Sitzungswoche
Die Reden werden erst im Laufe der kommenden Woche voll umfänglich bearbeitet worden sein und werden dann hier nachträglich eingepflegt.
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29. Januar 2025 (209. Sitzung)
Quelle Bundestag: Die Tagesordnung entspricht auch dann der im Bundestag, wenn die Reihenfolge der Tagesordnungen „durcheinander“ gehen. Teilweise dauert es Wochen bis die Videos zur Verfügung stehen. Sie werden eingefügt, sobald sie vorhanden sind.
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TOP 1 Regierungserklärung zu aktuellen innenpolitischen Themen
Nach den tödlichen Anschlägen in Magdeburg und Aschaffenburg dringt der Bundestag auf eine massive Verschärfung der deutschen Migrationspolitik. In namentlicher Abstimmung votierten 348 Abgeordnete am Mittwoch, 29. Januar 2025, für einen entsprechenden Entschließungsantrag der CDU/CSU-Fraktion (20/14698). Dagegen stimmten 345 Parlamentarier; zehn enthielten sich.
Entschließungsantrag der Union
In der Entschließung, die die Bundesregierung rechtlich nicht bindet, plädiert das Parlament für „sofortige, umfassende Maßnahmen zur Beendigung der illegalen Migration, zur Sicherung der deutschen Grenzen und zur konsequenten Abschiebung vollziehbar ausreisepflichtiger Personen, insbesondere von Straftätern und Gefährdern“. Im Einzelnen werden in der Vorlage eine dauerhafte Kontrolle der deutschen Grenzen zu allen Nachbarstaaten sowie die „Zurückweisung ausnahmslos aller Versuche illegaler Einreise“ gefordert. Dabei soll ein „faktisches Einreiseverbot“ für Personen gelten, die keine gültigen Einreisedokumente besitzen und die nicht unter die europäische Freizügigkeit fallen. Diese seien unabhängig davon, ob sie ein Schutzgesuch äußern oder nicht, an der Grenze zurückzuweisen.
Vollziehbar ausreisepflichtige Personen sollen dem Beschluss zufolge unmittelbar in Haft genommen und die Zahl der Abschiebungen deutlich erhöht werden. Ausreisepflichtige Straftäter und Gefährder sollen nach dem Willen des Parlaments in einem zeitlich unbefristeten Ausreisearrest bleiben, bis sie freiwillig in ihr Heimatland zurückkehren oder die Abschiebung vollzogen werden kann. Des Weiteren soll die Bundespolizei laut Vorlage die Befugnis erhalten, „bei im eigenen Zuständigkeitsbereich aufgegriffenen, ausreisepflichtigen Personen auch selbst und unmittelbar Haftbefehle für Abschiebehaft oder Ausreisegewahrsam beantragen zu können“.
„Erkennbar dysfunktional“
In ihrem Antrag schrieb die Unionsfraktion, dass sich „die abscheuliche Mordtat von Aschaffenburg“ einreihe in die Terroranschläge von Mannheim und Solingen und den Angriff auf den Weihnachtsmarkt von Magdeburg. Die aktuelle Asyl- und Einwanderungspolitik gefährde die Sicherheit der Bürger und das Vertrauen der Gesellschaft in den Staat. „Die Politik der letzten Jahre hat es versäumt, Kontrolle über die Migration zurückzugewinnen und zu erhalten“, heißt es in der Vorlage weiter.
Die bestehenden europäischen Regelungen – die Dublin-III-Verordnung zur grundsätzlichen Zuständigkeit des Ersteinreisestaats, das Schengen-Abkommen zu den offenen Binnengrenzen und die Eurodac-Verordnung zur Registrierung von Asylsuchenden – seien „erkennbar dysfunktional“. Wenn europäische Regelungen nicht funktionieren, sei es in der derzeitigen Gesamtsituation die Pflicht der Bundesregierung, nationales Recht vorrangig anzuwenden, „so wie es in den Europäischen Verträgen für außergewöhnliche Notlagen vorgesehen“ sei.
Abgelehnte Entschließungsanträge
Einen weiteren Entschließungsantrag der CDU/CSU-Fraktion zur „Stärkung der Inneren Sicherheit“ (20/14699) lehnte das Parlament mit 509 Nein-Stimmen bei 190 Ja-Stimmen und drei Enthaltungen ab.
Auch ein Entschließungsantrag der FDP-Fraktion zur Migrationspolitik (20/14713), für den auch die Gruppe BSW stimmte, fand bei Enthaltung der AfD-Fraktion keine Mehrheit, ebenso ein AfD-Antrag (20/14701), der von den Fraktionen von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP sowie der Gruppe Die Linke abgelehnt wurde, während sich die Gruppe BSW enthielt.
Scholz: Würde europäisches Recht brechen
Vor den Abstimmungen hatte es im Bundestag einen scharfen Schlagabtausch über die Zuwanderungspolitik gegeben. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verteidigte die Migrationspolitik seiner Regierung mit Nachdruck und hielt Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU/CSU) in einer Regierungserklärung vor, dass Deutschland bei einer Umsetzung der CDU/CSU-Vorschläge europäisches Recht brechen würde. Über geltendes Recht hinaus dürfe man aber nicht gehen.
Zugleich warf er Merz vor, mit seinem Vorgehen die Unterstützung der AfD für seine „rechtswidrigen Vorschläge“ offen in Kauf zu nehmen. Damit habe Merz einen seit Gründung der Bundesrepublik bestehenden Konsens aller Demokraten „im Affekt aufgekündigt“, in den Parlamenten „mit extremen Rechten nicht gemeinsame Sache“ zu machen.
Union: Müssen „endlich abschieben“
Merz entgegnete, es liege allein bei SPD und Grünen, ob es für die Vorschläge seiner Fraktion „in der Mitte des Deutschen Bundestages“ eine parlamentarische Mehrheit gibt. Er könne mit seinem Gewissen nicht mehr vereinbaren, „dass angeblich formale Absprachen mit Ihnen, der SPD und den Grünen, nach dem Auseinanderbrechen der Ampel-Regierung dazu führen sollen, dass wir hier im Deutschen Bundestag nur die Entscheidungen zur Abstimmung bringen dürfen, die vorher Ihre Zustimmung gefunden haben“.
Man sei es den Menschen im Lande und nicht zuletzt den Opfern der Gewalttaten der letzten Monate schuldig, jeden Versuch zu unternehmen, die illegale Migration zu begrenzen, ausreisepflichtige Asylbewerber in Gewahrsam zu nehmen und „endlich abzuschieben“.
Grüne: Bruch mit der Tradition dieser Republik
Vizekanzler Dr. Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) warf der CDU/CSU vor, in der Sache einer Logik zu folgen, die „Recht brechen will, um Recht zu verändern – das Europarecht und das deutsche Grundgesetz“. Damit stelle man sich aber als „potenzielle Regierung“ oder als Parlament über den Rechtsstaat, warnte er. Dies sei der „steile Weg in den Abgrund; diesen Weg sollten wir nicht gehen“, fügte er hinzu.
Es stehe an diesem Tag aber nicht nur eine Sachentscheidung zur Debatte, sondern erstmals auch die Frage, ob es zu einem „Bruch mit der Tradition dieser Republik“ komme, weil CDU/CSU und FDP „unnötig und falsch“ ein Bündnis mit den Rechtspopulisten im Parlament eingingen.
FDP: Nicht den Rändern überlassen
FDP-Chef Christian Lindner erwiderte, dass seine Fraktion dem Unionsantrag zustimme, obwohl dieser „Unschärfen und Auslassungen“ enthalte. Die FDP wolle aber mit ihrer Zustimmung die wichtige politische Botschaft senden, dass Kontrolle und Begrenzung der Einwanderung nach Deutschland ein Anliegen der politischen Mitte sei. „Wir dürfen es den Rändern nicht überlassen“, betonte er.
Freidemokraten würden niemals einer „antiliberalen und wirtschaftsfeindlichen Partei wie der AfD“ die Hand reichen. Sie ließen sich aber „von der Unterstützung einer richtigen Botschaft nicht dadurch ablenken, dass die AfD auch zustimmt“. Sonst hätte „die AfD Macht über uns“. Das Problem sei nicht, dass die AfD dem Antrag zustimme, sondern dass SPD und Grüne das nicht machten.
AfD: Noch lange keine Migrationswende
Die AfD-Fraktionsvorsitzende Dr. Alice Weidel sprach von einem „auf die Spitze getriebenen Migrationschaos“, das die Regierung zu verantworten habe und noch die „katastrophalen Auswirkungen der willkürlichen Aufgabe der Kontrolle über unsere Grenzen durch die frühere CDU-Kanzlerin Angela Merkel“ übertreffe.
Der CDU/CSU hielt sie zugleich vor, ihren Fünf-Punkte-Plan bei der AfD kopiert zu haben. „Abschreiben statt Abschieben – das hat bei Ihnen Methode“, fügte Weidel hinzu. Ein „unverbindlicher Entschließungsantrag“ sei jedoch noch lange keine Migrationswende. Eine solche Wende „mit Schließung der Grenzen, Zurückweisung und Abschiebung von illegalen Ausländern“ werde nur mit ihrer Partei kommen.
SPD warnt vor „Tabubruch“
Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil attestierte Merz einen „historischen Fehler“. Dessen Vorgehen führe zu einer „tektonischen Veränderung des Miteinanders hier im Parlament“ und einer „massiven Veränderung der politischen Landschaft“, kritisierte Klingbeil und warnte vor dem „Tabubruch“, dass „erstmals mit einer ausländerfeindlichen Partei Mehrheiten gefunden werden“. Dieser Weg sei falsch.
Linke: Merz plant „Pakt mit der AfD“
Heidi Reichinnek (Linke) hielt SPD und Grünen vor, sich seit Jahren im Bundestag „von Rechtsextremisten treiben“ zu lassen und eine Asylrechtsverschärfung nach der nächsten„ beschlossen zu haben. Merz hielt sie vor, einen “Pakt mit der AfD„ zu planen.
BSW: Kollektives Versagen in der Migrationspolitik
Sahra Wagenknecht (BSW) monierte, SPD und Grüne hätten offenbar nicht begriffen, dass nicht gemeinsame Abstimmungen mit der AfD zu deren Umfrageerfolgen geführt hätten, sondern “das jahrelange kollektive Versagen der alten Parteien in der Migrationspolitik„. (sto/29.01.2025)
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TOP 2 Befragung der Bundesregierung (BMEL & BMZ)
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen), zugleich Bundesminister für Bildung und Forschung, hat im Bundestag eine positive Bilanz seiner Amtszeit im Agrarressort gezogen. In der Regierungsbefragung des Bundestages am Mittwoch, 29. Januar 2025, sagte der Minister, die Zusammenarbeit in der Agrarpolitik sei nicht einfach gewesen. Mit der reinen Lehre komme man nicht weiter, Probleme könnten nur gelöst werden, indem man gute Kompromisse findet. „Wir haben die Probleme angepackt“, betonte Özdemir, „wir haben die Grundlage für eine wirkungsvolle gemeinsame Agrarpolitik in der EU geschaffen.“
Mit Blick auf den aktuellen Fall von Maul- und Klauenseuche fügte der Minister hinzu, Keulungen seien notwendig, um Risiken zu vermeiden. Er sei in Gesprächen, um die Exportfreiheit deutscher Produkte möglichst schnell wiederherzustellen. Für die Landwirte müsse es sich rechnen, ein Unternehmen zu führen, und wenn die Politik bei Klima- und Tierschutz mehr erwarte, müsse dieses „Mehr“ auch vergütet werden.
Schulze plädierte für eine starke Entwicklungspolitik und für mehr internationales Engagement. Eine Gewalttat dürfe nicht zu Enthemmung und Radikalität führen. Sie sehe in vielen Staaten, wie es den Feinden der Demokratie gelinge, diese Staaten zu verändern.
Den „Umsatzeinbruch von 30 Prozent“ in der Landwirtschaft thematisierte der AfD-Abgeordnete Stephan Protschka. Özdemir erwiderte, derzeit habe im Agrarministerium das Thema Maul- und Klauenseuche Priorität. Der Strukturwandel in der Landwirtschaft habe sich verlangsamt. Planungssicherheit gebe es nur, wenn alle zusammenarbeiten. Die Regierung habe mit dem Umbau der Tierhaltung angefangen. Es bleibe noch einiges zu tun, etwa im Bereich Entbürokratisierung.
Markus Frohnmaier (AfD) wollte wissen, wie 600.000 Syrier mit beschränktem Aufenthaltstitel rückgeführt werden könnten. Sein Fraktionskollege Dr. Rainer Rothfuß regte an, die Entwicklungszusammenarbeit darauf zu fokussieren, eine „Remigration“ syrischer Ärzte zu ermöglichen. Die Ministerin verwies auf den Ärztemangel in Deutschland. Was getan werde sei, dabei zu helfen, dass syrische Ärzte durch Klinikpartnerschaften in ihrer Heimat helfen können.
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TOP 3 Fragerunde
Im Anschluss an die Regierungsbefragung folgte am Mittwoch, 29. Januar 2025, die Fragestunde. Getrennt nach Ressorts beantworteten Vertreter der Bundesregierung 45 Minuten lang Fragen (20/14640), die von den Abgeordneten vorab schriftlich eingereicht worden waren.
19 der insgesamt 52 Fragen wurden von Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion gestellt, gefolgt von Abgeordneten der Gruppe Die Linke mit 14 Fragen. Neun Fragen stellten Abgeordnete der AfD-Fraktion, vier Fragen Abgeordnete der Gruppe BSW. Je zwei Fragen wurden von der Abgeordneten Canan Bayram (Bündnis 90/Die Grünen), vom FDP-Abgeordneten Jens Teutrine und vom fraktionslosen Abgeordneten Thomas Seitz gestellt.
Die meisten Fragen, nämlich elf, richteten sich an das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, gefolgt vom Auswärtigen Amt mit neun Fragen und dem Bundesministerium des Innern und für Heimat mit sieben Fragen. Je vier Fragen sollten das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, das Bundesministerium der Finanzen, das Bundesministerium der Justiz und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales beantworten. Das Bundesministerium für Gesundheit musste sich mit drei Fragen auseinandersetzen. Je zwei Fragen beschäftigten das Bundesministerium der Verteidigung und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Je eine Frage ging an das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz und an das Bundeskanzleramt.
Die sächsische AfD-Abgeordnete Carolin Bachmann wollte vom Bundesumweltministerium erfahren, wie die Bundesregierung die Recyclingverfahren der aus mehreren Verbundmaterialien bestehenden Rotorblätter von Windenergieanlagen beurteilt und wie diese Verfahren nach Kenntnis der Regierung in die bestehende Kreislaufwirtschaft eingebunden sind oder eingebunden werden sollen.
Der fraktionslose baden-württembergische Abgeordnete Thomas Seitz fragte das Bundesinnenministerium, ob nach Kenntnis der Bundesregierung von den 28 männlichen Personen, die am 30. August 2024 nach Afghanistan abgeschoben wurden, eine oder mehrere anschließend wieder nach Deutschland eingereist sind. Falls ja, erkundigt sich Seitz nach dem Aufenthaltsstatus dieser Personen.
Jeder Abgeordnete kann vorab bis zu zwei Fragen an die Bundesregierung einreichen. Nach der regelmäßig durch einen Parlamentarischen Staatssekretär oder einen Bundesminister erfolgenden Beantwortung können der Fragesteller, aber auch andere Abgeordnete des Deutschen Bundestages Zusatzfragen stellen und so die Bundesregierung zu weiteren Stellungnahmen zwingen.
Reicht die Zeit nicht aus, werden noch nicht aufgerufene Fragen von der Regierung schriftlich beantwortet. Ebenso kann vorab bereits um schriftliche Beantwortung gebeten werden. (vom/29.01.2025)
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ZP 2 Abgeordnete debattieren über Wirtschaftspolitik
Die FDP-Fraktion hat sich für ein bürokratiefreies Jahr ausgesprochen. In einer von der FDP-Fraktion beantragten Aktuellen Stunde mit dem Titel „Sorgen von Wirtschaft und Menschen ernst nehmen – Deutschland braucht jetzt eine Wirtschaftswende“ am Mittwoch, 29. Januar 2025, forderte Dr. Lukas Köhler (FDP) ein Jahr ohne Berichtspflichten für die Unternehmen. Dann könne man sehen, was wirklich an Berichten gebraucht werde. Das seien die radikalen Lösungen, die das Land brauche. „Ich glaube, dass wir uns hier zu wenig auf die großen Linien und zu viel auf Klein-Klein ausrichten.“ 50 Unternehmensverbände hätten gewarnt, dass der wirtschaftliche Zustand des Landes katastrophal sei. Notwendig sei eine Wirtschaftswende, damit die strukturellen Probleme aufgegriffen und gelöst würden, forderte Köhler.
Dr. Malte Kaufmann (AfD) nannte die wirtschaftliche Lage dramatisch. Drei Rezessionsjahre hintereinander habe es in der Nachkriegsgeschichte noch nicht gegeben. Das sei das Ergebnis der Politik der Ampel-Koalition und somit auch das Werk der FDP.
Angesichts der stark gestiegenen Insolvenzzahlen könne von dem von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) angekündigten grünen Wirtschaftswunder keine Rede sein. Das „grüne Hirngespinst“ der Energiewende könne nicht funktionieren. Die FDP habe jedoch das Heizungsgesetz von Wirtschaftsminister Dr. Robert Habeck mitgetragen. Die FDP sei nicht teil der Lösung, sondern Teil des Problems.
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TOP 15 Antisemitismus an Schulen und Hochschulen
Der Bundestag hat am Mittwoch, 29. Januar 2025, einen Antrag von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP mit dem Titel „Antisemitismus und Israelfeindlichkeit an Schulen und Hochschulen entschlossen entgegentreten sowie den freien Diskursraum sichern“ (20/14703) angenommen. Für die Vorlage votierten alle Fraktionen. Die Gruppe BSW stimmte dagegen, die Gruppe Die Linke enthielt sich.
Antrag der Fraktionen
Mit dem Antrag wolle sich der Bundestag „in aller Deutlichkeit“ positionieren: „Nie wieder ist jetzt. Antisemitismus und Israelfeindlichkeit dürfen keinen Platz an Schulen und Hochschulen haben“, heißt es in der Vorlage. Wie die Antragsteller darin schreiben, hätten „das brutale Massaker der Terrororganisation Hamas vom 7. Oktober 2023 in Israel und der Krieg im Gazastreifen … den Nahostkonflikt vor allem an Schulen und Hochschulen erneut ins Zentrum gerückt“. Jüdische und israelische Schülerinnen und Schüler, Studierende, Lehrende und Mitarbeitende würden „sich starken persönlichen und zunehmend auch gewaltsamen Anfeindungen und Bedrohungen ausgesetzt“ sehen.
Auch nicht-jüdische Schülerinnen und Schüler, Studierende, Lehrende und Mitarbeitende, die ihre Solidarität mit dem Staat Israel sowie den Jüdinnen und Juden in Deutschland und weltweit zum Ausdruck brächten, würden vielerorts in Deutschland bedroht, „insbesondere von Organisationen oder Vereinen, die aufgrund ihrer eindeutigen Sympathien für Islamisten (u. a. Hamas, Hisbollah, Huthis etc.) auf dem Schirm der deutschen Sicherheitsbehörden sind“, heißt es weiter.
Forderungen des Antrags
Zu den Forderungen des Antrags, die an die Bundesregierung gerichtet sind, gehören unter anderem eine Stärkung der Antisemitismusforschung, ein stärkeres Vorgehen gegen antisemitisches Verhalten und eine verstärkte Antisemitismusprävention an Schulen und Hochschulen. Zudem fordern die Fraktionen, „Erkenntnisse aus der Antisemitismusforschung bestmöglich in die Praxis zu transferieren und durch Leitfäden und Fortbildungsangebote für Lehrkräfte und für Mitglieder der Schulleitungsebene in den Unterricht an Schulen zu implementieren“.
Die Fraktionen begrüßen in dem Antrag, dass sich die Hochschulrektorenkonferenz und die Kultusministerkonferenz die Antisemitismusdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) zu eigen gemacht hätten. „Wir befürworten dies ausdrücklich und bekräftigen politisch den Beschluss der Bundesregierung vom 20. September 2017, der die IHRA-Arbeitsdefinition von Antisemitismus politisch bekräftigt, und den Beschluss des Deutschen Bundestages vom 17. Mai 2019, in dem sich der Bundestag zur IHRA-Arbeitsdefinition bekennt, als maßgeblich heranzuziehen“, heißt es weiter.
Bundesregierung und Länder sollen nach Auffassung der Fraktionen außerdem „im Schulterschluss mit den Mitgliedern der Allianz der Wissenschaftsorganisationen und auf Grundlage der bisher gefassten Beschlüsse des Deutschen Bundestages darauf hinzuwirken, dass Aktivitäten von Gruppierungen, die israelbezogenen Antisemitismus verbreiten, zu deren Mittel auch Boykottaufrufe, Delegitimierung, Desinformation und Dämonisierung des jüdischen Staates gehören, unterbunden werden.“ Dazu gehören dem Antrag zufolge Aktivitäten der BDS-Bewegung („Boycott, Divestment und Sanctions“) sowie ähnlich gesinnte Gruppen. „Unterstützerinnen und Unterstützer etwaiger Bewegungen dürfen in deutschen Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen keinen Platz haben“, wird gefordert.
Bundesregierung und Länder werden ferner aufgefordert, im Schulterschluss mit den Mitgliedern der Allianz der Wissenschaftsorganisationen weiterhin die bewährte Praxis sicherzustellen, dass Fördermittel des Bundes ausschließlich nach dem Maßstab der wissenschaftlichen Exzellenz vergeben werden. „Bei Verantwortungsträgerinnen und Verantwortungsträgern in Wissenschaft und Forschung besteht nach Wahrnehmung der Antragsteller darüber Konsens, dass wissenschaftliche Exzellenz und Antisemitismus einander ausschließen“, schreiben die Antragsteller. (scr/hau/29.01.2025)
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TOP 14 Opfer von NS-„Euthanasie“ und Zwangssterilisation
Die Aufarbeitung der „Euthanasie“ und der Zwangssterilisationen während der nationalsozialistischen Diktatur soll intensiviert werden. Dafür sprechen sich die Fraktionen SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP in einem gemeinsamen Antrag (20/11945) aus, den der Bundestag am Mittwoch, 29. Januar 2025, auf Grundlage einer Beschlussempfehlung des Ausschusses für Kultur und Medien (20/12415) einstimmig angenommen haben.
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TOP 17 Heimatpolitik der Bundesregierung
Die Große Anfrage der CDU/CSU-Fraktion „Heimatpolitik der Bundesregierung – Pläne zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse“ (20/12262) und die Antwort der Bundesregierung (20/14091) sind am Mittwoch, 29. Januar 2025, Grundlage einer Bundestagsdebatte gewesen. Dabei ging es um den Schulden- und Vermögensstand der Kommunen in Deutschland.
Antwort auf die Große Anfrage der Union
Laut der Antwort der Bundesregierung lag die Gesamtverschuldung der Kommunen (Kernhaushalte) im vergangenen Jahr bei 134.3 Milliarden Euro nach 127,9 Milliarden Euro im Vorjahr und 122,4 Milliarden Euro im Jahr 2021. Zuvor war sie den Angaben zufolge von 130,5 Milliarden Euro im Jahr 2017 auf 121,2 Milliarden Euro im Jahr 2019 gesunken und dann auf 122,7 Milliarden Euro im Folgejahr gestiegen.
Wie aus der Vorlage weiter hervorgeht, stieg das Finanzvermögen der Kommunen (Kernhaushalte) von 196,8 Milliarden Euro im Jahr 2019 auf 242,7 Milliarden Euro im Jahr 2023. Im Jahr 2017 betrug es 194,5 Milliarden Euro und im Jahr 2018 206,3 Milliarden Euro. Die Ausgaben der Kommunen für Sachinvestitionen (Kernhaushalte) stiegen der Antwort zufolge von 34,8 Milliarden Euro im Jahr 2021 auf 41,8 Milliarden Euro im vergangenen Jahr. Zuvor waren sie laut Bundesregierung von 24,3 Milliarden Euro im Jahr 2017 auf 35,4 Milliarden Euro im Jahr 2020 angewachsen.
Heimatbegriff von Bundesinnenministerin Faeser erfragt
In der Anfrage hatte sich die Union zudem erkundigt, welchen Heimatbegriff Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ihrer Heimatpolitik zugrunde legt und was die Bundesregierung unter „Gleichwertigkeit“ und „gleichwertigen Lebensverhältnissen“ versteht. Auch wollte sie wissen, ob die Bundesregierung es für den gesellschaftlichen Zusammenhalt für förderlich hält, wenn sich die Menschen in Deutschland mit ihrer Heimat identifizieren, und mit welchen politischen Maßnahmen sie diese Identifikation gegebenenfalls fördern will.
Ferner interessiert die Fraktion, welche soziale, kulturelle und wirtschaftliche Bedeutung die Bundesregierung den Großstädten, Metropolregionen und Ballungsräumen in Deutschland beimisst und welche den ländlich strukturierten Räumen. (sto/hau/29.01.2025)
ZP 3 Ukrainehilfen
Die Hilfen für die Ukraine standen am Mittwoch, 29. Januar 2025, im Mittelpunkt einer Plenardebatte. Die FDP-Fraktion hatte einen Antrag mit dem Titel „Keine Blockade parlamentarischer Mehrheitsfindung über Ukrainehilfen“ (20/14712) eingebracht. Weil allerdings in einer namentlichen Abstimmung zur Beschlussfähigkeit des Bundestages statt der erforderlichen 367 Stimmen lediglich 320 Abgeordnete ihr Votum abgegeben hatten, wurde über den Antrag nicht abschließend abgestimmt. Nach der Geschäftsordnung ist der Bundestag beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte seiner 733 Mitglieder im Plenum anwesend sind.
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30. Januar 2025 (210. Sitzung)
TOP 6 Jahreswirtschaftsbericht 2025
Der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Dr. Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), hat am Donnerstag, 30. Januar 2025, eine Regierungserklärung vor dem Bundestag abgegeben. Grundlage war der Jahreswirtschaftsbericht 2025 der Bundesregierung (20/14740).
Nach der Debatte überwiesen die Abgeordneten den Bericht gemeinsam mit einem Entschließungsantrag der FDP (20/14731), in dem sich die Fraktion für eine „ambitionierte Bürokratie- und Regulierungsabbauinitiative“ ausspricht, und einem CDU/CSU-Antrag mit dem Titel „Deutschland wieder nach vorne bringen – Für eine starke wirtschaftspolitische Agenda“ (20/14732) zur weiteren Beratung an den federführenden Wirtschaftsausschuss.
Die Bundesregierung erwartet für das Jahr 2025 einen Zuwachs des preisbereinigten Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,3 Prozent, wie aus dem Jahreswirtschaftsbericht hervorgeht. Im Vorjahr war das BIP um 0,2 Prozent zurückgegangen, im Jahr 2023 hatte der Rückgang 0,3 Prozent betragen.
In dem Bericht heißt es, die deutsche Wirtschaft befinde sich seit inzwischen zwei Jahren in einer Stagnation, was konjunkturelle, vor allem aber strukturelle Ursachen habe. Konjunkturell erhole sich die deutsche Wirtschaft zögerlicher als erwartet von den wirtschaftlichen Folgen der Schocks der jüngeren Vergangenheit. „Gleichzeitig befindet sich Deutschland in einer strukturellen Wachstumsschwäche“, stellt die Regierung fest. So habe das (preis- und saisonbereinigte) Bruttoinlandsprodukt im vierten Quartal 2024 in etwa auf dem Niveau des Vergleichszeitraums des Jahres 2019 gelegen. Zuletzt hätten insbesondere die nachwirkenden Kaufkraftverluste aufgrund des seit 2021 deutlich angestiegenen Preisniveaus Stimmung und Konsumverhalten der privaten Haushalte geprägt und damit auch die gesamtwirtschaftliche Entwicklung.
Auch wenn aktuell die Risiken überwiegen, sei dennoch auch eine günstigere Entwicklung möglich, hofft die Bundesregierung. Dies wäre insbesondere dann der Fall, wenn die internationalen Krisen deeskalieren und die angedrohten protektionistischen Maßnahmen der US-Regierung nicht oder nur in geringerem Ausmaß umgesetzt werden würden. Zudem könnte eine rasche und wachstumsorientierte wirtschafts- und finanzpolitische Reformagenda der neuen Bundesregierung zu positiven Vertrauenseffekten bei privaten Haushalten und in den Unternehmen führen und die Konsum- und Investitionsdynamik verstärken.
Die CDU/CSU-Fraktion will „Deutschland wieder nach vorne bringen“ und hat dafür in ihrem Antrag Vorschläge für eine „starke wirtschaftspolitische Agenda“ vorgelegt. Dazu gehören unter anderem wettbewerbsfähige Energiepreise durch die Reduzierung der Stromsteuer und der Netzentgelte. Die Steuerbelastung der Unternehmen für thesaurierte Gewinne soll schrittweise auf 25 Prozent gesenkt werden. Außerdem fordert die CDU/CSU-Fraktion die komplette Abschaffung des steuerlichen Solidaritätszuschlags.
Zu den weiteren Forderungen der CDU/CSU-Fraktion gehört, vor allem Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen zu entlasten und Mehrarbeit zu belohnen. Bei den Sozialversicherungsbeiträgen „müssen wir uns wieder runter auf die 40 Prozent hinbewegen. Fleiß muss sich wieder lohnen in unserem Land“, wird gefordert. Außerdem soll das Verbrennerverbot rückgängig gemacht werden. Zur Verbesserung der Forschungslandschaft und zum Bürokratieabbau werden umfangreiche Maßnahmen vorgeschlagen.
Der Koalition aus SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen unter Führung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wird von der CDU/CSU-Fraktion vorgeworfen, Deutschland in eine „handfeste und tiefe Wirtschaftskrise“ geführt zu haben. So sei das Bruttoinlandsprodukt das zweite Jahr in Folge gesunken. Die Insolvenzzahlen würden steigen. „Dabei hat Deutschland das Potenzial, um wirtschaftlich wieder nach vorne zu kommen – mit seinem innovativen Mittelstand und seinen Familienunternehmen, mit Handwerk und freien Berufen, mit kreativen Gründern und weltweit erfolgreichen Industrie-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen und nicht zuletzt mit seiner in vielen Bereichen vorhandenen Spitzenforschung“, wird in dem Antrag festgestellt. (hle/irs/30.01.2025)
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ZP 6 Cum-Ex-Geschäfte
Über die Vorwürfe der CDU/CSU-Fraktion gegen den heutigen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Zusammenhang mit dem Steuerskandal Cum-Ex und die Zurückweisung dieser Vorwürfe durch die Bundesregierung hat am Donnerstag, 30. Januar 2025, der Bundestag debattiert. Anlass war die Antwort der Bundesregierung auf eine Große Anfrage der Unionsfraktion (20/14669).
Union: Scholz als Kanzler ungeeignet
Mathias Middelberg eröffnete für die CDU/CSU-Fraktion die Debatte. Er verwies darauf, dass Ende 2023 bekannt geworden sei, dass drei E-Mail-Postfächer noch existierten, die aus Scholz Zeit als Finanzminister stammten. „Es wäre interessant, diese Email-Postfächer jetzt zu checken“, sagte Middelberg.
Allerdings verweigere Scholz weiter den Zugriff auf diese Postfächer. „Das macht deutlich, dass er viel zu verbergen hat“, argumentierte Middelberg. Scholz sei entweder vergesslich „oder ein Lügner“. Es fehle ihm an Tauglichkeit oder Integrität. „Schon als Person ist Olaf Scholz als Kanzler ungeeignet“, sagte Middelberg.
SPD: Union wirft mit Schmutz
Diese Vorwürfe wies Michael Schrodi, finanzpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, zurück. Er empfehle allen Bürgern, die 18 Seiten umfassende Anfrage zu lesen. Alle Unterstellungen der Unionsfraktion seien widerlegt. „Sie werfen mit Schmutz, wir halten mit Fakten dagegen“, sagte Schrodi in Richtung der größten Oppositionsfraktion.
Diese wolle Kanzler Scholz vor der anstehenden Bundestagswahl diskreditieren, wie bereits vor der Wahl 2021. „Es wird Ihnen wieder nicht gelingen“, prophezeite Schrodi und versuchte den Spieß umzudrehen, indem er die Tätigkeit des CDU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz außerhalb der Politik in der Wirtschaft thematisierte. Merz habe „seine Kontakte in die Politik vergoldet“. Lobbyfirmen hätten das CDU-Wahlprogramm mit formuliert, kritisierte Schrodi.
FDP kritisiert Anfrage und Antwort
Dass der Streit zwischen den beiden Volksparteien aus seiner Sicht fruchtlos sei, machte für die FDP-Fraktion Markus Herbrand deutlich. „Insgesamt kann sich die Unionsfraktion nicht viel von ihrer eigenen Anfrage versprochen haben“, sagte Herbrand und sprach von „Unzulänglichkeiten bei der Fragestellung“. Allerdings sei auch die Mitwirkung der Bundesregierung „enttäuschend“, befand Herbrand mit Blick auf deren Antworten.
„Vertrauen in den Aufklärungswillen wird damit nicht hergestellt“, sagte Herbrand weiter. Auch er habe Fragen an den Kanzler, aber die Wiederholung von Fragen bringe wenig Erkenntnis. Außerdem: „Die Anfrage löst keines der drängenden Probleme in unserem Land.“ Wichtiger sei etwa, dass die Bundesländer ihre Justizbehörden besser ausstatteten.
Grüne für Vermögensverschleierungsgesetz
Ähnlich argumentierte Katharina Beck, finanzpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Die Konstruktion des Cum-Ex- sowie des Cum-Cum-Steuerbetrugs könnten nur „spezialisierte Steuerberaterinnen“ verstehen. „Momentan haben es Schwerkriminelle, hat es die organisierte Finanzkriminalität in Deutschland zu einfach“, befand Beck. Nötig seien deshalb mehr Ermittler sowie eine moderne IT-Ausstattung der Justiz.
Außerdem erneuerte Beck die Forderung ihrer Fraktion nach einem Vermögensverschleierungsgesetz. Sie bedauerte ferner, dass der Bundestag das bereits im Finanzausschuss mehrheitlich gebilligte Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz (20/9648) nicht mehr in der letzten Sitzungswoche dieser Wahlperiode beschlossen hat.
Immerhin befand sie positiv, dass nahezu alle Fraktionen gegen Finanzkriminalität vorgehen wollten, wenn auch mit unterschiedlichen Mitteln, etwa die CDU mit ihrer Forderung nach einer Zollpolizei in ihrem Wahlprogramm. Dabei kritisierte sie, dass die AfD-Fraktion in ihrem Wahlprogramm keine Maßnahmen im Kampf gegen Finanzkriminalität und Steuerhinterziehung habe.
AfD: Unzulänglichkeiten in der Finanzverwaltung
Deren finanzpolitischer Sprecher Kay Gottschalk (AfD) schoss sich auf den Bundeskanzler ein, nannte Scholz wiederholt einen „Lügner“ und referierte seinen Lebenslauf. Dabei stellte er Begegnungen des heutigen Kanzlers in den 1980er Jahren zu SED-Vertretern heraus. „Er ist Sozialist und erzogen worden von den Funktionären der DDR“, wetterte Gottschalk.
Den Cum-Ex-Betrug nannte er dagegen eine „geniale Gestaltungsidee“, der die „Unzulänglichkeiten in der Finanzverwaltung deutlich gemacht“ habe. Die Aufarbeitung gehe nur schleppend voran. Bei der Tageszeitung „Welt“ bedankte er sich, dass diese herausgefunden habe, dass E-Mails aus der vergangenen Wahlperiode aus dem Finanzministerium wohl noch nicht endgültig gelöscht seien.
Linke: Aufarbeitung wird blockiert
Nicht rechts wählen, sondern „nach der Ampel links abbiegen“, empfahl Christian Görke von der Gruppe Die Linke den Wählern. Die Themen Cum Ex und Cum Cum seien „ein Trauerspiel“. Der Schaden aus diesen Steuerbetrugsvorfällen belaufe sich auf 31 Milliarden Euro.
„Gleichzeitig wird die Aufarbeitung in diesem Parlament weiter blockiert“, bemängelte Görke. Dafür sei die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage ein Beleg. „Deutlicher kann man die Arroganz der Macht und den Unwillen zur Aufklärung nicht dokumentieren“, befand Görke. Er äußerte sein Unverständnis, dass es in der zu Ende gehenden Wahlperiode keinen Untersuchungsausschuss zum Thema Cum-Ex gegeben hat.
Antwort der Bundesregierung
In ihrer Antwort wirft die Bundesregierung der Fragestellerin „zahlreiche unzutreffende Behauptungen“ vor. So sei beispielsweise keine Verjährung von Steuerrückforderungen eingetreten, schreibt die Bundesregierung. Die Strafbarkeit der Cum-Ex-Geschäfte der Warburg Bank sei höchstrichterlich festgestellt worden.
Die Warburg Gruppe habe alle Cum-Ex-Gelder zurückgezahlt. Die Rückforderung der Kapitalertragsteuer sei 2016 zunächst unterblieben, weil die Beweislage für das Vorliegen von Cum-Ex-Geschäften damals für nicht ausreichend erachtet und damit das Prozessrisiko für zu hoch eingeschätzt worden sei. „Anders als von den Fragestellern behauptet, hat die Finanzbehörde Hamburg also ausweislich der Erkenntnisse des PUA nicht zunächst eine Rückforderung der Kapitalertragsteuererstattungen von der M. M. Warburg & CO Bank befürwortet“, heißt es in der Vorbemerkung der Antwort. (bal/30.01.2025)
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ZP 7 Mehr Netto vom Brutto
Mehr netto vom brutto fordert die FDP-Fraktion in einem Antrag (20/14715), den die Parlamentarier am Donnerstag, 30.01.2025, diskutiert haben. „Das Land braucht eine Wirtschaftswende. Wir müssen über die Belastung der Bürger und Unternehmen sprechen“, erklärte Johannes Vogel für die FDP-Fraktion bei der Einbringung des Antrags. Kein Land belaste Bürger und Unternehmen stärker als Deutschland.
Zugleich habe das Land das niedrigste Wachstum. „Möglicherweise ist das kein Zufall.“ Die FDP wolle den steuerlichen Grundfreibetrag um 1.000 Euro anheben. Die Unternehmenssteuern sollten um fünf Prozentpunkte sinken. „Ich will ein Land, das den Ehrgeiz wieder hat, vorne zu sein, in der Wirtschaft und beim Sport“, sagte Vogel.
SPD fordert höhere Investitionen
Dass die geplanten Steuersenkungen vor allem reichen Menschen zugute kämen, hielt für die SPD-Fraktion Michael Schrodi der Antragstellerin entgegen. Die Maßnahmen würden außerdem „ein riesiges Loch“ in den Bundeshaushalt reißen. Dafür wolle die FDP bei Rente, Kindergeld, Gesundheit und Pflege „massiv kürzen“, kritisierte Schrodi und warf den Liberalen vor: „Sie legen die Axt an den gesellschaftlichen Zusammenhalt.“ Die SPD wolle dagegen 95 Prozent der Steuerzahler entlasten und ein Prozent reiche Personen belasten. „Sie machen Politik für die Reichsten in diesem Land“, das sei „bei der AfD genauso“. Nötig seien vielmehr höhere Investitionen. Für die nächsten zehn Jahre bezifferte Schrodi allein den Bedarf an öffentlichen Investitionen auf 600 Milliarden Euro.
Union kritisiert gestiegene Sozialbeiträge
Sympathie für den FDP-Antrag äußerte Olav Gutting von der CDU/CSU-Fraktion, kritisierte aber, dass während der Ampel-Regierung „mit Beteiligung der FDP“ die Sozialbeiträge auf mehr als 42 Prozent gestiegen seien. „Wer auf seinen Lohnzettel schaut, hat Zweifel, ob sich Anstrengung überhaupt noch lohnt“, befand Gutting.
Die FDP habe es mitzuverantworten, dass die Reallöhne in den zurückliegenden drei Jahren nicht gestiegen seien. „Mit unserer Agenda 2030 setzen wir die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, um in diesem Land wieder Mut und Zuversicht zu bekommen“, sagte Gutting. Die Union wolle, dass der Spitzensteuersatz erst ab einem Einkommen von 80.000 Euro greife. „Das führt zu einer niedrigeren Belastung für alle Steuerzahler.“
Grüne befürchten millardenschwere Einnahmeausfälle
Katharina Beck erklärte für die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen: „Ich will auch, dass Deutschland vorne dabei ist.“ Sie verwies darauf, dass die Ampel-Koalition im vergangenen Jahr die Steuern um 45 Milliarden Euro gesenkt habe. Außerdem müssten die Bürger nicht mehr die EEG-Umlage bezahlen, was bis zu 300 Euro Ersparnis im Jahr für einen Vierpersonenhaushalt bedeute. Ihre Partei wolle weitere Verbesserungen, etwa bei der Förderung vermögenswirksamer Leistungen.
Die FDP-Vorschläge für Steuersenkungen wies sie indes zurück, diese führten zu Einnahmeausfällen von 140 Milliarden Euro. Auch die Vorschläge der CDU rissen ein 100-Milliarden-Euro-Loch in die öffentlichen Haushalte. Beck setzte diese Beträge in Relation zum 480 Milliarden Euro schweren Bundeshaushalt und sagte an die Wähler gerichtet: „So ein unseriöses Versprechen werden Sie von uns nicht bekommen.“ Vorschläge der AfD für Steuersenkungen nannte sie „das größte Reichenprogramm“.
AfD sieht Problem in EU-Beiträgen und Entwicklungshilfen
Eine scharfe Auseinandersetzung mit der sitzungsleitenden Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt lieferte sich Kay Gottschalk, finanzpolitischer Sprecher der AfD-Fraktion. Er hatte während seiner Rede Plakate hochgehalten, worauf er aus dem Präsidium den Hinweis erhielt, dass das nicht erlaubt sei. Gottschalk verlangte daraufhin mehr Redezeit, die ihm jedoch nicht zugestanden wurde.
Inhaltlich verwies Gottschalk auf Anträge seiner Fraktion für Steuersenkungen. Zur Gegenfinanzierung nannte er 38 Milliarden Euro, die Deutschland „in eine dysfunktionale EU“ pulvere, und elf Milliarden Euro für den Entwicklungshaushalt. „Sie haben Geld für alle, aber nicht für die Menschen, die hier arbeiten“, wetterte Gottschalk in Richtung der SPD-Fraktion und sprach von einer „inszenierten Demokratie“.
Gruppe Die Linke sieht Milliardäre in der Verantwortung
Janine Wissler verwies für die Gruppe Die Linke auf eine Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts ZEW, der zufolge die FDP-Pläne Haushalte mit einem Einkommen von weniger als 20.000 Euro belasten würden. Haushalte mit Einkommen zwischen 20.000 Euro und 80.000 Euro würden am stärksten mit dem Programm der Linkspartei entlastet.
Zur Gegenfinanzierung sagte sie: „Wir wollen Milliardäre und reiche Erben stärker an der Finanzierung öffentlicher Aufgaben beteiligen.“
Gruppe BSW fordert Mindestlohn von mindestens 15 Euro
Ähnlich argumentierte Alexander Ulrich für die Gruppe BSW. Er sagte: „Wer will, dass die Kluft zwischen arm und reich nicht noch weiter auseinander geht, soll in keinem Fall CDU/CSU, FDP oder AfD wählen.“ Es könne ferner nicht sein, dass Kapitalerträge geringer besteuert würden als die Einnahmen eines Facharbeiters bei Bosch oder Daimler. Ulrich weiter: „Es braucht einen Mindestlohn von mindestens 15 Euro. Öffentliche Aufträge dürfen nur an tarifgebundene Unternehmen gehen.“ (Bal/30.01.2025)
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ZP 7 Mehr Netto vom Brutto
Die AfD-Fraktion hat zum Themenkomplex Innere Sicherheit drei Anträge eingebracht, die am Donnerstag, 30. Januar 2025, durch das Parlament beraten worden sind. Die Vorlagen tragen die Titel: „Innere Sicherheit nachhaltig sicherstellen – Mut bei der Priorisierung der Bekämpfung von Kriminalität, Terror und Antisemitismus“ (20/14719), „Sicherheitslücken zur Bekämpfung von Islamisten schließen: Europäische Gefährderdatei ins Leben rufen, Präventivgewahrsam für Gefährder einführen und Bundeskompetenz für Terrorbekämpfung erweitern“ (20/14720) sowie „Bundeseinheitliche Transparenz bei der Darstellung von migrationsbezogener Kriminalität jetzt zeitnah sicherstellen“ (20/14721). Nach der Debatte überwiesen die Abgeordneten die Anträge zur weiteren Beratung in die Ausschüsse. Die Federführung übernimmt der Innenausschuss.
Erster Antrag der AfD
In ihrem ersten Antrag fordert die AfD-Fraktion die Bundesregierung auf, Verbote „islamistischer und antisemitisch ausgerichteter Organisationen, stets unter Beachtung des rechtsstaatlich möglichen Handlungsspielraums, endlich zeitnah umzusetzen“. Genannt werden dazu in der Vorlage „die Muslimbruderschaft in Deutschland und ihre Ableger“. Auch die „Volksfront für die Befreiung Palästinas“ sei zu verbieten. Ferner soll die Bundesregierung nach dem Willen der AfD Maßnahmen ergreifen, „um die Einreise islamistischer Prediger ausreichend effektiv zu unterbinden“.
Des Weiteren fordert die Fraktion unter anderem, „die Bundesgrenze wesentlich intensiver und lückenloser zu kontrollieren, ohne dabei den Waren- und Pendlerverkehr unzumutbar zu beeinträchtigen, um die Anzahl unerlaubter Einreisen zu reduzieren und auch Zurückweisungen von Asylantragstellern vorzunehmen, die über sichere Drittstaaten einreisen wollen“.
Zweiter Antrag der AfD
Die Bundesregierung soll sich nach dem Willen der AfD-Fraktion „auf europäischer Ebene für den zeitnahen Aufbau einer europäischen Gefährderdatei für Islamisten“ einsetzen. In ihrem zweiten Antrag fordert die Fraktion die Bundesregierung zudem auf, Verhandlungen mit den Bundesländern „mit dem Ziel einer Neuverteilung der Kompetenzen im Bereich der allgemeinen Gefahrenabwehr aufzunehmen, um die Terrorbekämpfung effizienter auszugestalten“.
Dem Bundeskriminalamt soll der Vorlage zufolge unter anderem eine gesetzliche Befugnis eingeräumt werden, „dass eine Person in Gewahrsam genommen werden kann, wenn aufgrund von Gefährderanalysen bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person aufgrund ihres individuellen Verhaltens eine drohende terroristische Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut wie beispielsweise Leib und Leben darstellt“.
Dritter Antrag der AfD
In ihrem dritten Antrag fordert die AfD-Fraktion die Bundesregierung auf, „verbesserte Berichtsstandards insbesondere im Hinblick auf eine transparente öffentliche Berichterstattung zu relevanten Erkenntnissen wie der Staatsangehörigkeit und einem etwaigen Migrationshintergrund von Tatverdächtigen“ verbindlich festzulegen.
Ferner dringt die Fraktion unter anderem darauf, deutsche Tatverdächtige mit einer weiteren Staatsangehörigkeit künftig in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) als Untergruppe auszuweisen. (sto/hau/30.01.2025)
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ANTRAG AfD: TOP 10 Innere Sicherheit – Bekämpfung von Kriminalität
Eine massive Dysfunktionalität der deutschen Sicherheitsbehörden hat der AfD-Bundestagsabgeordnete Martin Hess bei einer emotional geführten Parlamentsdebatte am Donnerstag, 30. Januar 2025, beklagt. Es ging dabei um drei Anträge der AfD-Fraktion: „Innere Sicherheit nachhaltig sicherstellen – Mut bei der Priorisierung der Bekämpfung von Kriminalität, Terror und Antisemitismus“ (20/14719), „Sicherheitslücken zur Bekämpfung von Islamisten schließen: Europäische Gefährderdatei ins Leben rufen, Präventivgewahrsam für Gefährder einführen und Bundeskompetenz für Terrorbekämpfung erweitern“ (20/14720) sowie „Bundeseinheitliche Transparenz bei der Darstellung von migrationsbezogener Kriminalität jetzt zeitnah sicherstellen“ (20/14721).
Gegen die Stimmen der AfD gab es keine Abstimmungen in der Sache. Die Anträge wurden zur Weiterberatung an die entsprechenden Ausschüsse überwiesen.
AfD sieht „sicherheitspolitische Bankrotterklärung“
Deutschland sei so unsicher wie nie zuvor, meinte Hess. Jeder könne überall „Opfer eines Mordanschlags sogenannter Flüchtlinge“ werden. Der Staat sei nicht mal mehr in der Lage, die Schwächsten und Schutzbedürftigsten, nämlich die Kinder, vor barbarischen Mördern zu schützen. Das sei eine sicherheitspolitische Bankrotterklärung.
Eine AfD in der Regierungsverantwortung würde dies beenden. Alle Wahlergebnisse und Umfragen zeigten, dass der Wähler eine konservative Regierung aus AfD und Union wolle, um den Migrationswahnsinn endlich zu beenden.
SPD nennt AfD „Vaterlandsverräter und EU-Feinde“
Sebastian Fiedler (SPD) meinte in Richtung AfD, es handle sich um Vaterlandsverräter und EU-Feinde. Scharf kritisierte er die CDU/CSU-Fraktion, dass sie am Vortag die Zustimmung der AfD zu ihrem Antrag zur Verschärfung bei der Migration akzeptiert habe: „Schämen Sie sich in Grund und Boden.“
In ihren Anträgen tue die AfD nur so, als ob sie die Interessen der deutschen Sicherheitsbehörden vertrete. Tatsächlich möchte die Polizei, so Fiedler, dass endlich wieder über Sicherheitsfragen gesprochen und nicht so getan werde, als ob das gleichbedeutend mit Migrationsdebatten wäre.
Union verlangt „sofortige Reduzierung der Migration“
Mechthilde Wittmann (CDU/CSU) erklärte, die Union habe keinen Nachholbedarf bei der Frage der inneren Sicherheit. Die Ampel habe sich nach jeder Tat in den letzten drei Jahren geweigert, von der Union angemahnte Konsequenzen zu ziehen. Die Bürger hätten darauf vertraut, dass die von ihnen gewählten Vertreter endlich etwas tun. Auch nach dem Bruch der Ampel habe die Koalition keine Lösung mit der Union gewollt.
Wittmann verlangte „eine zwingende sofortige Reduzierung der Migration auf ein Maß, das wir stemmen und verantworten können“.
Grüne kritisieren „politischen Sündenfall“
Lamya Kaddor (Bündnis 90/Die Grünen) hielt der CDU/CSU-Fraktion bezüglich der Abstimmung über den Migrationsantrag vor, den Rechtsextremen, Rassisten und Nazis das Signal gegeben zu haben, sie hätten Recht. Wer die AfD verhindern wolle, könne nicht mehr auf die Union setzen. Der politische Sündenfall bedeute eine gewaltige Gefahr für die Sicherheit in Deutschland.
Sie sprach sich für eine evidenzbasierte, nicht emotionalisierte Sicherheitspolitik aus. Die Sicherheitsbehörden müssten genug Geld, Personal und Ausstattung bekommen, um entschieden gegen Extremismus vorgehen zu können – mit Repression, aber auch mit Prävention.
FDP fordert „bessere Organisation des Rechtsstaats“
Manuel Höferlin (FDP) beklagte eine unsachliche Auseinandersetzung. Die AfD-Anträge seien nicht problemlösend. Nach den Anschlägen fragten die Menschen, was falsch laufe im Staat. Im Bundestag, speziell im Innenausschuss, sei nicht darüber diskutiert worden, was geändert werden könne, sondern wer die Schuld daran trage.
Was nicht gebraucht werde, seien Vorschläge für neue Gesetze, sondern eine bessere Organisation des Rechtsstaats und der Strafverfolgungsbehörden. Der Staat müsse sich auf Kernaufgaben konzentrieren statt Geld auszugeben für Projekte, die nicht zielführend seien.
Linke warnt vor „Ablenkungsdebatten“
Janine Wissler (Gruppe Die Linke) prangerte eine Überbetonung des Migrationsthemas im Wahlkampf an, statt Wohnungsmangel, Armut oder Pflegenotstand anzusprechen. Nichts davon stehe in dieser Woche auf der Tagesordnung des Bundestages.
Stattdessen würden Ablenkungsdebatten über Grenzschließungen geführt. Die Migrantinnen und Migranten in Deutschland bräuchten Solidarität. Die Union schreibe bei der AfD Anträge ab und stimme mit ihr gemeinsam ab. Das sei eine Zäsur.
BSW: Ampel hat viel Zeit verschlafen
Klaus Ernst (BSW) äußerte die Vermutung, niemand außer der AfD fühle sich bei der Debatte wohl in seiner Haut. Auch SPD und FDP müssten nachdenklich sein: Warum sei es nicht möglich gewesen, vollkommen vernünftige Vorschläge der CDU, also einer demokratischen Partei, im demokratischen Prozess im Bundestag zumindest so zu behandeln, dass sie in den Ausschüssen beraten wurden? Das sei nicht klug gewesen. Von der Ampel sei in den letzten drei Jahren viel Zeit verschlafen worden.
Erster Antrag der AfD
In ihrem ersten Antrag fordert die AfD-Fraktion die Bundesregierung auf, Verbote „islamistischer und antisemitisch ausgerichteter Organisationen, stets unter Beachtung des rechtsstaatlich möglichen Handlungsspielraums, endlich zeitnah umzusetzen“. Genannt werden dazu in der Vorlage „die Muslimbruderschaft in Deutschland und ihre Ableger“. Auch die „Volksfront für die Befreiung Palästinas“ sei zu verbieten. Ferner soll die Bundesregierung nach dem Willen der AfD Maßnahmen ergreifen, „um die Einreise islamistischer Prediger ausreichend effektiv zu unterbinden“.
Des Weiteren fordert die Fraktion unter anderem, „die Bundesgrenze wesentlich intensiver und lückenloser zu kontrollieren, ohne dabei den Waren- und Pendlerverkehr unzumutbar zu beeinträchtigen, um die Anzahl unerlaubter Einreisen zu reduzieren und auch Zurückweisungen von Asylantragstellern vorzunehmen, die über sichere Drittstaaten einreisen wollen“.
Zweiter Antrag der AfD
Die Bundesregierung soll sich nach dem Willen der AfD-Fraktion „auf europäischer Ebene für den zeitnahen Aufbau einer europäischen Gefährderdatei für Islamisten“ einsetzen. In ihrem zweiten Antrag fordert die Fraktion die Bundesregierung zudem auf, Verhandlungen mit den Bundesländern „mit dem Ziel einer Neuverteilung der Kompetenzen im Bereich der allgemeinen Gefahrenabwehr aufzunehmen, um die Terrorbekämpfung effizienter auszugestalten“.
Dem Bundeskriminalamt soll der Vorlage zufolge unter anderem eine gesetzliche Befugnis eingeräumt werden, „dass eine Person in Gewahrsam genommen werden kann, wenn aufgrund von Gefährderanalysen bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person aufgrund ihres individuellen Verhaltens eine drohende terroristische Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut wie beispielsweise Leib und Leben darstellt“.
Dritter Antrag der AfD
In ihrem dritten Antrag fordert die AfD-Fraktion die Bundesregierung auf, „verbesserte Berichtsstandards insbesondere im Hinblick auf eine transparente öffentliche Berichterstattung zu relevanten Erkenntnissen wie der Staatsangehörigkeit und einem etwaigen Migrationshintergrund von Tatverdächtigen“ verbindlich festzulegen.
Ferner dringt die Fraktion unter anderem darauf, deutsche Tatverdächtige mit einer weiteren Staatsangehörigkeit künftig in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) als Untergruppe auszuweisen. (sto/hau/30.01.2025)
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TOP 10 2. Untersuchungsausschusses (Afghanistaneinsatz)
Bei einer Vereinbarten Debatte über die Arbeit des Afghanistan-Untersuchungsausschusses am Donnerstag, 30. Januar 2025, im Bundestag priesen, bis auf die AfD, fast alle Obleute die konstruktive Zusammenarbeit im Ausschuss. Die Erkenntnisse der Fraktionen deckten sich überwiegend. Hintergrund der Aussprache war der Abschluss der Beweisaufnahme im 1. Untersuchungsausschuss.
SPD fordert strukturelle Korrekturen
Nachdem er die intensive Arbeit des Ausschusses umrissen hatte, erklärte der Ausschussvorsitzende Dr. Ralf Stegner (SPD), der Ausschuss habe seinen Auftrag, den Abzug aus Afghanistan und den Umgang mit den afghanischen Ortskräften gründlich aufzuklären, erfüllt. Noch zwei Tage vor dem Fall Kabuls, habe das BND das für unwahrscheinlich gehalten und das sei „eine Fehleinschätzung mit dramatischen Konsequenzen“ gewesen. Er beanstandete die mangelnde Abstimmung zwischen Ministerien, warf dem Bundeskanzleramt vor, zu wenig gesteuert zu haben.
Jörg Nürnberger (SPD) sagte, die damalige Bundesregierung unter Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU) habe die eskalierende Lage in Afghanistan zu spät erkannt und keinen belastbaren Notfallplan für ein Worst-Case-Szenario gehabt. Deshalb sei, trotz der eskalierenden Lage, das Ortskräfteverfahren nicht zügiger vereinfacht geworden. Er forderte die Einführung klarer Verantwortlichkeiten und schnellerer Entscheidungsprozesse.
Union kritisiert „Wunschdenken“
Der Stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses Thomas Erndl (CDU/CSU) teilte die Kritik seiner Kollegen der SPD, wies jedoch zusätzlich darauf hin, dass das damals SPD-geführte Auswärtige Amt (AA) das zentrale Schaltstelle der Afghanistan-Politik gewesen ist. Die Bemühungen des AA, das Doha-Abkommen nachträglich mit Bedingungen zu verknüpfen, sei richtig gewesen, aber am Ende seien das Wunschdenken und die Realität auseinandergefallen.
Thomas Röwekamp (CDU/CSU) analysierte das Geschehene in vier Punkten: Die deutsche Politik habe keinen Einfluss auf den Zeitpunkt des Abzugs gehabt, die Bundeswehr habe sowohl den ursprünglichen Auftrag, dass kein Terror mehr aus Afghanistan ausgeht, erfüllt als auch den Abzug perfekt gemeistert, Deutschland habe sich nicht hinreichend um die Ortskräfte gekümmert und niemand habe die Entwicklungen gegen Ende des Einsatzes vorausgesehen.
Grüne: Es mangelte es politischer Wachsamkeit
Aus Sicht der Obfrau von Bündnis 90/Die Grünen, Sara Nanni, seien „die dramatischen Bilder“ im August 2021, trotz des „de facto Kapitulationsabkommens“ des damaligen US-Präsidenten Donald Trump, zu vermeiden gewesen. Die Bundesregierung habe gewusst, welche Folgen das Abkommen haben würde. Ihre Schlussfolgerung: „Es ist kein technisches Problem, kein Problem der Gremien gewesen, es war ein Problem der mangelnden politischen Aufmerksamkeit.“
Laut Canan Bayram (Bündnis 90/Die Grünen) seien noch Ortskräfte in Afghanistan und ihnen gegenüber habe Deutschland sein Wort nicht eingehalten. „Die dramatische Situation vor Ort für die Menschen in Afghanistan sollte uns weiterhin Warnung sein und Auftrag zugleich“, sagte sie.
FDP fordert Nationalen Sicherheitsrat
Dr. Ann-Veruschka Jurisch (FDP) mahnte, das sicherheitspolitische Denken stecke in Deutschland immer noch in den Kinderschuhen. Man sei von den Informationen und Kapazitäten der USA abhängig. „Wir brauchen ein strategisches Frühwarnsystem, robuste Strukturen und Prozesse“ sagte sie. Dafür brauche man einen Nationalen Sicherheitsrat.
Peter Heidt (FDP) bekräftigte diese Forderung: „Angesichts der zunehmenden sicherheitspolitischen Herausforderungen ist es essenziell, dass Deutschland seine Sicherheitsstruktur an die neuen geopolitischen Realitäten anpasst und die Schwachstellen konsequent adressiert.“
AfD: Ortskräfte nie bedroht gewesen
Stefan Keuter (AfD) beschuldigte Ex-Bundeskanzlerin Merkel und Ex-Außenminister Heiko Maas (SPD) zu lügen. Er äußerte den Verdacht, dass das Parlament bewusst getäuscht und „mit dem Leben unserer deutschen Landsleute“ gespielt wurde. Die Ortskräfte seien nie gefährdet gewesen und die Luftwaffe sei verfassungswidrig zum Transport von ausländischen Zivilisten eingesetzt worden.
Keuter kritisierte auch den Untersuchungsausschuss, dem er selbst angehört. Es sei eine Aufklärung nach dem Motto, „wasch mich, aber mach mich nicht nass“. Dem Vorsitzenden Stegner unterstellte Keuter den Ausschuss in ein „Zeugenschutzprogramm zu verwandeln.“ E-Mails und Dokumente des AA seien unterschlagen worden, behauptete er. Für diese Beschuldigungen wurde Keuter von allen Fraktionen heftig kritisiert.
Linke: Politisches Versagen ohne Entschuldigung
Die Abgeordnete Clara Bünger (Gruppe Die Linke), die Mitglied des Ausschusses war, bis Die Linke ihren Fraktionsstatus verlor, beschuldigte die Bundesregierung ihre afghanischen Verbündete im Stich gelassen zu haben. Das sei ein politisches Versagen ohne Entschuldigung.
Sie nannte es beschämend, dass heute sogar Menschen nach Afghanistan abgeschoben werden. „Mit Taliban arbeitet man nicht zusammen“, sagte sie.
Auftrag des 1. Untersuchungsausschusses
Der vom Bundestag am 8. Juli 2022 eingesetzte Ausschuss befasste sich mit den Geschehnissen im Zusammenhang mit dem Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan und der Evakuierung des deutschen Personals, der Ortskräfte und anderer betroffener Personen. Betrachtet wurde der Zeitraum vom 29. Februar 2020 – dem Abschluss des sogenannten Doha-Abkommens zwischen der US-Regierung unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump und Vertretern der Taliban – bis zum Ende des Mandats zur militärischen Evakuierung aus Afghanistan am 30. September 2021.
Der Ausschuss hatte den Auftrag, sich ein Gesamtbild zu den Erkenntnissen, dem Entscheidungsverhalten und dem Handeln der Bundesregierung einschließlich involvierter Bundesbehörden und Nachrichtendienste zu verschaffen, inklusive des Zusammenwirkens zwischen deutschen und ausländischen Akteuren. Ebenfalls aufgeklärt werden sollte, inwiefern die Bundesregierung auf die Umsetzung des Doha-Abkommens und die Gestaltung des Truppenabzugs durch die USA Einfluss genommen hat. Anhand der Untersuchungsergebnisse sollte der Ausschuss zudem in seinen Schlussfolgerungen empfehlen, welche Konsequenzen aus seinen gewonnenen Erkenntnissen zu ergreifen sind. (crs/31.01.2025)
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TOP 11 2. Untersuchungsausschusses (Atomausstieg)
Die Arbeit des ist von den Koalitions- und den Oppositionsfraktion völlig unterschiedlich beurteilt worden. Dies zeigte sich am Donnerstag, 30. Januar 2025, während einer Vereinbarten Debatte anlässlich des Abschlusses der Beweisaufnahme.
Union kritisiert fehlende Prüfung
Der Ausschussvorsitzende Dr. Stefan Heck (CDU/CSU) sagte, es seien keine Hinweise auf die von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) zugesagte ergebnisoffene Prüfung über einen Weiterbetrieb der letzten drei deutschen Atomkraftwerke, die eigentlich zum Jahresende 2022 hätten abgeschaltet werden sollen, gefunden worden. „Es fand überhaupt keine Prüfung statt“, so das Resümee des Ausschussvorsitzenden.
Wie Heck sagte auch Patrick Schnieder (CDU/CSU), die zugesagte unvoreingenommene Prüfung habe es nie gegeben. Schnieder richtete schwere Vorwürfe an die Adresse der Bundesregierung, die keine Vollständigkeitserklärungen über die vorgelegten Akten vorgelegt habe. Das habe es vorher noch nie gegeben. Der Ausschuss habe somit seinen Auftrag nicht vollständig erfüllen können. Das sei ein Rechtsbruch. Im Gegensatz zur Praxis bei anderen Untersuchungsausschüssen seien auch keine Kabinettsvermerke vorgelegt worden. Die Bundesregierung habe damit eigenmächtig den Untersuchungsauftrag eingeschränkt.
Grüne: Untersuchungsausschuss ist eine Farce
Lukas Benner (Bündnis 90/Die Grünen) widersprach Schnieders Vorwürfen, die Akten seien nicht vollständig gewesen. „Ein solches Versagen hat es nicht gegeben. Die Bundesregierung hat geliefert.“
Der Untersuchungsausschuss sei eine „Farce“ gewesen. Die Zeugen hätten „keinen einzigen Ihrer Vorwürfe erhärtet“, sagte Benner an die Adresse der Union. Die Zeugen hätten vielmehr bestätigt, dass die Bundesregierung Deutschland gut durch den Krisenwinter 2022/23 gebracht hätten.
AfD spricht sich für Kernenergie aus
Andreas Bleck (AfD) sah die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses kritisch. Von der AfD vorgeschlagene Sachverständige seien abgelehnt worden. Dennoch war für Bleck klar: „Die ergebnisoffene Prüfung hat es nicht gegeben.“ Mehrere Ministeriumsmitarbeiter hätten ausgesagt, dass eine ergebnisoffene Prüfung in der Kürze der Zeit gar nicht möglich gewesen sei. Kein Mitarbeiter des Umweltministerium habe bei der Befragung an der Sicherheit der Kernkraftwerke Zweifel gehabt. Ein Vermerk aus dem Umweltministerium sei jedoch umgeschrieben worden. Bleck bekannte sich zur Kernenergie, die er als beste Möglichkeit bezeichnete, Deutschland sicher mit Energie zu versorgen.
SPD wirft Union Wahlkampfmanöver vor
Im Gegensatz zur Opposition erklärte Jakob Blankenburg (SPD) zur Arbeit des Ausschusses: „Der Erkenntnisgewinn lag nahe null.“ Der Untersuchungsausschuss sei nichts anderes als ein Wahlkampfmanöver der Union gewesen. Es sei offensichtlich gewesen, „dass es in der Sache wenig aufzudecken gab“. Es habe sich um eine eher peinliche Veranstaltung gehandelt.
Blankenburg nannte den schließlich beschlossenen Streckbetrieb der Kernkraftwerke um dreieinhalb Monate richtig. Das Machtwort des Kanzlers sei notwendig gewesen, und damit sei die Energieversorgung über den Winter sichergestellt worden.
FDP: Grüne haben Öffentlichkeit getäuscht
Frank Schäffler (FDP) sagte, nach insgesamt 111 Stunden Zeugenvernehmungen und der Sichtung von 351.000 Seiten Akten der Regierung sei klar, dass die grünen Minister Steffi Lemke (Umweltministerium) und Habeck (Wirtschaftsministerium) die Öffentlichkeit „hinter die Fichte geführt“ und fortwährend Sand ins Getriebe gestreut hätten.
Schäffler erklärte zudem, der Kanzler habe nur so getan, als habe er von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch gemacht. In Wirklichkeit sei alles mit den Grünen „verdealt“ worden.
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ZP 8, 9 Feststellung der Verfassungswidrigkeit der AfD
Nach monatelanger öffentlicher Diskussion um ein mögliches AfD-Parteiverbotsverfahren hat sich der Bundestag am Donnerstag, 30. Januar 2025, erstmalig mit zwei Gruppenanträgen (20/13750, 20/14105) befasst, die darauf abzielen, die Verfassungswidrigkeit der AfD durch das Bundesverfassungsgericht feststellen zu lassen. Die Debatte geriet über weite Strecken zum hitzigen Schlagabtausch, in dem Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Die Linke) immer wieder zu gegenseitigem Respekt und zur Mäßigung mahnen musste.
Das Plenum überwies die Anträge im Anschluss an die Aussprache an den federführenden Ausschuss für Inneres und Heimat.
„Historische Verantwortung, Tür nach Karlsruhe zu öffnen“
Marco Wanderwitz (CDU/CSU), Initiator des fraktionsübergreifenden Gruppenantrags (20/13750), mit dem er ein Verbotsverfahren in Karlsruhe in Gang setzen will, erklärte zu Beginn der Debatte, er sei überzeugt davon, „dass die AfD keine Partei ist, die mal eben ein bisschen rechts ist“. Im Gegenteil: „Sie sind Verfassungsfeinde, Sie sind Feinde unserer Demokratie, Sie sind Menschenfeinde“, so der Abgeordnete aus Sachsen in Richtung der AfD-Abgeordneten im Plenum.
Aus diesem Grund brauche es eine „Überprüfung der Verfassungsfeindlichkeit der AfD durch das Bundesverfassungsgericht mit dem klaren Ziel eines Verbots“. Wanderwitz berief sich auf ein Gutachten von 17 Staatsrechtlern und einen offenen Brief von rund 600 Juristen an Bundestag und Bundesregierung. Deren Auffassung nach sei die AfD eine „verfassungsfeindliche Partei, die strategisch darauf ausgerichtet ist, das demokratische System mit einem menschenunwürdigen System zu ersetzen“. Es sei deshalb die „historische Verantwortung des Bundestags, die “Tür nach Karlsruhe zu öffnen.„
“AfD ist Gefahr für unserer Demokratie„
Auch Mitinitiatorin des Antrags Carmen Wegge (SPD) sprach sich für ein Verbotsverfahren aus: Die AfD sei eine Gefahr für die Demokratie. Schon einmal sei in Deutschland die Demokratie durch eine demokratisch gewählte Partei abgeschafft worden, erinnerte sie an den Gewinn der Nationalsozialisten bei der Reichstagswahl 1933.
“Nur weil eine Partei auf einem Wahlzettel steht, heißt es nicht, dass sie auch demokratische Ziele verfolgt.„ Aus diesem Grund eröffne Artikel 21, Absatz 2 des Grundgesetzes die Möglichkeit des Parteienverbots. Denn die Demokratie müsse gegen Verfassungsfeinde wehrhaft sein.
“Zeit, Courage zu zeigen„
Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen), Initiatorin des zweiten Gruppenantrags (20/14105), der vor einem möglichen Verbotsantrag zunächst dessen Erfolgschancen durch ein Gutachten prüfen lassen will, drängte zum Handeln: “Es gibt Tage, da sind wir als Mitglieder dieses Hohen Hauses nicht einfach nur Fachabgeordnete, sondern müssen Courage zeigen„. Das heiße, die Instrumente, “die zur Verteidigung der Demokratie ins Grundgesetz und ins Bundesverfassungsgerichtsgesetz geschrieben wurden, auch anzuwenden„, so Künast. Es sei bereits jetzt “fünf vor zwölf„, in manchen Regionen “sogar schon fünf nach zwölf„ argumentierte sie.
Ähnlich argumentierte auch Martina Renner (Die Linke): Sie verwies zudem auf die Verantwortung für die Opfer rechter Straftaten. Die Bedrohung wachse mit den Wahlerfolgen der AfD. “Wir sind verpflichtet, Antworten zu geben„, mahnte die Abgeordnete.
“Dürfen Gespräch mit Menschen nicht abbrechen„
Konstantin Kuhle (FDP) signalisierte bei allem Verständnis für die Argumente der Antragsteller jedoch Zweifel. Unbestritten sei, dass die AfD in “wesentlichen Teilen von Personen geprägt sei, die unserer Verfassungsordnung und Nachkriegsentwicklung feindlich gegenüberstehen„, sagte der FDP-Politiker. Zudem sei die Partei ein “Organ der hybriden Kriegsführung autoritärer Staaten in Deutschland„, so Kuhle und nannte Russland und auch China.
Doch eine Zustimmung zu den Anträgen bedeute das Gespräch mit Menschen, die “legitime Anliegen„ hätten, abzubrechen, so Kuhle mit Blick auf die Wählerschaft der AfD. Das könnten sich Demokraten nicht erlauben.
Beweise müssen hohen Anforderungen des Gerichts entsprechen
Ansgar Heveling (CDU/CSU) zeigte sich zudem skeptisch mit Blick auf die Erfolgsaussichten eines Verbotsverfahrens. Zeitlich sei so kurz vor der Wahl eine so aufwändige Vorbereitung nicht mehr zu leisten, ein Schriftsatz, der nun begonnen würde, würde unter die sogenannte Diskontinuität fallen, gab er zu bedenken. Aber auch hinsichtlich der für ein Verbot nötigen Beweise, die den hohen Anforderungen des Verfassungsgerichts entsprächen, ließ Heveling Zweifel erkennen: Diese müssten vorab vorliegen, dazu brauche es den Austausch mit den Sicherheitsbehörden.
Ein Verbotsantrag erfordere auch deshalb ein enges Zusammenwirken von Bundestag und Bundesregierung sowie der Landesregierungen. Davon sei aber bisher nicht viel zu hören.
AfD: Sie können uns inhaltlich nicht stellen
Peter Boehringer (AfD) warf den Antragstellern vor, aus Unfähigkeit die AfD inhaltlich zu stellen, ein Verbot anzustreben. Das jedoch werde scheitern, prognostizierte er – schließlich sei nicht einmal die Einstufung der AfD als Verdachtsfall bislang rechtskräftig.
Für die Ausgrenzung von “zwölf Millionen Wählerstimmen„ brauche es viel mehr als die “anekdotische Evidenz„, die das Bundesamt für Verfassungsschutz zusammengetragen habe. “Einzelbeispiele reichen nicht aus„, so Boehringer. Zudem sei das AfD-Parteiprogramm “untadelig„.
Debatte über Verbot ist “Wahlkampfgeschenk für die AfD„
Auch Jessica Tatti (BSW) griff die Antragsteller wie Regierungskoalitionäre hart an, wenn auch aus anderen Gründen: Die Debatte über ein AfD-Verbot sei nichts anderes als ein “Wahlkampfgeschenk an die AfD„, sagte Tatti.
Politik, die den Interessen der Menschen zuwiderlaufe, habe die AfD doch erst so groß gemacht und ihr so hohe Umfragewarte beschert. Ein Verbotsantrag werde daran nichts ändern.
Erster Verbotsantrag
Der Bundestag soll nach Ansicht der 113 Verfasser des ersten Antrags (20/13750) beim Bundesverfassungsgericht beantragen, festzustellen, dass die AfD verfassungswidrig ist, und ihr Vermögen zugunsten der Bundesrepublik für gemeinnützige Zwecke einzuziehen, oder hilfsweise festzustellen, dass die AfD von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen ist. Zugleich soll das Parlament der Vorlage zufolge die Bundesregierung und die Landesregierungen auffordern, “durch ihre Nachrichtendienste unverzüglich auf die Herstellung der vom Bundesverfassungsgericht für Parteiverbotsverfahren formulierten Anforderung strikter Staatsfreiheit hinzuwirken und dem Deutschen Bundestag den Zustand der strikten Staatsfreiheit nach dessen Eintritt zu versichern„. Unabhängig von einer solchen ausdrücklichen Versicherung soll der Bundestag “mit Ablauf von zwei Monaten nach seiner Beschlussfassung von einer erfolgreichen Herstellung des Zustands der strikten Staatsfreiheit„ ausgehen.
In der Begründung verweisen die Antragsteller darauf, dass die Prüfung, ob eine Partei verfassungswidrig ist, nach Grundgesetz-Artikel 21 Absatz 4 allein beim Bundesverfassungsgericht liege. Liegen jedoch Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Partei verfassungswidrig ist, seien Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung berechtigt, beim Bundesverfassungsgericht einen Antrag einzureichen, um die Verfassungswidrigkeit prüfen zu lassen. “Nachdem das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD bundesweit als rechtsextremen Verdachtsfall eingestuft hat, liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die Partei verfassungswidrig ist„, heißt es in der Begründung weiter. Danach soll der Bundestag ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der AfD anstrengen, “um dem vom Grundgesetz vorgesehenen Schutz der Verfassung angemessen Rechnung zu tragen„. Vorgeworfen wird der AfD in der Begründung unter anderem, sich gegen zentrale Grundprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu wenden. So würden die Würde des Menschen sowie das Diskriminierungsverbot “durch die AfD, ihre führenden Funktionäre sowie zahlreiche Mandatsträger und Mitglieder mittlerweile unverhohlen in Frage gestellt„.
Zweiter Verbotsantrag
Der zweite Antrag stammt von einer Gruppe von 43 Abgeordneten der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Dieser zielt auf die Prüfung der Erfolgsaussichten eines etwaigen Verbotsantrags gegen die AfD (20/14105). Es bestünden erhebliche Anzeichen dafür, dass die Partei “Alternative für Deutschland„ (AfD) darauf ausgehe, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen, und damit die Voraussetzungen eines Verbots durch das Bundesverfassungsgericht erfülle, heißt es in der Vorlage. Daher soll der Bundestag nach dem Willen der 43 Grünen-Parlamentarier prüfen, einen Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht zu stellen. Dazu soll Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) dem Antrag zufolge vom Parlament beauftragt werden, “alsbald Gutachter zur Prüfung der Erfolgsaussichten eines Antrages auf Verbot der ,Alternative für Deutschland‘ zu bestimmen„. Zugleich soll die Bundesregierung nach dem Willen der Antragsteller den beauftragten Gutachtern alle ihr und den ihr nachgeordneten Behörden verfügbaren Materialien zur Verfügung stellen, die für diese Prüfung sachdienlich sein könnten; die Länder sollen “insoweit um Unterstützung ersucht„ werden.
“Vor dem Hintergrund des Ergebnisses dieser Prüfung entscheidet der Deutsche Bundestag zeitnah über die Einleitung eines Verbotsverfahrens„, heißt es in dem Antrag weiter. Falls sich das Parlament dann für einen Verbotsantrag entscheidet, sollen danach die Bundesregierung und die Länder ersucht werden, eine Beachtung des “Gebots strikter Staatsfreiheit„ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu gewährleisten. In der Begründung schreiben die Abgeordneten, nicht nur die Verfassungsschutzberichte des Bundes und der Länder, die Landesverbände der AfD teilweise als gesichert rechtsextrem einstufen, sondern auch zahlreiche öffentlich bekannte Tatsachen und das eigene Erleben im Bundestag böten deutliche Indizien, dass es sich bei der AfD um eine im Sinne des Grundgesetz-Artikels 21 verfassungswidrige Partei handelt. Das allein reiche jedoch nicht, “um jetzt einen – aussichtsreichen – Verbotsantrag zu stellen, und damit auch nicht, einen entsprechenden Beschluss zu fassen„. Das Beweismaterial müsse bei Antragstellung umfassend und mit einer Erklärung strikter Staatsfreiheit aller Beweise vorgelegt werden, “um nicht schon hier in die Gefahr des Scheiterns zu laufen„, führen die Antragsteller weiter aus. In “Ausübung der Verantwortung, die dem Deutschen Bundestag obliegt„, sei es daher richtig, sich jetzt das Material für eine gründliche Prüfung zu verschaffen und dann auf Grund einer fundierten Begutachtung über das Stellen eines Verbotsantrages zu entscheiden. (sas/sto/ste/30.01.2025)
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ZP43 Aktuelle Stunde: Schutz der Bundestagswahl vor ausländischer Einflussnahme
Die Abgeordneten des Bundestages haben sich am Donnerstag, 30. Januar 2025, in einer Aktuellen Stunde mit dem Schutz der Bundestagswahl vor ausländischer Einflussnahme befasst.
SPD: Zeit vor Wahlen besonders sensibel
Sonja Eichwede (SPD) betonte in ihrer Rede, dass die Zeit vor Wahlen besonders sensibel für die Demokratie sei. Stimmungsmache und Populismus seien Gift für sie. Es gebe ausländische Einflussnahme, Lügen, Fake News, Propaganda, sagte Eichwede und nannte auch den jüngst angekündigten Verzicht auf Faktenchecks von Meta in den USA als Problem.
Immer wieder werde versucht, mit der AfD als Sprachrohr Putins, mit Veranstaltungen bei denen Tech-Milliardär Elon Musk spreche gegen die Interessen des Landes zu agieren. „Das ist beschämend, das ist nicht gut für freie und gleiche Wahlen“, sagte Eichwede.
Union: Soziale Medien bieten Einfallstore
Auch Mechthilde Wittmann (CDU/CSU) verwies auf die Einfallstore, die soziale Medien bieten, um liberale Demokratien zu Fall zu bringen. Das, was im Netz verbreitet werde, müsse immer nachverfolgbar sein zu einer tatsächlichen Quelle, betonte sie. Neben ausländischen Regierungen sei es „besonders unerträglich, wenn superreiche Milliardäre über den Kauf dieser Medien und die entsprechende Beeinflussung, die Mehrheiten in nahezu jedem demokratischen Land einseitig verändern können“, sagte sie.
Auf „besonders widerliche Art und Weise sehen wir das zusammenkommen bei den Putin-Freunden der AfD, die zeitgleich ihrem neuen Mentor Elon Musk huldigen“, so Wittmann weiter.
Grüne: Digital Services Act ist die richtige Richtung
Digitalpolitiker Tobias B. Bacherle (Bündnis 90/Die Grünen) betonte, dass digitale Debattenräume immens an Bedeutung gewonnen hätten – auch als Raum, in dem Meinungs- und Willensbildung stattfinde. „Ich finde es gut und richtig, dann zu sagen, sie sind eine kritische Infrastruktur für unsere Demokratie“, sagte Bacherle.
Es brauche daher vor allem für die Plattformbetreiber Regeln: „Mit dem Digital Services Act (DSA) ist die Europäische Union einen entscheidenden Schritt in die richtige Richtung gegangen“, sagte er weiter. Eine große Fragen – gerade vor Wahlen – sehe er in der Manipulation des Ausspielens über Algorithmen oder über Fake Accounts.
FDP: Russland ist zentraler Akteur bei der Beeinflussung
Für die FDP sagte Konstantin Kuhle, man könne nicht über die mögliche Beeinflussung der Willensbildung im Vorfeld von Wahlen sprechen, ohne auch über Meinungsfreiheit zu sprechen. Diese sei gerade für den politischen Willensbildungsprozess essenziell. Im Zusammenhang mit Wahlbeeinflussung werde derzeit viel über Elon Musk gesprochen, der „zentrale Akteur bei der Beeinflussung von Willensbildungsprozessen in Deutschland ist aber Russland“, sagte Kuhle.
Dies geschehe durch finanzielle Unterstützung extremistischer Parteien, Cyberangriffe, Sabotage und auch Desinformation. Das funktioniere, weil es in Deutschland keine ausreichende gesellschaftliche Resilienz gegen die Narrative des Kremls gebe, so Kuhle.
AfD: Keine Unregelmäßigkeiten in Rumänien
Jürgen Braun (AfD) sagte, dass Wähler immer beeinflusst würden. Die größte Beeinflussung in Deutschland resultiere „aus jährlich neun Milliarden Euro aus Zwangsgebühren“, sagte Braun mit Blick auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Die freie Entscheidung des Wählers müsse jeder Demokrat akzeptieren, sonst sei er kein Demokrat, sagte Braun und verwies auf die rumänische Präsidentschaftswahl Ende 2024. „Bei dieser Wahl kam es zu keinen Unregelmäßigkeiten. Niemand hat das Recht, die klare Entscheidung des Wählers anzuzweifeln“, betonte er.
Linke: Deutschland ist schlecht geschützt
Auch Anke Domscheit-Berg (Gruppe Die Linke) betonte, dass Deutschland schlecht geschützt sei vor illegitimer ausländischer Einflussnahme. Dies liege nicht nur an der mangelnden Medienkompetenz, sondern auch daran, „weil die für die Umsetzung des DSA zuständige Bundesnetzagentur nicht einmal ein Viertel der notwendigen Stellen bekam“, so Domscheit-Berg.
Notwendig seien strukturelle Maßnahmen, wie die Einstufung digitaler Plattformen als „Medien“ und ein gemeinwohlorientiertes Netz mit einer verlässlichen Finanzierung durch die Europäische Union.
In einer Aktuellen Stunde können Themen von allgemeinem aktuellen Interesse diskutiert werden. Sie findet auf Verlangen einer Fraktion oder von mindestens fünf Prozent der Abgeordneten oder durch Vereinbarung im Ältestenrat statt. (lbr/30.01.2025)
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31. Januar 2025 (211. Sitzung)
ZP 35 Zustrombegrenzungsgesetz
Der Bundestag hat das sogenannte Zustrombegrenzungsgesetz der CDU/CSU-Fraktion (20/12804) mit knapper Mehrheit abgelehnt. Gegen die Initiative votierten am Freitag, 31. Januar 2025, in zweiter Beratung 349 Abgeordnete. 338 Parlamentarier stimmten für den Entwurf, es gab fünf Enthaltungen. Zu dem Gesetz hatte der Ausschuss für Inneres und Heimat eine Beschlussempfehlung abgegeben (20/13648 Buchstabe a). Bis zuletzt war offen geblieben, ob der Entwurf im Anschluss an die Debatte abgestimmt oder zurück in den Innenausschuss überwiesen werden soll.
Namentliche Abstimmung
- nein349Stimmen
- ja338Stimmen
- nein349Stimmen
- enthalten5Stimmen
- nicht abgestimmt41Stimmen
Gesetzentwurf der Union
Die CDU/CSU drang in ihrem Gesetzentwurf auf eine „Begrenzung des illegalen Zustroms von Drittstaatsangehörigen nach Deutschland“. Danach sollte das „Ziel der Begrenzung der Zuwanderungssteuerung wieder als ausdrückliche übergeordnete Vorgabe für die Anwendung des Aufenthaltsgesetzes festgelegt“ werden. Auch wollte die Unionsfraktion den Familiennachzug zu Personen mit subsidiärem Schutz bis auf Weiteres beenden.
Ferner sollte die Bundespolizei eine eigene Zuständigkeit für die Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen für Personen erhalten, die sie im Rahmen ihrer Aufgabenwahrnehmung in „ihrem örtlichen Zuständigkeitsbereich (Bahnhöfe) antrifft“. Die Regelung sollte den Angaben zufolge Drittstaatsangehörigen aus Nicht-EU-Ländern ohne Duldung sowie solche mit einer Duldung wegen fehlender Reisedokumente umfassen. Als „aufenthaltsbeendende Maßnahmen“ solle sie auch die Beantragung von Haft und Gewahrsam erlauben, um die Abschiebung zu sichern.
Die Maßnahmen sollten der Fraktion zufolge „zusammen mit umfassenden Grenzkontrollen und Zurückweisungen an den deutschen Grenzen der Begrenzung des illegalen Zustroms von Drittstaatsangehörigen nach Deutschland“ dienen. Grenzkontrollen und Zurückweisungen seien allerdings auf Basis des geltenden Rechts bereits möglich, „sodass insofern keine gesetzlichen Änderungen erforderlich sind“, so die Fraktion in der Vorlage weiter.
SPD: Dem Prinzip „Friss und stirb“ folgen wir nicht
Während der aufgrund von Beratungen der Fraktionen mit vierstündiger Verspätung gestarteten Debatte warfen sich Union und FDP auf der einen Seite und SPD und Bündnis 90/Die Grünen auf der anderen Seite gegenseitig vor, nicht bereit zu Kompromissen gewesen zu sein, um eine gemeinsame Regelung zur Begrenzung der irregulären Migration zu erreichen.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Dr. Rolf Mützenich sagte, seine Fraktion hätte dem FDP-Vorschlag einer Rücküberweisung des Gesetzentwurfs in den Innenausschuss zugestimmt. Man hätte ihn dann mit all den „notwendigen und wichtigen“ Sicherheitsgesetzen, die die Union im Bundesrat aufgehalten habe, behandeln können. Unionsfraktionschef Friedrich Merz habe aber die Gespräche nur zu seinen Bedingungen führen wollen. Dem Prinzip „Friss und stirb“ folge die SPD aber nicht, sagte Mützenich.
FDP: Grüne haben Finger auf der Pausetaste
Der Vorsitzende der FDP-Fraktion, Christian Dürr, hielt dem entgegen, Union und FDP hätten durchaus Entgegenkommen gezeigt. Man sei bereit gewesen, sowohl die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) in die Beratungen mit aufzunehmen als auch über eine Befristung bei der Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte nachzudenken. In der Frage von Ordnung und Kontrolle in der Migrationspolitik hätten aber die Grünen ihren Finger „dauerhaft auf der Pausentaste“.
Mützenich hatte Merz vorgeworfen, wissentlich und willentlich einen Tabubruch provozieren zu wollen, der noch dramatischer als der am Mittwoch sei, als ein Entschließungsantrag der Union durch die Stimmen der AfD-Fraktion eine Mehrheit gefunden hatte. Erstmals bestehe die Gefahr, dass mit Stimmen der AfD Recht und Gesetz im Bundestag geändert wird.
Union: Niemand in der Union reicht AfD die Hand
Merz entgegnete, niemand in seiner Partei reiche der AfD, die in großen Teilen rechtsextrem sei, die Hand. Diese Partei untergrabe das „Fundament unserer Demokratie“, sagte er. Sie habe im Übrigen das Ziel, die CDU zu vernichten. Es gebe keine größeren Gräben im Bundestag als zwischen der Union und der AfD. Dem SPD-Fraktionsvorsitzenden warf er vor, kein einziges Wort über die Opfer der Anschläge und Attentate der letzten Tage und Wochen verloren zu haben. Dabei seien diese Anschläge und Attentate der Grund, „warum wir heute wieder von einer Abstimmung stehen“.
Der Unionsfraktionschef warb für den Gesetzentwurf. Es gehe um die Begrenzung des Zustroms von Asylbewerbern nach Deutschland. Die geplante Aussetzung des Familiennachzugs sei mit der SPD 2016 schon einmal beschlossen worden. Die Rechtmäßigkeit sei von niemanden in Zweifel gezogen worden. Schließlich gehe es noch um die Erweiterung der Zuständigkeiten der Bundespolizei. Von Zurückweisungen an der Grenze stehe kein Wort in dem Gesetz, so Merz.
Grüne an Union: Fehler kann man korrigieren
Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen), die in ihrer Rolle als Abgeordnete an der Debatte teilnahm, erinnerte an den Sitzungstag am Mittwoch, der mit einem gemeinsamen Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus begonnen habe und mit „lachenden und johlenden Rechtsextremen mitten in unserem Parlament“ geendet habe. Grund dafür sei, dass Merz „sehenden Auges“ eine Abstimmung mit der AfD ermöglicht habe.
Er habe damit sein eigenes Wort gebrochen, sagte Baerbock. „Das ist eine Zäsur.“ Einen Fehler könne man aber korrigieren. „Wahre Größe heißt, einen Schritt zurückzutreten und zu wissen, es geht nicht um einen selbst, sondern um Deutschland“, sagte Baerbock an den Unionsfraktionsvorsitzenden gewandt.
FDP bekräftigt Zustimmung zum Unionsentwurf
Wolfgang Kubicki (FDP) richtete Vorwürfe an die Grünen. Es sei unmoralisch, dass die Grünen in den vergangenen Jahren „bei jeder vernünftigen Initiative zur Begrenzung der Migration versucht haben, diese zu hintertreiben oder zu verschleppen“.
Wer glaubt, andere mit moralischen Appellen beeindrucken zu können, während er selbst nichts tut, um gegen die Probleme im Land anzugehen, zeige, dass es ihm nicht um das Land sondern nur um sich selbst gehe. Den Gesetzentwurf bezeichnete der FDP-Abgeordnete als richtig. Seine Fraktion werde ihm zustimmen.
AfD: Ziel ist, Rot-Grün zu überwinden
Dr. Bernd Baumann (AfD) warf dem Unionsfraktionsvorsitzenden Merz vor, zu zaudern und zu tänzeln. Mehrere Stunden habe er mit Rot-Grün verhandelt. Das zeige: Eine grundsätzliche Änderung in der Migrationspolitik gebe es nur mit der AfD. „Wir stehen fest. Wir tänzeln nicht und wanzen uns nicht an Rot-Grün ran“, sagte er.
Ziel der AfD sei es, Rot-Grün zu überwinden. Die aus seiner Sicht fehlende Glaubwürdigkeit der Union machte Baumann unter anderem an Äußerungen von CDU-Ministerpräsidenten fest. Mehrere von ihnen hätten schon angekündigt, im Bundesrat gegen das Gesetz der eigenen Partei zu stimmen.
Faeser: Haben irreguläre Migration um ein Drittel gesenkt
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) warf der Union vor, schon am Mittwoch die demokratische Mitte verlassen zu haben. Ein Gesetz mit den Stimmen der AfD zu beschließen, „wäre ein weiterer tiefer Bruch unserer Geschichte seit 1949“, befand Faeser.
Auch inhaltlich bringe das Gesetz das Land nicht weiter. Bei der Begrenzung der irregulären Migration gehe es ums Handeln, nicht um Symbolik. Die Bundesregierung habe es geschafft, die irreguläre Migration um ein Drittel zu senken, sagte die Ministerin. (hau/sto/ste/irs/31.01.2025)
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ANTRAG AfD: ZP50 Hintergründe und Konsequenzen der Anschläge von Magdeburg und Aschaffenburg
Der Bundestag hat am Freitag, 31. Januar 2025, in einer von der AfD-Fraktion beantragten Aktuellen Stunde über Hintergründe und Konsequenzen der Anschläge von Magdeburg und Aschaffenburg debattiert.
AfD: Illegale Grenzverletzer zurückweisen
Dabei sprach Dr. Gottfried Curio (AfD) von politisch vermeidbaren Morden. „Ausreisepflichtig, polizeibekannt und gewalttätig“ hätten jeweils die Täterprofile gelautet. Die „Asyltäuscher“ blieben fast ausnahmslos im Land. Die Pflicht, geltendes Recht durchzusetzen, werde regelhaft verletzt. Das Ergebnis seien „Kinderleichen, totgefahrene Weihnachtsmarktbesucher, gruppenvergewaltigte Mädchen, lebensgefährlich mit Messern verletzte Bürger jeden Tag“, sagte Curio.
Seit der systematischen Verweigerung von Grenzschutz unter der Merkel-CDU stehe Deutschland offen für jeden Asylforderer und Anspruchsteller der ganzen Welt. Die AfD fordere die Zurückweisung illegaler Grenzverletzer „seit je, nicht mal eben vor einer Wahl“, sagte Curio.
SPD: Weitere Polarisierung der Gesellschaft
Das Thema Migration beherrsche nach wie vor die öffentlichen Debatten, konstatierte Dr. Daniela De Ridder (SPD). Nach den Anschlägen gelte das umso mehr, „weil uns alle berührt und anficht, wenn Menschen auf so brutale Art und Weise aus dem Leben gerissen werden“. Allen Opfern und Angehörigen wolle sie auch im Namen der SPD-Fraktion ihr Beileid aussprechen. Der Tabubruch der Unionsfraktion und das „Anzünden der Brandmauer“, so fuhr De Ridder fort, trage allerdings zu einer weiteren Polarisierung der Gesellschaft bei.
Sie frage sich, was sich Union, FDP und BWS dabei gedacht haben, sich bei ihrem Entschließungsantrag und dem Zustrombegrenzungsgesetz durch die AfD tolerieren zu lassen. Die Antwort schulde man vor allem den Wählern, „wenn Sie die Demokratie so waghalsig mit Füßen treten“.
CDU/CSU: In die Trauer mischt sich auch viel Wut
Der aus Magdeburg kommende Abgeordnete Tino Sorge (CDU/CSU) sagte, der in der Stadt zu fühlende Schmerz sei unerträglich. In die Trauer mische sich aber auch viel Wut. „Das liegt daran, dass viele Menschen das Gefühl haben, dass wir als Staat es nicht mehr hinbekommen, ihre Sicherheit zu gewährleisten.“ Die Täter, so Sorge, seien nicht aus dem Nichts gekommen. Es seien Migranten mit einer Vorgeschichte. Immer habe es Hinweise darauf gegeben, dass diese Täter gefährlich sind.
Sorge kritisierte die „ritualisierte“ Trauer der Politik: „Die Empathielosigkeit des Bundeskanzlers, diese dröhnende Stille, die macht wirklich betroffen.“ Weltoffenheit und Solidarität bedeute nicht Schutzlosigkeit und Staatsversagen. Die Union habe in dieser Woche gehandelt, weil SPD und Grüne nicht die Kraft dazu gefunden hätten, so Sorge.
Grüne: Das Erforderliche muss getan werden
Canan Bayram (Bündnis 90/Die Grünen) sagte, Deutschland sei längst eine Einwanderungsgesellschaft. Die vielen rechtschaffenen und ihrer täglichen Arbeit nachgehenden Menschen mit Migrationshintergrund würden aber bei der AfD nur Migranten heißen: „Wir sind alle gemeinsam für dieses Land verantwortlich“, so die Grünen-Abgeordnete. Das müsse auch mal gesagt werden.
Die Anschläge hätten auch sie fassungslos gemacht. Als Reaktion darauf müsse das Erforderliche getan werden, „nicht irgendwas“. Bayram sagte weiter, viele migrantische Kinder, Jugendliche und Eltern hätten Angst vor der AfD. Man dürfe sich von der Partei mit Drohungen, Anträge abzuschreiben und einzubringen, nicht treiben und auseinanderdividieren lassen, sagte sie.
FDP: Probleme bei der Zusammenarbeit von Behörden
Es stelle sich die Frage, ob diese Taten hätten verhindert werden können, sagte Stephan Thomae (FDP). Wenn ausländische Personen in Deutschland solche Morde begehen, „hat das auch eine migrationspolitische Komponente, die man nicht einfach übergehen darf“. Das bedeute nicht, dass man Migration und Sicherheit einfach vermengen solle oder alle Migranten, Flüchtlinge und Ausländer über einen Kamm scheren dürfe, weil nur ein kleiner Teil Straftaten begehe.
Thomae sprach von eklatanten Problemen bei der Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern. Es habe kein Erkenntnisproblem gegeben. Die vorhandenen Erkenntnisse seien aber nicht zusammengeführt und auch nicht die richtigen Schlüsse aus ihnen gezogen worden. Wenn sich dann Politiker aus Bund und Ländern gegenseitig die Verantwortung zuschieben, führe das dazu, dass die Menschen keine Vertrauen mehr in den Staat hätten. (hau/01.02.2025)