wie viel Prozent der Mindestlohn, das Bürgergeld und der Grundfreibetrag bei der Lohn- und Einkommensteuer seit 2015 im Verhältnis zu den Verbraucherpreisen gestiegen sind. Bewerten sollte die Bundesregierung vor diesem Hintergrund die ökonomischen Anreize für erwerbslose Bürgergeldbezieher, eine Arbeit aufzunehmen.
Der bayerische AfD-Abgeordnete Petr Bystron fragte beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung nach, wie viele christliche Geistliche (Pfarrer, Priester, Ordensmänner) nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2017 aus Russland, der Ukraine oder Belarus ausgewiesen, dort inhaftiert, ermordet oder aus politischen oder religiösen Gründen verfolgt wurden. Bystron wollte auch wissen, in wie vielen Fällen ihnen die Einreise verweigert wurde.
Die fraktionslose nordrhein-westfälische Abgeordnete Sevim Dağdelen (Gruppe BSW) wollte vom Auswärtigen Amt wissen, ob zivilgesellschaftliche Organisationen in arabischen Ländern die Zusammenarbeit bei Projekten mit deutschen Institutionen wie etwa Botschaften, deutschen Stiftungen, den Deutschen Schulen, Universitäten oder anderen mit Bundesmitteln geförderten Institutionen im Ausland wegen Deutschlands Haltung im Gaza-Krieg eingestellt oder ausgesetzt haben. Wenn ja, sollte das Auswärtige Amt die Organisationen und betroffenen Projekte nach Ländern auflisten.
Die Berliner Abgeordnete Canan Bayram (Bündnis 90/Die Grünen) erkundigte sich beim Bundesministerium für Inneres und Heimat, ob der Bundesregierung Zahlen dazu vorliegen, gegen wie viele Bundespolizisten „derzeit Disziplinarverfahren oder Ermittlungen wegen Verdachts auf eine rechtsextremistische Gesinnung und/oder das Vertreten von Verschwörungsideologien“ geführt werden („ähnlich wie gegen rund 400 Polizisten der 16 Bundesländer“).
Zusatzfragen sind möglich
Jeder Abgeordnete kann vorab bis zu zwei Fragen an die Bundesregierung einreichen. Nach der regelmäßig durch einen Parlamentarischen Staatssekretär oder einen Bundesminister erfolgenden Beantwortung können der Fragesteller, aber auch andere Abgeordnete des Deutschen Bundestages Zusatzfragen stellen und so die Bundesregierung zu weiteren Stellungnahmen zwingen.
Reicht die Zeit nicht aus, werden noch nicht aufgerufene Fragen von der Regierung schriftlich beantwortet. Ebenso kann vorab bereits um schriftliche Beantwortung gebeten werden. (vom/10.04.2024)
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ZP 1 Fragestunde
Einen Tag nach der Vorstellung der „Polizeilichen Kriminalstatistik 2023“ hat der Bundestag am Mittwoch, 10. April 2024, über Ursachen und Konsequenzen der steigenden Kriminalität in Deutschland debattiert. Die Aktuelle Stunde war auf Verlangen der Unionsfraktion auf die Tagesordnung gesetzt worden.
AfD warnt vor „Erosion der inneren Sicherheit“
Martin Hess (AfD) warf Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) Versagen bei der „Gewährleistung des Schutzes und der Sicherheit der eigenen Bürger“ vor. Die Zahl der Gewaltdelikte weise mit mehr als 214.000 pro Jahr einen „historischen Höchststand“ auf. Während die Zunahme der Zahl deutscher Tatverdächtiger bei Gewaltdelikten 2,2 Prozent betragen habe, liege sie bei nichtdeutschen Tatverdächtigen bei 14,4 Prozent.
Schuld an der „Erosion der inneren Sicherheit“ sei der „grenzen- und verantwortungslose Vielfalts- und Multikultiwahn dieser Ampelregierung“, fügte Hess hinzu. Deshalb führe an einer „sofortigen Korrektur dieser verheerenden Migrationspolitik kein Weg vorbei“. Faeser denke aber „nicht im Traum daran“, diese Migrationspolitik zu korrigieren. Dabei habe sie schon längst die Kontrolle über die innere Sicherheit verloren. Dies bewiesen die Zahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik. Jeder Tag, den die Ministerin im Amt bleibe, sei ein „schlechter Tag für Deutschland“.
Forderung nach Sofortprogramm für Mehrfach- und Intensivstraftäter
Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) plädierte für ein Sofortprogramm für Mehrfach- und Intensivstraftäter. „Ein Prozent der sächsischen nichtdeutschen Tatverdächtigen begehen 50 Prozent der Straftaten“, sagte Schuster und fügte an die Adresse der Bundesregierung hinzu: „Machen Sie Aufnahmezentren an den Großflughäfen und schaffen Sie die diplomatischen Möglichkeiten, dieses eine Prozent rückzuführen“.
Eine Rückführungsoffensive nur für Mehrfach- und Intensivstraftäter „wäre ein Sofortprogramm, das dramatisch die PKS 2024 entlasten wird“. Dazu müsse man auch bereit sein, Mehrfach- und Intensivstraftäter nach Syrien und Afghanistan abzuschieben. (sto/10.04.2024)
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TOP 3 Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes
Die Bundesregierung plant eine Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes. Über den dazu vorgelegten Gesetzentwurf (20/10861), durch den der Schutz von Schwangeren vor Belästigungen an Beratungsstellen zum Schwangerschaftsabbruch sichergestellt werden soll, hat der Bundestag am Mittwoch, 10. April 2024, erstmals beraten. Nach der Debatte überwiesen die Abgeordneten den Entwurf an die Ausschüsse. Bei den weiteren Beratungen übernimmt der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend die Federführung.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Schwangere sollen vor Schwangerschaftsberatungsstellen und Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, wirksamer vor sogenannten Gehsteigbelästigungen durch Abtreibungsgegner geschützt werden. Mit einer Reform des Schwangerschaftskonfliktgesetzes will die Bundesregierung nach eigener Aussage „die Rechte der Schwangeren sowie das Beratungs- und Schutzkonzept in seiner Gesamtheit stärken“.
Vor Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und Einrichtungen, in denen Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden, fänden mit zunehmender Häufigkeit Protestaktionen von Abtreibungsgegnern statt, schreibt die Bundesregierung. Dabei würden sowohl Schwangere als auch das Fachpersonal zum Teil gezielt gegen ihren Willen angesprochen, um ihnen zum Beispiel eine andere Meinung zu Schwangerschaftsabbrüchen aufzudrängen. Zudem würden sie mit unwahren oder verstörenden Inhalten, die geeignet sind, die Beratung zu beeinträchtigen, konfrontiert. Die Schwangeren träfe das oftmals in einer schon bestehenden besonderen physischen und psychischen Belastungssituation.
Letztverantwortung der Schwangeren sicherstellen
Solche Verhaltensweisen, die nicht auf einen einvernehmlichen Austausch von Argumenten und sachlich zutreffenden Informationen abzielen, können aus Sicht der Bundesregierung das gesetzlich geschützte Regelungskonzept unterlaufen und die Inanspruchnahme der Schwangerschaftskonfliktberatung oder den Zugang zu Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, beeinträchtigen. Deshalb sei es zum einen erforderlich, die Letztverantwortung der Schwangeren in dieser höchstpersönlichen Angelegenheit sicherzustellen. Zum anderen gehe es auch darum, dass das Fachpersonal seine Aufgabe möglichst ungestört ausüben kann.
Durch die geplanten Änderungen im Schwangerschaftskonfliktgesetz sollen bestimmte, nicht hinnehmbare Verhaltensweisen untersagt werden, „wenn diese geeignet sind, die Inanspruchnahme der Beratung in der Beratungsstelle oder den Zugang zu Einrichtungen, in denen Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden, zu beeinträchtigen“. Dies gelte nur für wahrnehmbare Verhaltensweisen in einem Bereich von 100 Metern um den Eingangsbereich der Beratungsstellen und Einrichtungen, in denen Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden.
Unter diesen Voraussetzungen solle mit dem geplanten Gesetz beispielweise untersagt werden, das Betreten der Einrichtungen durch Hindernisse absichtlich zu erschweren, eine Schwangere gegen ihren erkennbaren Willen die eigene Meinung aufzudrängen, sie erheblich unter Druck zu setzen oder sie mit unwahren Tatsachenbehauptungen oder verstörenden Inhalten zu konfrontieren. Verstöße gegen diese Verbote sollen künftig eine Ordnungswidrigkeit darstellen und mit einem Bußgeld von bis zu 5.000 Euro belegt werden. (hau/10.04.2024)
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TOP 5 Gesetzentwurf zur Digitalisierung der Justiz
Die Abgeordneten des Bundestages haben sich am Mittwoch, 10. April 2024, mit der Modernisierung der Justiz befasst. Dazu lag ein Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur weiteren Digitalisierung der Justiz“ (20/10943) vor, den die Abgeordneten im Anschluss der Debatte zur weiteren Beratung an den Rechtsausschuss überwiesen.
Entwurf der Bundesregierung
Die Bundesregierung nach eigenem Bekunden an bisherige Reformbemühungen anknüpfen. „Durch Rechtsanpassungen im Bereich des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Aktenführung soll die bereits fortgeschrittene Digitalisierung in der Justiz in allen Verfahrensordnungen weiter gefördert werden“, heißt es in dem Entwurf. So sieht der Entwurf unter anderem „die Einführung einer Hybridaktenführung in allen Verfahrensordnungen für geheimhaltungsbedürftige Aktenbestandteile, für vor der verpflichtenden Einführung der elektronischen Aktenführung in Papier begonnene Akten sowie – während der Pilotierungsphase – für elektronisch begonnene Akten“ vor.
Ferner ist beispielsweise „die Erweiterung des Anwendungsbereichs der Pflicht zur elektronischen Übermittlung von Dokumenten für Verteidigerinnen und Verteidiger sowie Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in Straf- und Bußgeldsachen“ geplant. Zudem soll es laut Entwurf künftig möglich sein, „in der Revisionshauptverhandlung die physische Anwesenheit von Verfahrensbeteiligten durch eine Zuschaltung im Rahmen einer Videokonferenz zu ersetzen“. Weiterhin schlägt die Bundesregierung „die beschränkte Zulassung des Identifizierungsverfahrens ELSTER im elektronischen Rechtsverkehr“ vor. (scr/10.04.2024)
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ANTRAG AfD: TOP 5 Anerkennung von Vaterschaften
Ein von der AfD-Fraktion vorgelegter Gesetzentwurf „zur Reform der missbräuchlichen Anerkennung von Vaterschaften“ (20/10792) stand am Mittwoch, 10. April 2024, auf der Tagesordnung des Bundestages. Im Anschluss an die Debatte überwiesen die Abgeordneten die Vorlage an die Ausschüsse. Bei den weiteren Beratungen übernimmt der Rechtsausschuss die Federführung.
Entwurf der AfD
Die Fraktion führt zu Begründung an, dass nach aktueller Rechtslage „eine bewusst wahrheitswidrige Anerkennung der Vaterschaft nicht zu deren Unwirksamkeit“ führe. In der Praxis werde diese Rechtslage „von Ausländern allerdings ausgenutzt, um sich durch Anerkennung eines deutschen Kindes ein Aufenthaltsrecht in Deutschland zu sichern“. Diese „Scheinvaterschaften“ hätten sich zu einem „attraktiven Geschäftsmodell insbesondere für mittellose deutsche Männer entwickelt“, heißt es weiter.
Die AfD-Fraktion will daher gesetzlich regeln, „dass die Ausländerbehörden in allen Fällen der Vaterschaftsanerkennung beteiligt werden, wenn ein Elternteil nichtdeutscher Herkunft ist“. Ferner soll nach dem Willen der Abgeordneten festgelegt werden, „dass die Beweislast für die Anerkennung einer leiblichen Vaterschaft der Anerkennende trägt. Dies kann mit Hilfe einer DNA-Analyse geschehen“. (scr/hau/10.04.2024)
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11. April 2024 (163. Sitzung)
TOP 8 Bildungsgerechtigkeit
In diesem Sommer beginnt das „Startchancen-Programm“, mit einem Volumen von 20 Milliarden Euro die größte Maßnahme im Bildungswesen seit Gründung der Bundesrepublik. Von einer „Kampfansage an den Bildungsnotstand“, sprach Ria Schröder (FDP) am Donnerstag, 11. April 2024. In der Debatte über Antrag der Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP (20/10968) mit dem Titel „Gute Startchancen für mehr Bildungsgerechtigkeit“ erklärte Schröder, der Bund und die 16 Länder würden mit dem Programm einen „Paradigmenwechsel“ vollziehen, um die Lebenschancen junger Menschen besonders in sogenannten Brennpunktgebieten zu verbessern. „Wenn aus Brennpunkten Leuchttürme werden, dann ist das ein Aufbruchssignal“, sagte die FDP-Politikerin. Bildung sei das beste Mittel, um selbstbestimmt durch das Leben zu gehen und Armut zu vermeiden.
SPD: Startchancen-Programm ist ein großer Schritt
Bildung sei das Emanzipationsversprechen der SPD sei 160 Jahren, betonte Saskia Esken (SPD). Bildung befähige Menschen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Das Bildungssystem müsse sich den Herausforderungen einer diversen Gesellschaft stellen. Ein Viertel der Kinder könne am Ende der Grundschulzeit nicht genügend gut lesen, schreiben, rechnen und kommunizieren. In der Folge verlasse jeder 16. die Schule ohne Abschluss. Bei Migrationskindern sei dieser Anteil noch höher.
Das Startchancen-Programm sei ein „großer Schritt“ und unterstütze gezielt Schulen mit einem hohen Anteil an benachteiligten Schülerinnen und Schülern. Das Programm auf zehn Jahre anzulegen, sei sinnvoll, denn „der Kampf für mehr Bildungsgerechtigkeit ist ein Langstreckenlauf“.
Grüne: Kinder haben gleiche Startchancen verdient
Kai Gehring (Bündnis 90/Die Grünen) sprach von einem „großen Tag für Bildungsgerechtigkeit“. Jetzt werde Kooperation für Chancengerechtigkeit ganz konkret, denn Bildung sei „präventive Sozialpolitik“.
Bildungserfolg hänge in Deutschland immer noch viel zu stark von sozialer Herkunft, dem elterlichen Geldbeutel und der Postleitzahl ab. „Wir wollen das ändern. Wir werden das ändern. Alle Kinder haben gleiche Startchancen verdient“, sagte Gehring, der auch vom „Start einer Bildungswende“ sprach.
Union: Probleme an allen Schulen in unserem Land
Nadine Schön (CDU/CSU) wollte den Optimismus der Koalitionspolitiker nicht teilen. Der Anteil der Schulabgänger ohne Abschluss steige, jeder sechste sei für den Arbeitsmarkt kaum noch vermittelbar. Das sei dramatisch, „denn in einer Zeit schrumpfender Wirtschaft brauchen wir dringend gute Fachkräfte“.
Das schon vor zwei Jahren angekündigte Startchancen-Programm komme zu spät und sei völlig unzureichend. Von elf Schülern würde gerade einer von dem Programm profitieren. „Wir haben aber Probleme an allen Schulen in unserem Land“, sagte Schön unter Verweis auf die jüngste Pisa-Studie.
AfD kritisiert Folgen ideologischer Politik
Dr. Götz Frömming (AfD) sagte, die Pisa-Studie habe gezeigt, wohin Bund und Länder „unser einstmals weltweit bewundertes Bildungssystem gebracht haben. Nicht nur die Gebäude sind verrottet, auch der Geist ist verrottet.“ Das sei einer Folge ideologischer Politik.
Dass nur 4.000 Brennpunktschulen gefördert würden und die anderen nicht, zeigt für Dr. Frömming, was die Lieblingsklientel der Koalition sei: Es seien die Schulen, an den besonders viele Kinder mit Migrationshintergrund seien. Die anderen Schulen würden bestraft, weil sie noch funktionieren würden.
Gruppe Die Linke: Volumen ist viel zu klein
Nicole Gohlke (Gruppe Die Linke) sagte, das Programm sei kein Einstieg in eine verlässliche Bildungsfinanzierung, da es zeitlich befristet, viel zu klein und nur punktuell wirksam sei.
Es gebe einen Investitionsstau bei Schulgebäuden von 50 Milliarden Euro. Das Programm habe aber nur ein Volumen von 20 Milliarden Euro.
Überweisung der Vorlagen an den Ausschuss
Der Koalitionsantrag wurde zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung überwiesen. Darin heißt es zur Finanzierung, zehn Milliarden Euro sollten vom Bund und weitere zehn Milliarden Euro von den Ländern zur Verfügung gestellt werden. Bei der Verteilung der Mittel soll ein neuer Verteilungsschlüssel zum Einsatz kommen, der die Armutsgefährdungsquote, den Migrationshintergrund und das Bruttoinlandsprodukt berücksichtigt.
Ebenfalls überweisen wurde ein Gesetzentwurf der AfD-Fraktion (20/10980). Sie will, dass der Bund einen Investitionsfonds mit einem Volumen von 30 Milliarden Euro zur Steigerung der Leistungsfähigkeit der kommunalen Bildungsinfrastruktur einrichtet. Kommunen sollen aus den Mitteln des Fonds mit 50 Prozent Finanzhilfen bei Investitionen in ihre Schulinfrastruktur gefördert werden.
Antrag der Koalitionsfraktionen
Die Koalitionsfraktionen fordern die Bundesregierung auf, die Umsetzung des „Startchancen-Programms“ für mehr Bildungsgerechtigkeit zügig auf den Weg zu bringen. Dies soll gemeinsam mit den Ländern unter enger Einbindung von Kommunen, Zivilgesellschaft und Wissenschaft erfolgen, heißt es in dem Antrag. Dabei soll der Bürokratieaufwand durch die Nutzung innovativer digitaler Lösungen möglichst gering gehalten werden. Zugleich wird die Bundesregierung aufgefordert, gemeinsam mit Ländern und Kommunen langfristig eine engere, zielgenauere und verbindlichere Kooperation zu etablieren, „um gemeinsam gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen und Qualität, Vergleichbarkeit, Leistungsfähigkeit und Weiterentwicklung des Bildungswesens zu stärken, sowie bundesweite Standards zu definieren und langfristig zu einheitlichen Rahmenbedingungen in den Ländern zu kommen“.
Wie die Fraktionen in dem Antrag erläutern, wird das Startchancen-Programm einen Umfang von 20 Milliarden Euro haben. Davon werden zehn Milliarden Euro vom Bund und weitere zehn Milliarden Euro von den Ländern zur Verfügung gestellt. Damit sollen über einen Zeitraum von zehn Jahren Schülerinnen und Schüler in rund 4.000 Schulen in benachteiligten Lagen unterstützt werden. Dadurch würden ihre Bildungschancen und Zukunftsperspektiven verbessert. Vom Startchancen-Programm sollen bundesweit rund eine Million Schülerinnen und Schüler profitieren. Es sollen vor allem die Leistungs- und Persönlichkeitsentwicklung sowie die Basiskompetenzen der Schülerinnen und Schüler in Lesen, Schreiben und Mathematik an den teilnehmenden Schulen gestärkt werden.
Ein besonderer Fokus des Programms soll auf Grundschulen gelegt werden, „denn hier wird der Grundstein für den späteren Bildungserfolg gelegt“. Nach Angaben der Koalitionsfraktionen verfolgt das Programm das Ziel, die Zahl der Schülerinnen und Schüler an den Startchancen-Schulen, die die Mindeststandards in Mathematik und Deutsch verfehlen, zu halbieren. Bei der Verteilung der Mittel soll ein neuer Verteilungsschlüssel zum Einsatz kommen, der die Armutsgefährdungsquote, den Migrationshintergrund und das Bruttoinlandsprodukt bei der Mittelvergabe berücksichtigt.
Gesetzentwurf der AfD
Der Bund soll einen Investitionsfonds zur Steigerung der Leistungsfähigkeit der kommunalen Bildungsinfrastruktur einrichten. Unter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips und der Kultushoheit der Länder soll dieser Fonds mit insgesamt 30 Milliarden Euro ausgestattet werden, fordert die AfD-Fraktion in einem Gesetzentwurf (20/10980). Der Fonds soll von 2025 bis 2031 schrittweise aufgestockt werden. Kommunen sollen aus den Mitteln des Fonds mit 50 Prozent Finanzhilfen bei Investitionen in ihre Schulinfrastruktur gefördert werden.
Zur Begründung führt die AfD-Fraktion an, Entscheidungen der Bundesregierungen hätten die Schulen vor extreme Herausforderungen gestellt. Die Einwanderung habe zu einem drastischen Anstieg der Schülerzahlen geführt. Die durch die Maßnahmen während der Corona-Pandemie entstandenen Lernrückstände hätten bis heute nicht aufgeholt werden können. Zusätzlich seien seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine über 200.000 ukrainische Kinder in deutsche Schulen gekommen. Die Schulen seien darauf nicht vorbereitet gewesen. Die notwendigen Investitionsausgaben könnten die Kommunen nicht allein bewältigen. Daher sei es geboten, dass der Bund finanziellen Beistand leiste. (hle/11.04.2024)
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TOP ZP 21 Sofortprogramm für die deutsche Wirtschaft
Der Bundestag hat am Donnerstag, 11. April 2024, erstmals einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Wirtschaftswende jetzt – Sofortprogramm für die deutsche Wirtschaft“ (20/10985) beraten. Die Vorlage wurde im Anschluss der Aussprache zur weiteren Beratung an den Wirtschaftsausschuss überwiesen.
Union: Die Insolvenzen steigen
Julia Klöckner (CDU/CSU) befand, dass es eine Wirtschaftswende brauche, denn „unter dieser Regierung wächst nichts mehr“. In Deutschland sei eine steigende Zahl von Insolvenzen zu verzeichnen, es gebe Auftrags- und Exporteinbrüche. „Jeder gute Regierungschef müsste jetzt auf den Plan treten“, sagte Klöckner im Plenum. Aber Kanzler Olaf Scholz tue nichts, nehme die Sorgen der Wirtschaft und der Unternehmer nicht ernst. Dabei sei „nicht zu handeln gerade keine Option“. Deshalb habe die Unionsfraktion ihren Antrag mit einem Sofortprogramm für die deutsche Wirtschaft erneut zur Beratung vorgelegt.
Die Ampelfraktionen habe ihre Mehrheit genutzt, um die Beratung des Antrags im Wirtschaftsausschuss zu vertagen. „Das lag an der FDP und ihrem kommenden Parteitag“, so die Christsoziale. Die FDP habe für den Parteitag beim Antrag der Unionsfraktion abgeschrieben.
SPD: Deutschland nicht schlechtreden
Bernd Westphal (SPD) reagierte auf die Unions-Rednerin, indem er sagte, diese ignoriere, was die Ampel in den vergangenen zweieinhalb Jahren in einer konfliktreichen Zeit geschafft habe. „Und was Sie nie und nimmer hingekriegt hätten.“ Gegen das Argument, der Standort Deutschland leide unter der Ampel, zählte Westphal die Ansiedlungen US-amerikanischer Großunternehmen der jüngsten Zeit auf: „Es gibt genug ausländische Investoren, die den Standort Deutschland gut finden und Sie reden das schlecht“, sagte Westphal.
Er nannte die Unionsfraktion „unchristlich“, wenn diese mit ihren Forderungen an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in dem Antrag von diesen immer mehr verlangten: „Sie doch noch nie eine Nachtschicht gearbeitet und belehren die Leute, länger zu arbeiten!“
AfD: Unternehmen werden aus dem Land gejagt
Enrico Komning (AfD) sprach davon, dass es eben bei der Ampel so laufe, ein unangenehmer Antrag werde einfach verschoben, „oder wie man auf Neudeutsch sagt ‚gecancelt‘. Deshalb habe die Unionsfraktion den gleichen Antrag eben nochmal in neuer Lesung eingebracht. “Daran sieht man wieder mal, wie die Ampelregierung die Minderheitenrechte hier im Hause mit Füßen tritt„, so Komning.
Der Antrag der Unionsfraktion stelle zwölf grundsätzlich gute Forderungen, sei aber sonst dünn. Denn er lasse aus, das Ende des “ökosozialistischen Transformationsschwachsinns„ der Ampel zu fordern, der die Energiepreise explodieren lasse, der Unternehmen aus dem Land jage und ein Bürokratiemonster schaffe. Er forderte wieder zu den Wurzeln der sozialen Marktwirtschaft nach Ludwig Erhard zurückzukehren.
Grüne: Es gibt keine De-Industrialisierung
Sandra Detzer (Bündnis 90/Die Grünen) wandte ein, dass Deutschland es besser könne: “Wir könnten ein attraktiverer Standort sein.„ Aber es sei nicht alles schlecht, was passiere, die Industrieproduktion sei wieder gestiegen: “Es gibt keine De-Industrialisierung„, so Detzer. Das Land habe die schwerste Energiekrise überstanden, jetzt muss alles daran gesetzt werden, dass es weiter nach oben gehe.
Dabei werde auch das Startchancenprogramm im Bildungsbereich helfen. “Wir werden dafür so viel Geld nehmen wie keine Regierung zuvor„, sagte die Grüne. “Das wird ein echter Meilenstein in der Fachkräftesicherung.„
FDP: Union soll Preisschild an Forderungen hängen
Reinhard Houben (FDP) sagte, die Ampelfraktionen hätten den Antrag im Wirtschaftsausschuss vertagt, weil sie verhindern wollte, dass sich die Unionsfraktion blamiere. “Was Sie hier abliefern ist handwerklich einfach keine gute Arbeit„, so Houben im Plenum. Er verfolge mit großem Interesse, wann die Unionsfraktion welchen Antrag abliefere und was wann wiederkomme. “Was Sie aber nie machen: Es gibt an den jeweiligen Forderungen kein Preisschild dafür, was es kostet, wenn wir die vorgeschlagenen Maßnahmen umsetzen würden. Diese Antwort bleiben Sie historisch immer schuldig.„
Zudem sei es “frech„, dass die CDU/CSU-Fraktion fordere, dass das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz ausgesetzt werden müsse: “Das Gesetz haben Sie in der letzten Legislaturperiode doch selbst eingeführt.„
Antrag der Union
Die CDU/CSU-Fraktion fordert die Bundesregierung in ihrem Antrag (20/10985) unter anderem dazu auf, eine Begrenzung der Sozialabgaben bei 40 Prozent des Bruttoarbeitslohns wieder einzuführen, um die Arbeitskosten in Deutschland wieder wettbewerbsfähiger zu machen, Überstunden für Vollzeitbeschäftigte steuerlich zu begünstigen und die ersten 2.000 Euro Arbeitseinkommen im Monat für Rentner steuerfrei zu stellen.
Darüber hinaus sollen für Bürgergeldbezieher strengere Sanktionen eingeführt werden, wenn die Arbeitsaufnahme verweigert wird. Außerdem sollen die Stromsteuer dauerhaft und für alle auf das europäische Minimum von 0,05 Cent pro Kilowattstunde gesenkt werden sowie die Netzentgelte halbiert werden. Ferner sollen die geplanten Steuererhöhungen für Landwirte vollständig zurückgenommen und das deutsche Lieferkettengesetz gesetzlich ausgesetzt und überarbeitet werden. (emu/11.04.2024)
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TOP 19 Ernährungsstrategie der Bundesregierung
Auf Widerspruch der Opposition, aber auch der FDP ist die Ernährungsstrategie der Bundesregierung „Gutes Essen für Deutschland“ (20/10001) gestoßen, die der Bundestag am Donnerstag, 11. April 2024, erstmals beraten hat. Die Vorlage wurde im Anschluss zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft überwiesen.
Minister: Essen entscheidet über Lebenschancen
Bundesernährungsminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) betonte eingangs, dass in Deutschland die Bürgerinnen und Bürger selber entscheiden, was sie essen. Es sollten aber alle eine „faire Chance“ erhalten, gesund aufzuwachsen und gesund alt zu werden, denn Essen entscheide über die Lebenschancen, unabhängig von Herkunft, Wohnort und dem Geldbeutel der Eltern. Diesem Ziel diene die Ernährungsstrategie.
In Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung äßen täglich 17 Millionen Menschen, darunter sechs Millionen Kinder und Jugendliche, sagte der Minister. Es sei eine Riesenchance, die Wertschöpfung der einheimischen Landwirtschaft zu stärken und dabei auch Klima und Artenvielfalt zu schützen.
„Rückenwind durch Bürgerrat-Empfehlungen“
Die Strategie umfasse die Förderung nachhaltiger Ernährungsumgebungen, gutes Schul- und Kitaessen, verbindliche Qualitätsstandards, ein gesünderes Angebot durch weniger Zucker, Salz und ungesunde Fette in Fertiggerichten, ein nachhaltigeres Angebot durch Erhöhung des Bioanteils in der Gemeinschaftsverpflegung, die Förderung innovativer, pflanzlicher Proteinprodukte und die Forschung zur Ernährungssituation in armutsgefährdeten Haushalten.
„Rückenwind“ verspricht sich Özdemir durch die Empfehlungen des Bürgerrats „Ernährung im Wandel“. Die Ernährung in Deutschland wandele sich, viele äßen weniger Fleisch. Der Minister rief dazu auf, diese Veränderungen als Chance zu begreifen.
CDU/CSU: Bevormundung statt Liberalität
Steffen Bilger (CDU/CSU) kritisierte das Timing des Ministers, dessen Strategie im Januar vorgelegt wurde, während der Bürgerrat seine Empfehlungen im März abgegeben hatte. Der Minister hätte diese Empfehlungen auch abwarten können, sagte der CDU-Abgeordnete. Im Januar sei es darum gegangen, mit der Strategie von den Bauernprotesten abzulenken. Von den Problemen der Landwirtschaft sei noch nichts substanziell gelöst, den Ankündigungen folgten keine Taten. Die Strategie zeige wenig Respekt vor den Länderkompetenzen und der Eigenverantwortung der Verbraucher und vermehre die Bürokratie.
Albert Stegemann (CDU/CSU) konnte die vom Minister verkündete Liberalität nicht identifizieren. Es gehe vielmehr um Bevormundung, man wolle weg vom Fleisch und vom Zucker. Die Gesellschaft werde in Gut und Böse gestaltet, nur die ökologische Landwirtschaft sei gut. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Fleisch von sieben auf 19 Prozent bezeichnete Stegemann als „nackte Steuererhöhung“. Der reduzierte Mehrwertsteuersatz auf Grundnahrungsmittel diene gerade dazu, dass sich auch Menschen mit schmalem Einkommen Fleisch leisten könnten. Özdemir wolle die Tierhaltung in Deutschland abschaffen, die Union wolle sie weiterentwickeln.
SPD: Mindesthaltbarkeitsdatum reformieren
Rita Hagl-Kehl (SPD) wies darauf hin, dass 70 bis 80 Prozent der Krankheiten in Deutschland ernährungsbedingt seien, 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen seien übergewichtig. „Wir wollen niemanden umerziehen oder bevormunden“, sagte die bayerische Abgeordnete, doch müsse der Staat die Eltern unterstützen. Seit Corona würden Kinder mehr Medien konsumieren und sich weniger bewegen. Auch werde ein Fünftel der Kohlendioxidemissionen in Deutschland von der Nahrungsmittelerzeugung verursacht. Hagl-Kehl forderte ein Nachhaltigkeitslabel und erinnerte daran, dass 54 Prozent der Lebensmittelverschwendung in Privathaushalten stattfinde. Das Mindesthaltbarkeitsdatum müsse dringend reformiert werden.
Dass sich die Ernährung auch auf die kognitiven Fähigkeiten auswirkt, betonte Peggy Schierenbeck (SPD). Der Zugang zu gesundem Essen sei eine Frage der sozialen Gerechtigkeit. Von der Kita an sollte auf pflanzliche Ernährung gesetzt und der Anteil von Zucker, Salz und ungesunden Fetten verringert werden. Die Ernährungsstrategie stütze sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse: Einmal Fleisch pro Woche reiche aus. Gesundes und nachhaltiges Essen sollte zu zwei Dritteln aus pflanzlichen und einem Drittel aus tierischen Lebensmitteln bestehen.
FDP: Grüner Zeigefinger
Ingo Bodtke (FDP) kritisierte das Ampelprojekt heftig: „Ich sehe den grünen Zeigefinger!“ Dem Bürger solle vorgeschrieben werden, wie er sich zu ernähren habe. Der Verbrauch tierischer Lebensmittel solle auf ein „gesundheitsförderliches Maß“ gebracht werden. Das seien „völlig überzogene Erwartungen und Ansprüche“, so Bodtke. Die FDP wolle keine neuen staatlichen Verbote und Regulierungen. Vielmehr wolle man die Menschen motivieren, ihre Ernährungsgewohnheiten kritisch zu hinterfragen und setze dabei auf das Leitbild des mündigen Verbrauchers. Bodtke verwies darauf, dass 90 Prozent der Erzeuger klein- und mittelständische Betriebe seien und warb dafür, die Ernährungsstrategie zu überarbeiten.
Bodtkes Fraktionskollege Dr. Gero Clemens Hocker wandte sich gegen pauschale Werbeverbote, deren Effekt marginal sei und die nicht den kritischen, hinterfragenden Konsumenten hervorbrächten. Hocker appellierte an die Eigenverantwortung der Verbraucher.
Grüne: An Kinder gerichtete Werbung einschränken
Dr. Julia Verlinden (Bündis 90/Die Grünen) forderte eine Anpassung des Wettbewerbsrechts im Lebensmittelbereich, was die Marktmacht der Discounter angehe. Es brauche eine Preisbeobachtungsstelle für Lebensmittel. Der Ernährungsbildung maß Verlinden einen hohen Wert zu. Auch müsse das Gesetz zur Einschränkung von an Kindern gerichtete Werbung „endlich kommen“. Bio-Verpflegung müsse gestärkt werden, die Ernährungsstrategie schlage konkrete Handlungsoptionen vor.
Fraktionskollegin Renate Künast sprach angesichts der FDP-Kritik von einer „ideologieorientierten Debatte“. Die FDP könne sich nicht über Fachkräftemangel beklagen, wenn sie nicht für die Gesundheit der Kinder sorge. Die Grünen wollten mit der Ernährungsstrategie Lebenschancen, eine gesunde Kindheit und ein gesundes Alter, ermöglichen.
AfD: Diktat statt Strategie
Ablehnend positionierte sich die AfD-Fraktion. Die Regierung trete in beispielloser Arroganz in die Privatsphäre der Menschen ein, argumentierte Peter Felser. Die Strategie sei auf Lenkung und Verbote ausgerichtet. Werbeverbote lehne die AfD ab, weil sie zu weiterer Bürokratisierung führen würden. Es gehe der Ampel um vermeintliche Klimaziele, nicht um die Gesundheit der Bürger. Einen Widerspruch sah Felser im Umgang mit den Bauern. Einerseits werde Regionalität gefordert, anderseits auf die regional verankerten Bauern eingedroschen. Die Bauernproteste seien der Ampel „völlig egal“. Lebensmittel müssten von außen importiert werden, „unsere Bauern gehen vor die Hunde“.
Felsers Fraktionskollege Bernd Schattner sagte, es handele sich nicht um eine Strategie, sondern um ein Diktat, das in Schulen und Kindergärten bindend umgesetzt werden müsse. Das Papier sei ein weiterer Sargnagel für die Geflügel-, Rinder- und Schweinewirtschaft in Deutschland.
Linke: Steigende Ernährungsarmut
Kritik äußerte auch Ina Latendorf (Gruppe Die Linke), die von einer „abgehobenen Politik“ sprach. Die Strategie sei eine Auflistung von Prüfaufträgen und zeitlich befristeten Vorhaben.
Sie verwies darauf, dass die Lebensmittelpreise von Juni 2021 bis Januar 2024 um knapp 30 Prozent gestiegen seien, die Zahlen der von Ernährungsarmut Betroffenen stiegen. Latendorf rief dazu auf, allen Kindern und Jugendlichen kostenfreies Essen zu garantieren.
Ernährungsstrategie der Bundesregierung
Die Ernährungsstrategie sieht vor, weniger Fleisch und zuckerhaltige Lebensmittel und mehr Obst und Gemüse in Kitas und Kantinen anzubieten. Die Strategie soll bis 2050 umgesetzt werden und widmet sich insbesondere der Außer-Haus-Verpflegung. Eine wichtige Rolle sollen Kantinen und Mensen in Unternehmen und anderen Einrichtungen spielen, wo pro Tag rund 17 Millionen Menschen essen. Dort sollen mehr pflanzliche, saisonale und möglichst regionale und ökologisch erzeugte Produkte auf die Speisepläne kommen und auch „so angeboten werden, dass junge Menschen sie gerne zu sich nehmen“, wie es in der Strategie heißt. Neben einer Umsetzung der Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) sollen in den Einrichtungen auch Lebensmittelabfälle reduziert werden.
Zudem will das Bundeslandwirtschaftsministerium ein Verbot von Werbung für besonders zucker-, fett- oder salzhaltige Lebensmittel, die sich an Kinder unter 14 Jahren richtet. Auf europäischer Ebene will sich die Bundesregierung zudem für eine EU-weit verpflichtende Nährwertkennzeichnung einsetzen, damit nahrhafte Lebensmittel leichter im Regal zu erkennen sind. (vom/nki/11.04.2024)
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ANTRAG AfD: TOP 9 22 Jahre Euro in Deutschland
Redner aller Fraktionen mit Ausnahme der AfD haben am Donnerstag, 11. April 2024, die Mitgliedschaft Deutschlands im Euroraum verteidigt. Anlass war ein Antrag der AfD-Fraktion (20/10969). In diesem wird die Bundesregierung dazu aufgefordert, eine Bilanz zu 22 Jahren Eurobargeld zu ziehen und ferner „der deutschen Öffentlichkeit gegenüber die sozialen, finanziellen und wirtschaftlichen Auswirkungen zu quantifizieren und zu schildern, inwiefern welche der Zusicherungen nicht eingehalten wurden oder von vorneherein nicht einzuhalten waren“.
AfD wirft EZB „Politik für Pleitestaaten“ vor
Norbert Kleinwächter (AfD) verwies in seiner Rede auf eine Broschüre aus dem Jahr 1996 und damals gemachte politische Versprechungen, etwa die eines Ausschlusses der gegenseitigen Haftung von Mitgliedstaaten für Staatsschulden. „Die Deutschen waren dagegen“, sagte Kleinwächter. Es habe damals keine direkte Demokratie gegeben, keinen Volksentscheid zum Euro, kritisierte er.
Die Europäische Zentralbank (EZB) betreibe „Politik für Pleitestaaten“, unterstellte Kleinwächter, kaufe verbotenerweise Staatsanleihen. Die Geldpolitik der EZB habe die Inflation angeheizt.
SPD sieht im Euro „Symbol für die Stärke Europas“
Für die SPD-Fraktion rief Johannes Schraps mit Blick auf die anstehende Europawahl die Bürger dazu auf, den AfD-Antrag genau zu lesen, um zu sehen, „wo sie am 9. Juni ihr Kreuz lieber nicht machen sollten“. Die Zustimmung in Deutschland zur EU-Mitgliedschaft, zur Nato-Mitgliedschaft „und sogar zu einer europäischen Armee“ sei gestiegen. Diese Mitgliedschaften seien „essenzielle Sicherheitsgarantien für unser Land“. „Der Euro hat sich als äußerst stabil erwiesen“, sagte Schraps. Durch die gemeinsame Währung entfielen Kosten, etwa beim Reisen, aber auch beim grenzüberschreitenden Handel. Das stärke die Wirtschaft. Der SPD-Abgeordnete verwies auf die rekordhohe Beschäftigung in Deutschland. „Der Euro ist ein Symbol für die Einheit und Stärke Europas.“
In einer Zwischenintervention warf der AfD-Abgeordnete Kay Gottschalk der Ampel-Koalition daraufhin vor: „Sie verwandeln unser Land in eine Kriegsnation.“ Gottschalk fragte, warum Dänemark und Norwegen nicht dem Euro beiträten.
Union: Kein Land profitiert so sehr vom Euro wie Deutschland
Die CDU/CSU-Abgeordnete Dr. Ottilie Klein sagte in ihrem folgenden Redebeitrag: „Dieser Antrag ist eine Mischung aus Untergangsszenarien und Halbwahrheiten.“ Kein Land profitiere so sehr von der EU und vom Euro wie Deutschland. Jeder vierte Arbeitsplatz hänge in Deutschland vom Export ab, mehr als die Hälfte der deutschen Exporte gehe in Staaten des EU-Binnenmarkts. „Der Euro erleichtert den Handel, stärkt unsere Unternehmen und schafft Wohlstand“, sagte Klein.
Nach wie vor müsse in der EU jeder Mitgliedstaat für seine Schulden selbst haften, betonte die Christdemokratin. „Eine Schuldenunion lehnen wir ab.“ Deutschland brauche Europa, könne ohne EU auch alleine nicht für seine Sicherheit sorgen. Ihre Fraktion stehe zum Euro und zu Europa, „denn wir stehen zu Deutschland“.
Grüne für Weiterentwicklung der europäischen Kapitalmarkt- und Bankenunion
Jamila Schäfer (Bündnis 90/Die Grünen) sprach sich für eine Weiterentwicklung der europäischen Kapitalmarkt- und Bankenunion aus. Sie sagte ferner, die Inflationsrate in Deutschland sei seit der Euro-Einführung niedriger gewesen als in den letzten 22 Jahren mit der Deutschen Mark vor der Euro-Einführung. „Wenn es Ihnen um einen stabilen Währungsraum ginge, sollten Sie lieber ’stabil wie der Euro‘ in Ihren Antrag schreiben“, forderte sie die AfD-Fraktion auf.
Der Grund für die erhöhten Inflationsraten der vergangenen Monate liegt aus Schäfers Sicht im russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Die Grüne nannte Putin den „besten Freund“ der AfD. „Ihr Freund Putin greift die Ukraine an und tötet“, warf sie den AfD-Abgeordneten vor. Dabei habe Putin verstanden, dass es dabei auch um die Beeinflussung in Westeuropa gehe. „Sie sind die willigen Handlanger für diese Strategie“, erklärte sie an die AfD-Fraktion gerichtet.
FDP: AfD will spalten und Hass sähen
Für die FDP-Fraktion ergriff Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann das Wort. Der Euro sei trotz der Krisen stabil, stellte sie fest. „An die Deutsche Mark zu denken ist sowas von antiquiert“, kritisierte sie und zählte mehrere Vorteile der EU auf. An die AfD-Fraktion gerichtet sagte sie daraufhin mit Verweis auf Regeln des EU-Binnenmarkts zu Telefongebühren im EU-Ausland: „Sie können Ihren Unsinn auch noch in unseren Nachbarländern erzählen, ohne Roaminggebühren zu zahlen.“
Die Abgeordnete sagte auch: „Die EU ist das größte Friedensprojekt, seit die Menschen vom Baum gestiegen sind.“ Allerdings sei die EU nicht perfekt: Die derzeitige deutsche Präsidentin der EU-Kommission „mit dem Parteibuch Konrad Adenauers“ habe sich fünf Jahre lang ausgetobt. Strack-Zimmermann kritisierte wachsende Regulierung während der zu Ende gehenden Amtszeit von Ursula von der Leyen und rief: „Europa ist doch nicht entstanden, damit wir Ameisen tätowieren!“ Das sei aber kein Grund dafür, eine Politik zu betreiben, die nur Angst schüren wolle. „Wie sind sie drauf?“, fragte die FDP-Abgeordnete in Richtung der AfD. „Nur spalten, nur Hass sähen, das ist das, was sie wollen.“ Alle, die eine innige Beziehung zu Russland hätten, „werden darauf achten, dass in den Koffern Euro liegen. In Rubel ist der Koffer zwar schwerer, aber weniger wert“. (bal/11.04.2024)
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ZP 5 Aktuelle Stunde – Mögliche Kooperationen einzelner Mitglieder der AfD mit autoritären Regimen
Die AfD muss sich angesichts des Vorwurfs russischer Einflussnahme massiver Kritik stellen. In einer auf Verlangen der Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP auf die Tagesordnung gesetzten Aktuellen Stunde mit dem Titel „Mögliche Verstrickungen und Kooperationen von Mitgliedern der AfD-Fraktion mit autoritären Regimen vollständig aufklären“ kritisierten am Donnerstagnachmittag, 11. April 2024, die übrigen Fraktionen die AfD dafür, sich zum „Sprachrohr“ Russlands zu machen.
Hintergrund sind Vorwürfe gegen den AfD-Abgeordneten und Europawahlkandidaten Petr Bystron. Ihm wird vorgeworfen, Geld aus Russland erhalten zu haben, was dieser bestreitet. Die AfD-Spitze hatte sich unter Verweis auf die Unschuldsvermutung hinter Bystron gestellt.
SPD: Wes Brot ich ess‘, des Lied ich sing
Dirk Wiese (SPD) zitierte eine alte Volksweisheit Luthers: „Wes Brot ich ess‘, des Lied ich sing‘.“ Nur müsse man sehr vorsichtig mit dem Brot aus dem Kreml sein, denn es könne sich als ungenießbar und sehr gefährlich erweisen.
Wiese lenkte den Blick auf die Teilnahme von AfD-Vertretern an Beobachtungsmissionen bei Scheinwahlen wie in Belarus und Russland. „Sie sind Sprachrohr für Diktaturen, Sie sind das Sprachrohr für den Kreml und für Lukaschenko.“
Union wirft AfD-Mitgliedern Landesverrat vor
Christoph de Vries (CDU/CSU) sagte, der russische Präsident Putin versuche in ganz Europa ein Netz von Unterstützern zu spannen, das die Demokratie zersetzen solle. „In Deutschland hat er dafür mit der AfD seine nützlichen Idioten und Vollstrecker gefunden.“
Diese Beobachtung stütze sich nicht nur auf die Vorwürfe gegen Bystron: Regelmäßige Auftritte von AfD-Abgeordneten in russischen Propagandamedien, Pseudowahlbeobachtungsmissionen, die ständige Verbreitung russischer Kriegspropaganda. Wer so etwas tue, ob bezahlt oder unbezahlt, sei keine Patriot, „sondern ein Landesverräter“.
Grüne: AfD ist Sicherheitsrisiko für Deutschland
Auch Dr. Irene Mihalic (Bündnis 90/Die Grünen) argumentierte, dass die AfD in Bezug auf Putins Russland längst ihre Unschuld verloren habe. Ihre Vertreter seien in Russland und anderen autoritären Staaten unterwegs, immer kooperativ, „um irgendwie lupenrein zu waschen, was zutiefst schmutzig ist“.
Die AfD lasse sich für die hybriden Angriffe Russlands „als trojanisches Pferd einsetzen“ und stelle sich damit klar gegen die Demokratie. „Diese Partei ist keine Alternative, sondern ein Sicherheitsrisiko für Deutschland.“
AfD spricht von „Hexenjagd“
Stefan Keuter (AfD) sprach von einer „Hexenjagd“. Es fehlten jegliche belastbare Beweise für die Vorwürfe gegen Bystron. Mit der AfD gäbe es eine interessengeleitete Außenpolitik, bezahlbare Energiepreise und ein „friedliches Miteinander auf dem europäischem Kontinent“.
Dass dies der Koalition mit ihrer wertegeleiteten Außenpolitik nicht passe, sei klar. Nun stünden aber Wahlen bevor, und die Ampel werde kopflos und hektisch. „Sie haben uns inhaltlich nichts entgegenzusetzen und deshalb reduzieren Sie Ihre Aktivitäten auf Beschädigungsversuche und Diffamierungen.“
FDP: Bystron nur Spitze des Eisbergs
Konstantin Kuhle (FDP) äußerte die Vermutung, dass der Fall Bystron nur die Spitze des Eisbergs sei. Dafür spräche, dass sich Mitglieder der AfD zu von Russland bezahlten Reisen in besetzte Gebiete in die Ukraine einladen ließen, an Scheinwahl-Beobachtermissionen teilnähmen, Medien-Auftritte in den „Propagandschleudern“ des Kreml absolvierten und bei Partys in der russischen Botschaft ein- und ausgingen.
„Das alles zeigt: Die AfD ist ein integraler Bestandteil der hybriden russischen Kriegsmaschinerie.“ (ahe/11.04.2024)
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TOP 6 Der 30. Jahrestag des Völkermords in Ruanda
Der 30. Jahrestag des Völkermords in Ruanda stand am Donnerstag, 11. April 2024, im Mittelpunkt einer Vereinbarten Debatte. Von April bis Juni 1994 wurden unter den Augen der Weltöffentlichkeit und in Gegenwart einer weitgehend machtlosen Mission der Vereinten Nationen in dem zentralafrikanischen Land an die eine Millionen Menschen ermordet, mehrheitlich Angehörige der Tutsi.
Baerbock: Internationale Gesellschaft hat versagt
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) betonte, dass die internationale Gemeinschaft in Ruanda weggeschaut und damit versagt habe. Auch Deutschland habe das Massaker mit „unüberhörbaren rassistischen Unterton“ kommentiert, „als ginge uns alles nichts an, als ginge es nicht um Menschen.“
Die schmerzhafte Wahrheit sei, dass es bereits lange vor dem April 1994 Alarmsignale gegeben habe, auf die nicht reagiert worden sei. „Für uns, für mich als deutsche Außenministerin, ist die große Lehre aus Ruanda, dass wir Verantwortung tragen – für unser Handeln, genauso wie für unser Nicht-Handeln.“ Diese Lehre hätten zu einem Bewusstseinswandel in Deutschland beigetragen; man habe verstanden, dass man sich einsetzen müsse für eine rechtsstaatliche Welt.
AfD kritisiert europäische Entwicklungshilfe in Afrika
Anders sah es Jürgen Braun von der AfD, der betonte, dass der Westen den Genozid nicht komplett hätte verhindern können. Vorwürfe gegen den Westen von „sogenannten Post-Kolonialisten“ weise er daher zurück.
Braun kritisierte auch das derzeitige Handeln europäischer Staaten gegen Autokratien in Afrika; dieses würde die dortigen Verhältnisse nur „verschlimmbessern“. Die „vermeintliche Schuld“ würden die Europäer durch Entwicklungshilfe lediglich „reinwaschen“ wollen.
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TOP 11 Bekämpfung des Wohnungseinbruchdiebstahls
Die CDU/CSU-Fraktion wollte, dass die für die Bekämpfung des Wohnungseinbruchdiebstahls vorgesehene auf fünf Jahre befristete Möglichkeit zur Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) verlängert wird. Ein entsprechender Gesetzentwurf (20/9720) fand am Donnerstag, 11. April 2024, jedoch keine Mehrheit im Parlament. Gegen die Initiative stimmten die Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP. Die AfD enthielt sich bei der Abstimmung, zu der der Rechtsausschuss eine Beschlussempfehlung (20/10794) vorgelegt hatte.
Gesetzentwurf der Unionsfraktion
Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens (19/14747) seien 2019 zur Bekämpfung des Wohnungseinbruchdiebstahls die Befugnisse der Ermittlungsbehörden im Bereich der Telekommunikationsüberwachung (Paragraf 100a Absatz 2 Nr. 1j der Strafprozessordnung) erweitert worden, hieß es in der Vorlage. Diese Regelungen sollten nun nach dem Willen der Unionsfraktion über den 11. Dezember 2024 hinaus fortbestehen.
Laut der Polizeilichen Kriminalstatistik 2022 seien die registrierten Fälle von Wohnungseinbruchdiebstählen in der Zeit zwischen 2019 und 2021 zurückgegangen, dann aber im Jahr 2022 auf insgesamt 65.908 Taten angestiegen, schrieben die Abgeordneten zur Begründung. Die Aufklärungsquote sei demgegenüber gesunken und habe bei 16,1 Prozent gelegen. „Die Anzahl der Wohnungseinbrüche ist damit bei Weitem zu hoch und die Aufklärungsquote bei Weitem zu gering“, urteilte die Unionsfraktion. (ahe/hau/11.04.2024)
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TOP 10 Reform des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes
Der von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf „eines Zweiten Gesetzes zur Reform des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes“ wurde am Donnerstag, 11. April 2024, in erster Lesung beraten. Im Anschluss an die 40-minütige Debatte wurde der Gesetzentwurf (20/10942) in den federführenden Rechtsausschuss zur weiteren Beratung überwiesen.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz soll reformiert und entfristet werden. Das sieht der von der Bundesregierung vorgelegte „Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Reform des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes“ (20/10942; KapMuG) vor. Das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz stelle insbesondere für Ansprüche wegen falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher Kapitalmarktinformation ein besonderes zivilprozessuales Musterverfahren vor den Oberlandesgerichten bereit, schreibt die Bundesregierung. Tatsachen- oder Rechtsfragen, die sich in mehreren Individualklageverfahren vor den Landgerichten gleichermaßen stellen, würden danach dem Oberlandesgericht vorgelegt und in einem einheitlichen Verfahren verhandelt und entschieden, „wenn Parteien in mindestens zehn dieser Individualverfahren dies beantragen“. Im Anschluss an den Musterentscheid würden die einzelnen Klageverfahren vor den Landgerichten auf dessen Grundlage zu Ende geführt. Grundsätzlich sieht der Entwurf vor, dass das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz „als besondere Verfahrensordnung mit seinem bisherigen Anwendungsbereich“ erhalten bleiben soll, wie es im Entwurf heißt. Ein ersatzloses Auslaufenlassen der bis 31. August 2024 befristeten Regelungen ist aus Sicht der Bundesregierung nicht angezeigt. „Das Musterverfahren hat sich in der Praxis trotz seiner bisherigen Unzulänglichkeiten grundsätzlich als Instrument zur Bewältigung gehäuft auftretender gleichlaufender Klagen mit kapitalmarktrechtlichem Bezug bewährt“, führt der Entwurf dazu aus.
Gegenüber der Rechtslage sieht der Entwurf diverse Änderungen vor. Unter anderem ist geplant, die Oberlandesgerichte in den Verfahren zu stärken. Die Oberlandesgerichte sollten laut Entwurf künftig selbst die sich aus den Ausgangsverfahren ergebenden Feststellungsziele für das Musterverfahren formulieren. „Das Oberlandesgericht wird damit in die Lage versetzt, den Gegenstand des Musterverfahrens nach dem Maßstab der Sachdienlichkeit so zu bestimmen, dass eine effiziente Verfahrensführung bei gleichzeitig möglichst weitgehendem Erhalt der mit dem Musterverfahren bezweckten Bündelung von Verfahren möglich wird“, heißt es in der Begründung. Zudem soll durch die Neuregelung dafür gesorgt werden, den Zeitraum, „bis es von einem Ausgangsverfahren vor dem Landgericht zu einem Musterverfahren beim Oberlandesgericht kommt“, zu verkürzen. Auch die Digitalisierung der Verfahren durch eine digitale Aktenführung ist angestrebt. Ferner soll der Anwendungsbereich des Gesetzes auch auf den Kryptowerte-Handel erweitertet werden. (scr/hau/11.04.2024)
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TOP 12 Versorgung mit Medizinprodukten
Die Unionsfraktion hat einen Antrag mit dem Titel „Versorgung mit Medizinprodukten sicherstellen – Gesundheitswirtschaft nachhaltig stärken“ (20/9735) vorgelegt. Der Antrag wurde am Donnerstag, 11. April 2024, erstmals im Bundestag beraten. Im Anschluss an die Debatte wurde der Antrag zur weiteren Beratung an den federführenden Gesundheitsausschuss überwiesen.
Zügige Zertifizierung der Medizinprodukte
Um Engpässe in der Versorgung mit Medizinprodukten zu vermeiden, hätten Hersteller durch die nun geänderte MDR bis zu vier Jahre mehr Zeit, ihre Produkte auf die neue Verordnung umzustellen, als ursprünglich von der EU-Kommission vorgesehen, heißt es in dem Antrag weiter. So sei eine Verschiebung bis zum 31. Dezember 2027 für risikoreichere Medizinprodukte und für Medizinprodukte mit geringem Risiko bis zum 31. Dezember 2028 erreicht worden.
Die Unionsfraktion fordert unter anderem eine Anpassung der Kapazitäten der benannten Stellen, um eine zügige Zertifizierung der Medizinprodukte zu fördern. Ferner müsse der Bürokratieabbau bei der technischen Dokumentation vorangetrieben und verstärkt auf digitalisierte Prozesse hingewirkt werden. Die fünfjährige Rezertifizierung insbesondere für Produktklassen mit niedrigerem Risiko sollte abgeschafft werden, da sich die Produkte durch die Benannten Stellen ohnehin in beständiger Kontrolle befänden. (pk/ hau/11.04.2025)
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ANTRAG AFD TOP 12 Baukulturbericht 2022/2023
Der Bundestag hat am Donnerstag, 11. April 2024, den Baukulturbericht 2022/23 der Bundesstiftung Baukultur mit Stellungnahme der Bundesregierung (20/4250, 20/4974 Nr.1.1) beraten und in diesem Zuge eine Entschließung verabschiedet (20/10998). Demnach wird die Bundesregierung aufgefordert, die Handlungsempfehlungen des Baukulturberichts 2022/23 bei ihren Maßnahmen zur Förderung von Baukultur, in ihrer Städtebauförder- und Stadtentwicklungspolitik sowie bei der Erstellung baukultureller Leitlinien des Bundes zu berücksichtigen. Auch soll die Regierung unter anderem darauf hinwirken, dass die Bundesstiftung Baukultur in ihrem nächsten Baukulturbericht erforderliche Transformationsprozesse an Infrastrukturen der Daseinsvorsorge, wie Straßen, Brücken, Bahnhöfe, Schulen, Kindertagesstätten oder Behörden in den Fokus stellt.
Die Entschließung wurde mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von CDU/CSU und AfD angenommen. Ein Entschließungsantrag der Unionsfraktion (20/10999) fand keine Mehrheit. Darin forderte die Fraktion, dem Prinzip der „Stadt der kurzen Wege“ als Leitbild der Stadtplanung mehr Nachdruck zu verleihen
Zwei Anträge der AfD wurden im Anschluss an die Debatte in die Ausschüsse überwiesen, wobei der Ausschuss für Stadtentwicklung die Federführung übernimmt. Die Vorlagen tragen die Titel „Identität und baukulturelles Erbe deutscher Städte bewahren – Raum- und Gestaltungsregeln für die Infrastruktur der Energiewende schaffen“ (20/10076) sowie „Für eine lebendige Baukultur – Die europäische Stadt als Gestaltungsrichtgröße stärken“ (20/10970).
Baukulturbericht 2022/23 der Bundesstiftung Baukultur
Die Bundesstiftung Kultur fordert, den Umbau zum neuen Leitbild zu machen. Vielfältig nutzbare Orte, eine belastbare Infrastruktur und attraktive, klimagerechte Lebensräume müssten vorrangige Ziele kommender Planungen sein. „In unseren Städten, Orten und Landschaften müssen bestehende Qualitäten erkannt und als Ausgangspunkt und Inspiration zur Weiterentwicklung nutzbar gemacht werden“, heißt es in dem Bericht.
Es gelte einen „Paradigmenwechsel hin zur Umbaukultur“ einzuläuten. Der Fokus von Politik, Verwaltung, Bauwirtschaft und Öffentlichkeit müsse sich schon aus volkswirtschaftlichen und ökologischen Gründen vom Neubau hin zum Umbau verschieben, wird verlangt. In diesem Paradigmenwechsel lägen Chancen für Klima- und Ressourcenschutz, für ein neues Verständnis von Gestaltung und für Bauwerke, „die auch für kommende Generationen noch wertvoll sind“, schreibt die Bundesstiftung Baukultur.
Gleichzeitig müssten die Strukturen auf die neue Umbaukultur ausgerichtet werden. Nach Jahrzehnten der Fokussierung auf den Neubau gelte es, bestehende Strukturen und Regelwerke aufzubrechen und im Sinne einer Umbaukultur neu auszurichten. Umfangreicher Anpassungsbedarf besteht aus Sicht der Bundesstiftung Baukultur bei den rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen genauso wie bei eingeübten Abläufen in Verwaltung und Baubranche.
Erster Antrag der AfD
Die AfD-Fraktion fordert die „Schaffung von Raum- und Gestaltungsregeln für die Infrastruktur der Energiewende“.
In ihrem ersten Antrag verlangen die Abgeordneten von der Bundesregierung, unter anderem eine Unterrichtung über zu erwartende Auswirkungen vorzulegen, die im Zusammenhang mit dem Ausbau des oberirdischen Fernwärmenetzes, dem Ausbau der Photovoltaik, der Platzierung von oberirdisch sichtbaren Wärmepumpen und Balkonkraftwerken, der Aufstellung von Elektroladeinfrastruktur, der Bereitstellung von gewerblichen Miet-Elektrorollern und Miet-Elektrofahrrädern in Stadt- und Siedlungsräumen entstehen könnten.
Zweiter Antrag der AfD
In ihrem Antrag mit dem Titel „Für eine lebendige Baukultur – Die europäische Stadt als Gestaltungsrichtgröße stärken“ fordert die AfD-Fraktion die „Erarbeitung, Definition und gesetzliche Verankerung eines aktiven und schöpferischen Umgangs mit dem Baukulturerbe und der europäischen Stadt“.
Dazu solle der Gesetzgeber zusammen mit verschiedenen Akteuren, wie den Bundesländern, Stadtplanern, Architekten und Stadtbewohnern, über Fragen zur „europäischen Stadt“ und über das Baukulturerbe beraten. (hau/nki/ste/11.04.2024)
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TOP 15 Verbesserung des Klimaschutzes beim Immissionsschutz
Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz hat den Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Verbesserung des Klimaschutzes beim Immissionsschutz, zur Beschleunigung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren und zur Umsetzung von EU-Recht“ (20/7502) bisher nicht beraten. Das geht aus einem Bericht des Ausschusses (20/10698) hervor, den der Bundestag am Donnerstag, 11. April 2024, beraten hat.
Paragraf 62 Absatz 2 der Geschäftsordnung sieht vor, dass zehn Sitzungswochen nach Überweisung einer Vorlage eine Fraktion oder fünf vom Hundert der Mitglieder des Bundestages verlangen können, „dass der Ausschuss durch den Vorsitzenden oder Berichterstatter dem Bundestag einen Bericht über den Stand der Beratungen erstattet“. Wenn sie es verlangen, ist der Bericht auf die Tagesordnung des Bundestages zu setzen.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Mit dem Gesetzentwurf soll das Genehmigungsverfahren immissionsschutzrechtlicher Anlagen, insbesondere auch von Erneuerbarer Energien-Anlagen, deutlich beschleunigt werden. So soll künftig unter anderem eine Verlängerung der Genehmigungsfristen durch die Behörde nicht mehr unbeschränkt möglich sein. Der Entwurf trage damit dazu bei, die im Bundes-Klimaschutzgesetz festgelegte Klimaneutralität zu erreichen, heißt es.
Hierzu seien verschiedene Anpassungen im Bundes-Immissionsschutzgesetz und der Verordnung zur Durchführung des Genehmigungsverfahrens (9. BImSchV) vorgesehen. Beispielsweise solle Anlagenbetreibern das Nachreichen von Unterlagen im Genehmigungsverfahren erleichtert werden und eine Verlängerung der Genehmigungsfristen durch die Behörde nicht mehr unbeschränkt möglich sein. Daneben würden vor allem auch das Repowering erleichtert und die Rolle des Projektmanagers gestärkt.
Ein Hauptanliegen ist laut Bundesregierung der schnellere Ausbau von Windenergieanlagen an Land und grünen Elektrolyseuren. Durch die Aufnahme des „Klimas“ als Schutzgut in das Bundes-Immissionsschutzgesetz werde zudem klargestellt, dass die auf Grundlage dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen auch Regelungen zum Schutz des Klimas enthalten können. Dies bringe Rechtssicherheit. Daneben diene das Vorhaben der Umsetzung einzelner Vorgaben der Industrieemissions-Richtlinie (2010/75/EU). Zu dem Gesetzentwurf hatte der Umweltausschuss am 20. September 2023 eine öffentliche Expertenanhörung durchgeführt.
Stellungnahme des Bundesrates
Der Bundesrat sieht einzelne geplante Regelungen kritisch und schlägt Änderungen vor. Dies gilt etwa für die Aufnahme des Klimas als Schutzgut: In seiner Stellungnahme, die dem Gesetzentwurf anhängt, merkt die Länderkammer an, dass die Anforderungen, welche im immissionsschutzrechtlichen Verfahren hinsichtlich des neuen Schutzgutes an die Anlage gestellt werden, nicht klar seien und konkretisiert werden müssten.
Einer Forderung, der die Bundesregierung jedoch nicht nachkommen will: In ihrer Gegenäußerung erwidert sie, dass die Aufnahme des Klimaschutzes in die Zweckbestimmung des Gesetzes der Klarstellung diene. Damit werde die Rechtsgrundlage für künftige konkretisierende Rechtsverordnungen nach Paragraf 7 Bundes-Immissionsschutzgesetz geschaffen, „die gemeinsam mit den Ländern zu erarbeiten und mit Zustimmung des Bundesrates zu erlassen sein werden“. (hau/sas/ste/11.04.2024)
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TOP 16 Unterstützung bei Heizkostennachforderungen
Ein Antrag der Gruppe Die Linke mit dem Titel „Heizkostennotfallplan auflegen – Mieterinnen und Mieter sofort bei Heizkostennachforderungen unterstützen“ (20/10461) war am Donnerstag, 11. April 2024, Gegenstand einer Bundestagsdebatte. Die Vorlage wurde zur weiteren Beratung in den federführenden Ausschuss für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen überwiesen.
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TOP 17 Besserstellungsverbot in gemeinnütziger Forschung
Die CDU/CSU wollte die „Flexibilisierung des Besserstellungsverbotes für gemeinnützige Forschungseinrichtungen ermöglichen“ (20/7589). Ein entsprechender Antrag erhielt am Donnerstag, 11. April 2024, jedoch keine Mehrheit im Parlament. Gemäß einer Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung (20/10087) votierten die Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP gegen die Vorlage. Die AfD votierte für die Unionsinitiative.
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TOP 18 deutsche Arktis-Strategie
Die deutsche Arktispolitik war am Donnerstag, 11. April 2024, Thema einer Bundestagsdebatte. Grundlage waren ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Eine deutsche Arktis-Strategie angesichts geostrategischer Herausforderungen“ (20/10971) sowie ein Antrag der AfD, in dem die Fraktion fordert, „Deutschlands Interessen in der Arktis neu auszurichten“ (20/10972). Beide Anträge wurden im Anschluss an die Aussprache in den Auswärtigen Ausschuss überwiesen.
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12. April 2024 (164. Sitzung)
TOP 8 Bildungsgerechtigkeit
Der Bundestag hat am Freitag, 12. April 2024, grünes Licht für den Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Anpassung von Datenübermittlungsvorschriften im Ausländer- und Sozialrecht“ (DÜV-AnpassG, 20/9470, 20/10016, 20/10131 Nr. 1.22, 20/11019) gegeben. Damit stimmte das Parlament auch für die bundesrechtliche Absicherung zur Einführung einer Bezahlkarte für Asylsuchende.
Mit dieser Karte sollen Asylsuchende künftig ihren monatlichen persönlichen Bedarf decken. Nach den Vorstellungen der Koalitionsfraktionen sollen die Kommunen dadurch von Bürokratie entlastet werden. Der Ausschuss für Inneres und Heimat hatte über ein sogenanntes Omnibusverfahren zuvor entsprechende Änderungen am Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) beschlossen (20/11006). Für den dergestalt geänderten Gesetzentwurf stimmten die Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und AfD sowie die Gruppe BSW. Die CDU/CSU und die Gruppe Die Linke votierten gegen das Gesetz.
Mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen abgelehnt hat das Parlament hingegen zwei Vorlagen der Union zur Einführung einer Bezahlkarte bei Asylleistungen (20/10722, 20/8729). Die AfD votierte für die Initiativen der CDU/CSU. Zur Abstimmung hatte der Ausschuss für Arbeit und Soziales Beschlussempfehlungen (20/11005) abgegeben.
Regelungen zur Bezahlkarte
Mit dem Gesetz wird die Option einer Bezahlkarte, also einer guthabenbasierten Karte, explizit ins AsylbLG aufgenommen, neben bereits bestehenden Regelungen zu Geld- oder Sachleistungen. Die Bundesländer können zwar auch in eigener Verantwortung eine solche Bezahlkarte einführen und tun dies teilweise auch schon. Sie hatten jedoch auf eine bundesweit einheitliche Regelung gepocht, um die Bezahlkarte rechtlich besser abzusichern. Ob sie die Karte einführen und wie sie die Nutzung konkret ausgestalten, bleibt dem Entwurf zufolge den Bundesländern überlassen, um den „individuellen Bedürfnissen und Umständen vor Ort“ gerecht werden zu können. Es ist also den Leistungsbehörden auch möglich, sich im Rahmen der Ermessensausübung im Einzelfall gegen den Einsatz der Karte zu entscheiden.
Dies könne etwa bei Leistungsberechtigten der Fall sein, die Einkommen aus Erwerbstätigkeit, Aubildungsvergütung oder BAföG auf ein eigenes Girokonto erhalten, so dass eine Überweisung von aufstockenden AsylbLG-Leistungen auf dieses Konto zweckmäßiger sei, schreiben die Koalitionsfraktionen. Neu ist außerdem, dass, wenn einzelne Bedarfe des monatlichen Regelbedarfs nach dem SGB XII (Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch) nicht über eine Bezahlkarte gedeckt werden können, diese als Geldleistung erbracht werden sollen.
Über die Höhe des auf der Karte verfügbaren Betrages sollen die Behörden in den Kommunen selbst entscheiden. Unter anderem über den Betrag von 50 Euro, der in einigen Modellprojekten der Länder als Guthaben auf der Karte festgelegt wurde, hatte es zuletzt immer wieder Diskussionen gegeben.
CDU/CSU: Grüne bleiben Geisterfahrer
Die Debatte im Bundestag verlief keineswegs nach dem Motto: Ende gut, alles gut. Das Thema birgt auch nach dem Beschluss viel Konfliktpotenzial. Insbesondere die Grünen mussten sich heftige Vorwürfe gefallen lassen. So kritisierte Stephan Stracke (CDU/CSU), wie in den Debatten zuvor, die Grünen heftig.
„In der Migrationspolitik bleiben die Grünen Geisterfahrer“, sie stünden nicht hinter den Zielen der Bezahlkarte. Es gehe der Partei nur darum, Migrationsströme zu managen, „uns geht es aber um eine klare Begrenzung und Ordnung der Migration“, sagte er.
AfD: Sozialleistungen begrenzen, wo es nur geht
Der AfD-Abgeordnete Norbert Kleinwächter warf den Grünen und der Koalition insgesamt vor: „Sie tun so, als gehörten Sozialleistungen zum Ausländerdasein dazu. Das ist aber nicht so, denn es sind deutsche Steuergelder. Deswegen dürfen wir Sozialleistungen für Ausländer nicht systematisieren, sondern müssen sie begrenzen, wo es nur geht.“
Regierung: Wir setzen um, woran andere gescheitert sind
Dem widersprach nicht nur Bundesinnenministerin Nancy Faser (SPD): „Woran andere gescheitert sind, was 16 Jahre lang Bundesinnenminister der CDU nicht geschafft haben, das setzen wir um.“
Die Regierung habe nicht nur die Bezahlkarte beschlossen, sondern auch ein Gesetz für schnellere Abschiebungen und auf europäischer Ebene für einen Asylkompromiss gerungen.
SPD: Es gibt nicht nur einen Pull-Faktor
Rasha Nasr (SPD) sagte, Grüne und SPD leugneten nicht die Pull-Faktoren. Es sei jedoch falsch, wie Union und AfD so zu tun, als gebe es nur den einen entscheidenden Pull-Faktor, nämlich Sozialleistungen.
„Weder ist die Bezahlkarte die Lösung für alles, noch schafft sie das Grundrecht auf Asyl ab“, mahnte Nasr zu Sachlichkeit. Sie verteidigte die gefundene Lösung als „pragmatisch“, sie gebe den Behörden vor Ort genügend Ermessensspielraum und ermögliche nun auch Direktzahlungen für Strom und Miete.
Grüne: Wir ermöglichen gesellschaftliche Teilhabe
Andreas Audretsch (Bündnis 90/Die Grünen) warf Union und AfD vor, „komplett die andere Seite der Debatte zu ignorieren“. Wenn, wie im Bundestag zuvor geschehen, die AfD „Brot, Bett und Seife“ für Asylsuchende fordere, sei eine Grenze überschritten: „Das werden wir nie zulassen!“, betonte er.
Mit der Klarstellung, dass die Kommunen vor Ort das Existenzminimum zu garantieren haben, sei es nun „ausgeschlossen, dass Menschen von der gesellschaftlichen Teilhabe ausgeschlossen werden.“
FDP: Kommunen werden entlastet
Stephan Thomae (FDP) hob die Entlastung der Kommunen hervor, da sich am Monatsende nun nicht mehr lange Schlangen vor den Ausgabestellen der Leistungsbehörden bilden würden.
Er habe aber eigentlich nie verstanden, wo das Problem mit der Bezahlarte liege, weil diese rechtlich schon längst möglich sei. Da es aber offenbar das Bedürfnis nach Rechtsklarheit gegeben habe, sei diese bundesweite Regelung nun eine „gute Sache“.
Linke und BSW kritisieren Migrationspolitik
Clara Bünger (Gruppe Die Linke) kritisierte die Debatte um die Bezahlkarte generell als vorurteilsbehaftet: Die AsylbLG-Leistungen lägen unter dem Existenzminimum. „Die Idee, dass Asylsuchende nichts anderes zu tun haben, als große Geldbeträge ins Ausland zu transferieren, ist doch total absurd.“
Für die Gruppe BSW warf Alexander Ulrich Grünen und SPD vor, die Existenz von Pull-Faktoren zu leugnen und trotz Bezahlkarte bei anderen migrationspolitischen Fragen nicht konsequent genug zu ein.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Mit dem Gesetz soll im Übrigen der digitale Datenaustausch zwischen Ausländerbehörden und den für die Sicherung des Existenzminimums zuständigen „Leistungsbehörden“ verbessert werden. Zugleich sollen die Behörden durch eine möglichst automatisierte Datenübermittlung über das Ausländerzentralregister (AZR) „von den zahlreichen standardmäßigen manuellen Abfragen“ entlastet und zugleich etwaigem Leistungsmissbrauch vorgebeugt werden, wie die Bundesregierung in der Begründung ausführt. Danach werde mit dem Gesetz zudem die Erfüllung der Verpflichtung aus der EU-„Migrationsstatistik-Verordnung“ zur Erfassung des Leistungsbezuges von Geflüchteten ermöglicht.
Künftig sollen der Vorlage zufolge bestimmte Daten zu existenzsichernden Leistungen – und zwar solche zur zuständigen Leistungsbehörde, dem Bezugszeitraum und zur Art der Leistung – im AZR abgebildet werden und den Ausländerbehörden, dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) und den Leistungsbehörden zum Abruf zur Verfügung stehen. Voraussetzung dafür sei die automatisierte und unverzügliche Übertragung dieser Daten an das AZR durch die für die Sicherung des Existenzminimums zuständigen Stellen nach dem Zweiten, dem Achten und dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch, dem Unterhaltsvorschussgesetz und dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).
Digitaler Datenaustausch
Die Abrufmöglichkeit von Daten zu existenzsichernden Leistungen über das AZR führe dazu, „dass die bei der Leistungsgewährung beteiligten Leistungsbehörden bei ihrer Entscheidung anderweitig gewährte Leistungen berücksichtigen können“, schreibt die Bundesregierung weiter. Im Wesentlichen würden „im Leistungsbereich bestehende Datenübermittlungsverpflichtungen“ künftig automatisiert beziehungsweise digitalisiert über das AZR erfolgen, damit Einzelfallrecherchen und Anfragen zu diesen personenbezogenen Daten künftig nicht mehr erforderlich sind.
In Fällen, bei denen die Erteilung eines Aufenthaltstitels von einer Verpflichtungserklärung zur Übernahme der Ausreisekosten des Ausländers abhängt, soll Ausländerbehörden und Auslandsvertretungen durch eine Anpassung der Rechtslage ermöglicht werden, die Bonität des Verpflichtungsgebers prüfen zu können. So soll zum Zwecke der Bonitätsprüfung des Verpflichtungsgebers eine Recherche im AZR möglich sein, wie viele Verpflichtungserklärungen er bereits abgegeben hat und ob im jeweiligen Fall öffentliche Mittel aufgewendet werden mussten, weil seine Inanspruchnahme nicht möglich war. Dadurch werde die Prüfung von Verpflichtungserklärungen und damit die Erteilung von Visa erheblich vereinfacht, heißt es in der Begründung.
Stellungnahme des Bundesrats
In seiner Stellungnahme zu dem Regierungsentwurf äußerte der Bundesrat (20/10016) eine Reihe von Änderungsvorschlägen, denen die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung nur zum Teil zustimmte. So bat der Bundesrat unter anderem, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, „ob unter Beachtung datenschutzrechtlicher Vorgaben das AZR-Gesetz dahingehend ertüchtigt werden kann, dass auch Daten zur Krankenversicherung oder Krankenversorgung eingetragen, gespeichert und abgerufen werden können“.
Wie die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung schrieb, hatte sie den Vorschlag geprüft und stimmt ihm nicht zu. Die geforderte Verarbeitung der sensiblen personenbezogenen Daten zur Krankenversicherung oder Krankenversorgung begegne neben datenschutzrechtlichen auch verfassungs- und europarechtlichen Bedenken, führte sie zur Begründung aus.
Gesetzentwurf der Union
Die Unionsfraktion verwies in ihrem vom Plenum angelehnten Gesetzentwurf zur „rechtssicheren Einführung einer Bezahlkarte im Asylbewerberleistungsgesetz“ auf die Besprechungen von Bund und Ländern vom 6. November 2023, bei denen Einigkeit darüber bestanden habe, Barauszahlungen an Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG weiter einzuschränken und damit den Verwaltungsaufwand bei den Kommunen zu minimieren. Hierzu sollten bundesweit Leistungen durch die Ausgabe von Bezahlkarten gewährt werden können. Notwendigen gesetzlichen Anpassungsbedarf im AsylbLG wollte die Bundesregierung zeitnah auf den Weg bringen, schrieb die Fraktion und kritisierte, dass dies bisher nicht geschehen sei.
Das AsylbLG sollte nach dem Vorschlag der Abgeordneten so geändert werden, dass unabhängig von der Form der Unterbringung die Leistungserbringung auch in Form einer Bezahlkarte möglich sein soll. Angesichts des aktuellen Zustroms von Asylbewerbern, der die Kommunen überfordere, sei es angezeigt, Leistungen nach dem AsylbLG in Form von Sachleistungen oder mittels Bezahlkarte zu erbringen. Werde hiervon nicht hinreichend Gebrauch gemacht, sollte in Zukunft ein entsprechender Vorrang im AsylbLG festgeschrieben werden, „um Anreize für die ungesteuerte Asylmigration nachhaltig zu verringern“, schrieb die CDU/CSU-Fraktion.
Antrag der Union
In ihrem abgelehnten Antrag forderte die CDU/CSU-Fraktion die Abkehr von der bisherigen Praxis der Bargeldauszahlung im System des AsylbLG. Stattdessen sollte „das Sachleistungsprinzip konsequent umgesetzt werden“, lautete die zentrale Forderung der Unionsabgeordneten. „Die hohen Sozialleistungen für Asylbewerber sind ein Grund, der dazu beiträgt, dass übermäßig viele Geflüchtete einen Aufenthalt in Deutschland gegenüber einem Aufenthalt in einem anderen EU-Mitgliedstaat bevorzugen. Um Anreize zu verringern, ohne die Leistungshöhe für Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG abzusenken, sollten Bargeldzahlungen von Leistungen so weit wie möglich vermieden werden“, schrieben sie in dem Antrag weiter.
Die Fraktion forderte von der Bundesregierung einen Gesetzentwurf, der die Einführung einer bundesweit einheitlichen Bezahlkarte für all jene regelt, die Leistungen nach dem AsylbLG erhalten. Diese sollte von allen Bundesländern gleichermaßen verwendet werden. Die Bezahlkarte sollte dabei technisch ausschließlich für Zahlungen innerhalb Deutschlands verwendet werden können. „Der Einsatzbereich muss auch darüber hinaus innerhalb Deutschlands eingeschränkt werden können, insbesondere, um den Einsatz auf die notwendigen Bedarfe des täglichen Lebens zu beschränken“, schrieben die Abgeordneten. Für die Nutzung von bestimmten Unternehmen, wie beispielsweise Glückspielanbieter, sollte sie gesperrt werden. Bargeldabhebungen mit der Bezahlkarte sollten bis maximal 50 Euro pro Monat möglich sein. (sto/che/ste/12.04.2024)
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TOP 8 Bekämpfung von Antisemitismus
Ein halbes Jahr nach den Angriff der palästinensischen Terrororganisation Hamas auf Israel vom 7. Oktober vergangenen Jahres hat der Bundestag am Freitag, 12. April 2024, erneut über Maßnahmen zur Bekämpfung von Antisemitismus debattiert. Zwei Gesetzentwürfe, die die Union zum Thema eingebracht hatte, wurden im Anschluss an die Debatte mehrheitlich abgelehnt. Ihr erster Entwurf „zur Änderung des Strafgesetzbuches zur Bekämpfung von Antisemitismus, Terror, Hass und Hetze“ (20/9310) fand bei keiner anderen Fraktion Unterstützung. Der zweite „zur Beendigung des Aufenthalts und Verhinderung der Einbürgerung antisemitischer Ausländer“ (20/9311) wurde bei Enthaltung der AfD mit dem ansonsten identischen Stimmverhältnis abgelehnt. Zur Abstimmung hatten der Rechtsausschuss (20/11003) respektive der Ausschuss für Inneres und Heimat (20/10996) Beschlussempfehlungen abgegeben.
Zwei Anträge der Union mit den Titel „Historische Verantwortung wahrnehmen – Jüdisches Leben in Deutschland schützen“ (20/10984) und „Nie wieder ist jetzt – Antisemitismus an Schulen, Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen mit aller Kraft bekämpfen“ (20/10973) wurden im Anschluss an die Debatte in die Ausschüsse überwiesen. Die erste Vorlage wird im federführenden Innenausschuss beraten, die zweite im federführenden Bildungsausschuss.
Fraktionen diskutieren über Vorlagen
In der Debatte riefen Vertreter der Koalitionsfraktionen die Union auf, sich an einem gemeinsamen Antrag mit SPD, Grünen und FDP zu beteiligen. Redner der CDU/CSU-Fraktion hielten der Koalition im Gegenzug vor, sie habe sich in den vergangenen Wochen nicht auf eine gemeinsame Linie verständigen können. Günter Krings (CDU/CSU) betonte, dass seine Fraktion selbstverständlich weiterhin zu Gesprächen über einen gemeinsamen Antrag bereitstehe, „wenn denn die Konsensfindung in der Ampel abgeschlossen ist“.
Dirk Wiese (SPD) sprach von einem „Alleingang“ der Unions-Fraktion, der der Relevanz des Themas nicht gerecht werde. Der Schutz jüdischen Lebens sei eine Aufgabe, die man parteiübergreifend zur Staatsräson erklärt habe. Ziel der Koalition sei es, als Zeichen der Geschlossenheit einen fraktionsübergreifenden Antrag zu beschließen und nicht lediglich die Vorlage einer Fraktion. Lamya Kaddor (Bündnis 90/Die Grünen) betonte, die Union dürfe den „interfraktionellen Weg“ bei diesem fundamentalen Thema nicht verlassen. Die jüdische Gemeinschaft erwarte zu Recht, dass man sich hier „als demokratische Fraktionen dieses höchsten Hauses des Landes“ zu einer gemeinsamen Position zusammenraufe. Dazu liege seit Montag ein „geeinter Ampel-Antrag“ vor.
Linda Teuteberg (FDP) sagte, die Koalition sehe sich verpflichtet, an einem gemeinsamen Antrag mit der Union zu dem Thema zu arbeiten, und stehe für entsprechende Gespräche bereit. Götz Frömming (AfD) hob hervor, dass seine Fraktion bereits vor drei Jahren einen Antrag zur Bekämpfung von Antisemitismus vorgelegt habe, der jedoch von den anderen Fraktionen abgelehnt worden sei.
Gesetzentwürfe der Union
Mit dem ersten abgelehnten Entwurf (20/9310) reagierte die Union der Vorlage zufolge auf den Anschlag der palästinensischen Terrororganisation Hamas in Israel am 7. Oktober 2023, der die Bedrohungslage für jüdische Bürger auch in Deutschland verschärfe. Es sei unerträglich und nicht hinnehmbar, dass der Hamas-Terrorismus und Antisemitismus bejubelt und propagiert, auf Demonstrationen das Existenzrecht Israels öffentlich geleugnet beziehungsweise zur Zerstörung des Staates Israel aufgerufen wird. Wie die Fraktion schrieb, weist das StGB diesbezüglich Schutzlücken auf. Im Einzelnen handele es sich hierbei um Landfriedensbruch, Sympathiewerbung und Volksverhetzung.
Dem zweiten Entwurf (20/9311) zufolge sollten „zum besseren Schutz vor einer weiteren Verfestigung und Ausbreitung eines aus dem Ausland ‚zugewanderten‘ Antisemitismus“ Änderungen im Aufenthalts-, Asyl- und Staatsangehörigkeitsrecht vorgenommen werden. So wollte die Fraktion unter anderem im Aufenthaltsrecht einen neuen Paragrafen einführen, demzufolge eine antisemitische Straftat in der Regel die Ausweisung nach sich zieht.
Erster Antrag der Union
Die CDU/CSU-Fraktion dringt in ihrem ersten Antrag auf ein umfangreiches Maßnahmenpaket zur Bekämpfung von Antisemitismus und zum Schutz jüdischen Lebens in Deutschland. Die Abgeordneten fordern zugleich die Bundesregierung auf, innerhalb der internationalen Organisationen und der Europäischen Union mit Nachdruck dafür einzutreten, „dass der Staat Israel, sein legitimes Recht auf Selbstverteidigung sowie der Kampf gegen den Terror geschlossen und solidarisch unterstützt werden“.
Auch soll sich die Bundesregierung dem Antrag zufolge mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln für die Freilassung der von der Hamas bei ihrem Terrorangriff auf Israel am 7. Oktober 2023 in den Gazastreifen verschleppten Geiseln einsetzen sowie „für eine Lösung des Nahostkonflikts auf Grundlage der Zweistaatenlösung unter vollumfänglicher Wahrung israelischer Sicherheitsinteressen“.
Zudem soll die Bundesregierung nach dem Willen der Fraktion Israel „auf Anforderung und unter Berücksichtigung bereits eingegangener internationaler Verpflichtungen“ militärisch – vor allem sanitätsdienstlich, logistisch, mit Aufklärungsmitteln beziehungsweise -ergebnissen und maritimen Fähigkeiten – unterstützen und das Land von exportkontrollrechtlichen Vorschriften für Drittstaaten insbesondere bei Rüstungsgütern ausnehmen.
„Umfassendes Sanktionsregime gegen den Iran“
Zugleich plädiert die Fraktion dafür, innerhalb der EU „ein umfassendes Sanktionsregime gegen den Iran und die mit ihm verbundenen Terrororganisationen zu entwickeln“ und durchzusetzen sowie sämtliche Finanzaktivitäten terroristischer Gruppierungen in Deutschland zu unterbinden. Daneben soll die Bundesregierung laut Vorlage mit Ausnahme international abgestimmter humanitärer Hilfen alle direkten und indirekten Zahlungen der EU in die palästinensischen Gebiete stoppen und einer „nachvollziehbaren kritischen Prüfung“ unterziehen sowie die bilaterale staatliche und nichtstaatliche Entwicklungszusammenarbeit mit dem Gazastreifen bis zum Abschluss der Überprüfung und Umsetzung erforderlicher Maßnahmen aussetzen.
Ferner wird die Bundesregierung in dem Antrag aufgefordert, ein Betätigungs- oder Organisationsverbot der „antisemitischen BDS-Bewegung“ in Deutschland zu prüfen und auf eine Schließung des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH) und weiterer Zentren hinzuwirken, „die als verlängerte Arme des iranischen Mullah-Regimes bewertet werden“. Des Weiteren spricht sich die Fraktion dafür aus, in den Integrationskursen dem Thema „Antisemitismus“ einen hohen Stellenwert einzuräumen und „zu verdeutlichen, dass Antisemitismus in jeglicher Form mit unserem demokratischen Grundverständnis unvereinbar ist“.
Strafrechtliche Ahndung antisemitischer Äußerungen
Ebenso soll die Bundesregierung dem Antrag zufolge einen Gesetzentwurf vorlegen, mit dem „wesentliche, bei den jüngsten antisemitischen Hassdemonstrationen offen zutage getretene Strafbarkeitslücken geschlossen werden“. Dies betreffe insbesondere die verstärkte strafrechtliche Ahndung antisemitischer Äußerungen und der Terrorunterstützung, heißt es in der Vorlage weiter.
Darüber hinaus fordert die Fraktion von der Bundesregierung Gesetzentwürfe zum Staatsangehörigkeitsrecht, um die Einbürgerung von Antisemiten und Hamas-Unterstützern zu unterbinden, sowie zum Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft, „sofern bei Personen mit mindestens einer weiteren Staatsangehörigkeit im Zusammenhang mit einer strafrechtlichen Verurteilung antisemitische Einstellungen festgestellt wurden“. Ferner macht sie sich für Anpassungen des Ausländerrechts stark, „damit eine antisemitische Straftat in der Regel zur Ausweisung und eine entsprechende Verurteilung auch zum Verlust eines etwaigen humanitären Schutzes in Deutschland führt“.
Zudem tritt die Fraktion dafür ein, „die strategische und militärische Partnerschaft zwischen der Bundeswehr sowie den israelischen Streitkräften weiterzuentwickeln“ und dazu etwa die gemeinsame Durchführung von Übungen zu intensivieren und die Rüstungskooperation zu verstärken. Zu ihren weiteren Forderungen zählen unter anderem die Intensivierung des Jugendaustausches zwischen Deutschland und Israel sowie die Gründung eines Deutsch-Israelischen-Jugendwerks noch in diesem Jahr.
Zweiter Antrag der Union
In ihrem zweiten Antrag verurteilt die Fraktion Antisemitismus an Schulen, Hochschulen, Wissenschaftseinrichtungen und allen anderen Orten in Deutschland als „völlig inakzeptabel“. Die Gesellschaft als Ganzes samt den in ihrem Auftrag agierenden Institutionen sei gefordert, „jüdisches Leben mit aller Kraft zu schützen“ und Antisemitismus in jedweder Ausprägung den Nährboden zu entziehen. „Jüdinnen und Juden müssen in Deutschland sicher und angstfrei leben können“, heißt es in dem Antrag weiter.
Die Bundesregierung wird in der Vorlage aufgefordert, im Rahmen der Kultusministerkonferenz (KMK) oder der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) ein gemeinsames Verständnis zu erreichen, dass Hochschulgesetze so angepasst werden, dass Täter nach einer Verurteilung wegen einer Gewalttat oder wegen Drohung mit Gewalt gegenüber Kommilitonen exmatrikuliert werden können. Regelmäßig müsse damit eine vorläufige Suspendierung vom Studium einhergehen. Ebenso müsse ein gemeinsames Verständnis dazu erreicht werden, dass als Reaktion auf solche Taten oder auf Störungen von Vorlesungen, Vorträgen oder sonstigen Veranstaltungen unverzüglich und wirksam mittels Strafanzeige und Hausverbot gegen die Störer vorgegangen wird.
Auch soll die Bundesregierung dem Antrag zufolge im Zuge der Weiterentwicklung der Exzellenzstrategie von Bund und Ländern in den Bewertungskriterien ein konsequentes Vorgehen gegen Antisemitismus verankern. Universitäten, die nicht konsequent gegen Antisemitismus vorgehen, sollen nach dem Willen der Fraktion nicht mit Bundesmitteln gefördert werden dürfen.
Deutsch-israelischer Austausch
Ferner plädiert die Fraktion dafür, unter Federführung der Kultusministerkonferenz und unter Beteiligung aller relevanter Akteure einen Runden Tisch zur Bekämpfung von Antisemitismus in Bildung, Wissenschaft und Forschung einzurichten. In diesem Rahmen sollen laut Vorlage Empfehlungen zur Weiterentwicklung der staatlichen Maßnahmen gegen Antisemitismus erarbeitet und umgesetzt werden. Des Weiteren fordert die Fraktion die Bundesregierung auf, gemeinsam mit den Ländern und im Schulterschluss mit den Mitgliedern der Allianz der Wissenschaftsorganisationen darauf hinzuwirken, dass Aktivitäten der „Boycott, Divestment and Sanctions“-Bewegung (abgekürzt BDS) in Bildung, Wissenschaft und Forschung wirksam unterbunden werden sowie Unterstützer der BDS-Bewegung in deutschen Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen keinen Platz haben.
Zudem soll die Bundesregierung dem Antrag zufolge die Einrichtung eines Instituts für jüdische Gegenwartsforschung sowie Israel Studies unterstützen und darauf hinwirken, dass der deutsch-israelische Austausch von Schülern sowie Auszubildenden und Studierenden insbesondere durch Schul- und Städtepartnerschaften vertieft wird. Darüber hinaus soll die Bundesregierung nach dem Willen der Fraktion unter anderem gemeinsam mit den Ländern darauf hinwirken, dass alle Schüler in Deutschland „verpflichtend mit ausführlicher Vor- und Nachbereitung mindestens einmal im Laufe ihrer Schulzeit eingebettet in den Unterricht ein ehemaliges Konzentrationslager der NS-Diktatur besucht haben“. (sto/ste/12.04.2024)
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ANTRAG AfD: ZP 15 Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag
Der Bundestag hat am Freitag, 12. April 2024, den Plänen der Bundesregierung für ein „Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag und zur Änderung weiterer Vorschriften“(20/9049) in einer vom Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geänderten Fassung (20/11004) zugestimmt. Mit dem Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) möchte die Koalition einen Kerngedanken des Grundgesetzes, den Schutz der geschlechtlichen Identität, umsetzen, indem Menschen künftig die Möglichkeit haben sollen, ihren Geschlechtseintrag und ihren Vornamen diskriminierungsfrei ändern zu können. Für die Vorlage votierten in namentlicher Abstimmung 374 Abgeordnete, dagegen 251. Es gab elf Enthaltungen.
Keine Mehrheit fand hingegen ein Entschließungsantrag, den Die Linke zu dem Regierungsentwurf eingebracht hatte (20/11029). Darin kritisieren die Abgeordneten, die Vorlage drücke „ein Misstrauen“ gegen bereits diskriminierte Personengruppen aus und fordern zum Beispiel einen Entschädigungsfonds, der es trans- und intergeschlechtlichen Menschen ermöglicht, „Entschädigungsleistungen für die erheblichen Grundrechtsverstöße in der Vergangenheit“ zu erhalten.
Schutz der geschlechtlichen Identität
Mit dem Gesetz sollen volljährige Menschen ihren Geschlechtseintrag (männlich, weiblich, divers oder keine Angabe) und ihre Vornamen künftig per Selbstauskunft beim Standesamt ändern können. Dies soll nun für trans- und intergeschlechtliche sowie nichtbinäre Personen einheitlich geregelt werden, also nicht mehr in zwei verschiedenen Gesetzen mit unterschiedlichen Voraussetzungen.
Die Änderung des Geschlechtseintrags muss drei Monate vorher beim Standesamt angemeldet werden. Nach der Änderung soll für eine erneute Änderung eine Sperrfrist von einem Jahr gelten. Damit soll verhindert werden, dass Entscheidungen übereilt getroffen werden. Für Minderjährige bis 14 Jahre gilt: Nur die Sorgeberechtigten können die Änderungserklärung gegenüber dem Standesamt abgeben. Ab dem Alter von 14 Jahren können es die Minderjährigen selber tun, benötigen aber die Zustimmung der Sorgeberechtigten. Diese dürfen nicht über den Kopf des Minderjährigen hinweg einen Geschlechtseintrag ändern, in einem solchen Streitfall würde ein Familiengericht nach Maßgabe des Kindeswohls entscheiden.
Änderungen bei Vorgaben zur Beratungspflicht
Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hatte dem Gesetzentwurf in seiner Sitzung am Mittwoch, 10. April 2024, mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP und der Gruppe Die Linke in geänderter Fassung zugestimmt. Die nachträglichen Änderungen beziehen sich unter anderem auf Vorgaben zur Beratungspflicht. So soll die Versicherung einer beschränkt geschäftsfähigen minderjährigen Person, die das 14. Lebensjahr vollendet hat, auch die Erklärung enthalten, dass sie beraten worden ist. Vor Vollendung des 14. Lebensjahres muss die Versicherung des gesetzlichen Vertreters eine Erklärung über die Beratung enthalten.
Für die Erklärung zur Änderung des Geschlechtseintrags des gesetzlichen Vertreters einer minderjährigen Person, die geschäftsunfähig ist oder das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, soll außerdem das Einverständnis des Kindes, wenn es das fünfte Lebensjahr vollendet hat, nötig sein. Deshalb wird im Personenstandsrecht geregelt, dass die minderjährige Person bei dieser Erklärung im Standesamt anwesend sein muss.
Es wird außerdem sichergestellt, dass bereits zu amtlichen Registern eingereichte Dokumente erhalten bleiben und nicht neu ausgestellt und eingereicht werden müssen. Gleichzeitig wird der Anspruch auf Neuausstellung von Dokumenten zukunftsoffen ausgestaltet. Die Regelung zur automatisierten Datenweitergabe wird ersatzlos gestrichen. Dadurch sollen unterschiedliche Regelungen insbesondere im Vergleich zu sonstigen Namensänderungen vermieden werden.
Das Offenbarungsverbot, also die Weitergabe von Informationen zum geänderten Geschlechtseintrag ohne Zustimmung der betreffenden Person, wird auf die in Paragraf 13 genannten privilegierten Familienangehörigen ausgeweitet, für den Fall, dass sie in Schädigungsabsicht handeln.
Zweistufiges Inkrafttreten des Gesetzes
Es wird ferner möglich sein, dass Personen, die weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht eindeutig zugeordnet werden können und im Geburtseintrag mit der Geschlechtsangabe „divers“ oder ohne Geschlechtsangabe eingetragen sind, einen Pass mit der Angabe „männlich“ oder „weiblich“ erhalten können.
Durch ein zweistufiges Inkrafttreten des Gesetzes soll sichergestellt werden, dass bereits ab dem 1. August 2024 eine Anmeldung der Erklärung zur Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen abgegeben werden kann, sodass die dreimonatige Anmeldefrist zu laufen beginnt. Ab 1. November 2024 löst das SBGG dann das Transsexuellengesetz von 1980 endgültig ab. (che/12.04.2024)
Antrag der AfD
Darüber hinaus lag den Abgeordneten ein Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Transsexuellengesetz erhalten und den Schutz von Menschen mit Geschlechtsdysphorie verbessern“ (20/8203) zur Abstimmung vor. Auf Grundlage einer Empfehlung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (20/11002) wies das Parlament die Vorlage gegen die Stimmen der Antragsteller zurück.
In ihrem Antrag forderten die Abgeordneten die Regierung auf, von der Einführung des geplanten Selbstbestimmungsgesetzes abzusehen. Stattdessen sollte sie eine Gesetzesnovelle vorlegen, wonach der Wechsel des Geschlechts nur nach Zustimmung einer interdisziplinären Kommission erlaubt sein soll. Nach Vorstellung der AfD sollten diesem Gremium „zumindest drei Personen“ angehören, die eine medizinische, psychologische (oder psychotherapeutische und psychiatrische) und sozialpädagogische (oder vergleichbare) Berufsqualifikation haben. Darüber hinaus sprach sich die Fraktion dafür aus, „Forschungsprojekte zu initiieren, die psychische, physische und soziale Folgen ‚geschlechtsangleichender‘ Behandlungen“ zu untersuchen.
Zur Begründung für ihren Vorstoß verwies die AfD im Antrag auf Statistiken, denen zufolge die Zahl geschlechtsdysphorischer Patienten in den vergangenen Jahren gestiegen sei. Als „geschlechtsdysphorisch“ werden Personen bezeichnet, die sich mit ihrem angeborenen biologischen Geschlecht nicht identifizieren können und unter dieser Körper-Geschlechtsinkongruenz leiden. „Therapeutische Erfahrungen von Psychiatern“ deuteten darauf hin, dass „Transidentität“ zunehmend als Selbstdiagnose von Menschen in Lebenskrisen gewählt werde, so die Fraktion. Viele Patienten seien der „irrigen Auffassung“, dass köperverändernde Maßnahmen „ein Wundermittel“ für ihre Lebensprobleme darstellen. (scr/eis/12.04.2024)
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ANTRAG AfD ZP16 Lohnabstandsgebot und Entlastung des Mittelstandes
Die AfD-Fraktion fordert einen höheren steuerlichen Grundfreibetrag von 14.000 Euro und will im Gegenzug Mittel für Migration und den europäischen Aufbauplan „NextGenerationEU“ kürzen. Das schreibt sie in einem Antrag (20/10975), der am Freitag, 12. April 2024, im Plenum des Bundestags debattiert wurde. Nach der Aussprache im Plenum wurde der Antrag zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen. Die Federführung liegt beim Finanzausschuss.
Der Grundfreibetrag solle von bislang 11.604 Euro erhöht werden, verlangt die AfD-Fraktion. Sie fordert, „zum Beispiel die jährlichen Milliardenbeträge für die Ausländer ohne Aufenthaltsrecht in Deutschland“ zurückzuführen. Ferner wollen die Abgeordneten erreichen, dass ab 2025 in der Einkommensteuer „alle Tarifeckwerte über eine normierte Tarifformel automatisch angepasst, mit dem Ziel, die durchschnittliche Steuerbelastung für das entsprechend der Inflation gestiegene zu versteuernde Einkommen konstant zu halten“. (bal/12.04.2024)
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